Masters of Horror – Season 1

 
  • Deutscher Titel: Masters of Horror - Season 1
  • Original-Titel: Masters of Horror - Season 1
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  • Regie: Don Coscarelli, Stuart Gordon, Tobe Hooper, John Landis, Mick Garris, Joe Dante, Dario Argento, John Carpenter, William Malone, Lucky McKee, Larry Cohen, John McNaughton, Takashi Miike
  • Land: USA
  • Jahr: 2006

Vorwort

Staffel 1 der Horror-Anthologieserie:


Inhalt

1.01 INCIDENT ON AND OFF A MOUNTAIN ROAD

Regie: Don Coscarelli

Darsteller: Bree Turner (Ellen), Ethan Embry (Bruce), Angus Scrimm (Buddy), John DeSantis (Moonface), Heather Feeney (junge Frau)

Die Verkehrspolizei warnt – während der Fahrt am Radioknöpfchen drehen schadet der Gesundheit. Hätte Ellen diesen Ratschlag beherzigt, bliebe ihr einiges erspart. So rappelt sie aber auf einer Nebenstraße in den tiefsten Wäldern von Oregon auf eine unvorschriftsmäßig hinter einer Kurve abgestellte Kalesche. Der resultierende Blechschaden ist die kleinste ihrer Sorgen, denn schon bald wird ihr bewusst, dass die abgelegende Gegend das Jagdrevier eines psychopathischen (und wie üblich gesichtsmäßig derangierten) Backwood-Meuchlers ist, der sich bereits couragiert mit der Fahrerin des Prellbock-Gefährts beschäftigt und absolut kein Problem damit hat, zwei Schnepfen zum Preis von einer zu killen. Womit Killer „Moonface“ allerdings nicht gerechnet hat, ist, dass Ellen sich durchaus zu wehren weiß, ist sie doch die Angetraute eines Militaria- und Survivalfreaks, der ihr so einiges zum Thema Survival-Philosophie und praktische Anleitung hierzu mit auf den Weg gegeben hat. Zwar rettet das Ellen nicht vor zwangsweiser Verfrachtung in des Killers traute Hütte, wo er aus seinen Opfern nette Vogelscheuchen zimmert, aber die Nacht ist noch jung…

Den Startschuss zur Horror-Anthologieserie „Masters of Horror“, produziert für den US-Kabelsender Showtime und gedacht als Showcase für ein gutes Dutzend mehr oder weniger renommierter Genreregisseure liefert Dan Coscarelli, dessen Ruf sich überwiegend auf die populäre „Phantasm“-Reihe begründet (hierzulande als „Das Böse“ gelaufen), zuletzt aber bei Fans und Critics alike mit der Elvis-gegen-die-Mumie-Gruseltragikomödie „Bubba Ho-Tep“ punkten konnte.

„Incident on and off a Mountain Road“ basiert dann auch wie „Bubba Ho-Tep“ auf einer literarischen Vorlage von Joe R. Lansdale. Wer nun wieder eher leise, sanft ironische Töne erwartet wie im Mumiengreisenfilm, ist schief gewickelt – auf den ersten Blick ist diese Episode nicht mehr als ein schlichter Backwood-Inbred-Metzler Marke „Wrong Turn“ oder „TCM“ mit ordentlich misogynistischer Note, der insofern im Trend der Rückkehr des klassischen 70er-Terrorkinos liegt, in dem psychopathische Meuchelmörder keine Motivation brauchen, dafür körperlich und geistig deformiert sind und ihren unspezifizierten Hass primär auf das weibliche Geschlecht richten. Killer Moonface, der sich in treuer Genretradition ausschließlich durch Grunzlaute verständlich macht, zieht in der Hinsicht alle Register und erweist sich sogar als technisch begabt, hat er doch eine bizarre Tötungsmaschine in seiner Hütte konstruiert. Neu an dieser Plotte sind insofern nur zwei Elemente, wobei das eine sogar nur ein (wenn auch fieser) Throwaway ist – Ellen, unsere Heroine, geht sehr früh in die Offensive und stellt ihrem Möchtegern-Slasher (mit vernachlässigbarem Erfolg, aber der gute Wille zählt) Fallen, aber, und das ist das andere (erwähnt fiese) Element spielt so unfreiwillig sogar noch das Helferlein für Moonface, alldieweil die namenlose zweite Frau eben in eine von Ellens boobytraps stolpert.

Das alles an sich wäre jetzt nicht weiter der Rede wert und für eine Horrorreihe, in der die Macher weitestgehend „carte blanche“ haben, um sich kreativ auszutoben, und speziell für den Start einer solchen, möglicherweise überraschend heftig, aber insgesamt eher banal. Deswegen lassen uns Coscarelli und vor allem Autor Lansdale (adaptiert von Coscarelli selbst und first-timer Stephen Romano) auch nicht so einfach von der Angel – in Flashbacks während der Ereignisse der Nacht erzählt, versorgen sie uns mit einer Parallelhandlung, in der wir Ellens Ehe im Zeitraffer verfolgen. Bruce, ihr Ehemann, ist zu Beginn „nur“ leicht paranoid und lenkt beinahe jedes Gespräch auf das Thema „Selbstverteidigung“. Im Laufe der Ehe wird er zum regelrechten Waffennarren, der mit wenig vertrauenseinflößenden Freunden Survival-Touren übernimmt und von Ellen verlangt, sich dieser Philosophie vollumfänglich anzuschließen; dazu gehört auch, dass man weit draußen auf dem Land lebt, um dem nach Bruces Ansicht unweigerlich drohenden „big one“ aussitzen zu können. Da Bruce dabei immer dominanter wird und Ellen, die seine Paranoia nicht zu teilen vermag, gegenüber so gewalttätig wird, entscheidet sie sich zur Trennung – doch die Kenntnisse, die er ihr vermittelt hat, kommen ihr im Kampf gegen Moonface sehr zupass.

Man kann sich nun wie ich im folgenden weit aus dem Fenster lehnen und hier einen zynischen Kommentar zur Entwicklung (und Spaltung) der US-amerikanischen Gesellschaft post 9/11 interpretieren, indem man Bruce als Vertreter des reaktionär-isolationistischen Parts sieht (es gab ja in den USA durchaus Strömungen, die postulierten, man sollte die Außenpolitik Außenpolitik sein lassen und sich nur noch um sich selbst kümmern; eine kleine Andeutung ermöglicht sogar die Hypothese, dass Bruce ein religiöser Fanatiker sein könnte) und Ellen als essentiell liberal-pazifistische Figur (und wenn man ganz wüst politisieren will, personifiziert Moonface den Terrorismus an sich). Würde man dieser Interpretation konsequent folgen, könnte man „Inicident on and off a Mountain Road“, da der Film im Endeffekt aussagt, dass man sich gegen Bedrohungen durchaus handgreiflich wehren muss, (auch wenn ich der Serie jetzt chronologisch gesehen vorgreife) als eine Art Antithese zu Joe Dantes „Homecoming“ sehen (mehr dazu in getrenntem Review). Soweit sollte und muss man meines Erachtens nicht unbedingt gehen, völlig von der Hand zu weisen sind politisch-gesellschaftliche Implikationen aber sicher nicht. Und wenn ich vorhin noch den Punkt „Frauenfeindlichkeit“ angesprochen habe – durch einen recht gekonnt eingebauten Schlusstwist verwandelt sich der misogynistische Approach sogar noch in eine ausgesprochen feministische Aussage.

Technisch gibt’s an dieser Episode nichts auszusetzen – Coscarelli und sein Kameramann schaffen speziell im nächtlichen Metzel-Part atmosphärische und teilweise hochmemorable Einstellungen (und beweisen nebenbei auch, dass Nachtaufnahmen durchaus so ausgeleuchtet werden können, dass man als TV-Zuschauer auch etwas *sieht*). Vielleicht ist’s sogar etwas zu sehr Hochglanz-Optik für einen traditionell ja eher „down’n’dirty“ zu gestaltenden Backwood-Metzler, anyway, es ist gelungen. Die Flashback-Szenen bei hellichtem Tag kontrastieren gut zu den düsteren Nachtaufnahmen. Etwas problematisch ist die zugegeben kaum anders zu lösende Struktur. Die Flashbacks nehmen doch stark das Tempo heraus und reißen den Zuschauer unvermeidlich aus dem reinrassigen Horror-Part (was aber eingedenk meiner Drehbuchinterpretation durchaus gewollt sein kann, um eben den Punkt klarzumachen, dass wir es nicht mit einem reinen Horrorfilm zu tun haben).

FX-seitig steuert KNB einen recht herben Prosthetic Effect und eine Vielzahl von „Leichen“ in unterschiedlichem Verwesungszustand bei. Die „härteste“ Szene findet aber (dankenswerterweise, möcht‘ ich persönlich sagen) im Off statt.

An Bree Turner (diverse Guest Shots in Serien wie „Moesha“, „Chaos City“ oder „Cold Case“) bleibt es hängen, die Episode quasi im Alleingang zu tragen. Das erledigt sie ziemlich gut, auch wenn man dem zierlichen Persönchen die gezeigte kick-ass-Mentalität vielleicht nicht ganz zutrauen mag (ein kleines persönliches Problem habe ich auch insofern mit der Vorbereitung des Schlusstwists, alldieweil er zwar unter Berücksichtigung der Flashbacks passabel gelöst wird, dennoch aber einen unglaubwürdigen character turn notwendig macht, als Ellen zu Beginn der „Nachthandlung“ noch nicht den Background zu haben scheint, der durch die Flashbacks anschließend vermittelt wird). Ethan Embry („Timeline“, „Wes Craven presents: They“) laboriert etwas an dem Umstand, dass man als Zuschauer nicht so recht weiß, warum Ellen sich überhaupt von ihm heiraten lässt – er kommt uns von Anfang an etwas suspekt vor. John DeSantis spielt Moonface unter heftigem, aber nicht sonderlich einfallsreichen Make-up, ohne speziell erinnerungswürdig zu sein und Angus Scrimm, Coscarellis alter „Phantasm“-Kumpel (The Tall Man), der als Buddy in einem nicht näher geklärten Verwandschaftsverhältnis mit Moonface steht, ist zwar einerseits gut aufgelegt (auch wenn mit seine Rollengestaltung stark an Dennis Fimple in „Haus der 1000 Leichen“ erinnert), andererseits aber auch nicht wirklich dramaturgisch notwendig.

Summa summarum ist „Incident on and off a Mountain Road“ zwar recht nett anzuschauen, leidet aber unter dem Dilemma, auf der einen Seite einen harten Horrorreißer erzählen, auf der anderen Seite aber auch mit aktuellem Bezug gesellschaftlich oder gar politische relevante Aussagen zu treffen. Das kann gut gehen, muss aber nicht und tut’s hier auch nicht – beide „Hälften“ für sich allein sind plausibel gelöst, aber die Verbindung der beiden Handlungsstränge vermag nicht zu überzeugen. So gehört die Episode zwar sicher zum oberen Drittel des Coscarelli-Outputs (und sicherlich zum bestaussehenden), für sich allein betrachtet kommt aber nicht mehr als Durchschnitt dabei heraus.

3/5

1.02 H.P. LOVECRAFT’S DREAMS IN THE WITCH HOUSE

USA 2005, 54 min Regie: Stuart Gordon Darsteller: Ezra Godden (Walter Gilman), Campbell Lane (Masurewicz), Jay Brazeau (Mr. Dombrowski), Chelah Horsdal (Frances Elwood), David und Nicolas Racz (Baby Denny), Yevgen Voronin (Brown Jenkin), Susanna Uchatius (Keziah Mason)

Physik ist ja normalerweise keine Hexerei… Studiosus Walter Gilman mietet sich aus monetären Erwägungen zwecks Schreiben seiner Diplomarbeit in einem uralten, heruntergekommenen Gemäuer ein. Hier hofft er auf Ruhe und Frieden, um seine haarsträubenden Thesen um Paralleluniversen, die sich im „richtigen Winkel“ berühren, überlappen und damit ein Hin- und Herhüpfen zwischen den Dimensionen ermöglichen können, zu Papier bzw. Laptop zu bringen. Aber er wäre nicht umsonst ein Student der Miskatonic University, würde er nicht bald in grauenvolle Ereignisse hineingezogen. Nicht nur, dass seine Zimmernachbarin, die junge alleinerziehende und arbeitslose Mutter Frances von einer Ratte ins Bockshorn gejagt wird, nein, die Architektur seines eigenen Zimmers scheint seinen Theorien zu entsprechen. Der durchgeknallte Alki im Erdgeschoss warnt vor Hexen und Ratten mit menschlichen Gesichtern. Schon bald wird Walter von Alpträumen geplagt, in dem ihm die angekündigten Spukgestalten pflichtschuldigst erscheinen. Oder sind es keine Träume und versucht *etwas*, aus einem anderen Universum in dieses vorzudringen? Die Hexe jedenfalls, soviel ist klar, hat’s auf Walter angesehen – er soll für sie eine entsetzliche Tat vollführen…

Der Film: Wenn Stuart Gordon eingeladen wird, an der „Masters of Horror“-Reihe mitzuwirken, ist die Überraschung, dass er sich einen Lovecraft-Stoff als Story aussucht, nicht wirklich groß, feierte er doch mit „Re-Animator“, „From Beyond“ und, mit Abstrichen, „Dagon“ seine größten Publikumserfolge mit Lovecraft-Adaptionen. Für seine „Masters“-Episode knöpft Gordon sich eine Kurzgeschichte vor, die von Leuten, die etwas davon verstehen sollten, also Lovecraft-Enthusiasten und –Analysten, für eins der schwächsten Werke seiner späten Phase gehalten wird (eine Einschätzung, die Lovecraft offenbar durchaus teilte), aber das muss sich ja nicht zwingend auf die filmische Umsetzung übertragen.

