Mission Azaad

 
  • Deutscher Titel: Misison Azaad
  • Original-Titel: Azaad
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  • Regie: Tirupati Swami
  • Land: Indien
  • Jahr: 2000/2002
  • Darsteller:

    Chandra Sekhar Azaad (Nagarjuna Akkieni)
    Anjali (Soundarya)
    Deva (Raghuvaran)
    Malahaxmi (Shilpa Shetty)
    Sub-Inspektor (Prakash Raj)
    N.A. Manichandana


Vorwort

Abt. Singen & Tanzen

Nach über sechseinhalb Jahren badmovies.de eine (halbe) Premiere – Bollywood! Ja, eifrige Stammleser erinnern sich an des Hausrockers Gastreview zum „Indian Superman“, aber erstens war das ich nicht selber und zweitens kam der auch weniger speziell wegen der Bollywood-Connection zu Reviewehren, sondern weil wegen seines frechen Plot- und Szenenliftings aus dem US-„Superman“. Wird mal Zeit für einen echten Bollywoodfetzer… [ja wirklich, wie konnten wir nur ohne? – der Lektor]

Ich kann mich an der Stelle ja ruhig mal outen – ich bin durchaus Bollywood-Fan. Mit der Einschränkung, dass ich nicht der große Anhänger der typischen Liebe-Triebe-Herz-und-Schmerz-Schmachter bin, sondern die Bollywood-Genre-Ware zu schätzen weiß – also z.B. das wilde Action-/Collegecomedy-Konglomerat Main Hoon Na (dt. „Ich bin immer für dich da“), die indische Antwort auf The Fast & The Furious (oder eher Torque) Dhoom und sogar den, hüstel, Tierhorrorversuch Kaal. Hinter einem Streifen war ich aber her, seit ich das erste Mal von seiner Existenz hörte (naja, streng genommen hinter zweien, denn die indische Highlander-Variante Rudraksh mit niemand anderem als „Sandokan“ Kabir Bedi hat sich mir noch nicht vorgestellt. Ein hiesiger Distributor möge das bitte schnellstens übernehmen) – Mission Azaad, oder, wie vom Vertreiber EuroVideo zwecks besseren Verständnisses groß auf dem Cover erläutert, „Der indische Zorro“. Bei amazon.de hab ich den Titel nun schon lange auf der Ausleihliste, aber dort steht immer nur „sehr lange Wartezeit“, was nicht motiviert. Beim letzten Frusteinkauf bei Drogenmüller allerdings traute ich meinen Augen nicht – was stand da vorwitzig im „M“-Regal ganz vorne? [Metropolis?] Richtig [Ich wusste es. – der Lektor]. Der Doc puhlte also einen zusätzlichen Zehner aus dem Portemonnaie und verleibte Mission Azaad der kleinen, aber feinen Bollywood-Kollektion ein.

Nun haben Bollywood-Filme einen empfindlichen Nachteil – nein, nicht das Gesinge & Getanze, das gehört dazu und das erwarte ich auch von meinem Bollywood-Film, sonst könnt´ ich mir schließlich auch x-beliebigen Hollywood-Krempel anschauen, vielmehr plagen sie gestresste Reviewer wie mich, die aus einem 60-Minuten-Film mühelos fuffzehn Seiten Review stricken können, mit monumentalen Laufzeiten… auch Mission Azaad tickt letztendlich bei stolzen 149 Minuten ein (und ist damit für einen Inder ja noch auf der vergleichsweise kurzen Seite). Das könnte also ein Projekt werden, das mich etwas länger beschäftigt… seufz. Wenn ich meine Notizen so betrachte und mein gegenwärtiges „Arbeitstempo“ – see you in 2007…


Inhalt

Nachdem wir uns zunächst kräftig über die Bildqualität erschrocken haben, die einen verhältnismäßig neumodischen Film (die IMDb gibt als Entstehungsjahr 2000 an, die Copyright-Notiz am Filmende behauptet 2002) mühelos so aussehen lässt, als stamme er aus dem Jahr 1964 (was uns aber nicht sooo überrascht, wenn wir aus dem gleichen Hause Ram Jaane gesehen haben), finden wir uns an einem verregneten Nachmittag in einem Fünfter-Klasse-Hinterhof einer unbezeichneten indischen Großstadt wieder, wo, dank der Befeuchtung von oben vor spärlichem beregenschirmten Publikum (der Fairness halber sei erwähnt, dass sich einiges Publikum hinter den Fenstern der angrenzenden Häuser drängt) ein namenloser Politiker/Bürgerrechtler/sonstiger Aktivist unter einer indischen Fahne eine wütende Brandrede hält. Die herrschende politische Clique inklusive des Oppositionsführers (der rätselhafterweise aber auch stellvertretender Minister für dieses oder jenes ist… okay, bei unserer Großen Koalition ist die effektivste Opposition ja auch die interne [nebenbei: Einer Nation, die der Meinung ist, ihr Filmgeklaue würde nicht auffallen, wenn man Musicaleinlagen reinschneidet, trau ich alles zu. – der Lektor]) sei nämlich mit garstigen Kriminellen und Terroristen im Boot, lasse sich schmieren und korrumpieren und für all diese schlimmen Dinge (für deren Enthüllung er von der anwesenden Crowd die fantastische Reaktion von sheer nothing einheimst) wird er morgen dem Minister persönlich vor den Latz knallen.

Damit macht man sich natürlich nicht nur Freunde. Auch Deva, der oberste aller Schlimmfinger, der sich zur Tarnung seiner diversen verbrecherischen Aktivitäten als hinduistischer Guru (!) ausgibt, schäumt. Der Mann muss weg! Glücklicherweise für unsere Ganoven ist die anstehende Plaudertasche keiner finanzkräftigen Organisation verpflichtet, sondern muss den Weg zum Minister ganz profan mit einem öffentlichen Überlandbus bewältigen. In die gleiche vollgepackte Reisekalesche steigt die junge Journalistin Anjali mit ihrem Vater. Das könnte übel enden…

Schließlich ist bei Deva gerade (bzw. schon vorher, denn die Szenen spielen ersichtlich nicht parallel) der Groschen gefallen – bringt man den Enthüller solo um, wird man das Mord nennen. Sprengt man aber den ganzen Bus, wird die Aktion als bedauerlicher Unfall abgestempelt werden. Raffinös.

Zwecks Steigerung der allgemeinen dramatischen Wirkung wird der Bus von einer ganze Herde Schulkinder bevölkert. Deren Lehrer nutzt den Busausflug zu einem Exkurs in politische Bildung. Wer, so fragt er seine vielleicht zehnjährigen Schützlinge, war denn der „Mentor“ von Mahatma Gandhi? Die Kurzen haben begreiflicherweise davon nicht so wirklich den Plan, also muss der Teacher lösen – ein gewisser Azaad sei das gewesen. Sofort regt sich heftiger Widerspruch – Anjalis Papa korrigiert, dass Azaad keinesfalls Gandhis Mentor, sondern ein weniger dem passiven Widerstand verpflichteter Freiheitskämpfer gegen die Briten war, der den Tod der Kapitulation vorgezogen habe. Sein letztes Wort vor der Exekution sei „Azaad“ gewesen, und das bedeute, wie den Kindern beigebracht wird, nichts anderes als „Freiheit“ (ja mei, vielleicht wollt´ er einfach noch mal seinen Namen sagen [womit man sich entscheiden muss: Wurde hier von Braveheart oder von Star Crash geklaut? You decide… – der Lektor]…).

Devas finstere Schergen platzieren indes die technisch ausgefuchste Bombe auf einer Brücke – die besteht aus einer größeren Schale Benzin und einem Funkzünder; da wird ein Blofeld sicher neidisch. Der Busfahrer ist betriebsblind und fährt fröhlich über den Fremdkörper, der Terrorist im Gebüsch drückt auf seine Fernbedienung. Bada-daboom. Mit einem der schlechtesten jemals von mir georteten „Stunts“ schraubt sich der Bus von der Brücke – malerisch fliegt ein Teddybär in hohem Bogen aus einem Busfenster vor die Füße der diesbezüglich unimpressionierten Terroristen. Ungeplanterweise hat das eigentliche Ziel der Operation, der Ausplauderer, die Attacke praktisch unversehrt überlebt, sich ausgerechnet, dass die ganze Sache kein Zufall war und würde nun gern samt seinem Aktenkoffer voller Beweise die Beine in die Hand nehmen. Während Anjali feststellt, dass ihr alter Herr durch die Explosion heftigst angeschlagen wurde, nehmen die Verbrecher, bewaffnet mit Knüppeln, Schaufeln und ähnlichen Mord- und Totschlagswerkzeugen die Verfolgung ihres Opfers auf, umzingeln es und schlagen es in aller Gemütsruhe tot. Jedoch bemerken sie nicht, dass Anjali, Reporterin mit Leib und Seele, aus ungefähr 2 m Entfernung und nicht wirklich hinter einem Felsblock versteckt, die Totprügelei eifrig mitfotografiert…

Und mit den Fotos rennt sie pflichtschuldigst zu ihrem Redakteur und nagelt dem ans Bein, dass der vermeintliche Unfall mit 22 Todesopfern (und ihrem ins Koma gefallenen Paps) nichts weiter als ein feiger Mordanschlag war. Und sie weiß sogar, wer´s war – Devas Bruder! Daraus müsste sich doch ´ne prima Schlagzeile stricken lassen! Theoretisch ja, würde sich da nicht justament in der Sekunde Deva himself aus den Schatten schälen (ich will gar nicht wissen, woher der nu wieder weiß, dass jemand und wer das Attentat überlebt hat) und erst mal den Guru raushängen lässt – ein paar weise Krishna-Sprüche und die nicht wirklich passende hier Gandhi zugeschriebene Metapher mit den drei Affen („nix hören, nix sehen, nix sagen“ – sorry, ich kann grad wirklich nicht sagen, ob das tatsächlich Gandhi ist) reicht er ihr rein, bevor er zur Sache kommt, sie als „Affenweib“ tituliert und ihr klar macht, dass eine Veröffentlichung ihrer Erkenntnisse und der Beweisfotos ein fürchterlich verhängnisvoller Fehler sein könnte: „Nächstes Mal verbrenne ich deine Wohnung, dein Büro, deinen Vater…“. Für den Moment begnügt er sich aber damit, die inkriminierenden Fotos abzufackeln und verzupft sich mit seinen Schlägertypen [Zwei Dinge: Erstens waren die drei putzigen Äffchen schon im 8. Jh. VOR Christus bekannt, können also höchstens von Ghandis Präinkarnation stammen, und zwotens gelten sie in Asien nicht, wie hier, als Zeichen für mangelnde Zivilcourage, sondern tatsächlich als Glücksbringer, getreu dem Motto: „Sieh über das Böse hinweg!“. Das nur mal am Rande für die zwei oder drei unter euch, die sich auch gefragt haben, ob das nicht irgendwie komisch sei. – der Lektor].

Anjalis Redakteur kann nix anderes machen als sich für den Vorfall heftigst zu entschuldigen (obwohl er nicht wirklich was dafür kann) und ein Stoßgebet zum Himmel schicken, auf das irgendwann mal ein Held erscheinen möge, der dem Unrecht ein Ende macht.

Zutiefst gefrustet schwingt sich Anjali auf ihr Moped und bügelt heimwärts. Doch sie wird von einem Kleinwagen, in den sich so ein schlappes halbes Dutzend Deva-Goons, angeführt vom killenden Bruder, hineingepfercht hat [In Indien gibt es nicht so viel Aufhebens um Beinfreiheit. – der Lektor] und nun die Reporterschickse mit Johlen, Krakeelen und anzüglichen Gesten verarscht. Allerdings bestätigen die Typen das Vorurteil, dass Männer nicht zwei Sachen gleichzeitig machen können (also im Fallbeispiel Autofahren und Frauen ärgern) und veranstalten einen recht kompetent gewerkelten Autostunt (die action-concept-Leute werden keine schlaflosen Nächte bekommen… aber so early-PM-Niveau ist das schon) und brettern nach dem Überschlag gegen die Leitplanken. Resultat: alle tot, wie Anjali durch persönliche Inaugenscheinnahme mutig verifiziert. Da hat die junge Frau, unterstützt von einem kurzen Flashback auf den Busabsturz (ist ja auch schon gut und gerne fünf Screenminuten her), eine clevere Idee – fünf tote Gangster, keine Zeugen und ein Redakteur, der auf Helden wartet? Da geht was… Flink rupft Anjali eine Seite aus ihrem Notizbuch, skribbelt einen Brief mit generischen Warnungen an die Unterwelt, unterzeichnet ihn mit „Azaad“ und bezieht sich auf den „AGK“ (Azaad-Gesetzes-Kodex), nach dem der mysteriöse Rächer in Zukunft die zwielichtigen Elemente richten will. A hero is born! Den Zettel verstaut sie im Crashmobil [Ich hoffe mal, ihr Plan fußt nicht darauf, dass in naher Zukunft alle Böswichte mit dem Auto vor Bäume fahren… – der Lektor].

