Michel Vaillant

 
  • Deutscher Titel: Michel Vaillant
  • Original-Titel: Michel Vaillant
  •  
  • Regie: Louis-Pascal Couvelaire
  • Land: Frankreich
  • Jahr: 2003
  • Darsteller:

    Sagamore Stévenin (Michel Vaillant), Peter Youngblood Hills (Steve Warson), Diane Kruger (Julie Wood), Jean-Pierre Cassel (Henri Vaillant), Lisa Barbuscia (Ruth Wong), Jeanne Mauran (Odessa)


Vorwort

Die Mutter des berühmten französischen Rennfahrers Michel Vaillant plagen fürchterliche Alpträume, in denen ihr Sohn beim 24-Stunden-Rennen von Le Mans bei einem Unfall mit dem Wagen des rivalisierenden Teams Leader mit der Nummer 13 ums Leben kommt. Kein Grund zur Panik, denken sich Teamboss Papa Henri Valliant und der Filius, der gerade eben im Handstreich eine Rallye in Kanada gewinnt – mangels Motoren kann das Team eh nicht in Le Mans antreten, das Leader-Team gibt’s seit Jahren nicht mehr und die 13 wird in Le Mans eh nie vergeben. Aber unverhofft kommt oft – kurzfristig erhält das Vaillant-Team Werksmotoren für den 24-Stunden-Einsatz. Henri Valliant befördert Rallye-Co-Pilot David zum Fahrer des zweiten Autos, sofern der sich bei einer anstehenden Rallye in Italien gut schlägt. Blöderweise stirbt David bei einem rätselhaften Unfall. Eine Kombination aus Mitleid und Talent verhilft Davids Witwe Julie zum Ride im Vaillant-Team, doch bei der Pressekonferenz erlebt das französische Team sein blaues bzw. rotes Wunder – Team Leader gibt sein Comeback, unter der Führung von Ruth Wong, der skrupellosen Tochter des Teamgründers, und hat sich die Nummer 13 zuteilen lassen. Böses Omen? Auf jeden Fall lässt Ruth Wong nichts unversucht, das Rennen zu gewinnen – und greift dafür tief in die Sabotagetrickkiste. Allen Widrigkeiten zum Trotz qualifiziert sich das Vaillant-Team für’s Rennen, so dass Ruth zum größten Druckmittel greift und Henri Vaillant entführen lässt. Sollte Michel es wagen, das Rennen zu gewinnen oder sich weigern, anzutreten, ist’s Essig mit dem Paps. Jetzt ist guter Rat teuer…


Inhalt

Wieder einmal feiert ein legendärer Comic-Held sein Filmdebüt. Der französische Rennfahrercomic „Michel Vaillant“ zählt zweifellos zu den Klassikern der europäischen Comic-Szene, auch wenn „Michel Vaillant“ im deutschen Sprachraum nie die Popularität erreichte, die der Comic in Frankreich und teilweise in der englischsprachigen Welt erreichte. Immerhin wurden die meisten Vaillant-Geschichten auch in Deutschland als Alben veröffentlicht und obwohl mir von einer hiesigen Ausstrahlung der kurzlebigen französischen 60er-Jahre-Real-TV-Serie nichts bekannt ist, hat’s zumindest die aus den 80ern stammende Zeichentrickadaption ins regelmäßige Programm von SuperRTL geschafft.

Das zeitgemäße Update der Story verdanken wir Luc Besson, der sich ja schon des öfteren mal Kindheitsträume erfüllt hat („Das fünfte Element“) und für die mit ordentlichem 23-Mio-Euro-Budget ausgestattete Kinoadaption des französischen Nationalhelden-Comics am Drehbuch werkelte und unkreditiert mitproduzierte. Nicht unbedingt Neuland für Besson, denn mit der „Taxi“-Serie sammelte er ja schon produzentenseitige Erfahrungen mit schnellen Autos und comichafter Atmosphäre.

