- Deutscher Titel: Matrix Fighters
- Original-Titel: Circadian Rhythm
- Regie: René Besson
- Land: USA
- Jahr: 2005
- Darsteller:
Rachel Miner (Sarah), Robert Berson (Prometheus), Seymour Cassel (Hoover), Sarah Wynter (Eve), David Anders (Garrison), Jonathan Banks (Trejo), Lisa Jay (Agent Kelly), Teresa Livingstone (Sandrine), Aiden Cree Lafreniere (Young Sarah), Jason Nesmith (Brooks Brother #1)
Vorwort
Sarah kommt in einem gänzlich weißen Raum zu sich, ohne Erinnerung an ihr bisheriges Leben, ihre Identität. Die einzige Tür des Raumes führt sie in ihre Grundschule, wo sie der kindlichen Ausgabe ihrer selbst gegenübersteht und offensichtlich ihre eigene Lehrerin ist. Das ist aber nur der Beginn der Verwirrung – ihre Rektorin drückt ihr einen silbernen Koffer in die Hand, in dem sich zwei Knarren befinden, und teilt ihr mit, dass sie, bitte schön, zum Bürogebäude eines Techno-Konzerns pilgern und dort zwei executives totschießen möchte. Zu Sarahs eigener Verwunderung weiß sie nicht nur auf Anhieb, wie man mit den Wummen umgeht, sondern führt den Auftrag auch ohne weiteres erfolgreich aus. Ist sie eine Auftragskillerin, eine Geheimagentin, oder was?
Nach der Mordtat wird sie von Garrison, dem Agenten einer unbekannten Organisation, abgefangen und verhört. Für Sarah beantwortet diese Begegnung nun allerdings keine Fragen, genauso wenig wie der Rasta-Obdachlose, der sich als ihr Kontaktmann ausgibt, aber bevor er ihr irgendwelche verwertbaren Hinweise auf ihre Identität und ihre Mission geben kann, von einem mysteriösen braunen Van überfahren wird. Langsam machen sich Erinnerungsfetzen bemerkbar, in denen Sarah von einer Blondine mit einem Geheimauftrag betraut wird – sie verfügt offenbar über irgendeinen Gegenstand oder eine Information, die „der Feind“ gerne haben möchte, Sarah solle aber den Feind nie selbst angreifen, sondern auf dessen Schritte warten. Das hilft ihr alles noch nicht sonderlich weiter, zumal sie wieder von der Rektorin/anderweitigen Agentin abgefangen und in einen Spielzeugladen geschleppt wird, wo sie von Ninjas angegriffen wird. Nach anfänglicher Vermöbelung erinnert sich Sarah an ihre supremen Martial-Arts-Skillz und wischt mit den Schwarzkutten den Boden auf. Das war wohl eine Art Test, den Sarah zu allgemeiner Zufriedenheit bestanden hat. Die Rektorin drückt ihr zwei alte Spielzeugkameras in die Hand und lässt sie stehen.
In einem Fotoladen, der von einer mit unerklärlichem osteuropäischen Akzent parlierenden Biene, die mehr als nur oberflächliche lesbische Avancen macht, lässt Sarah die Bilder entwickeln – alte Familienfotos? Sarah weiß nicht mehr weiter und stellt sich der Einfachheit halber der Polizei. Detective Trejo ist überraschend verständnisvoll, obwohl sich sowohl die vermeintlichen Mordopfer bei persönlicher Überprüfung der Sachlage als quicklebendig erweisen und in dem Hotelzimmer, in dem Sarah von Garrison verhört wurde, keine Spur des Agenten – oder von sonst jemandem – zu finden ist. Trejo entwickelt ein verblüffendes persönliches Interesse an dem Fall – was natürlich daran liegt, dass er Teil der Verschwörung ist und nichts anderes vor hat, als Sarah zu Garrison und der Agentin zu bringen, die offenbar zusammenarbeiten. Sarah flüchtet, aber wohin soll man fliehen und was tun, wenn man keinen Schimmer hat, was die ganzen Agentenspacken eigentlich von einem wollen. Könnte das alles mit dem alten Mann zu tun haben, der zunehmend in ihren Erinnerungsfetzen auftaucht?
