Merlin und das Schwert Excalibur

 
  • Deutscher Titel: Merlin und das Schwert Excalibur
  • Original-Titel: Merlin and the Book of Beasts
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  • Regie: Warren P. Sonoda
  • Land: Kanada
  • Jahr: 2010
  • Darsteller:

    James Callis (Merlin), Laura Harris (Avelynn), Jesse Moss (Lysenor), Patrick Sabongui (Tristan), Donald Adams (Sir Galahad), Jim Thorburn (Der Arkadier), Maja Aro (Medusa, als Maja Stace Smith), Megan Vincent (Minerva), Monique Ganderton (Moira), Daniel Cudmore (Drachenritter)


Vorwort

Nachdem der in der Schlacht schwer verwundete König Artus das One-Way-Ticket nach Avalon gebucht hat, geht in seinem stolzen Königreich Britannien alles ziemlich hurtig den Bach runter. Es hat schon was für sich, wenn man als Monarch seine Nachfolgeregelungen und die allgemeine Reichsorganisation schon vor dem Ableben unter Dach und Fach bringt. Das entstandene Machtvakuum ruft natürlich nur so nach einem schlimmen Bösewicht, der sich berufen fühlt, es auszufüllen.

In diesem speziellen Falle ist der bewusste Bösewicht ein fieser Schwarzmagier, der sich „der Arkadier“ (Jim Thorburn, HELIX, DEAD RISING: ENDGAME) nennt und für seine Zwecke ist es günstig, dass er im Besitz einer mächtigen magischen Waffe ist – das „Buch der Ungeheuer“. Im Film wird sich das erst später aufklären, aber ich kann’s ja gleich verraten. In diesem Buch haben die alten Zauberer von days of yore all die garstigen Bestien gebannt, die früher ™ durchs Land strolchten und allerhand Schindluder trieben. Der Arkadier kann nunmehr die Bestien bedarfsweise beschwören und seinen Willen verrichten lassen. So z.B. die Eroberung der Hauptstadt des Reiches durch… (seufz)… Schmetterlinge! It’s a first, I guess.

Nachdem dies erledigt ist, errichtet der Magier umgehend eine ordentliche Schreckensherrschaft, lässt nach Gusto Dörfer niederbrennen und Leute ermorden und zahlt vermutlich noch nicht mal seine Kirchensteuer. Sowas schreit nach echten Helden, nur… an denen herrscht in Britannien ein empfindlicher Mangel.

Der letzte überlebende Ritter der legendären Tafelrunde, Sir Galahad (Donald Adams, RAMBO, TERROR IM WEISSEN HAUS), muss es also wohl richten, zusammen mit seinem Sohn Lysenor (Jesse Moss, TUCKER & DALE VS. EVIL, FINAL DESTINATION 3, DER FLUCH DER 2 SCHWESTERN) und dem von ihm quasi als seinen Sohn angenommen Abkömmling von Tristan und Isolde, Tristan (Patrick Sabongui, TRON: LEGACY, HOMELAND, THE FLASH), lebender Beweis dafür, dass seine Eltern vielleicht der Legende romantischtes Liebespaar waren, aber auch der Welt schlechteste Namensgeber. Begleitet wird das Trio von einem mysteriösen vierten Ritter, der stets den Kochtopfhelm aufbehält. Schon klar, das issn Mädchen.