Für diejenigen, die den Michel aus seinen vormaligen Inkarnationen nicht kennen, ein kurzer Abriß: Michel ist ein Superrennfahrer, der auf allen Pisten zu Hause ist und sowohl Rundstreckenrennen aller Klassen als auch Rallyes bestreitet (und zumeist auch gewinnt), sein bester Kumpel ist sein amerikanischer Teamkollege Steve Warson, der im Gegensatz zum berechnend-abwartenden Michel ein Temperamentsbündel ist und schon ob seiner Unbeherrschtheiten zumeist bestenfalls als Zweiter ins Ziel kommt. Intimfeind, Nemesis und zentrale Schurkengestalt ist der Chef des mysteriösen Teams „Leader“, der mit allen legalen und noch mehr illegalen Mitteln versucht, vor den Vaillants die schwarz-weiß-karierte Flagge zu sehen. Insoweit hält sich die moderne Filmfassung dicht an die Comic-Vorlage, mit dem Unterschied, dass der Chef von „Leader“ jetzt eine Frau ist, aber nicht weniger böse und verdorben als ihr Papa. Zusätzlich zur Comic-Komponente baut der Film noch typische Rennfahrerfilm-Elemente wie den tragischen Verlust eines Freunds und Kollegen durch (sabotierten) Unfall, eine zart angedeutete Love Story und ein paar kitschig-naive Familiengeschichten ein. Aber klar – bei einem Action-Comic in Realverfilmung ist keine besonders ausgearbeitete Story zu erwarten und im Endeffekt auch nicht gewünscht, sie würde dem im Weg stehen, weswegen die Fans der Vorlage ins Kino strömen – schnelle Auto-Action, und die ist ja seit „The Fast and the Furious“ und „Nur noch 60 Sekunden“ wieder schwer in (obschon bemerkenswert ist, dass die einzigen nennenswert guten ECHTEN Rennsportfilme, „Le Mans“ und „Grand Prix“ schon etliche Lenze auf dem Buckel haben). Natürlich ist die Geschichte nur Mittel zum Zweck, um die Rennszenen einigermaßen schlüssig zu verbinden – wer da auf Plotholes achtet, hat nicht kapiert, dass es um die Verfilmung eines Heldencomics geht (und ein Comicheld ruft nicht die Polizei, wenn er ein Problem selbst lösen kann).

Regisseur Louis-Pascal Couvelaire, der bislang nur mit dem Actionfilm „Sueurs“ (von 2002, mit Jean-Hugues Anglade) auffällig wurde, löst die gestellte Aufgabe souverän (auch wenn ich mehr als einmal den Eindruck hatte, Luc Besson könnte mehr mit der eigentlichen Realisierung des Films zu tun gehabt haben als es ein unkreditierter Produzent normalerweise tut) – die Optik des Films ist, auch dank teilweise wirklich spektakulärer Kameraführung von Michel Abramowicz, sensationell; getreu der Besson-Schule französischen Filmemachens natürlich hochglanz-edel und da und dort geschickt digital nachbearbeitet. Hauptaugenmerk liegt natürlich bei den Rennszenen – schon die Rallye-Aufnahmen sind packend und großartig gefilmt, aber richtig Freude kommt selbstverfreilich beim Rennen in Le Mans auf. Da liessen sich die Produzenten auch nicht lumpen und schickten zwei Fahrzeuge ins richtige Rennen, um authentisch-unverfälsche Aufnahmen bieten zu können (im Gegensatz zu den meisten US-Produktionen, die versuchen, „ihre“ Szenen einigermaßen plausibel in vorhandene Renn-Stock-Footage zu schneiden, was mit schöner Regelmäßigkeit den Rennen jegliche Glaubwürdigkeit nimmt). Diese Sequenzen sind außerordentlich mitreißend und perfekt gefilmt – viel besser kann man Autorennen wohl nicht filmisch umsetzen (und seinen einzigen größeren, aber dafür wirklich guten Plot-Kniff packt der Film auch in dieses Rennen). Couvelaire gelingt das Kunststück, die Rennen auf der einen Seite realistisch genug zu halten, ohne aber die comic-hafte Übersteigerung aus den Augen zu verlieren (denn, machen wir uns nichts vor, richtig aufregend sind 24-Stunden-Langstreckenrennen nicht). Das gezeigte fahrerische Können ist beachtlich (es waren auch Profis wie Marc Duez und Phillip Gache, Namen, die Motorsportfreunden durchaus was sagen, hinterm Steuer), die Stunts und Effekte top-notch.