Nominell fällt die Aufgabe der Verbrechensbekämpfung eigentlich Inspektor Saleem zu, einem harten Hund mit weichem Keks, äh, Herz. Seine eigenen Untergebenen schlägt der Inspektor schon mal zusammen, wenn sie nicht spuren, oder wenn sie, wie sein Assistent/Unterinspektor/was-auch-immer ohne Namen mal wieder den taktischen Fehler begeht, einen Haufen Nutten unter dem lachhaften Argument, Prostitution sei verboten, verhaftet. Saleem haut ihm was vor die Kauleiste und erläutert: „Wenn´s keine Prostituierten gäbe, würden unsere Mütter und Schwestern vergewaltigt!“ (Das ist, äh, logisch oder so [und wenns kein Verbrechen gäbe, dann wäre das Arbeitsamt überlastet! Und wenns keinen Drogenhandel gäbe, würden die Leute mehr Alk trinken! – Don Lektorione]). Und den Verdienstausfall für die irrtümliche Festnahme können sich die Frauen am Monatsende vom Assi von dessen Gehalt auszahlen lassen. Zumindest bei den Bordsteinschwalben hat Saleem einen fetten Stein im Brett (vielleicht gibt´s ja auch ab und zu ´nen Freifick).

Der Azaad-Brief wurde tatsächlich gefunden, die Medien haben Wind davon bekommen und titulieren den Gangsterkiller schon mal als Wohltäter. Saleem findet die Sache nicht ganz so spaßig, da die Aufklärung der Todesfälle in seinen Zuständigkeitsbereich fällt und er sich an der Unfallstelle herumhängenden Gaffern auch noch blöde anmachen lassen muss, wieso die Bullen immer erst auftauchen würden, wenn die Morde schon passiert sind [Weil´s in Dien noch keine Precogs gibt? – Minority Lektor]. Saleem schreitet zur handgreiflichen Demonstration und schmiert dem Nörgler eine. „In zwei Minuten schlage ich dich noch mal“, droht er und haut dem armen Mann schon fünf Sekunden später eine weitere Watsch´n auf die Gosche. Nicht aus Jux und Dollerei, sondern aus pädagogischen Gründen. Denn, so doziert Saleem, sein geschlagenes Gegenüber kann nicht mal voraussehen, wann er wieder vom Bullen geschlagen wird, obwohl der nur einen Meter von ihm entfernt steht. Wie, zur Hölle, soll dann Saleem in seiner Cop-Eigenschaft Morde voraussagen? Da hat er nicht ganz Unrecht, aber trotzdem hat er Glück, dass Klagen wegen Polizeibrutalität in Indien scheinbar noch nicht erfunden sind. Deva fährt in seinem Nobelschlitten vor und greint sich ob des geplätteten Bruders schmerzerfüllt die Augen aus. Dabei fällt so was in Gangsterkreisen doch wohl eher unter Berufsrisiko…

Schalten wir um in eine Traumsequenz. Ein indisches Girl fantasiert sich in eine großangelegte Actionszene mit ihrem Traumprinzen (mit fiesem 80er-Jahre-Schnauzer). Die beiden werden von diversen glatzköpfigen Thugs angegriffen, die der Schnauzer mit seinen superioren Kung-fu-Künsten aber mühelos ausschaltet. Vom freien Felde führt die wilde Hatz in einen Wald, wo das Girl sich durch Kontakt mit dichtem Zweigwerk unfreiwillig entkleidet (this being a Bollywood film dürfen wir nicht wirklich mit revealing nudity rechnen). Ihr Held offeriert ihr generös sein Jackett als Ersatzbedeckung. Mehr bad boys werden verdroschen, doch dann endet die Flucht an einem Wasserfall. Da hilft nur noch springen (bzw. zwei steife Dummys die entsprechende Klippe runterzuwerfen). Girl und Schnauzbart kommen sich im Wasser näher – er lauscht ihrem Herzschlag, sie spuckt ihm gutgelaunt geschlucktes Wasser ins Gesicht. Doch da! Ein weiterer glatzköpfiger Bösbursche, der besonders lang den Atem anhalten kann, jumpt wie ein Springteufel aus dem Wasser. El Schnauzo macht auch den fertig, doch irgendwo muss ein echtes Nest haarloser Gorillas sein, und angeführt wird dieses Rudel von einem hässlichen Gnom, der offenkundig ein bis mehrere Augen auf unsere hübsche Inderin geworfen hat und ihren tapferen Beschützer als Störfaktor ausgemacht hat. Doch er hat ein Druckmittel – des Schnauzers Mama (und zukünftige Schwiegermutter des Mädels), an einen Pfahl gefesselt und von einer Kobra bedroht! Der oberlippenbemattete Held jedoch packt seinen Schlangenatomisierungsblick aus (schäbiger FX rult), die Kobra explodiert und jagt dabei noch ihre Fangzähne in den Gnom. Es darf geküsst werden (bzw. aufgrund der indischen Filmkonventionen auch nicht. Die Sache wird so gelöst, dass die Kamera formatfüllend den Hinterkopf des Helden zeigt). „The End“. Huch? Nein, unser Girl, Malahaxmi (Gesundheit), träumt, wie auch meinereiner ab und zu, in Breitwandformat und mit Abspann [Du träumst vom young Chuck Norris? Mama! – der Lektor]. Vor lauter Begeisterung über das Happy End des Traums fällt sie rumpelnd aus dem Bett und stört damit die Familie.

Der Herzbube unserer fernsehsüchtigen Holden (die würde vermutlich sogar „Lotta in Love“ ankucken, hihi) hört auf den Namen Chandra und ist für seine, na, fast vierzig Lenze ein ziemlicher Kindskopf, teilt er doch mit seiner von ihm vergötterten Schwester Gori lustige Spielchen. Nicht, was Ihr verdorbenen Ferkel wieder denkt… nein, ganz harmloses Versteckspiel (wobei die Routine stets gleich bleibt – Chandra sucht Gori, die nicht „herauskommt“, bis Chandra irgendein „dramatisches“ Ereignis vortäuscht, Gori damit aus der Reserve lockt und sie sich dann über seine Schummelei beschwert). In diesem Falle liefert Chandra sich eine Art Ringkampf mit Malahaxmi, die zunächst so tut, als wäre sie Gori (Chandra hat die Augen zu, daher fällt optische Erkennung aus), sich von ihm wenig charmant als „Eidechse“ titulieren lassen muss (was aber offenbar tatsächlich sein ständig gebrauchter Kosename für sie ist… na ja, besser als „sugarbuns“, oder? [Nicht so wirklich, nee… – der Lektor]), und ihm buchstäblich im Kreuz hängt und zu Boden drückt. Chandra behauptet kreischend, die Eidechse hätte ein Messer, Gori springt aus ihrem Versteck und muss feststellen, dass ihr Bruder sie wieder mal tüchtig verarscht hat. Das nimmt noch mal ein böses Ende, schätze ich.

Bei all dem good natured fun, den die Dreierbande da hat, ist Malahaxmi doch ein wenig genervt – obwohl sie offiziell mit Chandra verlobt ist, scheint der doch mehr an seiner Schwester zu hängen als an ihr und geht sogar soweit, dass er erstens frühestens heiraten wird, wenn Gori unter der Haube ist und zweitens dann auch nur das Frauenzimmer, das Gori für ihn aussucht. Tja, Malababy, da wirst du dich wohl mit Gori verdammt gut stellen müssen. Versucht sie denn auch prompt und fragt mal schüchtern nach, welche Sorte Frau Gori sich denn für ihren Bruder vorstellt: „Ich könnte dann so werden!“

Das rechtfertigt dann auch, schließlich ist das ein Bollywood-Film, die erste große Song & Dance-Nummer, die, auch das ist gute Tradition, inhaltlich nicht wirklich viel mit dem Narrative zu tun hat. Aber sie ist aufwendig choreographiert – Chandra und Malahaxmi, die lead singer, haben jeweils 20 bis 30 Background-Tänzer bzw. Tänzerinnen in sorgfältig farblich abgestimmten Kostümen, die zigfach im Verlaufe des Songs (leider trifft auf alle sechs insgesamt zelebrierten Lieder zu, dass es sich um verhältnismäßig eintönige unmemorablen Dancepop mit begreiflicherweise indischem Einschlag handelt – keine echten Ohrwürmer dabei) gewechselt werden. Textlich dreht sich die Nummer um die (angesichts Chandras Gesichtsbehaarung berechtigte) Frage, wie es passieren konnte, dass die beiden sich ineinander verliebt haben (vor allem stellt sich mir die Frage, OB er überhaupt in sie verknallt ist. Bislang macht das nämlich nicht wirklich den Eindruck) [Innere Werte, sag ich nur! Innere Werte! – der Lektor].

Dieweil, in der Stadt – Inspektor Saleem und seine Leute ziehen eine gut abgehangene Leiche aus dem Wasser. Keine Ahnung, wer das ist und ob mir das handlungsmäßig irgendetwas spezielles sagen soll, aber es wird schon seine Richtigkeit haben. Hauptsächlich nutzt Saleem die Szene, um die anwesenden Gaffer und Pressevertreter wegen ihrer Sensationslust zur Schnecke zu machen, also ist das wahrscheinlich eine ganz doll medien- und gesellschaftskritisch gemeinte Aussage.

Anjali hat andere Sorgen – ihr Paps ist zwar aus dem Koma erwacht, hat sich dafür aber schock-sei-dank in einen gepflegt katatonischen Zustand verabschiedet. Seine hausbesuchende Ärztin kann nicht viel für ihn tun und außerdem muss sie dringlich nach Hause, bevor die Straßen nicht mehr sicher sind. Wie sie der für eine Reporterin ziemlich schlecht informierten Anjali erklärt, treibt sich nämlich nach Einbruch der Dunkelheit allerhand Vergewaltigergesindel herum, dem sie, was man auch irgendwo wieder verstehen kann, nicht gern in die Hände fallen würde (aber Saleem hat uns doch vorhin erklärt, dass dafür die Nutten da sind?). Anjalis zartes Oberstübchen arbeitet sofort wieder auf Hochtouren – sie entwirft sofort einen neuen Azaad-Drohbrief, indem ihr fiktiver Held Vergewaltigern kurzerhand die Kastration androht…

Auch dieses Statement kommt an – binnen kürzester Zeit ist aus Anjalis Erfindung ein kleines, aber feines pop culture-Icon geworden… von all dem ahnt Chandra, das Provinzei, natürlich nix, der ist nämlich damit beschäftigt, die Verehelichung Goris zu organisieren. Einen willigen Abnehmer, der auch Chandras Wohlgefallen findet, hat man tatsächlich gefunden, stellt sich nur noch die Frage der Mitgift. So fünf Morgen Land und ein Pfund Gold täten sich die Eltern des Bräutigams schon vorstellen… Chandra ist der härteste Verhandlungsathlet seit Brian und sagt kurzerhand jeweils die doppelte Menge zu [Wenn ich mal eheliche, hätt ich auch gern übern Daumen 27.000 Euro dafür… – der Lektor]. Und die Hochzeitsfeier soll auch nicht unterbudgetiert sein – 1500 Gäste dürfen die Bräutigamsleut schon einladen, Goris Seite will sich mit schmalen 1000 begnügen (uff), nix ist zu teuer für Gori. Chandras Mutter wirft dezent die Frage nach der Finanzierung ein, hält sie doch ihren Sohnemann, so rein pekuniär gesehen, für ein Leichtgewicht, aber einer von Chandras Buddys kann sie beruhigen – der Schnauzer ist gar nicht der faule Luftikus, für den er allseits gehalten wird, er hat vielmehr eine schlappe Million Rupien (ich möchte gar nicht wissen, wie viele Eurocent das sind [etwa 16.600 € – der Lektor]) auf die hohe Kante gelegt und die gedenkt er pflichtschuldigst für die Hochzeitsfeier zu verpulvern. Das ist noch Geschwisterliebe, wie sie erlaubt ist…

Chandra tigert also zu seiner Bank, um den Reichtum abzuheben. Die Provinzfiliale des Kreditinstituts seines Vertrauens sieht sich aber außerstande, eine derartige Großbestellung auszuführen – da muss er schon zur Zentrale, in die große Stadt. Man wird ihn dort filialseitig auch gern ankündigen. Wie war doch gleich der Name? Azaad, strahlt unser wedding planner, Chandra Azaad. Whoopie. Ladies and Gentleman, we have a plot [„Wie war doch gleich der Name?“ – „Batman. Klaus Batman.“ Ich glaub, ich brauch nen Drink. – der Lektor]!