Nun gehört die Geschichte allerdings (wenn auch wohl eher am Rande) zum Ctulhu-Mythos, und obwohl ich weniger von Lovecraft gelesen habe als es sich für einen Horrorfreak ziemt, ist mir klar, dass die eher eigenwillig-gedrechselte Prosa des Meisters sich nur schwierig in a) einen schlüssigen Narrative und b) eine vernünftige Bildsprache übersetzen lässt (weswegen nicht von ungefähr mit „Die Mächte des Wahnsinns“ ein Film die wohl am besten gelungene Lovecraft-Umsetzung darstellt, der nicht versucht, eine Geschichte des Autors zu adaptieren, sondern „nur“ den Geist und die Atmosphäre seiner Werke aufgreift). Gordon selbst hat’s mit „Dagon“, einer Adaption von „Schatten über Innsmouth“, halbwegs hinbekommen. Für „Dreams in the Witch House“ ist es Gordons Bemühen, einerseits nicht sklavisch an der geschriebenen Geschichte zu kleben, andererseits aber insofern „werkgetreu“ den Lovecraft-Stil zu wahren.

Will meinen, die Story erlaubt sich im Vergleich zur Vorlage (nach meiner oberflächlichen Wiki-Recherche) so einige Freiheiten (abgesehen von der obligaten Transferierung in die relative Gegenwart) und beschränkt sich wohl mehr auf Motive und Charaktere der Kurzgeschichte, bleibt aber so dicht wie möglich unter den eingeschränkten Bedingungen eines TV-Budgets (das aber im Vergleich zu Gordons spanisch-produzierten Filmen wohl auch nicht SO schlecht ist) an einer adäquaten (und filmbaren) Umsetzung der grundsätzlichen Themen Lovecrafts – die Vorliebe für „unmögliche“ Geometrie wird ebenso aufgegriffen wie das bei Lovecraft übliche Abgleiten des Protagonisten in den Wahnsinn (wobei die Versuche, den Ctulhu-Mythos pseudowissenschaftlich zu erklären, filmisch vermutlich nicht wirklich besser ausfallen als in schriftlicher Form). Ein Manko dabei ist aber, dass „Dreams in the Witch House“ sich stärker an Lovecraft-Kenner richtet denn an Gelegenheitshorrorkucker – Exposition ist die Sache der Episode nicht (okay, das Necronomicon muss man vermutlich nicht wirklich erklären, außer vielleicht italienischen Dünnbrettbohrern, die amateurhafte Pseudo-Lovecraft-Filme drehen): es gibt also eine böse Hexe und ihren Gehülfen in Rattenform (in der Vorlage spielt noch der „Schwarze Mann“, wohl Satan persönlich, eine tragende Rolle, den hat Gordon aber eliminiert). WER die beiden aber eigentlich sind, wie sie zusammenhängen und, vor allem, was sie wollen (bzw. was das Ritual, das sie anstreben, ihnen bringt), verrät uns niemand. Ich muss jetzt wieder ein wenig spoiler-neutral schreiben, wenn ich sage, dass das Script sich darauf verlässt, das Ritual an sich sei schrecklich genug, um uns gespannt vor dem Bildschirm zu halten (was auch nicht ganz falsch gedacht ist, kratzt es doch auch an einer Art Tabu), aber welches Ergebnis für die böse Seite ‚bei rumkommen soll, also welche schlimmen Folgen es für die „Guten“ hat, hätte man schon zumindest andeuten können.

In treuer Lovecraft-Tradition entwickelt sich die Geschichte auch recht bedächtig, braucht eine Weile, bis sie Fahrt aufnimmt, wobei man selbst im Schlussakt sich des Gefühls nicht ganz erwehren kann, Gordon würde mit angezogener Handbremse inszenieren (wobei es freilich unfair ist, „Dreams“ mit Granaten wie „Re-Animator“ oder „From Beyond“ zu vergleichen); der Spannungsaufbau geschieht eher subtil, schleichend, aber auch aus oben angesprochener Motivationsfarge der Bösen will sich die ganz große Bedrohung nicht einstellen. Tscha, vielleicht gibt die Vorlage halt doch nicht mehr her.

Verlassen wir also diesen Teil der Kritik und kommen zu den filmischen Meriten. Zu Beginn seiner Karriere war Gordon sicher noch kein Meisterregisseur („Re-Animator“ ist dramaturgisch eher holprig), mittlerweile hat er sein Handwerk aber gelernt. Hier hat er auch einen guten Kameramann zur Verfügung, wobei wirklich denkwürdige Shots aber fehlen. Dennoch wirkt die Episode sehr slick fotografiert und inszeniert, ein wenig mehr Dynamik hätte womöglich nicht geschadet. Das Geschehen wird allerdings von einem schönen Score von Richard Band (der auch schon „Re-Animator“ beschallte) gut unterstüzt. Auch an die Freunde nackter Tatsachen wird in Form einer ziemlich ausführlichen (aber stark ins Horrible schwenkenden) Softsexszene gedacht.

Wo sich „Dreams“ aber leider ins Knie schießt, ist die Effektarbeit. Nichts gegen die handvoll blutiger Splattereinlagen aus dem Hause KNB, aber bei der „Ratte mit dem menschlichen Gesicht“ hakt’s dann doch gewaltig. Die wird in close-ups nämlich von einem Schauspieler im Rattenfell verkörpert und das sieht, bei aller Freundschaft, halt nicht anders aus als ein Schauspieler im Rattenfell und wirkt mehr nach 60er-Jahre-japanese monster movie als ernsthaftem Schockhorror. Das allerdings sieht noch richtig GUT aus im Vergleich zu den wohl jämmerlichsten Animatronics, die ich in einer professionellen Produktion seit langem gesehen habe (die werden zum Glück nur selten, dafür aber in den plakativen Splatter-Attacken eingesetzt und rauben ihnen dadurch doch Effektivität). Schade. Die visuellen FX für die angedeuteten Dimensionsübertritte (welchen Sinn die innerhalb der Plotte auch haben mögen) sind dagegen gefällig.

Mit der Schauspielerei ist das bei Gordon auch immer so eine Sache – für den Großmeister der Schauspielerführung halte ich ihn bis heute nicht (obwohl Charles Band ihn als „Theatermann“ dafür lobt, but what does he know?). Für die Hauptrolle rekrutierte er seinen „Dagon“-Star Ezra Godden, der trotz einschlägiger Lovecraft-Erfahrung nicht immer voll überzeugen kann (gerade im Showdown, und mehr kann ich ohne Spoiler wieder nicht schreiben). Campbell Lane, der den Erdgeschoss-Alkoholiker, der einiges über die dunklen Geheimnisse des Hauses weiß, mimt, und das nicht schlecht, hat auch so seine Horror-Meriten verdient: „Scary Movie 4“ (naja, Horror…), „Dreamcatcher“, „Needful Things“ (außerdem spricht er in der 90er-Version der „He-Man“-Zeichentrickserie den Skeletor). Jay Brazeau (spielt den schmierigen Hausbesitzer nicht schmierig genug, find‘ ich) könnte man aus „Taken“, „Stargate SG-1“ oder „Dich kriegen wir auch noch“ kennen. Die TV-Aktrice Chelah Horsdal („Stargate SG-1“, „The L-Word“) hat erfrelicherweise nichts dagegen, sich komplett auszuziehen und liefert eine taugliche, wenn auch nicht überragende Performance hat. Yevgen Voronin beneide ich nicht um seinen Auftritt im Rattenpelz, Susanna Uchatius kann mit ihren Auftritten als Hexe auch nicht viel eindrucksvolles anstellen.

Ergo – auch „Dreams in a Witch House“ kommt über Durchschnittsformat nicht hinaus und ist insgesamt sogar eher unbefriedigender ausgefallen als „Incident on and off a Mountain Road“. Trotz des Bemühens um wenn schon nicht buchstabengetreue, dann zumindest atmosphärische und „geistige“ Werktreue entwickelt die Geschichte einfach nicht den notwendigen Drive, was an der dadurch bedingten Langsamkeit des Erzähltempos und auch den angesprochenen unaufgelösten Fragen des Scripts liegt. Ist wohl doch so, dass in der literarischen Vorlage kein guter Film (und auch keine gute TV-Episode) „drin“ ist, wenn selbst ein Lovecraft-Spezialist wie Stuart Gordon weder ein fröhliches Splatterfest noch einen angemessen düsteren Grusler daraus zaubern kann (gut, bessere Ratten-Tricks hätten wohl auch geholfen). Fazit: auch Episode 2 von „Masters of Horror“ sollte sich eher „Mediocrity of Horror“ nennen. Nicht *schlecht*, aber eben halt auch nicht mehr.

2/5

1.03 DANCE OF THE DEAD

USA 2005, 59 min Regie: Tobe Hooper Darsteller: Jessica Lowndes (Peggy), Jonathan Tucker (Jak), Karen Austin (Quinn), Ryan McDonald (Boxx), Robert Englund (MC), Erica Carroll (Mia), Lucie Guest (Celia), Sharon Heath (Gerri), Don MacKay (Steven), Marilyn Norry (Kate)

Amerika in nicht gar so ferner Zukunft – ein verlustreicher Weltkrieg wurde geschlagen, Kalifornien ist hin, und Terroristen überziehen seit Jahren das Land mit „Blitz“-Angriffen, offenbar chemische Kampfstoffe, die über den Städten abgeregnet werden und Millionen Opfer fordern. Die öffentliche Ordnung ist begreiflicherweise in Auflösung begriffen – die Kriminalitätsrate ist exorbitant, Jugendbanden verbreiten Angst und Schrecken, es haben sich wahre gesetzlose Zonen gebildet, und in einer von diesen steht der Club „The Doom Room“, der seine Freak-Klientel mit einer ganz besonderen Attraktion lockt. Davon ahnt Peggy, die von ihrer protektiven Mutter einigermaßen behütet wird, noch nichts – bis eines Tages Jak und Boxx, zwei der bewußten Jungkriminellen, die sich ihr Tagwerk damit verdienen, unschuldigen Passanten das Blut abzuzapfen (!), in das von der Kleinfamilie betriebene Diner platzen und nach Ansicht der lieben Mama nichts Gutes im Schilde führen. Hinsichtlich Boxx liegt sie da völlig richtig, aber Jak entflammt in Windeseile der jungen Peggys Herz. Eine wilde Nacht beginnt – Peggy erinnert sich unter den von den Party People verabreichten Drogen nicht nur an ein Kindheitstrauma, sondern darf sich im „Doom Room“, mit dessen unheimlichen MC und Besitzer Jak und Boxx Geschäfte tätigen, die Show ansehen – im wahrsten Sinne des Wortes ein Totentanz. Während Peggys Mutter wütend zur Suchaktion streitet, kommt die Vermisste auf die Spur eines finsteren Familiengeheimnisses…

Der Film: Mit Folge 3 der „Masters of Horror“ wirft Tobe Hooper, Altmeister des rauhen 70er-Jahre-Horrors, seinen Hut in den Ring und, ums mal ganz salopp vorwegzunehmen, beweist, wovon man nicht unbedingt ausgehen konnte, dass er erstens immer noch was drauf hat und zweitens den Jungspunden unter den Horrorregisseuren zeigen kann, wo der sprichwörtliche Bartel den Most her holt – mit dem Ergebnis einer brillanten Episode, die manch einer für die beste filmische Auseinandersetzung mit der Untoten-Thematik der letzten 10 Jahre hält, auf jeden Fall aber einem Genre, das ob der Vielzahl von dümmlichen Billigzombiefetzern, mit der wir fast täglich zugeschüttet werden, eigentlich schon ausgelutscht erschien, neue – und packende – Aspekte gewinnt.