Schauspielerisch überrascht der Streifen mit Sagamore Stévenin in der Hauptrolle – überraschend deswegen, weil ich eigentlich eher mit einem etablierten Star gerechnet hätte, aber scheinbar fehlt’s dem französischen Actionkino an einem passenden Typen im passenden Alter (Vaillant ist nunmal genetisch ein einwandfreier Franzose ohne afrikanische Einflüsse, was Samy Naceri aus „Taxi“ bleistiftsweise disqualifiziert; auch Allzweckwaffe Jean Reno ist für den Job nicht geeignet). Stévenin ist dem Publikum hierzulande wohl am ehesten aus Catherine Breillats kontroversem „Romance“ bekannt. Leider hat Stévenin nicht unbedingt den „Look“ des Comic-Vaillant und auch nicht die nötige Ausstrahlung – er müht sich redlich, bleibt für die Rolle aber etwas zu blass. Recht gut aufgelegt, aber etwas unterbeschäftigt in der im Film etwas knapp abgehandelten Rolle dese Steve Warson, zeigt sich Peter Youngblood Hills („The Beach“, „Band of Brothers“), die schwarz-rot-goldene-Schumi-Flagge hält „Troja“-Nervensäge Diane Kruger als Julie hoch – großartige Leistungen verlangt die Rolle von ihr nicht. Der routinierte Jean-Pierre Cassel („Der teuflische Mr. Frost“, „Pret-a-porter“) holt aus seiner Rolle als Vaillant senior das Optimum, Lisa Barbuscia („Highlander: Endgame“) und Jeanne Mauran sorgen als angedeutet lesbisches Schurken-Pärchen für den Touch jugendfreien Sex-Appeals und ordentlich verachtenswert-fiese Bosheiten.

Bildqualität: Mir lag die Verleih-DVD von Universum vor, die (abgesehen von den Zwangstrailern) recht nackig daher kommt. Der 2.35:1-Widescreen-Transfer ist edel und wird den spektakulären Bildern des Films durchaus gerecht. Angenehme Farben, gute Detail- und Kantenschärfe, angemessener Kontrast und eine unauffällige Kompression, die auch in den Action-Sequenzen keine Wünsche offen lässt. Gut gelungen!

Tonqualität: Deutscher und französischer Ton liegen in Dolby Digital 5.1 vor. Ausnahmsweise hab ich mich für den deutschen Ton entschieden (ich wollte entspannen…), und hab da nichts auszusetzen. Der Streifen ist ordentlich LAUT, wie es sich für einen Motorsportfilm gehört, dabei aber sehr differenziert und klar abgemischt. Die Sprachqualität überzeugt ebenso wie der Musik-Mix.

Extras: Wie erwähnt, auf der Verleih-DVD gibt’s nix, ich schätze, die Kauf-DVD wird schon ein paar Goodies aufweisen, zumal ein Making-of gedreht wurde.

Fazit: Selbstverständlich ist „Michel Vaillant“ nicht der definitive Autorenn-Film – dafür ist’s halt eine Comic-Verfilmung und das bedeutet, dass die Protagonisten ihre Heldentaten auch außerhalb der Pisten vollbringen müssen (schließlich gibt’s eine Entführung zu klären). Wer also einen „ernsthaften“ Film über das Motorsport-Gewerbe erwartet, ist hier falsch – hier rumpelt’s, gibt’s Action, da explodieren Rennwagen, da wird heftigst überzeichnet, bis die Schwarte kracht (auch wenn der Film begreiflicherweise immer noch deutlich realistischer ist als die Deppen-Popcorn-PS-Filme aus Amiland). So soll es aber auch sein. „Michel Vaillant“ macht einfach Spaß – es ist zweifellos ein anspruchsloser Film, aber edel gefilmt, mit ausreichend Action, um Genrefreunde zufrieden zu stellen, einer schlicht-funktionalen Story mit gelegentlichem Humor, zumindest akzeptablen darstellerischen Leistungen. Keine Revolution, aber solides Action-Entertainment made in Europe, das mit Sicherheit eins nicht propagiert: verantwortungsvolles Autofahren…

3/5
(c) 2005 Dr. Acula


mm
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