Inhalt
Wenn ein Film sich in seiner deutschen Inkarnation „Matrix Fighters“ nennt, ist schon allerhöchste Vorsicht geboten. Da will ein Publisher offenbar wieder irgendwelchen Ramsch, den er sich auf der MIFED nach zu vielen alkoholischen Cocktails hat andrehen lassen, irgendwie an die arglose Kundschaft loswerden, traut das aber dem eingekauften Film selbst nicht zu und hängt sich, vermutlich wider besseres Wissen, an einen Blockbuster an. Mit „Matrix“ hat der Streifen, der sich im Original „Circadian Rhythm“ nennt, was mit der Story auch nicht mehr zu tun hat, aber irgendwie eine Art stehender Metapher zu sein scheint, weil es eine ganze Handvoll Filme mit diesem Titel gibt, natürlich nix am Hut – einzige Gemeinsamkeit: auch „Matrix Fighters“ hat ein paar Martial-Arts-Szenen…
Wenn man schon unbedingt einen Vergleich mit Blockbuster-Kino ziehen will und damit nicht ganz neben der Spur laufen will, kommt mir (wie auch dem Backcover) eher „Bourne Identity“ in den Sinn – ein Geheimagent, der von allen gejagt wird, ohne zu wissen, warum, und auf sich allein gestellt ist. Wo das „Bourne“-Franchise aber zumindest passables großkalibriges Actionkino bietet, will der kleine, unabhängige, für eine halbe Handvoll Dollar gedrehte „Circadian Rhythm“ aber unbedingt auch noch ein Mindfuck-Film sein. Wie regelmäßige Leser dieser Seiten wissen, kann ich einem ordentlichen Synapsenverknoter einiges abgewinnen, aber oft genug ist das Adjektiv „mindfuck“ halt doch nur lausige Ausrede minderbegabter Filmemacher, zusammenhanglos-wirres Zeug auf die Leinwand zu quetschen und, wenn dann die miesen Kritiken eintrudeln, den Kritikern ein „ihr habt’s halt nicht verstanden“ vor den Latz knallen zu können. Ihr könnt Euch angesichts der obigen Inhaltsangabe, die auch mal wieder deutlich stringenter ist als das, was der Film tatsächlich zeigt, sicher vorstellen, auf welcher Seite sich „Circadian Rhythm“ einordnet. Richtig, bei den Versagern.
Die Kunst beim mindfuck-movie ist bekanntlich, ein verwinkeltes, verschachteltes, ordentlich durchgeschütteltes und mit rätselhafter Imagery versehenes Script am Ende so hinzudeichseln, dass eine vernünftige Auflösung ‚bei rumkommt. Die muss nicht unbedingt „realistisch“ sein, sollte aber zumindest innerhalb der internen Filmlogik erklärlich und nachvollziehbar sein – sonst landen wir halt wirklich bei „random stuff“ und wie unterhaltsam es ist, sich 90 Minuten (oder knapp über 70 netto, wie hier, denn für mehr hat’s Gottseidank nicht gelangt) irgendwelchen wirren Nonsens ohne pay-off anzusehen, kann sich jeder vorstellen.
Das Script von James Portolese, der „immerhin“ auch den later-van-Damme-Heuler „Until Death“ auf dem Kerbholz hat, das mit der Schreiberei aber mittlerweile gelassen hat und sich als Produzent durch’s Leben schlägt (als solcher immerhin zuständig für Peter Hyams‘ „Gegen jeden Zweifel“, „Universal Soldier: Regeneration“, „Universal Soldier: Day of Reckoning“ – also offenbar ein Kumpel des Hyams-Clans -, das „It’s Alive“-Remake oder den Scott-Adkins-Klopper „El Gringo“) kann mal wieder mit den Mitteln herkömmlicher Filmkritik nicht wirklich bearbeitet werden – da SOLL ja nichts Sinn ergeben, da MUSS sich ja nichts zusammenfügen, da IST ja die erklärte Absicht, dem Zuschauer alle zehn Minuten mal einen Brocken hinzuwerfen, der vielleicht oder auch nicht eine Bedeutung für das vermeintliche Große und Ganze hat, bevor die nächste „Wendung“ wieder alles umschmeißt. Ich agiere mal gegen meinen üblichen modus operandi und SPOILERE die Auflösung mal voll durch – das MacGuffin, hinter dem