- Deutscher Titel: Mike Morris jagt Agenten in die Hölle
- Original-Titel: Il raggio infernale
- Regie: Gianfranco Baldanello
- Land: Italien/Spanien
- Jahr: 1967
- Darsteller:
Gordon Scott (Bart Fargo aka Mike Morris),
Delphy Mauro (Lucille),
Nello Pazzafini (Frank),
Alberto Dalbés (Carver),
Silvia Solar (Mrs. Carver),
Tullio Altamura (Professor Carmichael),
Rosella Bergamonti (Sekretärin)
Vorwort
Es ist Nacht. Eine einsame Landstraße, links und rechts gesäumt von Gehölz. Ein Van patrouilliert von zwei Motorrädern. Plötzlich peitschen Schüsse durch das friedliche Dunkel. Die Patrouille ist nicht mehr. Mysteriöse Gestalten führen mit vorgehaltener Waffe die Insassen des Vans in den Wald. In neuer Besetzung erreicht die patrouillierte Gruppe ein geheimes Treffen. Professor Carmichael stellt hier seine neueste Erfindung vor, eine Strahlenkanone. Er betont, dass er davon ausgeht, dass man diese nur friedlich nutzt. Da ist es natürlich sinnvoll, die Power der Strahlenkanone zu demonstrieren, damit niemand auf den Gedanken kommt, man könne das als Waffe nutzen. Besonders interessierte Glotzerchen machen unsere drei eingeschmuggelten faulen Äpfel, und so zücken sie ihre Ballermänner und, ähem ja, ballern alle Anwesenden, außer dem schockierten Professor, über den Haufen, wobei sie von einströmenden Gas unterstützt werden. Doppelt hält halt besser. Nur leider konnte noch der Alarm ausgelöst werden, was bedeutet, dass die Luft bald brennen wird, denn andernorts machen sich ein Dutzend Sicherheitsleutchens, Maschinengewehre im Anschlag, auf den Weg. Also heißt es, Professorchen unter den Arm gekrallt und ab dafür (die betriebstüchtige Kanone lassen sie allerdings da). Und das wird auch höchste Zeit, denn die Anlage besitzt eine Notabriegelung. Und dass sie es todernst meinen, zeigt sich, als einer der ihren in dem sich schließenden Schott stecken bleibt und dann sicherheitshalber lieber erschossenerweise zurückgelassen wird. Nach einer zünftigen Verfolgungsjagd, Schrägstrich, Ballerei, flieht man mit dem Hubschrauber auf ein U-Boot und taucht erstmal unter. Hierbei bewahrheitet sich mal wieder das Gerücht, das ein handelsüblicher Hubi nicht schwimmt, aber zumindest haben sie ihn vertäut (allerdings ist er später spurlos verschwunden, konnten wohl keinen zünftigen Seemannsknoten).
Unser Held Bart Fargo, der sich lieber Mike Morris nennt (klingt ja auch besser), lümmelt sich im Hotelbett und wird von zwei hübschen Damen geweckt. Aber anstatt sich mit ihnen zu verlustieren, muss er dem Ruf seines Chefs folgen. Obwohl er im Urlaub ist, und verlustieren seine Lieblingsbeschäftigung! Mehr oder weniger entrüstet erscheint er zum Rapport, sieht aber ein, dass nur er dafür qualifiziert ist, den verschwundenen Professor ausfindig zu machen, bevor dessen mächtige neue Erfindung bösen Mächten in die schmierigen Hände fällt. Leider bedeutet das auch, dass der geplante Trip zu den Bahamas mit Miss Roberta, der Sekretärin vom Boss, bis auf weiteres verschoben wird (der Typ sollte sich nicht Mike Morris, sondern Veith Viagra nennen). Also flugs ein Bild vom Verbrechen gemacht, die zwei bösen Buben Flag & Gum, die normalerweise für „Narbengesicht“ arbeiten, identifiziert und damit bei Carver, der das Massaker überlebt hat und die Untersuchungen leitet, Optimismus verbreitet. Also ab in den Westen und im Flieger erstmal eine blonde Tussi mit Wirtschaftsblabla vollgelabert. Auf der Suche nach Narbengesicht wird dann geprügelt, aber als der Pechvögel, der nicht schnell genug Hackengas gegeben hat, auspacken will, wird er von „X3“ hinterrücks gewurfmessert. Die anschließende Verfolgungsjagd per pedes führt unseren Helden zu einem Hotel, wo der miese Meuchelmörder Mitstreitern Meldung macht. Er kann sich dazwischenschalten und dem Dummbatz am anderen Ende der Leitung, es ist Flag, einen Treffpunkt in Barcelona