Wenn einer eine Reise tut, ist das im indischen Hinterland ein Riesenevent. Das ganze Dorf ist auf den Beinen, um Chandra zu verabschieden – Gori hat ihm eine ungefähr zwei Meter lange Einkaufsliste mitgegeben und auch Malahaxmi wünscht sich ein Mitbringsel: Chandra soll sich doch bitte als Zorro fotografieren lassen (öhm, schwarze Klamotten, Maske, Peitsche – die Kleene steht auf SM! [Oder einfach nur auf Zorro? Sometimes a cock is just a cock… – der Lektor]).

Chandra reist per Eisenbahn – things I´ve learned: In Indien kann man tatsächlich noch Züge anhalten, wenn man weiblich ist und lasziv den Rock über´s nackte Bein hochschiebt. Mädels, versucht das mal an der ICE-Trasse Nürnberg-München. Aber der Lokführer tut ein gutes Werk, denn der männlichen Passagierbelegschaft trieft angesichts des lecker Meisjes kollektiv der Sabber von der Schnute und Chandra (verlobt, wie wir uns erinnern) singt und tanzt (jawoll, zweite Musicaleinlage) in der ersten Reihe (und croont ungelogen laut deutscher Übersetzung über den „leckeren Körper“ der Kleenen). Wie üblich ist der Spaß formidabel choreographiert (nur die Passage, in der Chandras Backing-Tänzer sich in Clownsgewänder gehüllt haben – einer sogar als personifiziertes Stars-and-Stripes-Banner -, ist mir Nichtinder irgendwie schwer unverständlich). Selbstredend hat die Einlage keinerlei Relevanz für unsere Geschichte, aber man muss halt auf zweieinhalb Stunden kommen, gell [Nicht zwingend, danke nein. MIR reicht´s schon… – der Lektor]?

Bahnhof. Nein, ausnahmsweise verstehe ich nicht „Bahnhof“, sondern wir sind tatsächlich auf einem solchen. Dort läuft auf großen Monitoren Fernsehen und eine Nachrichtensprecherin instruiert uns, dass Azaad mittlerweile schon eine Fan-Website hat (nur eine? Schwach). Was wir an dieser Stelle dringend brauchen, ist ein gar lustiger comic relief-Charakter. Und deswegen bekommen wir einen in Form eines Kofferdiebs, der eifrig seinem Tagwerk nachgeht. Nur die Beute, die gefällt ihm nicht so recht, weshalb er Saleems geplagtem Assistenten, der sich als Anteilsnehmer an des Diebes Einklaufstouren ein Zubrot zum kargen Gehalt verdient, in diesem besonderen Falle gern den Kofferinhalt tutti kompletti überlässt. Der Assi öffnet und ist entsetzt – die Baggage enthält zwei abgetrennte Hände (woah, welcome to Splatter Country India).

Ich bin ja von westlichen Bahnhofspassagen gewohnt, dass man dort vom Blumentopf bis zu DVDs alles mögliche kaufen kann, aber in indischen Bahnhöfen wird regulär Frischmarkt abgehalten! Die lustigen Feilschereien werden von ein paar kleiderschrankformatigen Goons gestört. Stören tun sie nicht nur die Händler, sondern auch die Kreise des gerade angekommenden Chandra, und der stellt deutlich klar, dass er sein Wegerecht in Anspruch nehmen will. „Wer bist du denn?“, blafft der Obergoon. „Ich bin Azaad,“ kunftet Chandra wahrheitsgemäß aus – die Menge hält kollektiv den Atem an. Azaad persönlich?? Und nicht nur der Name passt – Chandra hat tatsächlich ordentlich Dampf in den Fäusten und wischt mit den Gorillas mühelos den Bahnhofsboden auf. Allerdings hat auch Assicop seine Vorstellung mitbekommen und stellt sich schon vor, welche Beförderungen und Gehaltserhöhungen ihm zuteil würden, wenn ER den gefürchteten Vigilanten dingfest macht. Zur Festnahme kommt es allerdings nicht, weil ihm sein Kumpel, der Dieb, einen Strich durch die Rechnung macht und Chandras Gepäck klaut, allerdings so auffällig, dass der Bestohlene es mitbekommt und zur Verfolgung schreitet. Vor dem Bahnhof erwischt Chandra den Langfinger, doch der behauptet pfiffig, den Taschenklau aus purer Nächstenliebe begangen zu haben, um Azaad aus den Klauen der Polizei zu retten. Der Dieb (schön wär´s für den Reviewer, würde der im Film mal einen Namen erhalten) hasselt Azaad in ein Auto und braust vom Hof. In der Kalesche kommt man sich näher – der Dieb behauptet, Chandra zu kennen, da er aus der gleichen dörflichen Gegend stammt (ich weiß bis jetzt nicht, ob das wahr sein soll oder der Dieb nur was daherquasselt, um Chandra einzuwickeln). Was denn einen Mitprovinzler in diesen Teil der Wälder treibt, möchte der Dieb gern wissen. Chandra, als Landei vertrauensseliger als ein Baby, erzählt brühwarm, dass er für seine Schwester die Million Rupien vom Konto holen will. Da reißt der Dieb die Glotzbuchten auf und verplappert sich – das Auto, in dem man grade sitzt, ist frisch geklaut, stand halt günstig rum. Chandra ist entsetzt, verlangt sofortigen Anhalt und setzt seinen Weg per pedes fort. Der Dieb läuft ihm aus unerfindlichen Gründen nach – da macht´s hinter ihnen BUMM und die Karre fliegt dekorativ in die Luft. Da drin war nämlich eine Bombe [dass er ihm nachfährt, ist mir gar nicht so unverständlich… DAS schon! – der Lektor]…

Angesichts dieser Tatsache und Azaads vormaligem Auftritt konstruieren die Medien natürlich sofort eine neue absichtliche Heldentat des geheimnisvollen Rächers – er hat ein Blutbad im Bahnhof verhindert und die heimtückische Autobombe auf´s platte Land geschafft, wo sie keinen Schaden anrichtet. Heil Azaad! (Ehm. So drücken die sich wirklich aus…). Saleem grübelt – soll er nun die Terroristen verfolgen, die die Bombe gelegt haben oder doch Azaad, den Vigilanten? Seiner Ansicht nach sind das mutual exklusive Ziele…

Indes staunt Anjali Bauklötze – eine neue Heldentat Azaads und die hat sie sich gar nicht ausgedacht? Das war nicht vorgesehen. Und es gibt Augenzeugen. „Er sah aus wie ein Hollywoodstar“, schmachtet eine Kollegin (die man schleunigst zu einem guten Augenarzt schicken sollte. Wenn Magnum sechzig Pfund zulegt und sich ein noch offensichtlicheres Toupet auf die Rübe tackert, kommt das ungefähr an Chandra ran [Tom Sellek in letzter Zeit mal gesehen? Take a good look! – der Look… äh, Lektor]).

Dieweil sich die Fernsehkommentatoren noch öffentlich fragen, ob Azaad jetzt ein anbetungswürdiger Held oder doch nur ein gewöhnlicher Krimineller ist, herrscht im Hause Deva verdammt dicke Luft. Der falsche Gurufuffziger ist nämlich der Auftraggeber der Bomberei und quite frankly ziemlich angepisst, dass sein famoser Terrorplan mächtig in die Binsen gegangen ist. Weil sein ausführender Exekutivscherge zur Entschuldigung nur hilfloses Gestammel anführen kann, schießt Deva ihn übellaunig tot. Mit dem Mann ist, so deucht mir, nicht gut Kirschen verspeisen.

Unser Held marschiert dieweil in die Bankzentrale, um seine Million abzuholen. Begleitet wird er aus eher unerfindlichen Gründen (naja, der comic-relief-Charakter muss halt irgendwie immer dabei sein) vom Kofferdieb, der hochgradig hilariös versucht, im Warteraum zum großen Geld seinem Tagwerk nachzugehen und eine andere Kundin zu beklauen. Chandra verhindert dies wie üblich und pflegt ansonsten sein Gutmenschenimage, indem er einem weiteren Bankkunden, der eine Viertelmillion, seine gesamten Lebensersparnisse, abzuheben gedenkt, um damit seiner todkranken Tochter eine OP zu stiften, tröstet. Weil auch die Bankzentrale nicht genügend Bargeld auf Lager hat, um Chandras Wunsch zu befriedigen und er nicht mit einem lumpigen Scheck zufrieden ist, soll er in zwei Tagen noch mal wiederkommen.

In einem hinduistischen Tempel betet Anjali vor sich hin. Auch Chandra sucht unspezifizierten göttlichen Beistand, was den beiden Gelegenheit bietet, unbekannterweise aneinander vorbeizudefilieren. Zumindest solange, bis Chandra ungelogen den ältesten Gag der Kulturgeschichte aufgreift, auf einer Bananenschale ausrutscht und auf Anjali draufrumpelt. Das ist Chandra megapeinlich: „Ich habe sie unsittlich berührt!“ Man sieht´s, der Mann kommt vom Land. Als aufgeklärte Städterin sieht Anjali das locker und würde gerne ihrer Wege ziehen. Der völlig hysterisierte Chandra allerdings lässt nicht locker, besteht darauf, Anjali ein Staubkorn vom Kaftan zu klopfen, was jedoch zwangsweise damit verbunden ist, dass er ihr erneut an den Hintern grabbeln muss. „Oh Gott, ich hab´s schon wieder getan“, kreischt Chandra vollkommen aufgelöst. Anjali reagiert genervt: „Warum suchen sie sich nicht ein Mikrofon und erzählen es JEDEM?“ Das hätt´ sie besser nicht gesagt, denn unser Landei-Gutmensch und Amateursuperheld tut, wie ihm geheißen, findet tatsächlich ein Mikrofon und verkündet über die Tempel-PA, wie unsagbar unangenehm ihm doch ist, zweimal ein- und dasselbe Frauenzimmer unschicklich angetatscht zu haben. Er ist ein Trottel, wie wir ihn brauchen [Wieso brauchten wir doch gleich nen comic relief Character? – der Lektor]…

Aber hochgradige Verblödung kann Leben retten. Ein böser Terrorist beabsichtigt nämlich, mittels einer weiteren Kofferbombe den Tempel in seine Atome zu zerblasen. Der unauffällig abgestellte Koffer wird allerdings umgehend zur leichten Beute unseres Lieblingskofferdiebs, der, wie immer, nicht lange dran Freude hat, weil Chandra umgehend um Aushändigung des Diebesguts bittet. Der Dieb will nicht. Chandra ist zu Scherzen aufgelegt: „Du tust so, als wäre in dem Koffer eine Bombe, die uns alle in tausend Stücke sprengen könnte!“ This being ironic and stuff, weil ja tatsächlich eine Bombe usw. Chandra setzt sich aber durch und versucht, den Koffer seinem vermeintlich rechtmäßigen Besitzer zurückzugeben, der sich diesem Unterfangen aber durch panische Flucht entzieht. Wenn Chandra sich aber in den Kopf gesetzt hat, ein gutes Werk zu tun, lässt er sich von nichts und niemandem abhalten – er chartert ein Taxi, nimmt die Verfolgung auf und gibt den Koffer, da der ursprüngliche Bombenleger sich in eine finstere Spelunke gerettet hat, bei einem Straßenhändler ab, der den Rest der Returnierung übernehmen soll. Der Händler folgt aufs Wort und bringt mit einem blöden Grinsen und der ausgerichteten Botschaft „das haben sie im Tempel vergessen“ die bombige Überraschung ins hinterste Spelunkenzimmer, wo die Terroristenzelle zusammensitzt und grummelt, dass der Anschlag eh wieder schief gegangen ist. Es reicht für die Herrschaften, angesichts des Gepäckbehältnisses noch entsetzt die Kulleraugen rauszudrehen, dann fliegt der ganze Saftladen auch schon mit Pauken und Trompeten in die Luft.