Geschadet hat dabei sicher nicht, dass Hooper eine Vorlage des großen Richard Matheson, einem der wohl besten, wenn auch unterschätztesten im phantastischen Genres beheimateten Schreiberling (und auch einem, der Zeit seines Lebens auch Film- und Fernsehdrehbücher schrieb), adaptiert vom selbst schreibenden Sohn des Autors, zur Verfügung stand – und Mathesons Storys und Romane sind nicht nur zumeist sehr „filmisch“, d.h. umsetzungsgeeignet, sondern auch intelligenter als der gemeine Horrordurchschnitt.

„Dance of the Dead“ steht schon allein deswegen Lichtjahre über den bisher besprochenen Episoden, weil wir es hier nicht mit einer x-beliebigen Horrorplotte zu tun haben, sondern die Geschichte, quasi ganz nebenbei und nonchalant, ein ganzes „Universum“ entwirft, und was für ein faszinierendes obendrein. Wenn man kritteln möchte, und das tu ich in diesem Fall nur sehr ungern, dann nur daran, dass die eigentliche Story um Jak und Peggy nicht so interessant ist wie das Szenario, in dem sie spielt. Vieles wird nur angedeutet (die „Blitz“-Attacken der unspefizierten Terroristen, der Untergang Kaliforniens, der dritte Weltkrieg) und trotzdem bildet sich vor den Augen des Zuschauers eine Welt ab, die eine düstere, unheilvolle und in sich schlüssige Zukunftsvision darstellt; da ist alles dabei – wirtschaftliche Misere, Auseinanderbrechen der sozialen Gefüge, anscheinend sinnlose Gewalt, Angst vor Terror und Verarbeitung des selben und, last, but not least und für die Geschichte mitentscheidend, eine angemessen nihilistische „end of the world“-Stimmung, in der Drogen und „krankes“ Entertainment zu den einzigen Ausflüchten aus der grimmigen Realität geworden sind (nun, wenn man mal drüber nachdenkt – so utopisch ist das alles nicht… eigentlich nur eine konsequente Fortschreibung jetziger Zustände). Das wirklich Erstaunliche ist, auf wie vielen Ebenen „Dance of the Dead“ funktioniert – das „Große und Ganze“ ist, wie gesagt, faszinierend, aber auch, wenngleich der eigentliche Plot sich erst verhältnismäßig spät einstellt und, um das auch mal festzustellen, gar nicht mal direkt als „Horror“ im Sinne des Wortes bezeichnet werden kann, die „kleine“ Geschichte ist rund, clever und vor allem sehr sehr zynisch.

Im Script verbergen sich wahre kleine Dialogperlen, sowohl witziger Natur (vor allem in Englunds Ansagen: „No guns, no meaningful conversation and no self-surgery during the show!“) als auch ernster, der finsteren Lage angemessener Art. Wenn ein Charakter zu einem anderen sagt: „There’s something human in you wanting to get out, and I don’t want to be hear when it starts hissing!“, könnte man das als eine Klischeezeile abtun, aber hier sagt es einer der nominell Bösen zu einer zu diesem Zeitpunkt eher positiven Figur – diese Umkehrung allein verdient schon höchsten Respekt und qualifiziert sich als Gänsehaut-Moment; meine Lieblins-Line ist aber eine ganz kurze, kleine unauffällige, die man leicht überhören kann (SPOILER: Als Peggy mit Boxx‘ Freundin im Publikum auf den „Dance of the Dead“ wartet und Peggy begreiflicherweise keine Ahnung hat, was auf sie zukommt, entgegnet die in der Hinsicht erfahrerene Schlampe lapidar: „That’s what happens to people like me!“, was im Nachhinein, kennen wir die Auflösung der Geschichte, erst mit Fakten unterfüttert wird, aber bereits an dieser Stelle wirklich creepy wirkt. Nicht nur die Line an sich, sondern auch die matter-of-factly-gleichmütige Darbietung; einen weiteren Blick in die hart, aber herzlose Gesellschaft dieser düsteren Zukunft verpasst’s uns obendrein).

Der zentrale Punkt, da geh ich z.B. mit dem Kollegen Hausrocker konform, ist aber natürlich untrennbar mit der Zombie-Thematik verbunden. Ohne das Wie und Warum der Untoten in diesem speziellen Fall ausplaudern zu wollen, kann ich konstatieren, dass „Dance of the Dead“ den vielleicht ultimativen Zusammenbruch aller zivilsatorischen Regeln schildert – eine Gesellschaft, die vor ihren Toten keinen Respekt mehr hat (es sei verraten, dass die Zombies hier keinesfalls menschenfressende Meuchelmonster sind), kein moralisches oder ethisches Problem, sie als Mittel zum Zweck der billigen Unterhaltung zu missbrauchen (hier fällt z.B. die „Entsorgungsszene“ ein). Hm, es ist schwer, hier konkreter zu werden, wenn man nicht alles spoilern will – und die ein oder andere Überraschung sollte für den, der die Episode noch nicht gesehen hat, ja erhalten bleiben.

Hooper, dessen Karriere über den Daumen gepeilt sicherlich mehr „misses“ als „hits“ aufzuweisen hat, und den wohl die meisten von uns spätestens mit „The Mangler“ abgeschrieben hatten (ich erinnere mich immer noch mit Schrecken an „Mortuary“, einen der armseligsten Horrorhobel, den ich das Missvergnügen hatte ansehen zu müssen), schraubt, nachdem sein „Toolbox Murders“-Remake, das immer noch ungesehen bei mir herumliegt, wohl auch nicht so schlecht gewesen sein soll, mit „Dance of the Dead“ jedenfalls eifrig an einem viel versprechenden Comeback. Inszenatorisch zieht er hier alle Register seines Könnens (Kritiker könnten behaupten, so viele Register hätte er denn nu auch wieder nicht) – die Episode macht optisch einen hervorragenden Eindruck (Überblendungs- und Verfremdungseffekte, die man in weniger kapablen Händen für überflüssige Gimmicks halten könnte, machen hier Sinn) und ist auch dramaturgisch ausgezeichnet gelungen. Obwohl „Dance of the Dead“ streng genommen keinen wirklich starken Narrative aufweist, behält Hooper die Sache im Griff – durch Zwischenschnitte in Englunds Club und des MCs blumige Ankündigungen macht er uns geschickt neugierig, führt die Untoten-Thematik früh genug ein, um den Zuschauer bei Laune zu halten (aber auch, um die heruntergekommene Welt, die er zeigt, noch eindringlicher zu machen. See it and you’ll know what I mean) und kann auf vordergründige Schockeffekte (oder gar Splatter und Gore) beinahe völlig verzichten (interessanterweise sind tatsächlich die einzigen echten Make-up-FX in Flashbacks auf „Blitz“-Angriffe zu verzeichnen). „Dance of the Dead“ ist, glaubt’s oder nicht, ein „Masters of Horror“-Beitrag ohne klassischen „Scare“, aber dennoch zupackender als das meist, was sich heutzutage Horror schimpft und doch nur billige jump-scare- oder Ekeleffekt-Revue ist (Grund siehe u.a. oben).

Während die Effekt-Abteilung von KNB sich also vergleichsweise zurückhalten kann (die Hautschmelzeffekte bei den „Blitz“-Attacken sind dennoch aller Ehren wert), sorgt die akustische Untermalung für den passenden Soundtrack zur Apokalypse, komponiert und eingetrümmert von Smashing-Pumpkins-Mastermind Billy Corgan (ob’s der Meister selbst ist, der auf der Clubbühne rumturnt, ist mir nicht ganz klar. Möglicherweise hab ich das in den Credits auch nur einfach überlesen), wobei lärmender Industrial-Metal okay rult. Musikalisch eigentlich nicht meine Baustelle, aber passend wie die Faust auf’s Auge. Nicht gespart wird an nackten weiblichen Tatsachen…

Zu den Darstellern: Jonathan Tucker (Jak, zu sehen in „Sleepers“, „Hostage“, „The Texas Chainsaw Massacre (2003, ’ne ganz lustige Connection, angesichts des hiesigen Regisseurs)“, „Pulse (US-Remake)“ spielt den Ganoven mit dem Herz aus Gold und kommt dabei trotz böser Tattoos und irgendwie etwas dümmlichen Gesichtsausdruck quite likeable rüber. Neuentdeckung Jessica Lowndes ist nicht nur schnucklig anzuschauen, sondern meistert ihre Rolle mit Bravour (auch wenn’s zu Beginn nicht so aussieht, sie hat durchaus heikles, sprich schwieriges, zu spielen). Ihre Filmmutter Karen Austin (im US-TV ziemlich gefragt) liefert ebenfalls eine überzeugende Performance ab (und es auch keine ganz einfache Rolle). Ryan McDonald (Boxx, kleinere Rollen in „Halloween: Resurrection“ und „The Exorcism of Emily Rose“) hat ebenfalls einige prägnante Szenen. Schauspielerisches Highlight ist aber ohne Zweifel der ewige Freddy Krueger Robert Englund, der als dämonischer MC mit Hang zu großer Theatralik eine kultverdächtige Vorstellung bietet. Englund legt sein ganzes Charisma in die Rolle und erfüllt die Rolle mit, äh, Leben. Mit Gusto gespielt zur Freude des Zuschauers.

Komischerweise scheint diese Episode den „Masters of Horror“-Fankreis stark zu polarisieren – von einem Teil der Zuschauer wird sie massiv abgelehnt, der andere Teil empfindet sie (IMHO zurecht, und bekanntlich habe ich die Weis- und Wahrheit mit dem ganz großen Suppenlöffel gefressen) als ein Highlight. Es mag daran liegen, dass „Dance of the Dead“ wenig von dem bietet, was der Durchschnittsgenrefan als „Horror“ versteht; abgesehen vom Plotmechanismus „untote Menschen“ kommt die Folge ohne reißerische Horrorelemente aus, dafür funktioniert sie aber als düstere Gesellschaftsutopie, Endzeitstudie, Tragödie und psychologisches Drama. Wohl nicht das, was Karlheinz Spläddaproll erwartet, wenn er „Horror“ sehen will; dafür aber, wenn man sich darauf einlässt und die Gesamtkonzeption der Episode auf sich wirken lässt, zur Abwechslung mal wirklich GROSSES Fernsehen, aber „Dance of the Dead“ wäre auch als Kinofilm großartig geworden.

5/5

1.04 JENIFER

USA 2005, 55 min Regie: Dario Argento Darsteller: Steven Weber (Frank Spivey), Carrie Fleming (Jenifer), Brenda James (Ruby), Cynthia Garris (Rose), Laurie Brunetti (Spacey), Beau Starr (Chief Charlie), Jasmine Chan (Amy), Julia Arkos (Ann Wilkerson), Harris Allan (Pete)

In allerletzter Sekunde gelingt es Cop Frank Spivey, einen offensichtlich Verrückten daran zu hindern, eine junge Frau abzuschlachten. Frank erschießt den Killer-in-spé und muss feststellen, dass das vermeintlich attraktive Gerät, dem er da gerade das Leben gerettet hat, gesichtsmäßig extrem verunstaltet und offenbar auch geistig beeinträchtigt ist. Zu seinem Erstaunen (und vor allem dem seiner Frau) bemerkt Frank, dass ihn die Erinnerung an den Todesschuss und den geretteten Freak sexuell mächtig antörnt, allerdings auf eine Weise, die seiner Gattin Ruby nicht wirklich gefällt. Als Frank herausfindet, dass Jenifer, die Missgebildete, mangels bekannter Angehöriger und aufgrund ihres Geisteszustandes in eine Klapsmühle eingeliefert wurde, bringt er das wilde Ding zu sich nach Hause, zur überschaubaren Begeisterung seiner Frau, die angesichts der Gesichtsbaracke dem Herzinfarkt ein Stück näher kommt. Seine halbherzigen Versuche, für Jenifer einen wohlmeinenden Abnehmer zu finden, scheitern, nicht zuletzt deswegen, weil die nur in tierischen Lauten kommunizierende Jenifer, hässliche Visage hin oder her, ihm ziemlich ungefragt und frohsinnsstiftend in die Hose steigt. Als die Holde aber die Familienmiezekatze zwecks spätem Imbiss zerfleischt, ist das Mass für Ruby voll. Da Frank die „sie-oder-ich“-Frage anscheinend unbefriedigend beantwortet, packt sie ihre sieben Sachen (nebst Sohn) und sucht das Weite. Frank, der auf Jenifers sexuelle Dienste nicht verzichten mag, verfällt zusehends. Als Jenifer ihm durch Taten deutlich zu verstehen gibt, dass sie sich nicht nur von Haustieren ernährt, flüchtet er mit ihr in die Provinz, wo er einen Hilfsarbeiterjob annimmt. Aber Jenifer ist auch furchtbar eifersüchtig…