alle, warum auch immer, her sind, ist, dass Sarah über die Information verfügt, dass FBI-Gründer J. Edgar Hoover noch lebt – seinen ganzen schlechten Ruf und seinen Tod hat er vorgetäuscht, um seine (geheime) Familie zu schützen, und Sarah ist seine Enkelin. Das ist so dermaßen strunzdoof, dass mir beinahe die Worte fehlen… vergessen wir mal völlig, dass Hoover, wenn der Film zur relativen Gegenwart spielen soll (und dem ist so), 110 Jahre alt sein müsste, die wirkliche Frage ist – WEN sollte das über dreißig Jahre nach seinem „Tod“ noch interessieren? Bestenfalls doch den National Inquirer oder die Weekly World News. Ganz abgesehen davon, dass diese „Verschwörungstheorie“ natürlich keine Sekunde lang erklärt, warum Sarah ihrer jüngeren Ausgabe begegnet, die von ihr erschossenen Frauen wenig später putzmunter sind oder Garrison und die Agentin (wer auch immer es sein mag) zusammenarbeiten. Aber das ist natürlich auch nur die „erste“ Auflösung, denn selbstverständlich muss unser großartiges Werk danach noch die „Usual Suspects“-Karte ziehen und in einem Twistende enthüllen, dass – womöglich??? – Sarah sich die ganze Agentenchose nur eingebildet hat, in Wirklichkeit Klapsmühlenbewohnerin ist und alle Charaktere, denen sie im Filmverlauf begegnet ist, andere Patienten oder Pfleger des von ihr frequentierten Irrenhauses sind. POTZ! Äh. Meine natürlich: KOTZ! Okay, der Film ist nun auch schon ein paar Tage alt, aber seit „Ripper“ oder „Strip Mind“ (den aber hoffentlich kein Mensch auf Gottes Erdboden gesehen hat), sollte man sich diesen „Twist“ nun wirklich nicht mehr trauen… (ich hab noch gar nicht die Texttafeln erwähnt, die den Film beginnen und beenden, und von irgendeinem geheimen mind-control-Programm von CIA und FBI daherlabert, aber auch „this is not one of these stories“ meint, und somit nothing mit anything zu tun haben).
Nun ist es natürlich so – bad movies are bad, but they can be entertaining, dull movies are the worst. Will sagen – ich kann auch einem Film, den ich unter keinen denkbaren Maßstäben auch nur ansatzweise als „gut“ bezeichnen würde, noch einiges verzeihen, solange er auf interessante Weise versagt, also clever gefilmt, visuell ansprechend und/oder gut gespielt ist. „Circadian Rhythm“ kommt in keiner dieser Disziplinen über das Niveau minderambitionierter Semiprofis. René Besson, der als René Alberto Gil-Besson geboren wurde und seinen Namen sicher nur geändert hat, um a) mich persönlich zu nerven und b) darauf zu hoffen, mit Luc Besson verwechselt zu werden, ist ein talentfreier Nasenbär, der eine gute Szene nicht erkennen würde, wenn sie ihm einen Blow-job gibt. Jede einzelne Szene, jede einzelne Einstellung des Films ist, um’s salopp zu sagen, bestenfalls uninspiriert, meistens aber direkt kacke. Auch Besson hat mittlerweile das Fach gewechselt und ist unter die Produzenten gegangen – da scheint er ein etwas besseres Händchen zu haben, verantwortete er doch u.a. diverse Statham-Vehikel („The Mechanic“, „Homefront“), ein paar Cage-Heuler („Drive Angry“, „Stolen“) oder das den auch von eigentlich niemandem verlangten „Texas Chainsaw 3D“. Als Regisseur jedenfalls ist Besson komplett unbegabt – die nochundsiebzig Minuten des Films fühlen sich an wie ungefähr 200, sehen aus wie mit einer Consumer-Videocam gedreht, anschließend von der Katze gefressen und wieder ausgekotzt. Timing, Szenenaufbau, Kameraführung, das alles ist amateurhaft (auch D.O.P. Nick Hey hat sich augenscheinlich einen komplett anderen Beruf gesucht, seit diesem Film jedenfalls verzeichnet die IMDb für ihn keine weiteren Arbeiten).