Inspektor Saleem kann nur einmal mehr die notdürftig Überlebenden aus den Trümmern pulen und einem der mächtig Angekokelten aus der Nase ziehen, das alles sei das finstere Werk von… Azaad gewesen!

Anjali bequatscht in der Redaktion ihr Abenteuer im Tempel und stellt fest, dass ihr Betatscher zwar gut aussieht, aber die ein oder andere Schraube locker hat. Ihr Redakteur klärt auf: Der vermeintlich Betriebsirre hat soeben per Bombe eine lang gesuchte Geldfälscherbande im Wortsinne gesprengt und sei niemand anderes als Azaad! Anjali spielt Fragezeichen – die ganze Sache läuft nicht so ganz nach ihrem Drehbuch…

Der selben Ansicht hängt auch Deva nach, zumal unter den Opfern der letzten Bumerangbombe einer seiner zahlreichen Brüder ist (mir ist nicht ganz klar, ob „Bruder“ im Filmsinne echte Verwandtschaftsverhältnisse oder nur Kampfgenossenschaft meint). Allerdings lebt der Bruder noch, ist aber hospitalisiert. Da ist nicht ranzukommen, meint Devas Rechte-Hand-Mann. Wo ein Wille ist, ist aber ein Weg – Deva greift beherzt zum Mittel der Selbstverstümmelung, schneidet sich die Hand kaputt und fordert umgehende Einlieferung ins Krankenhaus…

Wie´s der Kollege Zufall so will, schleicht dort auch Chandra Azaad durch die Gänge, möchte er doch seinem Bekannten aus der Bank mit der todgeweihten Tochter moralischen Beistand leisten, elender Wohltäter, der er ist. Justament, als Deva seinen Bruder gerade fragt, wer denn für den Blow-up der Fälscherwerkstatt verantwortlich ist, latscht Chandra treudoof auf dem Korridor vorbei – der halbverbrannte Bruder zeigt schwach mit dem Finger auf ihn und murmelt „Azaad“. Bis Deva allerdings kuckt, ist der schon hinter einem hinduistischen Götterplakat verschwunden und der Möchtegernguru zieht die vollkommen falschen Schlüsse: „Azaad sieht aus wie GOTT?“ Wenn sein Bruder so könnte, wie er wollte, würde er Deva jetzt wahrscheinlich eine Eichenschrankwand über den Schädel planieren (aber zum Glück hat der Bruder nicht fünf Zentimeter weiter nach rechts gezeigt, da hängt nämlich ein Poster von Mutter Theresa).

Sollte sich jemand ernstlich gefragt haben, was unser diebischer Freund gerade treibt, so wird dem gerne geholfen… der hat sich eine neue Masche einfallen lassen, spielt den gelähmten Blinden und bettelt, im Schneidersitz auf einem kleinen Rollwagen sitzend, um milde Gaben. Aus seiner Sicht positive Begleitumstände dieses ehrbaren Broterwerbs sind sowohl die Tatsache, aus dieser Perspektive attraktiven Junghühnern unter den Minirock spähen zu können als auch die Möglichkeit, solchermaßen getarnt Brieftaschen zu klauen. Zumindest solange, bis sein Weg unglückseligerweise erneut den Chandras kreuzt. Eine lustige Situation später ist Chandra unfreiwillig Skateboarder auf des Diebes fahrbarem Untersatz, brettert unkontrolliert über den belebten Markt und, ja Sachen gibt´s, donnert mit Karacho und der unterwegs aufgegabelten Anjali in einen Tomatenstand. Man rollt gepflegt ab und beinahe in einen versehentlichen Kuss, den Chandra in einem Aufwallen geballter männlicher Widerstandskraft ebenso verhindern kann. „Was ist los mit ihnen?“, beschwert er sich vehement, „ich rette sie (wovor???) und sie wollen mich küssen?“ (Äh. I don´t really see the problem here… [Anscheinend benutzen Bollywoodhobel das Wort „Küssen“ als Synonym für vögeln… – der Lektor]). Anjali wittert Zeter, Mordio und sexuelle Belästigung und wünscht sich uniformierten Beistand, mindestens aber eine heftige Entschuldigung für die Einsauung ihres Kleides mit Tomatensaft. Chandra hat eine bessere Idee, greift sich einen herumliegenden Gartenschlauch, braust Anjali an Ort und Stelle ab und staunt eine ganze Familientonne Duplo-Bauklötze, dass Anjali das jetzt auch nicht wirklich für töfte hält. „Sagen sie mir, wo sie wohnen“, krakeelt sie, „damit ich ihnen nie wieder über den Weg laufe!“ Das kann doch alles nur in ewiger Liebe enden…

Chandra ruft etwas später daheim an, wo die diversen Mädels (also seine Mutter, Gori und Malahaxmi) sich beinahe um die Ehre, den Telefonhörer halten zu dürfen, prügeln. Malahaxmi erinnert an ihr Zorro-Foto. Na, also auf ins Fotostudio. Zum Glück scheint jeder indische Wald- und Wiesenpassfotograf einen guten Kostümfundus inklusive passendem Zorro-Outfit auf Lager zu haben, so kann Chandra sich vor der Linse des gedungenen Fotografen in Pose werfen. Blöderweise hat der Fotograf noch andere Kundschaft – unseren Assi-Cop, der mit seinen geschätzten 18 Kindern ebenfalls grad Bock auf ein lustiges Kostümfotoshooting hat. Während die Kinder sich begeistert mit Zorro fotografieren lassen, fällt bei Assi-Cop langsam, aber um so heftiger, der Groschen. Moment mal, das ist doch Azaad?? Chandra geht in vollem Zorro-Gear stiften, der Assi hinterher. Uns´ Held kidnappt ein herumstromerndes Pferd und lässt selbiges die Hufe schwingen. Die wilde Hatz führt vorbei an einer Kreuzung, wo gerade Anjali auf ihrem Roller auf die nächste Grünphase wartet. „Das ist Azaad“, blökt ihr Ampel-Nebenmann begeistert. Anjali begreift ENDLICH, was Sache ist und verfolgt die Verfolger [Wie viele Einwohner hat Indien doch gleich? Und die selben vier laufen sich ständig über den Weg? Neeeeee… – der Lektor].

Bis auf Anjali scheint Chandra erfolgreich alle Verfolger abgeschüttelt zu haben – sie aber spürt ihm bis in eine Ruinenstadt nach, wo sie allerdings prompt einigen unsympathischen Gesellen in die Hände fällt, die zwar keinerlei sachdienliche Hinweise zum Verbleib eines reitenden Zorro, dafür aber Vorschläge für die unmittelbare gemeinsame Freizeitgestaltung, z.B. durch spontanen Geschlechtsverkehr zu bieten haben. Bevor´s Anjali an die Wäsche geht, taucht aber Chandra ganz heldenmäßig auf und verdrischt in einer ausführlichen Actionszene mit seinen Kung-fu- und Peitschenkünsten (wo er das gelernt hat, möchte ich auch wissen [da, wo er Skateboardfahren gelernt hat. – der Lektor]) die versammelte Goon-Bande, much to Anjali´s impressed delight. Als nach vollzogener Heldentat Chandra sich demaskiert und Anjali feststellen muss, dass die Personifikation ihres erdachten Helden niemand anderes als der Obertrottel, der sie nun schon mehrfach genervt hat, ist, schwinden ihr sicherheitshalber die Sinne. Chandra fasst das als sein Stichwort auf und verdünnisiert sich, lässt aber die Zorro-Maske als kleines Souvenir zurück.

Anlass genug für eine Song-and-Dance-Sequenz, die sich in Anjalis Fantasie abspielt und in der Azaad mit seinem Degen ein CGI-A in den Nachthimmel über der Ruinenstadt zirkelt. Im übrigen handelt der Song davon, wie Anjali Azaad zu romantisieren versucht.

Entweder hab ich´s nicht ganz mitbekommen, für unwesentlich erachtet oder der Film selbst hält´s für vernachlässigbar, wie, warum und hää, aber in der nächsten Szene lädt Anjali Azaad auf ein Tässchen Tee o.ä. in einem Straßenlokal ein. Azaad erklärt, dass er nur für ein paar Tage in der Stadt ist und seit seiner Ankunft nix als Ärger hat. Anjali macht endlich die fehlenden mentalen Striche zwischen den Punkten, auch wenn sie seine ihr gegenüber gezeigte bisherige Tumbheit eher für eine gelungene Geheimidentität hält, bis sie Chandra fragt, ob er denn schon mal von einem gewissen Azaad gehört habe. „Wer ist das und wieso trägt der meinen Namen?“, begriffsstutzt Chandra – na, von dem muss man doch schon gehört haben, kontert Anjali, schließlich hat der schon 22 Ganoven um die Ecke gebracht und außerdem sitzt er grad hier am Tisch. Chandra begreift absolut rein gar nix. Anjali muss es ihm schon ausbuchstabieren…

Der böse Deva ist dagegen mal wieder schwer cholerisch – selbstverständlich standen auch die fürhin von Chandra verprügelten Möchtegernvergewaltiger auf seiner Lohnliste und weil die Polizei bei Festnahme der Genossen tatsächlich spitzkriegte, dass die Ruine das Versteck für einen schwunghaften Waffenschmuggel darstellte, ist ein weiteres seiner Betätigungsfelder ausgeknipst. Jetzt ist Schluss mit Lustig – so ein indischer Terroristenguru versteht ja durchaus mal ein Spässken, aber genug ist genug ist genug. Deva brezelt sich waffentechnisch auf und schreitet zur großen Solo-Befreiungsaktion seiner inhaftierten Männer, die ihm im Rahmen einer brutalen (und weil indische Filmemacher auch wissen, was hip ist, von Technobeats untermalten) Killerei (begünstigt durch die Vertrauensseligkeit indischer Gefängniswärter, die Devas Tarnung als „Geheimdienstmann“ ohne Nachfrage schlucken, zumindest so lange, bis Deva anfängt, in bester HK-John-Woo-Manier um sich zu ballern) auch erfolgreich gelingt.

Saleem ist furious – nicht nur, dass die gefangenen Gangster über alle Berge sind, nein, 20 Leichen hat Deva bei der Gelegenheit auch gleich aufgestapelt. „Wir stehen da wie die Neandertaler“, flucht Saleem, aber anthropologische Metaphern helfen ihm rein ermittlungstechnisch gesehen auch nicht weiter.

So, und nu Butter bei de Fische. Wer ist Deva und was hat er vor? Falscher Guru allein sein reicht heute doch nicht mehr für einen Oberschurken vom Dienst, von der Sorte stehen in Bombay doch vermutlich zwei Dutzend an jeder Straßenecke… Zeit also, dem Fiesowatz die Maske vom Gesicht zu ziehen – Dewa ist… ein islamischer Terrorist! Als solcher preist er ihm Kreise seiner Mitkämpfer ganz ungurulike Allah und spricht bei der Gelegenheit gleich mal eine zünftige Fatwa gegen Azaad aus. Dessen Kopf möchte Deva, seines Zeichens selbstverständlich ein gar böser Pakistani, dem´s primär um die Hinzufügung des Kaschmir zum Herrschaftsgebiet des islamischen Landes geht, baldmöglichst rollen sehen [Yikes! Soviel zum Thema PC… – der Lektor].