Der Film: Zunächst mal muss man es den „Masters of Horror“-Produzenten eins anrechnen – sie haben bemerkt, dass Horror nicht nur in Hollywood gemacht wird. So durfte neben dem japanischen Anarcho-Filmer Takeshi Miike („Imprint“, Folge 13) auch der letzte noch wirklich aktive italienische Großmeister, Dario Argento, sein Scherflein zur Serie beitragen. Nun hat Argento, wie auch seine Fans bestätigen werden, seine besten Zeiten auch schon ein Weilchen hinter sich, außerdem stellt sich die Frage, wie ein anerkannter Optik-Guru, der seine nicht gerade originalitätstriefenden Plotten mal mehr, mal weniger gut durch grandiose Kamerarbeit und ähnlichen Augenschmaus zu tarnen vermochte, mit dem Format einer US-TV-Show fertig wird. Die Antwort lautet: irgendwie mittelmäßig gut…

Im Gegensatz zu z.B. Coscarelli und Gordon hat Argento z.B. mit der Geschichte an sich nichts zu tun (gut, darüber mag man eventuell sogar erfreut sein. Großer Autor ist Argento bekanntlich nicht), sondern eine von Hauptdarsteller Steven Weber adaptierte Geschichte des mir persönlich unbekannten Comic-Autors Bruce Jones („Vampirella“) verfilmte. Die Story selbst ist durchaus denkwürdig, interessant und verstörend. Jenifer ist, von ihren optischen und charakterlichen Nachteilen her abgesehen, der Traum so manchen Mannes – eine anhängliche, liebesbedürftige Gefährtin, die sexuell stets willig und dienstbar ist, und darüber hinaus die Klappe hält, ein ideales Sexspielzeug, geboren, um ausgebeutet zu werden. Dieser Umstand lässt ihre jeweiligen Partner über die kleinen Schönheitsfehler (sie ist letzten Endes ein Raubtier, möglicherweise mit felinem Hintergrund [„Sleepwalkers“, anyone?], und halt nicht wirklich, ähm, schön anzuschauen) hinwegsehen. Hintergründig jedoch treibt Jenifer durch ihre Sexualität umgekehrt die Männer in die Abhängigkeit von ihr und zerstört letztlich ihr Leben, woraus aus der vermeintlichen Männer-Sex-Fantasie der eher umgekehrte Männer-Alptraum wird; eine Frau kontrolliert über den Sex ihren Partner. Ein reizvolles Szenario, zu dem Weber allerdings nichts wirklich dramaturgisch spannendes einfallen will – wer das Ende der Geschichte nicht nach spätestens fünf Minuten ausgeklügelt hat (pöh), sollte dringend die Bilderbücher weglegen und sich mal mit dem gedruckten Wort beschäftigen – it is SO obvious, wenngleich sich andererseits die Zusammenhänge nicht immer erschließen (wieso Jenifers Partner zwangsläufig äußerlich und sozial verfallen, erschließt sich mir nicht notwendigerweise. Mit einem ausreichend skrupellosen Partner sollte sich doch ein für beide Parteien gewinnbringendes Arrangement treffen lassen).

Sieht man sich nun Argentos Track Record an, stellt man fest – die meisten seiner Filme sind relativ kühl, wenig emotional und ganz bestimmt nicht auf die psychologische Seite der jeweiligen Geschichten abgestimmt.Dummerweise ist die psychologische Seite für das Funktionieren einer Geschichte wie „Jenifer“ nicht ganz unwichtig; die Story postuliert, wie gesagt, ein gegenseitiges Abhängigkeitsverhältnis – Jenifer ist auf jemanden angewiesen, der sie bzw. ihr tierisches Raubtierverhalten „deckt“ und erledigt dies, in dem sie Frank durch ihre stetige sexuelle Dienstbarkeit für sich einnimmt und kontrolliert. Durchaus Potential, um daraus über die oberflächliche Horror-Ebene hinaus Gewinn zu ziehen, doch dieser Aspekt fällt bei Argento ziemlich unter den Tisch, um nicht zu sagen – es interessiert ihn nicht wirklich. Wieso Frank Jenifer so blitzartig verfällt, dass er dafür seine Familie, seinen Job, sein geregeltes Leben aufgibt (und offensichtlich in Rekordtempo zum Alkoholiker wird; das ist ein weiteres Manko des Films – Zeitabläufe bleiben arg unklar), wird nicht deutlich; was als Interpretation übrigbleibt, ist letztlich nicht mehr, als dass Frank ein schlichtweg schwanzgesteuerter Vollpfosten ist (okay, möglicherweise ist das die Intention, aber das ist mir etwas zu billig). Argento scheint mir nicht der richtige Regisseur für diese Art Story zu sein, zumal er in deren Rahmen auch nur selten Gelegenheit hat, seine unbestritten überragenden visuellen Fähigkeiten einzusetzen – da und dort flackert eine inspirierte Einstellung durch, manchmal scheint Argento einen ungewöhnlichen optischen Effekt erzwingen zu wollen, wo er nicht angebracht ist (der opening shot von oben auf Frank und seinen Kollegen im Auto), oft ist es aber unmemorabel-„normal“ und damit nicht unbedingt das, was man von einem verdammten Gewaltästheten wie Argento erwartet. Das Erzähltempo ist angenehm, die Geschichte wird flüssig vorangetrieben, ohne sich größere Auszeiten zu nehmen, aber das „menschliche Drama“ kommt mir persönlich zu kurz.

Was nicht ausschließt, dass „Jenifer“ über famose Szenen – eine der besten Stellen ist zweifellos eine, die zunächst Remineszenzen an den originalen „Frankenstein“ wegt und andeutet, auch Jenifer könnte nur ein „missverstandenes Monster“ sein, nur um diesen Eindruck kaltlächelnd wieder wegzuwischen – leider wird die Wirkung durch das mich nicht sonderlich überzeugende Monster-Make-up etwas beeinträchtigt.

Keine Fragen bleiben offen im Hinblick auf sex’n’gore. Da lässt sich Meister Argento nicht lumpen. Die Sexszenen waren dem US-Sender Showtime sogar zu heikel, weswegen zwei „oral sex“-Passagen vor Ausstrahlung der Schere zum Opfer fielen (im DVD-Zusatzmaterial sind sie zu finden). Auch in Punkto Gore erlegt sich Argento keine Beschränkungen auf – in „Jenifer“ wird fleißig in Gedärmen gewühlt, wobei ihm das Kunststück gelingt, die drastischen KNB-Effekte nicht zu selbstzweckhaft erscheinen zu lassen (mag mag darüber diskutieren, ob man wirklich volle Kanne so lang draufhalten muss, aber es ist Horror, und nachdem die ersten drei Folgen verhältnismässig zurückhaltend waren, ist’s auch ganz gut so, wenn „endlich“ mal einer auf die Kacke haut. Nicht missverstehen – „Jenifer“ ist keine Nonstop-Splatterorgie, aber die drei großen Gorepassagen sind heftig genug).

Musikalisch gibt sich mit Claudio Simonetti Argentos Landsmann und regelmäßiger Komponist die Ehre. Das dramatische Theme ist mir etwas zu sehr „Psycho“-Hermann-lastig, Jenifers „Kinderlied“-Thema hat aber durchaus „haunting qualities“. Zumindest ist es von typischen Italo-Goblin-Synthi-Sounds weiter entfernt als die Erde vom Mond.

Hauptdarsteller und Drehbuchschreiberling Steven Weber wäre dem geneigten Publikum vermutlich als Komödiant bekannter denn als Horror-Akteur, hätte er nicht im King-produzierten „Shining“-Remake Jack Torrance gespielt (vom Typ her kommt er m.E. näher an den Charakter des Romans, aber schauspielerisch ist er gegen Nicholson halt ein Leichtgewict). Weber gehörte zwei Jahre zur Stammbelegschaft der Airport-Sitcom „Wings“ (lief auch mal im deutschen Fernsehen) und schaute in späteren Seasons immer wieder mal als Gast vorbei, strandete mit einer eigenen Sitcom („Cursed“, nach anfänglichem Flop umkonzeptioniert, als „The Weber Show“ neu gestartet und mangels meßbarem Erfolg unbürokratisch nach einer Staffel eingestellt) und wurde im Kino als Jonathan Harker in Mel Brooks „Dracula: Tot aber glücklich“ auffällig. Thrillerfreunde könnten ihn aus Tom Hollands „Die Aushilfe“ (ein kleiner Geheimtip) und dem Nu-Image-„Starvehikel“ „Break Up“ (an der Seite von Bridget Fonda und Kiefer Sutherland) kennen. Weber stösst bei der Darbietung des verfallenden Frank an die Grenzen seiner schauspielerischen Fähigkeiten, zudem mangelt es ihm für einen „leading man“ ganz einfach an Ausstrahlung und Charisma. Im „Normalmodus“ wirkt er sehr steif, wenn er emotional werden muss, sind seine Fähigkeiten limitiert.

Die sicherlich eher unangenehme Rolle der Jenifer übernimmt Carrie Fleming (die ihren Agenten verklagen sollte… einem so hübschen Girl eine so gesichtsverunstaltende Rolle aufzudrängen, tsk, das macht man doch nicht). Die Actrice, die bislang über Bit-Parts und Minirollen in TV-Serien nicht hinausgekommen ist, überrascht positiv – für die Stellen, die den Zuschauer auch psychologisch an der Gurgel packen, ist sie im Alleingang zuständig, und das ohne jede Dialogzeile, nur mit Gestik (Mimik fällt aufgrund des Make-ups auch weitgehend flach) und animalischen Lauten. Wenn sie durch Körpersprache mit Frank kommuniziert, schimmert durch, welchen emotionalen Impact „Jenifer“ mit einem weniger distanzierten Regisseur (und einem ausdrucksstärkeren Co-Star) hätte haben können.

In weiteren Rollen finden sich Cynthia Garris (wittere ich da ob des Namens und der Tatsache, dass sie fast ausschließlich in Werken des Series-Creators Mick Garris spielt, ein Eheverhältnis?), Brenda James („Slither“, „Taken“), und „Halloween 4/5“-Veteran Beau Starr, die nicht wirklich bleibenden Eindruck hinterlassen können.

Summa summarum reiht sich „Jenifer“ in die von mir scherzhaft „Mediocrity of Horror“ getaufte Annalenreihe von „Incidient on and off a Mountain Road“ und „Dreams in the Witch House“ ein, wenngleich sie den genannten Folgen überlegen ist. Die vergleichsweise originelle Thematik, Flemings Performance und die mehr als nur ruppigen Effekte trösten über die verschenkten psychologischen Möglichkeiten, die einfallslose Nicht-Auflösung und das wenig überwältigende Spiel von Steven Weber hinweg. Vielleicht liegt’s daran, dass Dario Argento nicht der ideale Regisseur für dieses Thema ist, vielleicht hätte die Geschichte einfach das abendfüllende feature-film-Format gebraucht, um die Beziehung zwischen Weber und Fleming zu vertiefen – aus „Jenifer“ hätte etwas *richtig* packendes werden können, das sich hinter „Dance of the Dead“ nicht zu verstecken bräuchte. Aber besser als Coscarelli und Gordon ist ja auch schon was…

3/5

1.05 CHOCOLATE

USA 2005, 57 min Regie: Mick Garris Darsteller : Henry Thomas (Jamie), Lucie Laurier (Catherine), Matt Frewer (Wally), Leah Graham (Elaine), Stacey Grant (Vanessa), Katherine Horsman (Sue), Paul Wu (Hooper), Jake D. Smith (Booth)

Lebensmittelchemiker Jamie macht gerade eine schwierige Lebensphase durch – frisch geschieden weiß er mit seinem tristen Dasein nicht mehr so arg viel anzufangen; auch sein flippiger Kollege Wally, Amateur-Rockmusiker, tut sich schwer, den Kumpel zu Außer-Haus-Aktivitäten zu überreden. Bis Jamie eines Tages mit einem unerklärlichen Geschmack von Schokolade auf der Zunge aufwacht. Da er nicht zu denen gehört, die nachts für ’ne Yogurette aufstehen, steckt wohl mehr als nur Schlafwandelei dahinter. Schon bald wird Jamie mit weiteren Aussetzern anderer Sinnesorgane konfrontiert – Ohren und Augen spielen ihm fortgesetzt Streiche, was sowohl bei Annäherungsversuchen ans andere Geschlecht als auch beim nächtlichen Autofahren für gewisse Probleme sorgt. Den Durchblick bekommt er aber erst, als er, gerade, als er ein hübsches Mädel im Supermarkt angebaggert und erfolgreich flachgelegt hat, vor seinem geistigen Auge miterlebt, als Frau von einem asiatisch aussehenden Typ durchgenagelt zu werden. Nach einer weiteren Episode, in der angenehmerweise der Dusch-Masturbation seiner „Traumfrau“ beiwohnt, ist ihm klar, dass er – irgendwie – psychisch mit dem Frauenzimmer verbunden ist. Jamie verliebt sich Hals über Kopf in das visionäre Weibsstück. Nicht mal der miterlebte Mord an ihrem asiatischen Künstler-Partner kühlt das entflammte Herz. Nur, dass die Visionen nach dem Mord nicht wieder auftreten, stört Jamie – er setzt sich in den Kopf, die Frau zu finden. Tatsächlich gelingt es ihm hobbydetektivisch mit der Kraft des Internet, die Spur seiner Angebeteten nach Kanada zu verfolgen. Flugs reist Jamie nach Vancouver, wo Catherine, so heißt die Killerbraut, den Yankee erst mal für einen stalkenden Psychopathen hält…