entlocken. Der entführte Professor bemerkt den Fauxpas und muss den Besserwisser spielen, wodurch Flag nun gewarnt ist (ich dachte zuerst, ich hör nicht richtig, was für ein Hirni!). Und so stellen sie Bart dort eine Falle, der auf der Flucht ins Atelier der schönen Lucille stolpert, die ihn vor gröberen Unpässlichkeiten bewahrt. Sie war gerade dabei ein nacktes Selbstportrait zu malen (also das Portrait nackt, nicht sie selber). Er stellt sich als Mike Morris vor (endlich mal!) und läßt seinen Charme spielen. Im Hotel versucht sich Narbengesicht, als Bärtiger verkleidet, in Mord, wird aber überwältigt und macht bei einem zweiten Anlauf Bekanntschaft mit der Schwerkraft. Im Laufe der weiteren Ermittlungen läuft ihm wieder die blonde Tussi aus dem Flugzeug über den Weg (und ins Bett), die sich als Carvers Ehefrau entpuppt. Zwischendurch macht er die süße Lucille betrunken. Und er bringt einen jungen Mann aus den Reihen der Bösen auf den rechten Weg (und nimmt ihn mit auf ein Himmelfahrtskommando). Doch er muss dann auch hurtig machen, denn das kriminelle Mastermind im Hintergrund setzt den Professor unter Drogen. Komischerweise verweigert der, der sonst nie seine Klappe halten kann (erinnere U-Boot), glatt die Kooperation. Der Höllenstrahler (so auch der italienische Original-Titel) muss doch rechtzeitig zum großen Finale fertiggestellt sein…
Inhalt
So, wie ihr merkt, ist der erste Part der Review recht lang geraten. Ich war auch versucht, daraus eine richtige (lustig nacherzählte) Langreview zu machen, doch dafür sind die letzten 15 Minuten des 007-Ripoffs schlichtweg nicht ergiebig genug, da es in eine unverschämt lange Schießerei mündet, die dann auch, mangels blutiger Tatsachen und einer eintönigen Choreographie, eher anödet. Davor ist der Film recht amüsant, weswegen ich etwas ausführlicher berichte, da die meisten, die das hier lesen, ihn wohl nie zu Gesicht bekommen werden, denn es gibt den Film weder auf DVD noch als VOD, schon gar nicht auf Blu-ray. VHS rules, Baby.
Mit dem britischen Superagenten zu konkurrieren, hatte ihr augenscheinlich keiner im Sinn. Wenn der Film mit dem Einstieg des Helden nach 20 Minuten denn mal richtig losgeht, treibt Regisseur Baldanello die Plotte flott voran, da ist immer was los, ein Kessel buntes der Agenten-Action. Bart Fargo ist schon fast eine Bond-Parodie, 5 Frauen, die ihm zu Füßen liegen, immer einen kessen Spruch auf der Lippe, und im Finale erledigt er soviele Fußsoldaten des Bösen wie Arnold Schwarzenegger in Phantom Kommando. Lustig ist, dass er nur für die unbeteiligte Lucille (und ihr dürft raten, wer ihn am Ende beglücken darf) Mike Morris ist, der Name fällt imgesamten Film gerade zweimal. Der Oberbösewicht kennt seine wahre Identität, und wenn ihr gut zwischen den Zeilen lest, wisst ihr auch woher. Unterstützt wird die gute Hälfte des Films auch von der deutschen, angemessen flapsigen Synchronisation, Bart Fargo wird von Gert Günther Hoffmann gesprochen, der ja schon Ur-Bond Sean Connery seine Stimme lieh. Nur im letzten Drittel ist die Luft dann leider raus, die Dauer-Action ist sehr ermüdend und nimmt der ganzen Chose den Verve, der sie so gut am Laufen hielt. Aber 2 Action-Szenen, die mehr als ein Drittel des Films ausmachen, dass kannte ich bisher nur von Steven Seagals Filmen. Und den langen Prolog nimmt man da noch gerne in Kauf, es wird geballert, dann gefahren und geballert, geflogen und geballert, und am Ende wartet ein U-Boot. Wie eine überzogene Opening-Sequenz eines Bond-Films, nur ohne den Helden. Schon komisch. Das Finale allerdings beschränkt sich auf eine Dauer-Ballerei inmitten eines einzigen Schauplatzes, der Villa des Bösen, was schon nach knapp 5 Minuten Langeweile auslöst. Es findet hier auch kein Dialog statt, der einen irgendwie, wenn’s sein muss, nur durch die Synchro, erheitern könnte. Das ist schon schade.