Dieweil, in Azaads Homevillage. Malahaxmi badet enthusiastisch im Fluss (indischer Film, I remind you), was von ihren Geschlechtsgenossinnen, in vorderster Front Gori, mit heftigem Spott bedacht wird – keine zehn Meter von Malahaxmis Badestelle entfernt pinkelt nämlich die männliche Dorfjugend ins kühle Nass. Malahaxmi springt prügelwillig aus dem Wasser, wird aber sofort von einem offenbar zufällig in der Gegend rumlungernden TV-Team abgefangen, das sie dazu nötigt, ihren Lieblingssong live in die Kamera zu krächzen. „Aber keinen Filmsong“, bedingt Malahaxmi sich aus. Auf zur nächsten Song-and-Dance-Nummer, in der Chandra flehentlich fragt, wann er und Malahaxmi denn nun endlich heiraten werden und sie auskunftet, dass das genau dann passieren wird, wenn sie es sagt (was ersichtlich eine Umkehrung der tatsächlichen Realitäten darstellt). Einmal mehr bewundere ich die farbenfrohen Kostüme [viel mehr zu bewundern scheint´s in der Szene ja auch nicht zu geben… – der Lektor].

Dieweil, in der Großstadt, bemüht sich Anjali Chandra die Heldenflötentöne beizubringen, indem sie ihm seine reichhaltige Fanpost vorlegt. Nach ihrer bestechenden Logik kann Chandra gar nicht anders, als angesichts der Faktenlage zuzugeben, einer höheren Bestimmung zufolge ausersehen zu sein, Unrecht zu bekämpfen, Witwen und Waisen zu beschützen etc. pp. Zu ihrer gesteigerten Verblüffung schließt Chandra sich ihrer Interpretation nicht an und zieht sich auf den bequemen Standpunkt zurück, unmöglich allein das ganze Land retten zu können. „Willst du wirklich all diese Hoffnungen zerstören?“, schnieft Anjali und setzt ihren besten last-puppy-in-the-shop-Blick auf, aber Chandra hat sich schon entschieden – das Leben als Superheld ist nichts für ihn, Anjali soll das Possenspiel doch bitte beenden und Azaad „umbringen“. Namenlose Leichen spült´s in diesen Breiten ja oft genug an, soll sie halt einem das Namensschild anhängen und die Geschichte damit zum Abschluss bringen. Anjali ist am Boden zerstört…

Aber mit dem Karma ist das halt so eine Sache – ob man will oder nicht, es hängt einem im Kreuz. Das muss Chandra feststellen, als er am nächsten Tag mit seinem Bekannten, dem Fast-Tote-Tochter-Haber, zur Bank pilgert. Dort ist bereits ein Mob-Aufstand im Entstehen, denn wie der Vermieter der Bankimmobilie unter heftigsten Anfeindungen der Masse erklärt, sind die Betreiber der Spar- und Darlehenskasse mit den Besitztümern der Anleger über alle Berge. Weg ist die Kohle!

Es wundert uns nicht wirklich, dass die betrügerische Bank zu Devas Geflecht von Scheinfirmen gehört, mit dem er seinen islamischen Widerstand finanziert. Eine Lebensversicherung hat Deva sich dabei aber auch einfallen lassen – sämtliche Firmen sind auf Kishan, den stellvertretenden Oppositionsführerminister, eingetragen, so dass Deva gar nichts zu befürchten hat – der Volkszorn wird sich auf den Politiker richten.

Mittlerweile ist die Lage vor dem Bankgebäude so gereizt, dass eine Hundertschaft oder so Polizisten für Ruhe und Ordnung sorgen soll. Auf wen sie dabei leider nicht aufgepasst haben, ist der Vater des kranken Mädchens, der sich auf´s Vordach geschlichen und unterwegs entweder eine Tankstelle gefunden hat oder ständig auf Verdacht mit einem gefüllten Benzinkanister auf Tour geht, sollte sich mal die Notwendigkeit ergeben, sich aus Protest selbst abfackeln zu wollen. Das hat er nämlich vor – Chandra versucht, die grausame Tat zu verhindern, aber zu spät. Als brennender Dummy stürzt der alte Knabe sich vom Dach. Jetzt ventiliert sich Volkes wütende Stimme auf die anwesenden Vertreter der Ordnungsmacht, die unter dem Generalverdacht steht, korrupt zu sein und Verbrecher zu schützen. „Azaad wird uns retten“, entwickelt sich zum Schlachtruf der Protestierer. Chandra wird schwer nachdenklich – braucht die Welt am Ende doch Gerechtigkeit im Azaad-Style? Die Entscheidung wird ihm einfacher gemacht, alldieweil er zufällig ein Telefonat eines der vor Ort Schmiere stehenden Muslim-Terroristen mithört, das Kishan mit dem Bankencrash in Verbindung bringt.

Bei einem fix arrangierten Treffen leiht sich Chandra wenig später Anjalis Handy und bimmelt damit direkt bei Kishan durch. Der möge sich doch bitte schon mal seelisch auf Azaads anstehenden Besuch vorbereiten und die ergaunerten Peseten zwecks Abholung bereithalten. Kishan ruft seine Bodyguards herbei, doch die nützen ihm, wie die nachfolgende Actionszene eindrucksvoll beweist, genau gar nix, werden sie doch von Chandra in Nullkommagarnix zu bestenfalls wimmernden Häufchen Elend zusammengeschlagen. Kishan macht sich im Wortsinne vor Angst in die Bux, aber auch davor hat Chandra keinen Respekt und verprügelt den dicklichen Politclown. Einen Benzinkanister hat er auch dabei (scheint wirklich Standardausrüstung in Indien zu sein [oder er hat ihn aus einem bestimmten Grund mitgebracht… – der Lektor]), übergießt Kishan mit dem Sprit und fuchtelt bedrohlich mit einem Feuerzeug. Wenn Kishan nicht gleich mit der Sprache rausrückt, wo die geklauten Kohlen sind, gibt´s Oppositionsführerministerflambée. „Deva“, winselt Kishan kleinlaut. Anjali (die ist auch da? Wie das?) ist kaum überrascht und Chandra leistet einen heiligen Schwur: „Deva ist erledigt!“ (Ich hab aber das Gefühl, dass wir noch ungefähr eine Stunde Laufzeit haben, also dürfte das ein vorschnelles Urteil sein). Den Zaster entnimmt die Heldenschaft dann aber wohl doch erst mal Kishans Privatschatulle und verteilt sie zur Begeisterung der Azaad-Fans unter den Geprellten.

Nachdem nun geklärt ist, dass Chandra offiziell der Gerechtigkeitsliga beigetreten ist, geht Anjali zu Phase 2 über – romantic entanglement. Chandra scheint nicht völlig abgeneigt zu sein und sogar Anjalis Paps, zwar immer noch in völlig geistesabwesendem Zustand und von seiner Tochter liebevoll „Zombie“ genannt, erteilt auf Anjalis Anfrage einer etwaigen Hochzeit seinen katatonischen Segen (Chandra wird natürlich nicht gefragt). Da kann natürlich nur eins folgen – die nächste Musicaleinlage, in meinen Notizen kurzerhand als „Chandra & Anjali Love Theme“ vermerkt. Aus sich nicht wirklich aufdrängenden Gründen scheuten die Produzenten an dieser Stelle keine Kosten und Mühen, karrten ihre Stars nach Europa und filmten diese Song-and-Dance-Sequenz in alpinen Gefilden (Österreich oder Schweiz), wo sie ihr Liebespaar-in-spé u.a. in einen Panoramazug setzen. Herrn Chandra empfehle ich übrigens an dieser Stelle, mal mit seinem Make- up- und Haarstylisten zu reden – dass der Mann ein Toupet trägt, ist mir ja völlig klar und auch irgendwo entschuldbar, aber man sollte es dann wenigstens in JEDER Einstellung tragen (in so mancher Einstellung wirkt das Haupthaar unserer indischen love machine nämlich verdächtig dünn).

Inspektor Saleem muss zwischenzeitlich seinen Vorgesetzten erklären, warum er den killenden Vigilanten Azaad noch nicht aus dem Verkehr gezogen hat. Saleem schießt, wenn ich das realistisch sehe, seine Pensionsansprüche in den Wind, tituliert seine Oberen als korrupt und outet sich als Azaad-Fan, vor dem er jeden seiner vorhandenen Hüte zieht. Die Anzeige für einen neuen Inspektor ist schätzungsweise schnell geschrieben.

Auch Deva ist nicht glücklich, weiß er doch immer noch nicht, wer Azaad ist. Man müsste den Knaben aus der Reserve locken, und einen wundervollen passenden Klein-Mäxchen-Plan hat unser schurkiger Superschurke auch schnell aus dem Sari gezaubert. Da Deva ja offiziell ein populärer Guru ist, wird er einfach am 6. Dezember, einem schwer symbolträchtigen Datum (man vergebe mir, ich bin mit indisch-pakistanischer Zeitgeschichte nicht vertraut, aber das hat bestimmt was mit dem Kaschmir-Konflikt zu tun [schon mal was von Nikolaus gehört? Ansonsten könnte ich noch den Geburtstag von Hasan al-Askari anbieten. – der Lektor]) ein großartiges religiöses Ritual (genauer wird er nicht) in einem Stadion durchführen. Azaad, so spekuliert unser Terroristen-Einstein, wird da wohl oder übel auch auftauchen und dann wird halt das ganze Stadion in die Luft gesprengt. Presto, Problem gelöst. Dieser Mann weiß, wie man etwas anpackt.

Devas Schergen teilen dann auch tausendfach Handzettel aus und Chandra wittert angesichts des erwähnten heiklen Datums Ungemach: „Das ist kein Zufall!“ (Was mich an der ganzen Sache wirklich wurmt – anscheinend weiß jeder Hinz und Kunz, dass Deva ein falscher Fuffzcher ist, aber niemand fühlt sich bemüßigt, dem mal auf den Zahn zu fühlen, auch nicht Azaad selbst. Gut, die Autoritäten sind mit Deva im Bunde, aber was ist z.B. mit Saleem?).

Zum Ritual ist das Fußballstadion der Stadt dann tatsächlich bis auf den letzten Platz gefüllt. Deva reitet in einem Guru-Outfit en, fällt aber sofort seinen antrainierten Moslem-Reflexen zum Opfer. Als der Dieb (inzwischen offenbar offiziell Azaads gesetzlich vorgeschriebener Sidekick) ihn mit einem freundlichen „Allah ist groß“ anlabert, kann Deva sich nicht beherrschen und gibt automatisch wie aus der Pistole geschossen „und Mohammed ist sein Prophet“ zur Antwort. Dang. Verplappert. Weil Chandra aber ein Umstandskrämer vor dem Herrn ist, haut er Deva jetzt nicht einfach was auf die Glocke, sondern beamt sich auf die Bühne, schnappt sich ein Mikro und verkündet der entzückten Menge, ein ganz spezielles Überraschungspräsent für den Guru auf Lager zu haben – er möchte ihm ein „göttliches Symbol“ auf die Stirn tätowieren! (Ich weiß nicht, womit man in Indien normalerweise tätowiert, aber das, was Chandra da in der Hand hat, sieht für mich verdächtig nach Bohrmaschine aus [und wenn das göttliche Smbol nun ein 10 cm tiefes Loch ist? – der Lektor]). Für Deva ist dies selbstredend eine einschneidende Gewissensfrage – entweder er lässt tätowieren (und er weiß ja an dieser Stelle noch nicht, dass Chandra Azaad ist), behält damit sein Cover, verleugnet aber seine Religion und kann sich dann wohl von seinen 72 Jungfrauen und sonstigen paradiesischen Vergünstigungen verabschieden oder er outet sich vor voller Hütte als Moslem. Deva erinnert sich aber daran, dass er streng genommen nix zu verlieren hat, zieht eine Knarre, schreit „Allah ist groß“ ins weite Rund und hält die Knarre Chandra vor die Nase, verbunden mit der dringlichen Aufforderung an Azaad, gefälligst zu materialisieren, bevor er Chandra die Visage wegpustet. Chandra behauptet zu wissen, wo der gesuchte Erzfeind steckt und lotst Deva nebst dessen Brutaltrupp zu einem Garagentor. Die Fiesmannsschergen blasen mehrere Magazine blauer Bohnen in das unschuldige Tor. Selbiges öffnet sich und bietet den verblüfften Bösmännern den Anblick von Saleem und seiner Spezialeinheit (aha, also arbeiten Saleem und Azaad nun doch zusammen. Ich bin halbwegs versöhnt) – gut, streng genommen sollten die angesichts des Bleigewitters, das die Schufte gerade veranstaltet haben, emmentalerförmig sein, aber egal. Deva grummelt und Chandra hat den vermeintlich letzten Lacher: „Ich bin Azaad!“ Anjali empfiehlt Deva dringend die Aufgabe, aber Deva hat noch einen Trumpf im Ärmel – die Bombe, die in 20 Sekunden, um Punkt Eins, hochgehen wird. Wird er zwar selbst mit draufgehen, aber das ist ja, wie wir alle wissen, die höchste Ehre für einen durchgeknallten Islamo-Terroristen. Muwa-ha-haa usw. Dummerweise – für ihn – löst diese seine Ankündigung nicht die erwünschte Panik aus. Denn Chandra, der Erleuchtete und Hellseher unter den Superhelden, wusste, „dass du etwas vor hast und darum hab ich die Uhr eine halbe Stunde zurückstellen lassen!“ Ähh. Jaaaa…. klar. Also, entweder WUSSTE Chandra, dass Deva eine Bombe an die Stadionuhr gepichelt hat (woher auch immer) – dann aber hätte er sich die ganze Scharade im Stadion sparen können oder die Bombe hängt NICHT an der Stadionuhr (ich würde als Terrorist von Welt nämlich einfach einen gottverdammten Timer benutzen), dann nützt Chandra aber die ganze Umstellerei doch nix? Sorry, ich tilte gerade, weil this does not compute.