Der Quest des Quartetts ist simpel – sie wollen Merlin finden. Der hat nach Artus‘ Ritt nach Walhalla bzw. Avalon resigniert den Büttel hingeworfen und ist verschwunden. Die meisten Zeitgenossen glauben, dass der Zauberer irgendwo unter der Grasnarbe vor sich hin verwest, aber Galahad ist anderer Ansicht und hat ermittelt, dass im Wald, der vor den vier Reitern lieget, ein seltsamer alter Zausel, nach allgemeinem Dafürhalten der lokalen Einwohner völlig bekloppt, haust. Das kann eigentlich nur Merlin sein. Im Wald findet sich denn auch ein Warnschild nach dem Motto „keinen Schritt weiter oder aua“, aber Lysenor und Tristan, besonders letzterer nicht wirklich überzeugt vom Thema Magie, halten das für einen Bluff. Böser Fehler. Irgendein magisches Kabuff knipst bei Galahad, Tristan und Lysenor die Lampen aus – jetzt muss es der vierte Ritter bringen. Und, ja, das ist ein junges blondes Weibsstück namens Avelynn (Laura Harris, THE FACULTY, SEVERANCE, DEAD LIKE ME), das sich auch zum Waldschrat durcharbeitet. Der ist tatsächlich Merlin (James Callis, BATTLESTAR GALACTICA, BRIDGET JONES – SCHOKOLADE ZUM FRÜHSTÜCK, AUSTENLAND), der Avelynn zweifach überrascht – zum einen ist er wesentlich jünger als gedacht (er altert rückwärts, wie er behauptet), zum anderen ein ziemliches Arschloch, dem nichts egaler sein könnte als die Probleme Britanniens mit irgendwelchen hergelaufenen Böszauberern. Nicht mal der Umstand, dass Avelynn eine echte Pendragon, mithin Artus‘ höchsteigene Tochter ist, kann den Zauselbart umstimmen. Also muss Avelynn mit ihren Mitstreitern unverrichteter Dinge wieder abziehen.

Natürlich stehen die Quester aber unter Beobachtung des Bösnuckels, der ihnen aus seinem Zauberbuch einen „Drachenritter“ (Daniel Cudmore, X-MEN 2, X-MEN: DER LETZTE WIDERSTAND, ECLIPSE – BISS ZUM ABENDROT) auf den Hals hetzt. Der würde mit unseren Helden bequem Schlitten fahren, würde nicht in letzter Sekunde Merlin sein gutes Gewissen wiederentdecken, den Drachenritter in seine blutigen Bestandteile zerlegen und sich der Mission anschließen.

Das Ziel der Reise ist das vom Arkadier als schwarze Perversion des auf ritterlichen Idealen begründeten Originals neu errichtete Camelot, wo er auf einem Thron neben der zerschmetterten Tafelrunde hockt und sich seines Lebens freut. Der Arkadier beschwört aus seinem kleinen Buch des Fähnlein Fieselschweif die Gorgone Medusa (Maja Aro, SUPERNATURAL, THE BLACKBURN ASYLUM: DER NÄCHSTE BITTE!) und ihre Schwestern (Megan Vincent, KILLER PROM und Monique Ganderton, HÄNSEL UND GRETEL: HEXENJÄGER, X-MEN: APOCALYPSE) herauf, die die Ritter beschäftigen, während die Magier sich duellieren und der Arkadier dabei eindeutig den Längeren zieht. Wie es Merlin aus den ungewaschenen Haaren rieselt, ist auch verständlich, warum das so ist – der Arkadier ist niemand anderes als Mordred, Artus‘ totgeglaubter Bastard mit Morgana Le Fay, und der ist schon im Serienzustand ein mächtig mächtiger Zauberer, und mit dem Buch praktisch unschlagbar. So unschlagbar, dass er Merlin auf magische Weise fatal niederstrecken kann.

Den Rittern gelingt nur mit Mühe und Not die Flucht aus Camelot, und auf Avelynns Insistenz erfindet Lysenor den Marine-Kodex „niemand wird zurückgelassen“, und der mausetote Merlin mitgeschleift. Naja, Lysenor muss ihn tragen. Auf die Idee, ihm zu helfen, kommt Tristan buchstäblich auf den letzten fünf Metern ihrer Reise.

Und wo geht die Reise hin? Zur „Quelle Britanniens“, wo der Fluss entspringt, der auch den See, in dem Avalon liegt, speist, und dessen Wasser auch Tote zum Leben erwecken kann. Die Quelle hat nur einen Nachteil – sie ist versiegt. Ein Geistesblitz verrät Avelynn, dass es das Blut eines Pendragon braucht, um das rettende Nass wieder zum Sprudeln zu bringen. Das kann die Quelle haben und das Wasser entfaltet seine belebende Wirkung. Merlin ist in der Tat recht erfreut über die Rückkehr in die Welt, obwohl er beunruhigt genug ist – er hatte eine Vision, wonach er „dreifach erschlagen“ wird. Und das war jetzt, nachdem er schon mal im ursprünglichen Kampf gegen Mordred und Morgana vorübergehend hinüber war, schon sein zweiter Abgang. Der dritte wird dann wohl der finale sein. Die Überlegungen müssen aber aufgrund eines weiteren Gorgonenangriffs zurückgestellt werden. Es gelingt, da die schlangenköpfigen Weiber bei weitem nicht so gefährlich sind, wie der Arkadier sich das vielleicht vorstellt, eine der Gorgonen zu töten, die verbliebenen zwei verpissen sich.