Der Film: Wir dürften uns alle weitgehend einig sein, dass Mick Garris, Regisseur dieses stolzen Werks, nur deswegen bei den „Masters of Horror“ mitmachen durfte, weil die Serie zugegebenermaßen auf seinem Mist als „series creator“ gewachsen ist. Von seinen kommerziellen und, hüstel, künstlerischen Meriten her wird sicher niemand ihn in eine Liga mit favorites wie John Carpenter, Joe Dante oder Dario Argento einordnen wollen. Seinen Platz in Genre verdient er sich nur deswegen, obwohl nicht unbedingt vielversprechend mit „Critters 2“ und „Psycho 4“ in die Regie-Karriere gestartet, einer der ausgesuchten Busenkumpel von Stephen King zu sein (was auch einen eher peinlichen Insider-Gag in „Chocolate“ verantwortet) und deswegen seit Jahren quasi des Meisters aus Maine selbstpersönlicher Haus-und-Hof-Exklusiv-Director zu sein (beginnend mit „Sleepwalkers“ über die Minis „The Stand“ und „The Shining“ bis hin zu mehr oder weniger geglücktem Schmonzes wie „Quicksilver Highway“ und „Riding the Bullet“. Eigentlich ein Wunder, dass „Chocolate“ nicht auch auf einer King-Story basiert, sondern von Garris höchstselbst nach eigener Kurzgeschichte zu Papier gebracht wurde. Da befürchten wir doch sicherheitshalber nix Gutes…

Und werden auch dahingehend nicht enttäuscht. Garris‘ Episode ist eine inhaltliche Nichtigkeit, deren singuläre Idee (die paranormale Verbindung zwischen Catherine und Jamie) nicht mal überwältigend plotrelevant ist (ich könnte mir jedenfalls auf Anhieb ein halbes Dutzend non-übernatürlicher Gründe ausdenken, warum die Story quasi identisch ablaufen könnte). Kein Wunder daher, wenn das wenige an „echter Story“ mit jeder Menge gnadenloser Zeittotschlägerei, eh, totgeschlagen werden muss. Garris spickt sein Script mit zahlreichen Belanglosigkeiten, die für die eigentliche Geschichte völlig unwichtig sind – sowohl Jamies familiärer Scheidungs-Background dient nur der Laufzeitstreckung (ohne dass wir dabei überhaupt mitbekommen würden, *warum* Jamie bzw. seine Holde sich überhaupt hat scheiden lassen. Das wäre möglicherweise für den Charakter Jamie nicht ganz unwesentlich gewesen. Aber vermutlich, wenn ich die Story, so ich mir die Mühe mache, halbwegs richtig interpretiere, ist das blanke Absicht, dass Jamie ein sprichwörtlich weißes Blatt Papier ist), dito die Episode mit seinem Supermarkt-Aufriss (die „Pointe“ dieser Szene würde ohne das Mädel genauso funktionieren), von der Figur Wally ganz zu schweigen (kein Wunder, dass sich Wally ab etwa Hälfte der Episode grußlos aus der Handlung verabschiedet). Warum Jamie überhaupt von Catherine so fasziniert ist (ich wäre eher beunruhigt und würde einen Seelendoc aufsuchen), wird auch nie klar (irgendwie scheint’s auf eine Kombination von Catherines reschem Body, wobei die direkte Konkurrenz innerhalb der Episode jetzt auch nicht so unknackig aussieht, dass ich in seine euphorischen „most beautiful woman I’ve ever seen“-Chöre einstimmen möchte, und die für Männer eher seltene Erfahrung, den Geschlechtsverkehr aus weiblicher Perspektive erleben zu können, hinauszulaufen. Auch nicht gerade schwer gehaltvoll). Und wie ein hergelaufener Yankee in Kanada zu einer Zulassungsnummer die passende Adresse zugeflüstert bekommt, würde mich dann doch auch interessieren…

Garris strukturiert die Story auch sehr ungünstig – das set-up dauert vieeel zu lange, das Finale ist daher sehr gedrängt und wirkt daher extremst unglaubwürdig (wieder mal kann ich ohne Spoiler nicht ins Detail gehen; es ist einfach zu hektisch). Dass Garris für das Phänomen der „Sinnesübertragung“ keine Erklärung anbietet, gut, damit kann ich leben (die Vermutung, nach seiner Scheidung sei Jamie so „leer“ gewesen, dass er quasi den „Überschuss“ von Catherine aufnehmen konnte, ist das greifbarste, was uns vorgeschlagen wird); dass „Chocolate“ sich aber über fünfzig seiner siebenundfünfzig Minuten Laufzeit aber im Kriechgang dahinschleppt, ohne Spannung, Suspense oder auch nur plakativen Horror zu erzeugen, muss man ihm vorwerfen. Optisch ist das alles durchaus gefällig, die visuelle Umsetzung der Visionen, die als handlungstragendes Element nach gut der Hälfte bis auf ein Comeback im Finale auch verschwinden, ist gut gelungen. Es passiert halt nur insgesamt viel zu wenig, um den Zuschauer selbst über die verkürzte Spielzeit eines TV-Einstünders bei der Stange zu halten. Und die „Idee“, die Story als Flashback zu erzählen, findet schon aus Prinzip nicht mein Wohlgefallen (zumal’s der Sache auch nicht wirklich dienlich ist).

Irgendwie kommt’s mir auch so vor, als hätte Garris sich nicht entscheiden können, ob er das Ding nun als ernsthaften Thriller oder als witzig gemeinte Persiflage angehen sollte. Manche Szenen (speziell natürlich diejenigen, in denen Jamie die Freuden des Sex aus vertauschter Geschlechtersicht geniesst) wären, wenn auf den Lacher hin inszeniert, echte Brüller, so aber beschleicht mich zumindest eine beißende Ungewissheit: „Soll ich das jetzt lustig finden oder ganz doll dramatisch und spannend?“ Komplett als Komödie gedreht, könnte man aus der Idee von „Chocolate“ ein unterhaltsames Filmchen stricken, aber als Horror? No way, José.

Was auch daran liegt, dass KNB sich effekttechnisch nicht verausgaben durften – der Mord an Catherines Lover per Bauchaufschneiden (unspektakulär, wenn man mehr als einen Splatterfilm gesehen hat) und eine messerdurchbohrte Flosse, das ist der komplette Blut-/Splattergehalt; da gingen andere Episoden der Reihe doch deutlich mehr aus sich hinaus, aber Garris‘ dröge Plotte gibt nun mal auch nicht mehr her. Ersichtlich stand Garris der Sinn nach der Verquickung einer ungewöhnlichen Liebesgeschichte und einem King-beeinflussten „der Schrecken bricht in den Alltag ein“-Szenario, was mangels schreiberischen Talents dann halt zwangsläufig in den Schlüpfer gehen muss.

Da könnten sich dann auch größere Mimen als die engagierten Akteure um Kopf und Kragen spielen und würden keinen gesteigerten Eindruck hinterlassen. Henry Thomas, der eigentlich längst der Obskurität anheim gefallende kleine Freund von „E.T.“ (gelegentliches Auftauchen in Qualitätsware wie „Gangs of New York“ oder „Suicide Kings“ ändert nichts daran, dass vermutlich niemand mehr sich an seinen Namen erinnert), spielt Jamie ungefähr genauso „leer“ wie sein Charakter geschrieben ist. Das ist entweder dead-on wie vom Regisseur/Autor gewollt oder emotionslos-uninteressiert. Let history decide. Die in ihrem Heimatland vielbeschäftigte Lucie Laurier ist weder so überirdisch „beautiful“ wie’s das Script suggeriert (sie ist hübsch, kein Thema, aber ich häng jetzt nicht sabbernd vor’m Fernseher) noch agiert sie nuanciert genug, um das Finale funktionieren zu lassen. Optisch gefällig ist auch Leah Graham (it’s a matter of personal taste, sicher, aber ich würde sie Laurier jederzeit vorziehen), schauspielerisch auszeichnen kann sie sich kaum. Wenigstens eine Fuhre Spaß scheint der ewige „Max Headroom“ Matt Frewer in der streng genommen zwar völlig überflüssigen, aber zumindest hinkuckenswerten Rolle als Wally zu machen – Frewer ist sich nicht zu schade dafür, sich für den Charakter des 45-jährigen Möchtegernrockers einen Irokesen auf die Rübe zu picheln.

Letzte Worte: „Chocolate“ ist bis jetzt eindeutig die schwächste „Masters of Horror“-Episode – hier passt weder „Master“ noch „Horror“. WAS genau Garris mit dieser Folge rüberbringen wollte, bleibt mir ein Rätsel. Es ist nicht spannend, nicht horribel und nicht witzig (wofür am ehesten Potential vorhanden wäre). Mögen Coscarelli, Gordon und Argento nur Durchschnitt unterschiedlicher Klasse zustande gebracht haben (von Hooper, der nach fünf Folgen immer noch weit über seinen Kollegen thront, was eine Überraschung an sich darstellt, ganz zu schweigen), unterhaltsamer und sehenswerter als Garris‘ vergessenswerte Süßspeise ist’s durch die Bank allemal. In Anlehnung an Ritter Sport versteige ich mich zu der Schlußbemerkung: „Chocolate“ kann man knicken…

1/5

1.06 HOMECOMING

USA 2005, 58 min Regie: Joe Dante Darsteller: Jon Tenney (David Murch), Thea Gill (Jane Cleaver), Robert Picardo (Kurt Rand), Beverly Breuer (Janet Hofstadter), Ryan McDonell (Phillip Murch), Terry David Mulligan (Marty Clark), Jason Emanuel (Michael)

Kurz vor den Präsidentschaftswahlen 2008 befinden sich die USA, mission accomplished hin oder her, immer noch im Krieg – angesichts steigender Verluste (und das sind nur die, die von der Regierung zugegeben werden) bangen die Republikaner um die Wiederwahl ihres geliebten Präses. In einer Talkshow entfleucht Präsidentenberater David Murch, konfrontiert mit einer Kriegsopfer-Mutter, ein folgenschwerer Wunsch – „ich wünschte, die toten Soldaten kämen zurück, um zu sagen, dass sie für eine gerechte Sache gestorben sind“ (sinngemäß). Wie heißt es so schön – be careful what you wish for… und schon kurze Zeit später erheben sich die ersten toten Marines aus ihren Särgen und beanspruchen ihr Recht auf Stimmabgabe. Zunächst schlachten die Republikaner, allen voran Kolumnistin Jane Cleaver, mit der David mittlerweile auch die Bettstatt teilt, dieses „Wunder“ kräftig aus (nachdem sich herausgestellt hat, dass die Zombies nur dadurch umzubringen sind, dass man sie ihre Wahlscheine in die Urne werfen lässt), bis sich herausstellt, dass die gefallenen Kriegshelden alles im Sinn haben, nur nicht republikanisch zu wählen. Mittlerweile durch den zombiebedingten Tod seines fiesen Partei-Mentors Kurt Rand und die Enthüllung eines tragischen Familiengeheimnisses geläutert, setzt sich David gegen die Proteste seiner Bundesgenossen für das Wahlrecht der Zombies ein, doch als klar wird, dass die untoten Wähler das Wahlpendel stark in Richtung Demokraten ausschlagen lassen, realisiert David, dass er die Rechnung ohne seine skrupellosen Parteifreunde gemacht hat…

Der Film: Oh je, oh je, Joe Dante. Ich halte ja, was ich in meinen Reviews bei jeder passenden und noch mehr unpassenden Gelegenheiten angebracht habe, George W. Bush nun vielleicht nicht gerade für den fleischgewordenen Antichristen, aber zumindest für einen ausgesprochenen Dummbeutel, und, da er nun blöderweise Häuptling der letzten Supermacht auf Erden ist, für einen verdammt gefährlichen obendrein. Man sollte also meinen, mir wäre persönlich jedes Anti-Bush-Mittel Recht, aber das hieße, sich auf sein Niveau (und das seiner Anhänger) herabzulassen (auch wenn’s vermutlich das einzige ist, auf dem man sich überhaupt mit diesen Konsorten auseinandersetzen kann). Und genau das, nämlich das primitivste „wer-nicht-für-uns-ist-gegen-uns“-Niveau der Argumentation, ist das, was Joe Dante uns mit „Homecoming“, der sechsten Folge der US-Kabelreihe „Masters of Horror“ hier vorzusetzen wagt.