Deva sieht ein, dass er verloren hat, mag sich aber nicht festnehmen lassen, sondern greift zur um den Hals baumelnden Notgiftampulle und zerbeißt sie (warum er deswegen heftig aus dem Mund zu bluten beginnt, ist mir nicht ganz klar. Oder in der Ampulle sitzen Barracudas). Saleem will den Mistkerl lebend haben und lässt ihn sofort ins Krankenhaus schaffen, wo ein Doktor aber nur das Ableben des Schufts bestätigt. Saleem ist verärgert.

Und das mit Recht, denn, wir haben ja noch fast 40 Minuten Film über, selbstverständlich steht der Doktor auf Devas Lohnliste. Im Leichenschauhaus erwacht der falsche Prophet wieder zu „neuem Leben“ und schwört blutigste Rache.

Davon ahnen unsere Helden natürlich momentan noch nicht das aller-aller-geringste (die sehen zu wenig Filme). Chandra erledigt endlich seine Einkäufe und kauft noch einen ganz besonderen Sari „für das Mädchen, dem mein Herz gehört“. Anjali fühlt sich prophylaktisch betroffen, bittet aber um verbale Bestätigung der Identität der Sariempfängerin. Chandras pseudosalomonische Antwort „ich verrat´s dir auf Goris Hochzeit. Du kommst doch auch?“ ist nicht dazu angetan, Anjalis Hoffnungen auf ein realistischeres Mindestmaß zusammenzustauchen.

In Chandras Dorf machen daher bei seiner umjubelten Rückkehr gleich zwei Mädel dumme Gesichter – Anjali, weil ihr Angebeteter Malaachi turtelnd-verliebt begrüßt und Malahaxmi, weil er aus der Stadt unerwünschte Konkurrenz in Form von Anjali mitgebracht hat. Anjali versucht höflich zu sein und widmet Malahaxmi ein souveränes „Hi!“. Chandra ist wieder juxig aufgelegt: „Sie versteht kein Englisch!“ Macht Malababy nicht fröhlicher, auch nicht, dass Chandras Mama von Anjali völlig hin und weg ist: „Du siehst aus wie die Göttin Malahaxmi (sic)!“ „Aber ich bin Malahaxmi,“ greint Malahaxmi zutreffend – ich wäre jetzt auch beleidigt, denn das war zumindest uncharmant… Chandra lässt aber erst mal beide Schicksen stehen und fällt lieber seiner Schwester um den Hals (ich glaube, DIE würde er am liebsten heiraten. Nur ist das nicht mal in Indien erlaubt). Zeit für die abschließende (ja, es ist tatsächlich die letzte, obwohl wir immer noch eine halbe Stunde vor uns haben [wie schade! – der Lektor]) große Gesangs- und Tanznummer, an der wirklich alle Protagonisten mitwirken dürfen – Gori, Chandra, Anjali und Malahaxmi singen und tanzen sich durch die Vorbereitungen für die große Hochzeitsfete.

Auch die schönste Hupfdohlerei hat aber mal ein Ende und jetzt will die traute Familie nur noch eins wissen – nun, wo Gori mehr oder weniger unter der Haube ist, wann wird Chandra denn den Bund für´s Leben schließen? Gori plappert über den ominösen Sari und Chandras Mama hält es für eine knorke Idee, den der Auserwählten an Ort und Stelle zu überreichen. Chandra druckst rum – die Stunde der Wahrheit lässt sich allerdings nicht mehr hinauszögern. Chandra gibt den Sari an… trommelwirbel… Anjali! Malahaxmi beginnt sofort unauffällig zu heulen, Anjali strahlt, aber Chandra ist ein Idiot, das wissen wir ja: „Bitte gib du ihn meiner Verlobten!“ Während wir als clevere Zuschauer – im Gegensatz zu Chandra – sehen, wie quasi comic-artig Anjalis Herz zerbröselt, labert Chandra weiter, wonach Malahaxmi zwar auch nicht ganz dicht sei, ihn aber liebe und er sie. Nun möchte Anjali sich gerne auf ein diskretes Greinerchen zurückziehen, aber Chandra, selbst für einen Sackträger ein ganz besonderer Nixblicker von Vollpfosten, ist von seinen Gefühlen überwältigt und hält ihr noch einen ausufernden Vortrag, was für eine tolle Frau sie (also Anjali) doch sei, dass sie schon einen Mann finden würde, der sie verdient, und wenn ein Mistkerl es wagen sollte, ihr irgendwie weh zu tun, dann soll sie nur ihn rufen und er poliert dem Ignoranten die Visage (dann kann er gleich bei sich selbst anfangen). Anjali lächelt ein „gute-Miene-zum-bösen-Spiel“-Lächeln.

Dieweil schmiedet Deva finstere Ränke. Naja, arg viel schmieden muss er gar nicht. Scheinbar hat er sich off-screen mit Kishan kurzgeschlossen und so ermittelt, dass Azaad einer der geprellten Anleger sein muss. Und nun geht er einfach die Kundenliste der Bank durch. Und wer steht da schwarz auf weiß inklusive zustellungsfähiger Adresse? Chandra Azaad, Letztes Kuhdorf links, Hinterindien.

Weil´s bisher im Filmverlauf ja immer prächtig funktioniert hat, bleibt Deva beim bewährten Modus Operandi und lässt eine Bombe bauen. Selbige wird hinterhältigerweise von einem seiner Zuträger als „Juwelen“ deklariert als Hochzeitsgeschenk überreichen. Chandra drückt das Paket geistesabwesend Gori in die Hand. Zu spät stellt sich ein Flashback ein und vermittelt Chandra die Erkenntnis, dass der Paketbote ein identisches Giftampüllchen um den Hals hängen hat wie Deva. PANIK! Nun spielt Deva der langgehegte und gepflegte, von mir aber nicht ausreichend gewürdigte running gag des fröhlichen Versteckspiels seitens Gori in die Karten. Als Chandra nämlich mit „Gori! Das ist eine Bombe!!!“-Schreien durch Haus und Gärten fegt, fasst Gori das wieder einmal als linken Trick ihrer Bruderbazille, sie aus der Reserve zu locken aus und weigert sich trotzköpfchenmäßig (nun, man KÖNNTE etwas energischer versuchen, das Mädel zu SUCHEN und nicht einfach auf der Gartentreppe stehen bleiben und „GORI! GORI!“ schreien). Tragik, nimm deinen Durchlauf. Die Bombe explodiert und fetzt Gori in tausend kleine Stücke. Nur ihr Hochzeitssari bleibt einigermaßen intakt übrig, aber da befriedigt, obwohl gleichsam ein Wunder der Textilverarbeitung, weder Chandra noch – vermutlich – den um sein Vergnügen gebrachten Bräutigam. In die allgemeine Hysterie und Panik ruft Deva auf Anjalis Handy an (die Nummer hat er vermutlich auch von Kishan) und übernimmt die volle Verantwortung für das Attentat, erinnert Chandra daran, dass alles streng genommen seine eigene Schuld sei, weil er eben Devas Kreise gestört habe und verkündet, nunmehr nach Pakistan zurückkehren und dort den Djihad auf großer Stufe weiterköcheln lassen zu wollen. Dann packt er Chandra bei seiner patriotischen Ehre: „Wenn du ein stolzer Inder bist – komm und hol mich!“

Deva ist allerdings kein Anhänger des kleinen Grenzverkehrs – wenn er verreist, dann kriegt´s jeder mit. Mit seinen verbliebenen Getreuen entführt er einen vollbesetzten Passagierzug und hat so auf einen Schlag schlappe 1200 Geiseln. Seine bescheidenen Forderungen an die indische Regierung: die Freilassung von 27 Moslem-Extremisten und das läppische Sümmchen von 500 Millionen US-Dollar (damit kann er den pakistanischen Staatshaushalt auf Jahre finanzieren, vermute ich mal). So die Regierung kooperiert, wird er an jedem Bahnhof, an dem er vorbei kommt, ein paar Geiseln freilassen, falls nicht, wird alle halbe Stunde ´ne Geisel erschossen (okay, das kann er 600 Stunden lang durchziehen. Nicht schlecht). Saleem, dafür, dass er meines Erachtens bisher nichts als ein Großstadtbulle im mittleren Dienst war, im Krisenstab eingeteilt, plädiert für die harte Linie – keine Verhandlungen, kein gar nix, denn „wir sind doch keine Eunuchen!“ (Ich verzichte dankend auf bildhaften Beweis).

Tatsächlich wird Saleem ein Spezialeinsatz bewilligt. Mit einigen Soldaten/Polizisten/whatever und schweren Kisten (das sollen vermutlich die Geldkoffer sein) erwartet Saleem den Geiselzug und erbittet unbewaffnet die Freilassung von Frauen, Kindern und Verletzten. Doch das ist ´ne fiese Falle – in den vermeintlichen Geldkoffern haben die raffinierten Inder Knarren versteckt und die halten sie nun Deva vor die Nase. Der liest Saleems Namensschild und ist persönlich-menschlich enttäuscht. „Ein Moslem zielt mit einer Waffe auf einen Moslem!“ (Ich will nicht kritisch sein, aber das SOLL schon öfter in größerem Rahmen vorgekommen sein). Dies gibt Saleem die Möglichkeit, zunächst die „ich bin vor allem INDER“-Karte zu spielen und anschließend die obligate politisch korrekte „wahre Moslems verabscheuen Gewalt und töten keine Unschuldige“-Ansprache zu halten, die sich aber schnell in einen direkten Vergleich zwischen Pakistan und Indien umorientiert. Schließlich, führt Saleem in einem crash-course in Sachen jüngerer indischer Geschichte aus, habe sein Land sogar schon einen muslimischen Präsidenten gehabt, jede Menge Moslem-Politiker und sogar einen muslimischen Cricket-Kapitän [das Argument sollte ja wohl reichen – der Lektor], während in Pakistan noch nicht mal ein Hindu überhaupt ins Team gewählt worden sei (vielleicht spielen die pakistanischen Hindus einfach nur schlecht Cricket?). „Unsere Hymne wurde von einem Moslem geschrieben“, tönt Saleem, „und wir haben eure toten Soldaten im Kaschmir begraben, ihr wolltet sie nicht mal wieder!“ Kurz und prägnant zusammengefasst: „Indien ist das beste Land der ganzen Welt!“ (Ich zitiere wörtlich und melde meine sanften Zweifel an). Wider Erwarten schwört Deva ob dieser Litanei jetzt nicht sofort und hier und jetzt dem Terrorismus ab, verbrennt seinen pakistanischen Personalausweis und beantragt die indische Staatsbürgerschaft, sondern gibt erstens sich eher pragmatisch und zweitens Saleem deutlich zu verstehen, dass der Zug inzwischen zur rollenden Bombe umgebaut wurde und drin 1200 Inder sitzen. Und nu?