Merlin hat indes den Schlüssel zur Lösung der ganzen mistigen Angelegenheit gefunden. Desperate Zeiten verlangen desparate Lösungen, und was könnte desperater sein als der Einsatz von Excalibur! Das mächtige Schwert hat der Zauberer wieder in den Stein gesteckt, d.h. Avelynn als potentielle Excaliburschwingerin muss sich erst mal wieder als würdig erweisen. Avelynn macht sich ans Werk und muss dafür aber ihren eigenen dunklen Seiten entgegentreten…


Inhalt

Die Artus-Legende, der britische Nationalmythos, gehört zu den Themen, die Filmemacher nie loslassen werden, egal wie oft das Thema schon in allen möglichen Varianten von purer Fantasy, dark & gritty bis Parodie durchgenudelt wurde. Liegt natürlich daran, dass es ein Stoff mit eingebautem Wiedererkennungswert ist, für den man, weil auf Legenden und Mythen kein Copyright erhoben werden kann, keinen müden Dollar auf den Tisch legen muss, sondern mit den ikonischen Figuren völlig nach Belieben hantieren kann.

Die Starz-/SciFi-Channel-TV-Koproduktion MERLIN UND DAS SCHWERT EXCALIBUR ist in dieser Hinsicht nicht der übelste Take auf den Mythos, der sich mir bislang vorgestellt hat, eine Art „Knights of the Round Table – The Next Generation“, und das ist, speziell nachdem verhältnismäßig „düsteren“ und dramaturgisch gesehen unbefriedigenden Ende der ursprünglichen Artus-Saga, nicht die schlechteste Idee, die man haben kann, um auf der Legendenbasis eine eigene Geschichte zu erzählen.

Natürlich ist Schreiberling Brook Durham (DAS RÄTSEL DER SPHINX, RED: WEREWOLF HUNTER) kein Shane Black, will sagen, ein eher mäßig talentierter Autor, der im Ghetto der billigen movie-of-the-week-Telefilme sein Zuhause gefunden hat und sich darüber höchstwahrscheinlich auch nie hinausentwickeln wird (wenn er es überhaupt noch versucht, sein letzter IMDb-Credit datiert von 2016) – der hat gar nicht die Aufgabe, mitreißende Geschichten mit tollen Charakteren und Aussagen, die für unser modernes Leben wichtig sind, zu schreiben, der soll Quark zu Papier bringen, der die Zeit zwischen den Werbepausen möglichst kostengünstig füllt, ohne dass die Zuschauer auf die Idee kommen, umzuschalten. Man muss einfach mal ehrlich sein. Und das bedeutet natürlich, dass es Durham wie seinen Produzenten herzlich Wurst ist, ob er jetzt britische Mythologie fleddert oder griechische oder ägyptische oder frei erfundene. Darum kann er eben auch unbefangen griechische Sagenmonster wie die Gorgonen in sein Possenspiel einbauen und sich nichts dabei denken.

Womit ich direkt und unbürokratisch bei meinem Hauptkritikpunkt an MERLIN UND DAS SCHWERT EXCALIBUR angekommen wäre. Mit dem „Buch der Ungeheuer“ und der durch das Gorgonen-Auftauchen implizierten völligen Freiheit, im weltweiten Schatz der Monster und Legenden wildern zu können, hätte der Film – der in seinem Originaltitel ja auch das Buch zum Schwerpunkt des Films erklärt – alle Möglichkeiten der Welt, fantasie- oder wenigstens eindrucksvolle Kreaturen vor die Kamera zu zerren. Aber was zaubert Mordred aus dem Buch heraus: die Gorgonen (Menschen mit Schlangen als Haaren, geschenkt), Schmetterlinge (erst recht geschenkt) und den „Drachenritter“ (dreimal geschenkt, da ein „Humanoid“ mit ein bisschen FX-Make-up im Gesicht, wenn man’s denn kurz sieht). Das ist… wenig imposant als „Monsterparade“. Natürlich weiß ich, warum das so ist – das ist keine hochbudgetierte Hollywood-Blockbuster-Produktion, sondern ein kleiner pickliger kanadischer TV-Film, der froh ist, wenn er einen siebenstelligen Etat (und das in kanadischen Dollar) zu sehen bekam, und daher mit seinen Ressourcen haushalten muss, aber bitte – selbst ein Asylum-Film bringt mehr an visueller Grandezza in seinen Creature-FX (on the plus side – there’s less crappy CGI here).