Gut, dass Joe Dante uns keinen reinrassigen Horrorfilm vorsetzen wird, damit konnte man rechnen. Auch damit, dass es satirisch angelegt ist – Dante kann ein scharfzüngiger Satiriker sein, wenn er gut drauf ist, das hat er nicht zuletzt mit „Gremlins 2“ und „Meine teuflischen Nachbarn“ bewiesen, aber mit „Homecoming“, den Dante selbst so ungefähr als das wichtigste Filmwerk seit Erfindung des Zelluloids ankündigte, schießt er mindestens so weit über’s Ziel hinaus wie die Washingtoner Neocon-Clique mit ihren haltlosen Massenvernichtungswaffen-Behauptungen gen Saddam (die natürlich auch in „Homecoming“ thematisiert werden).

Für seine Generalabrechnung mit der Bush-Administration adaptierte Dante eine Kurzgeschichte des mir unbekannten Autors Dave Bailey, die sich ursprünglich dem Vernehmen nach um Schusswaffenkontrolle drehte (und überdies unschwer als Variante der wohl aller-allerältesten aller Gruselgeschichten, „Die Affenpfote“, zu erkennen ist) und integrierte in diese nicht durchaus nicht uninteressante Geschichte jedes erdenkliche berechtigte und unberechtigte Vorurteil über die gegenwärtige US-Regierung, wobei er die komplette Bandbreite von plumpen Gags (Jane Cleaver fährt ein Auto mit dem Kennzeichen „BSH BABE“, was übrigens die einzige direkte namentliche Anspielung auf George W. Bush ist) bis hin zu subtileren Methoden (Cleavers in der Talkshow in die Kamera gehaltenes Buch zeigt die Autorin in Sharon-Stone-„Basic-Instinct“-Pose) auffährt. Und teilweise, so leid’s mir tut, ist das von nicht zu überbietender Peinlichkeit. So ist Jane Cleaver, modelliert nach der in US-Medien omnipräsenten, aber auch von vielen Republikanern nicht wirklich ernst genommenen Kolumnistin Ann Coulter natürlich nicht nur sexy, eine Schlampe und überhaupt nicht an Inhalten denn an Macht interessiert (okay, den Punkt glaub ich), sondern natürlich im Privatleben auch eine Domina, die ihre Liebhaber ans Bett fesselt, auspeitscht und mit heißem Wachs malträtiert (außerdem säuft sie sich die Birne zu und, man stelle sich vor, RAUCHT). Überhaupt sind sämtliche Republikaner gewissenlose Monster, die ihre politischen Gegner als „häßlich und blöde“ diffamieren, außer Beleidigung und Oppression über kein politisches Repertoire zu verfügen scheinen und, personifiziert in dem nach dem umstrittenen Präsidentenberater Karl Rove gezeichneten Kurt Rand, angesichts der Zombies erst einmal begeistert potentielle militärische Verwendungsmöglichkeiten für unkillbare untote Soldaten wittern. Dass die religiöse Rechte ihr Fett abbekommt, ist obligatorisch (und im Zweifel nicht verkehrt). In seinem Bemühen, wirklich ALLES anzureißen (inklusive Guantanamo, posttraumatische Stresssyndrome und die ursprüngliche storybegründende Schusswaffenkontrolle) verliert die Geschichte jeglichen roten Faden, der über „wir hassen alles, wofür Bush steht“, hinausgeht. Nicht, dass die Demokraten (bzw. deren wenige ins Bild gesetzte Repräsentanten) überzeugender gerieten – „war mum“ Janet Hofstedter (geklont nach dem Vorbild der auch im liberalen Lager nicht unumstrittenen Cindy Sheehan) geriert sich als weinerliches Huschen, ein schwarzes Ehepaar, das einen Zombie vorurteilslos aufnimmt, bestätigt mühelos das „blacks are better people“-Gutmenschenklischee usw.

Was als Satire gedacht ist, verkommt zur bloßen Farce, lässt Michael Moore wie einen seriös recherchierenden neutralen Journalisten wirken, und ist in seiner Geisteshaltung nicht mehr weit entfernt von hirnlosen Konspirationisten-Propagandafilmen wie dem neulich besprochenen „Siedepunkt 9-11“ (dass Dantes Republikaner auch Babys dem Luzifer opfern, glaube ich unbesehen). Da fallen faktische Fehler (solange Bush nicht die Verfassung ändert, kann er sich 2008 eh nicht wieder zur Wahl stellen – mehr als zwei Amtszeiten sind’s in USA nun mal nicht) und augenfällige Logiklöcher (angesichts der auch im Film angesprochenen verankerten breiten republikanischen Basis innerhalb der US-Streitkräfte – ist es wirklich zwangsläufig, dass ALLE gefallenen Soldaten, und ganz speziell, wenn man das Finale heranzieht, auch die aus dem Zwoten Weltkrieg usw., nach ihrer Zombifizierung stramme Demokraten werden? Ich denke doch, ein guter Anteil dürfte WIRKLICH in der Gewissheit gestorben sein, sener Meinung nach für eine gute und gerechte Sache den Löffel gereicht zu haben) gar nicht mehr so ins Gewicht.

Im Endeffekt kann Dante sein erklärtes Ziel, politische Aufklärung, nicht erreichen. Wer bis „Homecoming“ liberal war, wird’s vermutlich auch danach sein, und einen überzeugten Republikaner kann man mit DEM völlig undifferenziert zusammengestoppelten Unsinn mit Sicherheit nicht „bekehren“. Im Gegenteil, eher erweist Dante seiner Sache einen Bärendienst, weil „Homecoming“ von seinem „bias“ her gesehen ungefähr so magenumdrehend ist wie Fundi-Christen-Hasspropaganda wie „Megiddo“, nur halt mit umgekehrten Vorzeichen. Eine echte intellektuelle Auseinandersetzung mit dem politischen Gegner findet nicht statt – in schlichter, leider US-typischer (und sich auch hierzulande verbreitender) schwarz-weiß-Mentalität wird über dem ausgemachten Feindbild nur ein Kübel Hass und Häme ausgeschüttet, in der Hoffnung, ein wenig würde kleben bleiben.

Zu diesen ganz generellen Fehlschüssen gesellen sich dann auch dramaturgische Schwachheiten wie eine blasse Zentralfigur, von der nie ganz klar wird, warum wir Zuschauer uns eigentlich mit ihm sympathisieren sollen (schließlich wird er ja „bekehrt“), seine Aktion kurz vor Toresschluss (SPOILER – er erschießt Jane Cleaver, und das auch noch von hinten – SPOILERENDE) ist sowohl im dramaturgischen Kontext als auch hinsichtlich der Message völlig sinnfrei, weder humorig noch dramatisch gemeinte Passagen funktionieren (und es hilft auch nix, wenn Dante in der Friedhofsszene ein wenig aus „Night of the Living Dead“ zitiert und führende Zombie-Regisseure wie Tourneur, Yarborough und Romero per Grabsteininschriften „würdigt“), und wer bei der Schlusseinstellung des Films nicht in schallendes Gelächter ausbricht oder sich ersatzweise in einen vorsichtshalber bereit gestellten Eimer übergibt, dem ist auch nicht mehr zu helfen.

Okay, Fairness, wo sie angebracht ist – ich schreibe dies aus der Perspektive eines aufgeklärten Europäers mit, na, sagen wir mal vorsichtig, überdurchschnittlicher politischer Bildung; ich bin * informiert *, was auf einen Großteil amerikanischer couch potatoes eher nicht zutreffen sollte (aber ob die dann Kabelsender wie Showtime abonniert haben und dort in Horrorfilmen auf politische Bildung lauern, wage ich dann mal zu bezweifeln), d.h. ich habe die Holzhammer-„Aufklärung“, die Dante betreibt, nicht nötig, aber, und das halte ich aufrecht, ich durchschaue billige Propaganda auch von links.

Verdammt, jetzt hab ich ein halbes Dutzend Absätze mit meiner Abrechnung mit Dantes Abrechnung verbracht, Ihr erwartet aber vermutlich noch ein paar kleine Informationen zum „Filmischen“ an sich. Gut, auch wenn Dantes beste Zeiten als Regisseur mindestens eine Dekade her sind, er hat sein filmisches Handwerk nicht verlernt (auch wenn er sich nicht großartig weiterentwickelt hat. It’s all rather 80’s styled). Technisch ist das alles ordentlich, ohne herausragend zu sein (aber Dante war nie „Künstler“, wen wundert’s, auch er hat sein Flickzeug bei Roger Corman gelernt. Und dort lernt man nicht die hohe Kunst) – ein, zwei memorable Shots bringen Dante und Masters-Stammkameramann Szalay zustande. Ernsthafte „Horrorszenen“ gibt’s anderthalb bis zwo, und die einzige echte Mordtat bleibt auch noch weitestgehend im off des Schattenspiels – Gorehounds, die beim Wort „Zombie“ hellhörig geworden sind und denen politische Ambitionen mumpe sind, brauchen „Homecoming“ nicht auf ihre Einkaufsliste zu setzen. KNB liefern ein paar halbseidene Prosthetics und mehr oder weniger gelungene Zombie-Make-ups (wobei ich mich schon frage, warum die „älteren Zombies“ des Schlussakts nicht stärker verwest sind).

Zumindest legt die Episode ein halbwegs flottes Tempo vor (wobei sich mir auch hier nicht unbedingt erschließt, warum die Geschichte unbedingt als Rückblende erzählt werden musste. On second thought, klar, damit man in der ersten Szene gleich Zombies zeigen konnte).

Schauspielerisch wird eher Schmalkost geboten – Ursache hierfür ist eine Mischung aus eindimensionalen Karikatur-Charakteren, die kaum darstellerische Großtaten ermöglichen, und wenig überzeugenden Akteuren. Größte Schnarchnase im Cast ist leider ausgerechnet Hauptdarsteller Jon Tenney (gut beschäftigter US-TV-Akteur), der als David einen äußerst blassen Anzugträger abgibt und dem man die emotionale Seite seines Charakters (und seinen subsequenten „turn“) nie abkauft. Thea Gill („Queer as Folk“) versucht zumindest, mit ihrem aufoktroyierten „evil bitch“-Image zu kokettieren (wobei „Ann Coulter meets Sharon Stone“ auch nur halb so „satirisch“ ist, wie Dante sich das wohl vorgestellt hat). Spaß hat zumindest „Voyager“-Holodoc Robert Picardo als Kurt Rand.

Summa summarum: „Homecoming“ ist leider ein kompletter Versager und nur die Bestätigung aller republikanischen Vorurteile bezüglich der bösen unpatriotischen Hollywood-Denke. Damit kann jeder clevere republikanische Bible-Belt-Politiker bei seiner beschränkten Klientel hausieren gehen und vor den unchristlichen Auswüchsen des Liberalismus warnen (zumal „Homecoming“ völlig unbeabsichtigt noch die Interpretation erlaubt, „nur hirntote Zombies wählen Demokraten“. Durch die Brust ins Knie geschossen, würde ich mal sagen). Als politische Satire ist „Homecoming“, aller wohlmeinenden Intentionen zum Trotz, völlig gescheitert; anstelle notwendiger kritischer Hinterfragung kommt uns Dante nur mit einer primitiven Hassorgie. Und als Horrorfilm ist das Ding ein völliger Schuss in den Ofen. Einzig interessant aus Kuriositätengesichtspunkten… (und nein, ich bewundere nicht mal den „Mut“ Dantes, den Hobel so rauszubringen. Blödheit ist niemals mutig, sie ist nur blöd).