Da Saleems Plan wohl tatsächlich auf der Hypothese beruhte, Deva würde angesichts seiner flammenden Pro-India-Rede aufgeben oder sich wenigstens willenlos erschießen lassen, ist der tapfere Indermoslem mit seinem Latein am Ende und streckt die Waffen. Deva grinst böse: „Du wirst durch eine pakistanische Kugel sterben!“ Nicht mit Saleem – „Nein, durch eine indische!“ Saleem hält sich seine Knarre an die Rübe und pustet sich das Hirn raus (dem hast du´s aber gezeigt! Die Judäische Volksfront wäre stolz auf dich!).

Nachdem mit Saleems gescheiterten Supersonderspezialplan alle weiteren Möglichkeiten der Regierung erschöpft sind, werden die Forderungen Devas erfüllt – die 27 Muslimterroristen werden freigelassen. Doch unter den Haufen Tunichtgute, die ihre indischen Ex-Jailer mit Spott und Häme bedenken, hat sich eine uns vertraute Gestalt geschmuggelt. Okay, bitte eine Frage – hat Azaad sich jetzt selbstätig unter die Terrorsten gemischt oder ist er im Auftrag der Regierung unterwegs? Und, äh, sollten sich die Muslime nicht wundern, wer der Kerl da ist, der mit ihnen freigelassen wird? Sollte doch spätestens beim Zählappell auffallen… Egal… die Ex-Knackis entern zu großem Bruei ihrer Kumpane den Zug, nur Azaad setzt sich schnell ab und beginnt systematisch damit, links und rechts Terroristen zu meucheln, wobei ihm seine Kampfsportfähigkeiten gute Dienste leisten (weniger die der Kamera- und Schnittschergen. Speziell das Editing der Kung-fu-Szenen ist arg verbesserungswürdig [gibt´s eigentlich in jedem indischen Kuhdorf einen Kalari-Dojo, in dem man Sakteboardfahren und Peitscheschwingen lernt? – der Lektor]). Deva wird informiert, dass Azaad sich auf dem Zugdach herumtreibt. Deva und seine finsteren Mordbuben stellen den Feind und lassen ihn in Gewehrläufe blicken. „Ich werde dich nicht umbringen“, grunzt Deva, denn selbstverständlich stellt es eine noch viel schlimmere Bestrafung für den Helden für die gute Sache dar, wenn er weiter- und miterleben muss, wie Deva gewinnt! Sieht auch gar nicht so schlecht aus, denn Azaad wird fürchterlich verdroschen, mit Gewehrkolben malträtiert und schließlich – wozu aus unerfindlichen Gründen grüne, orange und weiße Farbpakete aus dem Zug heraus explodieren – vom Zug geworfen. „Ich zerstöre dein Land wie deine Schwester“, begeht Deva den strategischen Fehler, als Abschiedsgruß noch eine persönliche Widmung loszuwerden und dampft ab.

Nun beginnt die wundersame Wandlung von Azaad in Captan India! Denn nun erfahren wir auch, wozu die Farbpakete gerade explodiert sind – so hat Azaad nämlich taugliches Material, um sich die indische Landesfarben auf die Stirn zu malen und kräftig in fiese Pakistaniärsche zu treten! Wider jedes Naturgesetz sprintet der nicht gerade gertenschlanke Azaad dem Zug hinterher und springt auf. Was nun passiert, ist mir trotz stundenlanger Grübelei nicht ganz klar – einerseits sieht es so aus, als würde Azaad die Passagierwaggons abtrennen – sämtliche Terroristen sind wohl mittlerweile in der Lok zugange. Dort angekommen, gibt Azaad dem überraschten Deva den freundschaftlichen Rat, sich mal zum Zug umzudrehen – der driftet nämlich gerade hinfort und wird von Azaad per erbeuteter Fernsteuerung in die Luft gesprengt! (Äh? Ich will für ihn hoffen, dass er erst die Passagierwagen abgetrennt hat, dann die, in denen die freigelassenen Terroristen saßen und dann wiederum DIE gesprengt hat. Ansonsten würde ich nämlich Azaads Zurechnungsfähigkeit jetzt empfindlich bestreiten wollen). Jetzt ist Deva fällig – Azaad haut ihn zu Klump und hält dabei noch politologische Vorträge: „Wenn ihr Frieden wollt, dann redet mit uns!“ (Kann er leicht sagen, wo er Deva gerade die Gesichtszüge umarrangiert), andererseits droht er: „Dein Pakistan wird aufhören zu existieren“, und auf ihre drei lumpigen Atombomben bräuchten sich die Pakistanis gar nix einbilden – „wir werden tausende bauen!“ (Übrigens hatte schon Saleem darauf hingewiesen, dass der Entwickler der indischen Atombombe Moslem war). „Wenn Bettler überheblich sein dürfen“ (wie Pakistan), doziert er, „können Wohltäter (wie Indien) auch eitel sein!“ Ah. Ja. Sure. Whatever. Um seinen Feind endgültig zu demütigen, verpasst Azaad Deva einen Headbutt, womit sich die indische Flagge auch auf der Moslemstirn abbildet [nur irgendwie andersrum… oder? – der Lektor] und der Pakistani-Terrorist damit wohl entehrt in die ewigen Jagdgründe auffahren wird – denn Azaad schlägt ihn jetzt endgültig tot.

Wrap-up-Time. Azaad wird verständlicherweise als großer Held gefeiert, doch dem ist das gar nicht Recht. „Warum ruft ihr ´Azaad´? Das ist doch nur ein Name!“ Ja, es ist Zeit für die Moral-von-der-Geschicht. Azaad verdonnert seine Anhänger dazu, in ihren Herzen nach dem wahren Heldenmut zu fahnden, Frieden, Harmonie und Vertrauen sollen regieren (das werden besonders die Pakistani zu schätzen wissen, hehe), und die Freiheit, na die darf natürlich niemals sterben. Womit Azaad offiziell einen Rücktritt als Superheld und Gemeinagent verkündet hätte und einer gemeinsamen Zukunft mit Malahaxmi entgegen zieht. Anjali realisiert, dass sie der wahren Liebe nicht im Weg stehen darf und gibt den beiden ein halbherziges „thumbs up“. Und damit ist Schluss…

Wohaaa. Ich glaub, ich review so schnell keinen Bollywood-Film mehr (zumindest nicht, wenn ich Rückenschmerzen wie die Hölle hab und nicht mal sitzen kann). Ihr dürft mir glauben, durch die zweite Hälfte des Films bin ich im Eiltempo gerasselt, sonst wären wir an der Stelle noch nicht fertig [dafür werden wir dir auch ewiglich dankbar sein – der Lektor].

This being said, stelle ich wieder mal (obwohl in Reviewform bislang nicht vorgetragen) fest – Bollywoodfilme sind something else. Mit den Maßstäben eines normalen, westlichen Films ist der indischen Filmproduktion nicht beizukommen… Andererseits glaube ich, obwohl ich mich mit Sicherheit nicht zum Bollywood-Experten erklären möchte (dafür hab ich dann doch viel zu wenige gesehen), dass Mission Azaad selbst für die Verhältnisse der Hindukusch-Filmproduktion eine ziemlich wahnwitzige Angelegenheit ist. Gut, dass die Inder, wenn sie nicht den sicheren Weg gehen und reine Liebesschnulzen fabrizieren, gerne mal Genres miteinander verbinden, ist nichts neues (der vor gefühlten drei Jahren ganz oben von mir zitierte Main Hoon Na gibt sich ja auch als Mischung aus Actionthriller und Collegekomödie, trennt diese beiden Genres aber beinahe klinisch rein), aber die Mixtur aus Liebesdrama, Slapstickkomödie, Comic-Superhelden-Abenteuer und propagandistischer Polit-Action sucht schon seinesgleichen – die kuriose, aber dennoch irgendwie folgerichtige Konsequenz: trotz seiner zweieinhalb Stunden Laufzeit wirkt Mission Azaad fast noch zu kurz – die einzelnen Handlungsstränge haben kaum Zeit zur Entfaltung (zumal man ja von der Laufzeit noch ´ne knappe halbe Stunde Musicaleinlagen abziehen muss… da sind wir netto dann bei einer running time von ungefähr zwei Stunden, und in die muss dann schon ´ne ganze Menge reingefriemelt werden. Dass da das ein oder andere Plothole ungestopft bleibt, liegt auf der Hand).

Das Grundkonzept, der „erfundene Held“, der sich durch äußere Umstände sozusagen verselbständigt, kommt mir bekannt vor – ich komm zwar beim besten Willen nicht drauf, wo ich so etwas schon mal gesehen, gehört oder gelesen habe, aber ich mag den Indern einen solchen Geistesblitz fast nicht zutrauen (und wie gesagt: ich bin SICHER, so was schon mal anderweitig serviert bekommen zu haben. Vielleicht hat jemand der Mitleser einen kleinen Hinweis für mich auf Lager). Gut, mögen die Inder die Idee nicht erfunden haben, aber es ist eine reizvolle Idee, die man ernsthaft aufziehen oder eher auf die leichtfüßig-humorige Note spielen kann. Grundsätzlich bemühen sich die Inder um den komödiantischen Approach, aber – wie „lustig“ kann ein Film sein, der gleich mal mit einem Bombenattentat auf einen Bus voll (u.a.) Schulkinder beginnt? Das ist der schwierige Spagat, den die Filmemacher versuchen und mit dem man in Indien vielleicht durchkommt, das ganze für westliche Zuschauer, die es (sei´s aus Faulheit, sei´s, weil man sie seit Jahrzehnten mit simplifiziertem Mainstream-Schmu kommt, sei´s, weil´s tatsächlich ein wenig seltsam ist) nicht gewohnt sind, eine recht blutrünstige Thrillerhandlung im Verbund mit grobem Slapstick-Unfug und Herzschmerz-Liebestriangeln zu konsumieren, nicht ganz einfach macht, zu Azaad Zugang zu finden. Zum Glück sind wir hier ja unter uns intelligenten Filmbetrachtern und haben damit weniger Schwierigkeiten als der 08/15-RTL-II-Zuschauer (wobei das jetzt wieder ein heftig hinkender Vergleich ist, alldieweil RTL II ja Deutschlands primäre Bollywoodabspielstation ist).

Langer Schwafelei kurzer Sinn – es ist sehr sehr „userspezifisch“, ob man mit einem zusammengepatchworkeden Film wie Azaad etwas anfangen kann, und gerade der Zuschauertypus, der von mir etwas despektierlich als der durchschnittliche Bollywood-Konsument identifiziert wird, der also Liebe, Triebe, Herz und Schmerz mit Happy-End-Garantie erwartet, dürfte mit diesem Film seine liebe Not und Mühe haben, wohingegen wiederum das Publikum, das mit einem Action-Abenteuer gut leben könnte, sich irgendwie über die Romantik, die Blödeleien und das „Gesinge“ retten muss.

Von einem im Wortsinne funktionierenden Script kann also, wenn wir´s mal aufdröseln wollen, nicht wirklich die Rede sein. Immerhin ist Azaad mutig genug, seine verschiedenen Genrezutaten parallel laufen zu lassen (Main Hoon Na trennte ja in einen Action-Polit-Thrill-Prolog, anderthalb Stunden Campus-Comedy und ein gut einstündiges Actionfeuerwerk zum Finale) und hat trotzdem/gerade deswegen das Problem, dramaturgisch in Bruchstücke zu zerfallen. Es fehlt dem Film an einer durchgängigen Hauptfigur – wir beginnen mit Anjali in dieser Rolle, nach ungefähr ´ner halben Stunde kommt Azaad ins Spiel, für eine Weile teilen sich die beiden den Job, und im dritten Akt fällt Anjali dann völlig durch den Rost und alles bleib an Azaad hängen. Zudem sind die Charakterisierungen, aber das ist in der wunderbaren Welt von Bollywood nichts grundsätzlich neues, flach und eindimensional, sofern es überhaupt zu ernsthaften Charakterisierungen kommt (Anjali, ja immerhin so etwas wie eine der zentralen Figuren des Films, hat quasi null Background, entwickelt im Filmverlauf keine wirkliche Persönlichkeit, scheint mit der Erschaffung des Azaad-Mythos ihre Plot-Schuldigkeit getan zu haben und ist in der Folgezeit nur noch die halbherzige love interest für den Helden, wobei auch das nicht ausgespielt werden kann und darf, weil im Bollywood-Film der Held seiner eigentlich Angebeteten ja um Shivas Willen nicht untreu werden, aber natürlich trotzdem jeden hergelaufenen Rock eine gesungene Liebeserklärung vortragen darf… nun, dass die Bollywood-Welt logisch ist, hat niemand behauptet. Wenigstens kann man dem Film nicht vorwerfen, dass er einseitig auf die durch und durch bösen und niederträchtigen Moslems einknüppelt, sondern mit Saleem einen geradezu quintessentiellen Gutmenschen-Moslem (der sich gleich als Regierungssprecher bewerben sollte) dem Bösmann Deva gegenüberstellt (speaking of Deva – etwas genauer herausstellen, WAS der Kerl eigentlich will, außer den heiligen Krieg aus Prinzip, was natürlich für 100 % terroristischer Islamisten vollkommen ausreichende Motivation ist, hätte man schon können).