Die grundsätzliche Geschichte ist okay – nichts besonderes, fraglos, aber sie erfüllt ihren oben dargestellten Zweck und macht ihren Charakteren keine Schande. Merlin als genervter Einsiedler, der gegen seinen erklärten Willen (und wider besseres Wissen) den Quest begleitet, und erst langsam seinen neuen Gefährten gegenüber auftaut, ist ein solides dramaturgisches Gerüst, ebenso wie Galahad, der versucht, in der neuen, gesetzlosen Zeit die Ideale der Tafelrunde zu erhalten, und mit Lysenor, der in Avelynn verknallt ist, und Tristan, der vom Magieskeptiker zum totalen Fan der Zauberei wird, haben auch die Nebenfiguren so etwas wie einen character arc. Der Schwachpunkt ist ausgerechnet Avelynn, der wir nie abnehmen, sie könnte eine Pendragon sein – ihr fehlt jegliche Ausstrahlung, und das ist schade und unverständlich, wo Laura Harris doch in DEAD LIKE ME als Daisy Adair unter Beweis gestellt hat, mit wieviel Feuer, Leidenschaft und Humor sie agieren kann. Gut, Humor braucht Avelynn jetzt sicher nicht, aber die Leidenschaft, die erklären könnte, warum sie, wie der Film behauptet, eine geborene Anführerin ist, die fehlt an allen Ecken und Enden.

Wo wir gerade bei den Schauspielern sind – Callis als Merlin ist routiniert genug, seine Rolle mit geringem Aufwand, aber einiger Präsenz zu gestalten, Thorburn ist mir als Schurke, noch dazu als ein derartig ikonischer wie Mordred, eindeutig zu lahm, und von den Nebenfiguren kann mich nur Sabongui, der ja dann auch eine ordentliche TV-Karriere machte, überzeugen.

Regisseur Warren Sonoda hatte bis dahin hauptsächlich mit dem mittelprächtig amüsanten Okkultschinken 5IVE GIRLS (auch bekannt als BEAUTIFUL GIRLS VS. 200 DEMONS oder ANCIENT DEMONS – 5 MÄDCHEN VS. 500 DÄMONEN) auf sich aufmerksam gemacht. TV-Filme wie dieser mit der speziellen Anforderung, eben nicht ZU speziell zu werden, sondern einfach generisch ins Senderschema zu passen, sind kaum geeignet, um Regietalente zu entdecken oder zu fördern, und so bleibt nach MERLIN die Frage, ob Sonoda tatsächlich was kann, ungeklärt – in der Folge blieb er praktisch ausschließlich im Fernsehen und dort zumeist im Bereich kurzer Comedy-Formate wie der Reality-TV-Parodie TRAILER PARK BOYS. Immerhin, gelegentlich fällt der Kamera ein originelles Framing oder eine anständige Dollyfahrt ein.

Die DVD von e-m-s ist bild- und tontechnisch okay, was man bei Veröffentlichungen einigermaßen aktueller TV-Holzer ja auch erwarten kann, als Extra gibt’s immerhin ein Making-of mit Drehimpressionen und Interviews mit Cast und Crew.

Letztlich ist bei MERLIN UND DAS SCHWERT EXCALIBUR die zugrundeliegende Idee (so bizarr das allein bei einem SciFi-Channel-Film schon klingt) besser, zumindest interessanter als die Ausführung. Aus der Prämisse des „was passiert eigentlich NACH Artus“ könnte man einen ordentlichen Fantasyfilm oder ein Historienabenteuer stricken, aber dann müsste man auch bereit sein, ein paar Dollar in Effekte, Ausstattung und Locations zu investieren. In dieser Form ist die Aufarbeitung der Artus-Sage aber eben kein Iota mehr, als es sein soll – ein kostenbewusster Sendeplatzfüller für undiskriminierende TV-Sender.

© 2019 Dr. Acula


BOMBEN-Skala: 6

BIER-Skala: 4


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