Hinsichtlich der Martial-Arts-Szenen hatte Besson zumindest die halbwegs richtige Idee, sich hierfür externe Expertise einzukaufen und den Job nach Hongkong outzusourcen – Xin Xin Xiong ist prinzipiell kein schlechter seines Fachs und hat die Stuntkoordination und Martial-Arts-Choreographie schon für größere Studiofilme erledigt, man denke an Peter Hyams‘ „The Musketeer“ oder „A Sound of Thunder“, „Half Past Dead“ oder „Extreme Ops“, aber auch „Double Team“, oder im heimischen Hongkong „Once Upon A Time in China 2“ oder „Last Hero II“, so war er u.a. auch regelmäßiges Double für Jet Li. Also sicher einer, der weiß, wie’s geht, der aber auch mit seinem Latein am Ende ist, wenn er ein Budget von dreidollarfuffzich und einen Haufen Vollidioten mit der Körperkoordination eines gelähmten Belugawals zu betreuen hat. Ich kann mir nur vorstellen, wie Xin mit Tränen in den Augen am Set stand und Selbstmord kontemplierte, als er die Darsteller hilflos herumhampeln sah. Da fragt man sich dann auch, ob die miserable Kameraarbeit in den Actionszenen der puren Inkompetenz entstammt oder vielleicht einen verzweifelten Versuch darstellt, aus den hanebüchenen Kampfversuchen der Aktiven noch das „Beste“ herauszuholen…
Womit wir schon bei den hilflosen Hampeln sind (denn der furchtbare Score von Jason Nesmith, der haufenweise Reality-Shows im US-TV beschallt, sollte nicht auch noch extra erwähnt werden)… da sind erstaunlicherweise ein paar prominente Nasen dabei, die allerdings in den meisten Fällen erst später bekannt wurden. Rachel Miner debütierte als Kinderdarstellerin in der „Springfield Story“ und war nach „Circadian Rhythm“ u.a. in „Penny Dreadful – Per Anhalter in den Tod“, „Tooth & Nail“, „The Butterfly Effect 2/3“, „Californication“ und „Supernatural“ zu sehen. Als Sarah stolpert sie hölzern, ohne jede Emotion, aber auf High Heels, durch das Chaos. Sarah Wynter war schon vor diesem Film verhältnismäßig high-profile mit Rollen in „The Sixth Day“, „Lost Souls“, „24“ und „Dead Zone“. Später übernahm sie im „Dead Like Me“-Film den Part der Daisy, war auch in „Californication“ sehen und an der Seite von Billy Bob Thornton in der amazon-Serie „Goliath“. Also auch jemand, der zumindest mal davon gehört haben müsste, wie das mit der Schauspielerei so funktioniert, aber auch sie ist hier ein totaler Totalausfall der totalen Art. David Anders (Garrison) hatte bereits langjährige Serienstints in „Alias“, wechselte danach zu den „Heroes“, war in „24“, „Arrow“, „Once Upon A Time“, „Vampire Diaries“ und aktuell in „iZombie“ – der ist also auch kein Vollidiot, ebensowenig wie Jonathan Banks, der soo coole Mike Ehrmanntraut aus „Breaking Bad“ und „Better Call Saul“ – und der hier auch so rumläuft, als stünde er zum ersten Mal in seinem Leben vor einer Kamera und hätte nicht die geringste Ahnung, was man da nun so tun sollte. Tja, und Seymour Cassel, der in einer Art cameo (für den er natürlich trotzdem drittes Billing genießt) den J. Edgar Hoover spielt (obwohl er dem echten Hoover ungefähr so ähnlich sieht wie ich Brad Pitt), ist ein verdienter, oscarnominierter Charakterakteur („Gesichter“, „Colors“, „Trees Lounge“), der für ’ne halbe Stunde am Set vorbeikam (oder der Set bei ihm, was wahrscheinlicher sein dürfte) und sich wahrscheinlich heut noch fragt, was für ein Scheiß das eigentlich war, nicht mal der kann seine Szenen durch Präsenz oder Routine retten.
Die DVD aus dem Hause Pasadena/Infopictures sieht dann auch angemessen beschissen aus – einen Film von 2005 so auf DVD zu klatschen, dass er aussieht wie ein Homevideo von 1973, muss man auch erst mal hinbekommen (ok, vermutlich war das Ausgangsmaterial nie besser). Immerhin 1.85:1-Widescreen anamorph und englischer O-Ton (wobei die deutsche Synchro für einen Film dieser „Klasse“ halbwegs erträglich ausgefallen ist).
Fazit: Das ist wieder eine echte Mutprobe für Trash-Enthusiasten – wer den Film durchsteht, ohne schwerwiegende Hirn- und Seelenschäden davonzutragen, darf sich Hardcore-Trashologe nennen. Aber empfehlen kann ich den Selbstversuch nun wirklich nicht…
BOMBEN-Skala: 9
BIER-Skala: 0
Review verfasst am: 29.01.2018