1/5

1.07 DEER WOMAN

USA 2005, 57 min Regie: John Landis Darsteller: Brian Benben (Det. Faraday), Anthony Griffith (Officer Reed), Sonja Bennett (Dana), Cinthia Moura (Deer Woman), Julian Christopher (Chief Einhorn), Don Thompson (Det. Fuches), Alex Zahara (Det. Patterson)

Jedes Polizeirevier hat seinen „weird calls guy“ – den, der rausgeschickt wird, wenn die vermeintlich Bekloppten anrufen. In unserem Falle ist das Detective Faraday, einstmals respektierter Mordaufklärer, nach einem bedauerlichen Zwischenfall und einer Ehescheidung aber in die Abteilung „animal attacks“ sort-of-strafversetzt. Als in der Kabine eines vor einer Redneck-Kneipe geparkten Trucks ein undefinierbarer Haufen Gehacktes entdeckt wird, dürfen Faraday und sein Partner Reed sich die Sache ankucken. Der Fleischsalat entpuppt sich bei näherer Betrachtung als die sterblichen Überreste eines am letzten Abend zuletzt in anregender Damenbegleitung gesichteten Truckers. Trotz oder gerade wegen der mysteriösen Umstände ist Faraday den Fall schnell wieder los. Aber er glaubt nicht an die von seinen Kollegen aufgestellten Mordtheorien… weisen die merkwürdigen Spuren am Tatort und an der Leiche nicht auf Hufe hin? Weitere übel zugerichtete Leichen tauchen auf und Faraday steigert sich in die wagemutige Hypothese hinein, ein unbekanntes, zweifüßiges Huftier sei für die Bluttaten verantwortlich. Zufällig erfahren er und Reed von einem indianischen Casino-Angestellten von der Legende der „Deer Woman“, halb Mensch, halb Reh, die Männer verführe, um sie umzubringen. Ob an dieser Legende mehr als nur ein Körnchen Wahrheit dran ist?

Der Film: Gut, wir können gleich wieder mit einem Streitthema anfangen – ist John Landis ein „Master of Horror“? Klar, auf sein Kerbholz geht der große Klassiker „American Werewolf“, aber den überwiegenden Großteil seiner (auch etwas versandeten) Karriere bestritt Landis zweifellos mit Komödien wie den legendären „Blues Brothers“, „Animal House“, „Die Glücksritter“, „Spione wie wir“, „Der Prinz aus Zamunda“ usw. „Master of Comedy“ könnte man Landis, Fehltritte wie „Beverly Hills Cop III“ oder den Stallone-„Oscar“ mal geflissentlich ausblendend, sicher ohne Gewissensbisse titulieren. Nun gut, gestehen wir dem Meister aufgrund seiner bahnbrechenden Werwolf-Geschichte den Status halt mal zu.

„Deer Woman“, erdacht von John Landis und seinem Sohn Max, ist die erste wirklich originale „Masters of Horror“-Geschichte (auch „Chocolate“ basierte ja auf einer Kurzgeschichte, wenn auch auf einer von Mick Garris selbst, so dassm an da fünfe grade lassen sein könnte, täten Geschichte und Verfilmung was taugen) und spielt ersichtlich im selben Universum wie „American Werewolf“ (die dortigen Ereignisse werden in „Deer Woman“ als „wahre Geschichte“ referiert).

Ich bitte mir zu verzeihen, dass ich nicht zu beurteilen vermag, ob der reichhaltige indianische Sagenschatz tatsächlich etwas wie die „Rehfrau“ zu bieten hat, aber egal ob authentische Legende oder nur von den Landis‘ ausgedacht – die Idee ist, wenn auch vielleicht nicht gerade revolutionär neu und originell, interessant und nicht abgegriffen genug, um die Episode zu tragen, auch wenn etwas nähere Beleuchtung des „Rehfrau“-Charakters nicht geschadet hätte (was genau hat die von ihrer ganzen Killerei? Okay, es macht möglicherweise Laune und verkürzt die langen Abende im Wald, aber normalerweise töten solche mystischen Figuren ja nicht nur aus bloßem Jux und Dollerei). Bemängeln könnte man, dass die Storyentwicklung in ihrem zentralen Punkt arg von Zufälligkeiten abhängig ist (der Besuch im indianischen Casino, der Faraday die entscheidenden Tipps liefert, entspringt einer reinen Laune Reeds), aber es wirkt sich nicht wirklich tragisch aus (obwohl ich schon drüber gestolpert bin).

Bei aller Freundschaft muss man dem Landis-Clan storytechnisch allerdings einen herben Vorwurf machen – die ganze Sache hat letztendlich keinen befriedigenden (oder meinetwegen auch unbefriedigenden) Schluss, sie hört einfach mittendrin auf, ohne eine Auflösung zu bieten, die interne Mythologie des Titelcharakters zu erhellen oder einfach nur dramaturgisch zufriedenstellend zu sein. Anders ausgedrückt – „Deer Woman“ fehlt der komplette Schlussakt. SPOILER: Die Episode endet mit der ersten direkten Konfrontation des Helden mit der Kreatur; im „korrekten“ Dreiakter müsste sich jetzt geschildert werden, wie der Held einen Weg findet, die Kreatur zu besiegen, ehe es zum wirklichen Showdown kommt. Die Mühe, die Story also konsequent aufzudröseln, machen sich die Landisse nicht, sondern lassen lieber einen verdutzten Zuschauer mit einem „Wie jetzt? War’s das?“ bedröppelt im Regen stehen. „Deer Woman“ wirkt wie ein abendfüllender Film, der irgendwie auf das 60-Minuten-Format zurechtgestutzt werden musste und bei dem die Produzenten der Ansicht waren, das eigentliche Finale der Geschichte wäre der verschmerzbarste Verlust.

Das mindert aber nur eingeschränkt den Spaß, den mal als auch von den „Masters“ nun nicht gerade mit Qualität überschütteter Konsument mit „Deer Woman“ haben kann, denn abgesehen von diesem Schnitzer beweist Landis, dass er, allen Unkenrufen (und auch seinem track record der letzten Jahre, denn substantiell wichtiges oder auch nur erfolgreiches kam seit längerer Zeit nicht mehr aus seiner Werkstatt) zum Trotz, nicht verlernt hat, Horror und Comedy gelungen zu verbinden. Wie eigentlich alle guten Horror-Komödien („Tanz der Vampire“, „Shaun of the Dead“) ist „Deer Woman“ zuerst mal eine Horrorgeschichte, die, wenn man es denn so wollte, auch ohne humorige Einlagen funktionieren könnte, was in meinen Augen eine wesentliche Grundvoraussetzung für den Erfolg des angestrebten Genre-Blends ist. Den Humor baut Landis nicht krampfhaft des bloßen Gags wegen ein, sondern entwickelt ihn da, wo er angemessen ist, aus der absurden Situation (und liegt damit völlig auf der Linie von „American Werewolf“) – d.h. „Deer Woman“ ist kein Lachschlager, in dem die Witze im Trommelfeuertempo auf den Zuschauer abgeschossen werden.

Aber den Sinn für comic timing hat Landis über die Jahre nicht verloren – wenn sich ein Gag anbietet, wird er verwendet und das mit hoher Erfolgsquote, die beabsichtigten Lacher sitzen (meine Lieblingssequenz ist zweifellos die, in der Faraday drei mögliche Varianten des ersten Mords „durchdenkt“ und entsprechend kommentiert). Und wenn Landis sich selbst zitiert, ist das nicht peinlich, sondern saukomisch (neben der oben schon erwähnten Anspielung auf „American Werewolf“ verweist Landis, wenngleich deutlich subtiler verpackt, auf seinen charmanten Trash-Erstling „Schlock“).

Filmisch lässt Landis, Routinier mit drei Jahrzehnten Erfahrung auf dem Buckel, nichts anbrennen – mit der bereits angeführten Einschränkung des fehlenden Schlussakts. „Deer Woman“ entwickelt sich im genau richtigen Tempo für einen 90-Minüter, ist halt aber nur ’ne knappe Stunde lang. Trotz aller Professionalität und Expertise in Sachen Kamera und Schnitt wirkt die Episode einfach irgendwie … unfertig. Optisch ist das Ding aber zweifellos absolut im grünen Bereich und bietet auch die ein oder andere erinnerungswürdige Einstellung. Der Score hinterlässt keine bleibenden Eindrücke.

Die Freunde von KNB dürfen hier mal wieder etwas stärker aufdrehen – es gibt zwar nicht reichlich Schmodder, aber im Serienkontext ab und an vergleichsweise heftigen (aber kein Blut-und-Gedärm-Festival, wie es Argento in „Jenifer“ zelebrierte) und technisch gelungenen. Die Creature FX sind beabsichtigt cheesy, speziell in den von Faraday „erdachten“ Szenarien und erinnern uns daran, dass wir es mit einer durchaus nicht erst gemeinten Geschichte zu tun haben.

Überrascht bin ich von den schauspielerischen Leistungen. Der mir reichlich unbekannte Brian Benben („I Come in Peace“ aka „Dark Angel“ – daraus jedenfalls ist er mir kein Begriff, „Radioland Murders“) liefert in der Hauptrolle des Faraday eine beeindruckende Vorstellung ab. Er ist überraschend „likeable“ und „normal“, kommt nicht in die Versuchung des overacting, obwohl das Script manchmal alberne Dinge von ihm verlangt und ist in der Lage, die Episode zu tragen. Es gibt also auch im weiten US-TV-Land noch den ein oder anderen nicht wirklich „entdeckten“ Schauspieler, der sich für größere Aufgaben empfiehlt. Anthony Griffith („Tales from the Hood“, „Charlie’s Angel: Full Throttle“) gibt Benbens Sidekick ebenfalls sehr sympathisch-natürlich. Das brasilianische Model Cintha Moura kommt zwar ohne eine einzige Dialogsilbe aus, ist aber ein echter Hinkucker (da würde ich glatt über die Rehhufe hinwegsehen können). In der recht witzigen Nebenrolle der Leichenaufschneiderin Dana findet sich Sonja Bennett („The Fog“-Remake, „The Dead Zone“-Serie und auch in der kommenden companion-piece-Serie „Masters of Science fiction“ am Start) und sorgt für weitere Auflockerung.

Fazit: „Deer Woman“ wäre an sich eine famose kleine Horror-Komödie im besten „American Werewolf“-Stil und aufgrund darstellerischer Klasse, inszenatorischer Routine und eines an den richtigen Stellen witzigen Scripts uneingeschränkt zu empfehlen, doch da hebt halt der fehlende Schluss sein finsteres Haupt und schwingt das Damoklesschwert (na, sind wir heute nicht wieder tiefsinnig?). Die Episode wird damit nicht kaputt gemacht, aber als Zuschauer kommt man sich halt doch etwas verhohnepiepelt vor, wenn man mit einem klassischen cliffhanger-Ende ohne Hoffnung auf Auflösung allein gelassen wird – „Deer Woman“ wäre wohl doch besser ein abendfüllender Spielfilm geworden als „nur“ eine TV-Episode, dann hätte man dieses Problem umgehen können. Aber egal – Spaß macht „Deer Woman“ auch trotzdem reichlich und schwingt sich daher mühelos auf den bisher von Argentos „Jenifer“ gehaltenen zweiten Platz nach sieben MoH-Kandidaten. Die Gratwanderung zwischen Horror und Komödie ist eine haarige Angelegenheit, Landis meistert sie mit Bravour. Wenn der Hobel jetzt noch ein Ende hätte…

3/5

1.08 JOHN CARPENTER’S CIGARETTE BURNS

USA 2005, 58 min Regie: John Carpenter Darsteller: Norman Reedus (Kirby Sweetman), Udo Kier (Mr. Bellinger), Zara Taylor (Annie), Gwynyth Walsh (Katja), Gary Hetherington (Walter), Chris Gauthier (Timpson), Taras Kostyuk (Kaspar), Brad Kelly (Horst), Colin Foo (Fung), Christopher Britton (Meyers), Christopher Redman, Douglas Arthurs

Den Spezialauftrag kann Filmgeek extraordinaire und erfolgloser Programmkinobetreiber Kirby gut brauchen – der superreiche Filmsammler Bellinger will schlappe 200.000 Dollar für die Lokalisierung einer Filmrolle springen lassen; Kohle, die Kirby entscheidend weiterhelfen würde, sein Lichtspieltheater, in das sich nur selten zahlende Kundschaft zu Spätvorführungen von „Profundo Rosso“ u.ä. verirrt, weiter behalten zu dürfen. Sein Darlehensgeber, der Vater seiner im Drogenrausch geselbstmörderten Ex-Freundin Annie, besteht ebenso lächerlicherweise wie ultimativ auf Rückzahlung des gewährten Kredits. Der Haken: Kirby soll nicht etwa bloß ’ne ungeschnittene Fassung von „L’Aldila“ oder so besorgen, sondern den rarsten aller raren Filme überhaupt – „Das absolute Ende der Welt“, ein Film, der bei seiner Premiere beim Fantasy-Filmfest in Sitges für Tumulte und Ausschreitungen sorgte und sofort, so vermeldet es der Buschfunk, von der Staatsmacht konfisziert und vernichtet wurde (pffz… das ist dem Ittenbach auch schon passiert). Für die Existenz einer Kopie hat Bellinger einen schlagenden Beweis… Kirby macht sich also auf die schwierige Suche – Hinweise gibt’s kaum und der Autor der einzigen einschlägigen Filmkritik hat sich längst ins La-La-Land verabschiedet. Mehr als launige Anekdoten von der Premiere (die offensichtlich in ein Gemetzel unter dem Publikum ausartete) und kryptische Warnungen kann der Kritiker nicht bieten. Dennoch kommt Kirby weiter; in Frankreich – und beeinträchtigt von ersten, der Fernwirkung des Films geschuldeten, Visionen und Blackouts – gelingt ihm der Kontakt mit einem durchgeknallten Snuff-Filmer. Der endet zwar extrem blutig, aber mit der wertvollen Adresse der Witwe des Regisseurs. Bei ihr wird Kirby endlich fündig, doch der wahre Alptraum beginnt erst…

Der Film: Ich will ehrlich sein – nach „Ghosts of Mars“ hatte ich John Carpenter abgeschrieben. Die lustlose Wiederkäuung von ihm selbst schon x-mal durchexerzierter Motive deutete an, dass der Großmeister des Horrorkinos der späten 70er und frühen 80er kreativ völlig auf den Hund gekommen war. Meine Erwartungshaltung für „Cigarette Burns“ (bzw. „John Carpenter’s Cigarette Burns“, so viel Zeit muss sein) war daher, auch dank der bestenfalls schwankend zu nennenden Qualität der bisher gesichteten „Masters of Horror“-Folgen ausgesprochen gedämpft. Aber surprise, surprise – ähnlich wie Tobe Hooper mit „Dance of the Dead“ nutzt auch Carpenter den Freifahrtschein zu einem sicher nicht gänzlich geglückten, aber zumindest beeindruckenden Comeback.