Im Endeffekt klappt natürlich keine der diversen Plotlinien wirklich – die Romanze laboriert daran, dass die indischen Filmkonventionen ein klassisches Happy-End verlangen und die Dreiecksbeziehung zwangsläufig so aufgelöst werden muss, wie sie es am End wird, der Abenteuer-Comedy-Part will sich nicht recht mit dem „knallharten“ Terror-Action-Thrill verbinden. Zwar lässt das Drehbuch, wie gesagt, von Anfang an durchblicken, dass hinter den humoristischen Eskapaden blutige (und todesintensive) Schuftereien stecken, aber diese leichtgewichtige „Rächer-der-Enterbten“-Nummer (wobei der deutsche Untertitel „Der indische Zorro“ sich natürlich auf die zehn Minuten kapriziert, in denen Azaad sich im Zorrokostüm umtreibt) passt nicht zu der speziell im Finale präsentierten ultranationalistischen Propaganda und der völligen Humorlosigkeit der letzten halben Stunde (wobei man schon wieder bewundern muss, mit welcher Kaltschnäuzigkeit Gori von den Drehbuchautoren eliminiert wird. Für einen Bollywood-Unterhaltungsfilm, und letztendlich ist Azaad trotz seiner Propaganda nichts anderes, ist das sicher ein Schlag in die Magengrube).

Okay, ich glaube, Ihr habt´s kapiert – Azaad ist inhaltlich gewöhnungsbedürftig und nicht die reine leichte Kost, als die man die bunten Musikfilmchen aus der Bollywood-Produkton normalerweise leichthin abqualifiziert, ohne dabei eben diese leichten, beschwingten und überdrehten Momente zu vernachlässigen.

Filmisch offenbart der Streiten unter der Regie von Tirupati Swamy, für den Azaad erst die zweite Regiearbeit nach dem Drama Ganesh darstellt, Licht und Schatten. Das Licht zuerst – bei der Inszenierung von Musical-Sequenzen macht den Indern, da wollen wir ehrlich sein, weltweit keiner mehr was vor. Selbst wenn die Musik, wie im hiesigen Beispiel, eher durchschnittlich (aber wenigstens modern arrangiert) ist, strahlen die entsprechenden Filmszenen einfach eine unbändige Lebensfreude aus, bestechen durch perfekte Choreographie (wenn gleich manche Moves auf unsereins etwas lächerlich wirken mögen), bis ins kleinste Detail ausgetüftelte Kostüme und, um den Bogen zur Regiearbeit zu schlagen, mitreißende Inszenierung. Abseits von Gesang und Tanz sieht´s dann aber schon anders aus – die komödiantischen Elemente passen durchaus noch, auch wenn die lieben Inder einige der ältesten Gags der Sittengeschichte schamlos recyclen (gibt´s eigentlich tatsächlich noch jemanden, der „Ausrutschen auf der Bananenschale“ für lustig hält? [Hier! – der Lektor] Aber Ehre, wem sie gebührt, die Szene entwickelt sich danach noch zum Besseren weiter), da passt das Timing und einige der Darsteller besitzen genuine comical talent. Die wahre „mixed bag“ ist der Abenteuer- und Actionpart – hier finden sich zwar auch immer wieder Einstellungen, die von unerwartetem Gespür für Style zeugen (und ich habe schon erwähnt, dass sich auch nach Indien herumgesprochen hat, dass man nach Matrix eine brutale Actionszene mit Technomucke unterlegen muss), aber auf jede geglückte Szene kommt mindestens eine herzig in die Binsen gegangene – bewegungsunfähige Dummys eine Klippe runterschmeißen, lasse ich einem 80er-Italogüllestreifen nicht durchgehen, dann auch keinem neumodischen Bollywoodfetzer, der Buscrash ist geradezu dilettantisch inszeniert (dabei beweisen die Stuntleute mit dem Autocrash, den PM nicht viel schöner hinbekommen hätte, ein paar Minuten später, dass sie durchaus was auf dem Kasten haben), die Martial-Arts-Einlagen sind zwar, soweit sich das erkennen lässt, recht ordentlich choreographiert, aber oftmals ungeschickt montiert.

Die Production Values können sich sehen lassen – sicher ist Azaad kein Big-Budget-Produkt, auch nicht für indische Verhältnisse, aber immerhin hat man sich für mindestens eine Musical-Szene einen Location Shoot in Europa gegönnt, die Sets sind hübsch dekoriert und für ein bissl Krachbumm hat´s auch gereicht.

Die Musik habe ich schon erwähnt – die Songs sind nicht großartig memorabel oder ohrwurmverdächtig, sondern bewegen sich auf akzeptablem Durchschnittsniveau. Wird man nicht auf Best-of-Bollywood-Samplern finden, aber veranlasst auch nicht zum schnellen Vorlauf (es sei denn freilich, man ist grundsätzlich gegen indisch angehauchten Dancepop allergisch). Der Score orientiert sich an gängigen westlichen Vorbildern.

Wer angesichts der FSK-16-Freigabe schon mal prophylaktisch vor Ansicht die Augen verdreht, wird sich wundern, denn das blaue Papperl trägt der Streifen schon zurecht. In seinem unbekümmerten „wir-bauen-alles-ein-was-uns-einfällt“-Approach serviert der Streifen nicht nur implizierte Gewalt, sondern lässt sich auch on-screen nicht lumpen, bietet blutige on-screen-Action mit hohem body count, graphisch verbrannte Tote und Halbtote, und im Finale ruppige one-on-one-Kloppereien. Der schon angesprochene durchschnittliche Bollywood-Fan wird sich umschauen, was ihm da vor den Latz geknallt wird.

So ein paar leichte persönliche Schwierigkeiten habe ich mit der Besetzung, speziell der Hauptrolle. Nagarjuna Akkieni ist nun mal kein Sharukh Khan. Bei letztgenanntem Akteur kann ich nämlich durchaus verstehen, warum auch hierzulande Frauen reihenweise auf ihn abfahren; der sieht nicht nur gut aus, kann plausibel schauspielern und ist physisch in Form, sondern er hat einfach auch dieses gewisse Etwas, dieses Charisma, diese Screenpräsenz, die einfach „STAR“ schreit. Akkieni, zum Drehzeitpunkt immerhin auch schon stolze 41 Lenze alt und seit 1987 darstellerisch aktiv, hat das eben einfach nicht; okay, es mag natürlich in gewisser Weise die „Aussage“ des Films stützen, dass Akkieni alias Azaad kein strahlender, wohlproportionierter Supermann ist, sondern mehr der Typ Average Joe, aber andererseits ist sein Charakter von Anfang an zumindest ein versierter Fighter, und das nimmt man dem eher gemütlich wirkenden Akkieni nicht ab (und ebenso wenig, dass sich die Frauen offenbar um ihn prügeln würden, wenn sie so dürften, wie sie wollten). Als sympathischer Tollpatsch ohne Actionbackground ginge er für mich sicher durch, aber den harten Actionhaudegen, den kaufe ich nicht, nicht mal für ´ne Rupie. Dafür aber trägt er einen schicken Porno-Schnäuzer ((c) xenoforge).

Die leider bei einem Flugzeugabsturz in Bangalore 2004 ums Leben gekommene Soundarya als Anjali ist likeable – aber auch nicht * viel * mehr (ich könnte uncharmant sein und behaupten, von den drei zentralen Frauen im Film ist sie die am wenigsten hübsche… aber ich steh halt auch nicht so auf „Pfannkuchengesichter“. Your mileage may vary). Schauspielerisch wird sie nicht vor unlösbare Aufgaben gestellt, da der Film, wie erwähnt, sie so ab der Halbzeitmarke zur Nebenfigur degradiert. Shilpa Shetty (Malahaxmi) kommt meinem persönlichen Geschmack dann schon näher – viel zu spielen hat das Indian Idol-Jurymitglied, das es mittlerweile auch nach Hollywood geschafft hat (sie ziert den gerade in Produktion befindlichen B-Horror Forever, in dem auch Dennis Hopper und Edward Furlong mitspielen sollen), aber auch nicht.

Raghuvaran spielt den Erzbösewicht Deva mit der notwendigen Überdramatisierung angemessen verachtenswert – gute Leistung des Darstellers. Zu den restlichen Ensemblemitgliedern kann ich aufgrund der nicht gerade wahnsinnig übersichtlichen Credit-Situation wenig aussagen, zumindest keine namentlichen Verbindungen herstellen. Der Saleem-Darsteller macht seine Sache ziemlich gut, sein Assistent überdreht mit zu sehr ins Klamaukige, was auch für den Kofferdieb gilt, aber da die beiden die apostrophierten comic-relief-Charaktere sind, ist das sicher so gewollt. Die Gori-Darstellerin ist hübsch anzuschauen, hat aber auch nicht viel zu tun.

Kein Ruhmesblatt ist, das überrascht mich zumindest nicht, die DVD von MiG im Eurovideo-Vertrieb. Der 2.35:1-Widescreen-Transfer (anamorph) ist für einen gerade mal vier Jahre alten Film fürchterlich abgenudelt, kommt mit zahlreichen Bilddefekten, groben Verschmutzungen und Laufstreifen und lässt den Film um ein-zwei Dekaden älter (und schlecht gelagert) wirken als er ist. Immerhin, die bunten Farben lässt der Transfer intakt, die Kompression ist tragbar, die Kontrast und Schärfewerte sind immerhin im gut durchschnittlichen Bereich anzusiedeln. Insgesamt ist die Master-Qualität sehr schwankend.

Akustisch werden wir von einer deutschen Synchro und dem Hindi-O-Ton, beides nominell 5.1er-Dolby-Digital-Mixe, die aber die Wurst nicht wirklich vom Teller ziehen. Das könnte schon alles etwas kräftiger sein, auch und gerade in den etwas „unterproduziert“ klingenden Musicaleinlagen. Wenigstens hat MiG daran gedacht, eine zweite Untertitelspur nur für die Songtexte auf die Scheibe zu packen und diese auch noch standardmäßig voreinzustellen. Hut ab.

Als Bonusmaterial gibt´s nicht mehr als eine Trailershow und die Option, sich die Musikclips separat anzuschauen. Na gut, dafür kostet die Scheibe halt auch nur die Hälfte von einem REM-Release…

Summa summarum (hach, jetzt bin ich auch durch die Analyse ziemlich geflogen…) – Mission Azaad ist kein Film für Bollywood-Einsteiger, sondern Kost für Fortgeschrittene, die keine Angst davor haben, sich mit einem selbst für indische Verhältnisse sehr sehr kusiosen Genrebastard zu befassen. Harte Action mit zynischer Gewalt, grober Slapstick-Unfug und Liebesgeflechte sowie das übliche Singen und Tanzen in bunten Kostümen – das ist ein bissl viel auf einmal für den unvorbereiteten Zuschauer, so dass mir die Zielgruppe des Streifens (auch die heimisch-indische) nicht wirklich klar vor Augen steht. Hat man mit einer derartigen Zusammenrottung eigentlich inkompatibler Ideen kein tieferes persönliches Problem und kann dann auch über ein paar handwerkliche Schwächen hinwegsehen, so kann Mission Azaad doch ordentlich Spaß machen (auch wenn vergleichbarer Holzhammer-Patriotismus wie im Finale dieses Films in einem Ami-Film von mir sicher mit Bush-Bashing nicht unter vier Absätzen bestraft würde. Aber mei, indischen Nationalstolz sieht man halt nicht alle Tage). Es ist halt ein ausgesprochen merkwürdiger Film…

(c) 2006 Dr. Acula


BOMBEN-Skala: 6

BIER-Skala: 6


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