Regisseur Gianfranco Baldanello spielte in seiner Karriere meistens die zweite Geige, sprich den Second-Unit-Filmer. Wenn er mal den Directors-Credit hatte, war es typisch italienisch, einige Western, Kostümfilme, Comedy; ich kenne ansonsten nur den Giallo „Die Mühle der Jungfrauen“ von ihm. Nicht verwunderlich, dass in „Il raggio infernale“ nur wenige „Character-Moments“ stattfinden.
Rein darstellerisch gibt es eigentlich nichts für diese Art von Film zu bekritteln. Ex-Tarzan Gordon Scott fühlt sich sichtlich wohl in der Rolle des kessen Superagenten mit der beneidenswerten Libido. Er drehte ab Anfang der 60er-Jahre am Stiefel, ganze 20 Filme innerhalb von 7 Jahren, spielte meistens in Sandalenfilmen die Hauptrolle. Die Rolle des Mike Morris war seine letzte. Er lebte danach bis zu seinem Tod 2007 sehr zurückgezogen. Noch nicht einmal seine Geschwister wussten wohl, was er in der Zeit getrieben hatte. Delphi Mauro spielte die süße Lucille. Sie hat nur zwei weitere Credits in der IMDB, ein Western und den Gothic-Giallo „Die Mörderklinik“. Der Argentinier Alberto Dalbés ist hier als Carver zu sehen, er fand sich später desöfteren bei Jess Franco vor der Kamera wieder, so in „Die Nacht der offenen Särge“, „Die Stunde der grausamen Leichen“ oder „Kiss me Killer“. Nello Pazzafini gibt den Handlanger Frank und war in gefühlt jeder zweiten Italo-Produktion der 70er in kleinen Nebenrollen zu sehen. Silvia Solar als Mrs. Carver war auf Euro-Spy/Crime abonniert und schon so etwas wie ein Star des spanischen Genrefilms, „Mordnacht in Manhattan“, „Eddie – Miezen und Moneten“, „Mann stirbt nur einmal“ oder „Mister Dynamit – Morgen küsst euch der Tod“, die Titel sprechen wohl alle für sich. Sie durfte auch der Splatter-Nulpe „Cannibal Terror“, von Jess Franco produziert (und wenn der sich schon an etwas nicht selbst die Finger dreckig macht, sollte das einen doch zu denken geben) 1980 als Aushängeschild dienen. Die swingige Musik von Gianni Franco („Das Messer“, „Death Walks At Midnight“) düdelt recht uninspiriert vor sich hin und hinterläßt keinen bleibenden Eindruck. Natürlich wurde der Film damals mit englisch-klingenden Pseudonymen vermarktet.
Wären nicht die letzten, richtig, richtig öden 15 Minuten, die einen fast wegdösen lassen, wäre nicht andauernd Schussbeschallung angesagt, würde ich eine uneingeschränkte Empfehlung für jeden Euro-Spy-Fan aussprechen, aber so bleibt unterm Strich doch nur ein knapp überdurchschnittliches Vergnügen. Wer, außer Fans von Silvia Solar, Gordon Scott oder Nezzo Pazzafini, trotzdem interessiert ist, der kann sich ja mal auf der nächsten VHS-Börse, der Film dürfte bei mindestens drei Veröffentlichungen hierzulande durchaus aufzutreiben sein. Und wem sein Geldbeutel egal ist, findet sein Glück ohne Umstände auch in der elektronischen Bucht.
BOMBEN-Skala: 5
BIER-Skala: 6