Vielleicht liegt’s daran, dass Carpenter mit dem Script zu „Cigarette Burns“ nichts zu tun hat – das stammt aus der Feder des Duos Scott Swan/Drew McWeeny, und letzterer hat sich damit den feuchten Traum jedes Internet-Nerds erfüllt, vom Schreiberling für eine Website (hier: der einflussreichen „Ain’t it Cool News“, wo er als „Professor Moriarty“ agiert) zum solchen für Hollywood evolviert zu sein (und immerhin hat er mit Shaw laut IMDb schon drei Folgeaufträge im Sack – ein Remake von „Race with the Devil“, das nächste „Mortal Kombat“-Sequel und einen Thriller namens „Invasion“). Da packt mich doch wieder der blanke Sozialneid. Nun ist der Schritt vom Fanboy zum seriösen (hüstel) Drehbuchautor ein enormer und so mancher hat sich damit schon heftig auf die Fresse gelegt, aber, auch wenn einige der gravierenden Schwächen des Films im Script liegen, kann und muss man konstatieren, McWeeny und Swan haben ihre Hausaufgaben gemacht.

Sie orientieren sich nämlich an Carpenters letzter richtigen (dafür aber um so amtlicheren) Regiegroßtat „Die Mächte des Wahnsinns“ – „Cigarette Burns“ passt in Punkto Atmosphäre, Stil und inhaltlicher Ausprägung so gut als companion piece zu Carpenters Lovecraft-Hommage, dass es mich nicht wundern würde, sollte einer der Beteiligten irgendwo postulieren, die beiden Geschichten würden sich ein „Universum“ teilen. Obwohl beide Filme eine ähnliche Prämisse aufweisen (in den „Mächten“ verschwindet der Autor von Büchern, die die Realität beeinflussen, in „Cigarette“ verschwindet ein Film, der zumindest insoweit die Realität beeinflusst, als alle, die ihn sehen bzw. sich auch nur mit ihm beschäftigen, zu schauderhaften Taten getrieben werden; in beiden Filmen ist die zentrale Figur eine Art „Detektiv“), wirkt „Cigarette Burns“ nicht wie eine Kopie, sondern eine eigenständige Variante des Themas.

Ich will zunächst auf einige Probleme eingehen, die dem Script zum Vorwurf gemacht werden und die ich auch nicht verleugnen möchte – der Film zwingt dazu, einige Unglaubwürdigkeiten zu schlucken (Achtung, es wird SPOILER-lastig in den nächsten Zeilen und Absätzen). So führt Bellinger Kirby schon zu Beginn des Films einen „Mitwirkenden“ an „Das absolute Ende der Welt“ vor, einen gequälten und flügelamputierten Engel. Man sollte meinen, dass Kirby darüber zumindest etwas ins Grübeln kommt, aber er scheint diese Enthüllung einfach so mit einem Achselzucken zu akzeptieren („hat ja jeder einen angeketteten flügellosen Engel im Keller“, oder wie?). Das ist in der Tat ein unnötiger Lapsus – darauf hätte man eingehen müssen, dürfen und sollen. Und ja, es wird nie auch nur ansatzweise erklärt, in welcher Form der Film seine zerstörerische Wirkung entfaltet und was genau es mit den Visionen, die seine „Konsumenten“ erleiden, auf sich hat. Und noch mal ja, es * ist * vergleichsweise lächerlich einfach für den Protagonisten, das Puzzle zusammenzusetzen (wobei er mir trotzdem ein Umstandskrämer zu sein scheint – wenn ich mir die Fakten richtig zusammenreime, hätte er mit ein wenig Google-Recherche die Adresse der Regisseurswitwe einfach herausfinden können. Sie scheint kein Geheimnis zu sein). Zumindest den letzten Punkt verzeihe ich insofern, als die Episode es aufgrund des 1-Stunden-TV-Formats relativ eilig haben muss, den Plot aufzudröseln – auch dieser Folge hätte eine halbe Stunde mehr und damit abendfüllendes Format sicher nicht geschadet. Und noch ein letztes Mal ja, das, was wir schlussendlich an Schnippseln aus „Das absolute Ende der Welt“ sehen dürfen, wirkt nicht beängstigender und/oder schockierender als ein beliebiger billiger Splatterporno (so aus der Bertucci-Ecke); hier wäre es vielleicht richtiger gewesen, ähnlich wie bei „8 mm“ praktisch nichts oder noch kürzere Andeutungen zu zeigen und das Geschehen des „Films im Film“ der Fantasie des Zuschauers zu überlassen.

Mir zumindest machen diese Schwachpunkte nicht allzuviel aus (explizit stört mich eigentlich nur die frühe Einführung des Engels… als shock relevation im Finale wäre das wesentlich effektiver) – „Cigarette Burns“ schlug mich schnell in seinen Bann; auch und vielleicht gerade weil es ein Film ist, der seinem Publikum einen vielleicht nicht immer angenehm anzusehenden Spiegel vorhält. Aus der sich zunächst scheinbar anbahnenden sanften Verhohnepiepelung von Hardcore-Filmsammlern, die auch den letzten unterbelichteten Schwachmaten-Film persönlich sichten müssen, nur weil der vielleicht ein paar bislang ungesehene Fitzelchen Gore und Splädda beinhalten könnte, entwickelt sich recht schnell die Grundsatzfrage, wieviel an Gewalt, an Blut, an Innereien wir, nur um der Gewalt selbst, sehen wollen (da rechtfertigt sich auch der Schlenker in Snuff-Gefilde und es ist schon ein wenig bezeichnend, dass der einzige Charakter, der offen sagt, kein Interesse daran zu haben, „Das absolute Ende der Welt“ sehen zu wollen, eben der Hobby-Snuffer ist. Wobei man das durchaus „so oder so“ interpretieren kann). Obwohl beinahe jeder (zumindest jeder, der mit dem Film zu tun hatte), um seine Auswirkungen weiß und entsprechende Warnungen verteilt, so will ebenso jeder den Film (ggf. noch mal) sehen. Das kann man als Statement zur Gewaltgeilheit des gemeinen Publikums sehen (muss es aber nicht, weil man mit ähnlich gewichtiger Berechtigung aus der Story eine eindeutige Unterstützung der „Katharsis“-Theorie basteln könnte; trotzdem gefällt mir meine Version besser :-)).

Man darf sich natürlich fragen, ob es, sofern ich den Film insofern richtig interpretiere (und für Zweifel hieran habe ich jedes Verständnis der Welt – jeder nimmt Filme anders wahr und pickt sich die Elemente heraus, die ihn am ehesten ansprechen – oder auch abstossen), notwendig und/oder sinnig ist, einerseits diesen Themenkomplex anzureißen, andererseits aber kübelweise Blut und Gedärm auszuschütten (bevor ich auf die FX-Arbeit noch eingehe, kurz der Hinweis – ja, zusammen mit „Jenifer“ ist „Cigarette Burns“ bisher die Ultra-Gore-Episode der Serie). Gut, der Gegenentwurf (zelebriert von Michael Haneke in „Funny Games“), nämlich die völlige Verweigerung an die Sehgewohnheiten des ausgekuckten Publikums, ist auch vielen nicht Recht. Eine No-Win-Situation für Filmemacher, die den Punkt ansprechen wollen.

Natürlich kann man „Cigarette Burns“ auch wertfrei in einem „Schuld-und-Sühne“-Kontext konsumieren – wobei auch obige Implikationen außen vor gelassen eine eher zynische Weltsicht vorherrscht und das Finale sich, wie schon erwähnt, durchaus als „kleinere“ Variante des apokalyptischen „Mächte des Wahnsinns“-Ende verstehen lässt. Und für die Monster-Line Kiers („It’s not a movie… it’s a preview!“ – erschließt sich nur aus dem Zusammenhang) allein müsste man das Script adeln.

Filmisch ist „Cigarette Burns“ für Carpenter optisch eher unspektakulär, aber professionell und vor allem nicht so erkennbar desinteressiert heruntergekurbelt wie „Ghosts of Mars“ (dessen Unzulänglichkeit in allen Belangen eigentlich wirklich nur durch ein Koks-Problem bei Carpenter erklärt werden kann…). Da wir’s hier mit einer eher story-orientierten Geschichte zu tun haben, ist der Verzicht auf visuelle Mätzchen (bis auf die gelungenen VFX für die titelgebenden „cigarette burns“) gut zu verschmerzen, auch wenn sich da und dort eine vorwitzig gekippte Kameraeinstellung ins Geschehen mogelt. Vom Erzähltempo her hält sich die Folge im „midtempo“-Bereich, nimmt sich Zeit, um zumindest der Hauptfigur Tiefgang zu geben und greift durchaus zum Mittel des „expository dialogue“, ein Stilmittel, mit dem man vorsichtig umgehen muss, das hier aber durchaus funktioniert, weil es sich harmonisch einfügt. Die „Film-im-Film“-Elemente hätte man sicher einfallsreicher gestalten können, auch wenn sicher versucht wurde, den rauhen 70er-Jahre-early-Splatter-Look zu reproduzieren; wie ein echter Film, der seinerzeit tatsächlich im Kino gelaufen sein könnte, sieht das allerdings nicht aus. Die Schwächen im Drehbuch und da vor allem der fehlende „mythologische“ Background (viel mehr, als dass „das Böse“ an sich den Film-im-Film in Auftrag gegeben hat, erfahren wir nicht) ist der Spannung nicht gerade förderlich, aber es reicht allemal, um den Zuschauer (zumindest diesen hier) bei der Stange zu halten. Zu loben ist der effektive Schnitt mit dem (sogar innerhalb der Story referierten) Stilmittel von fehlenden Frames.

Den Score hat Meister Carpenter seinem selbstpersönlichen Sohn Cody überlassen, der in treuer Tradition des Familienschaffens gute Arbeit abliefert (wenn auch manchmal etwas ZU familientraditionell… da schimmert schon ein wenig „Halloween“-Theme durch).

Wir haben es schon angedeutet – KNB können hier mal wirklich effekttechnisch vom Leder ziehen. Es wird wüst und drastisch gesplattert. Härtetechnisch schlägt „Cigarette Burns“ sogar die Argento-Episode „Jenifer“ um Längen – da bleibt kein Auge trocken (und Udo Kiers Abgang hat das Zeug dazu, ein berüchtigter Klassiker zu werden; nicht umsonst wurde da in der deutschen Fassung dran geschnippelt. Die Szene ist fraglos eher bizarr, aber nicht ohne Wirkung). Keine Diskussion – Gorehounds kommen voll auf ihre Kosten; für meinen Geschmack fast schon ein wenig zu viel des Gesudels, vor allem in Verbindung mit meiner Interpretation der Sicht der Dinge, but your mileage may vary.

Ein gewichtiges Problem liegt leider im Casting des Hauptdarstellers – Norman Reedus, hierzulande bekannt aus „Antikörper“ (auch aus „Blade II“ und „Der blutige Pfad Gottes“ meinetwegen), ist leider ein ziemlicher Anti-Charismatiker und nicht wirklich in der Lage, die Story im Alleingang zu tragen (im direkten Vergleich zu Brian Benben, der einen von der Gewichtigkeit her ähnlichen Part in „Deer Woman“ zu spielen hatte, stinkt er jedenfalls deutlich ab). Ein ausdrucksstärkerer Akteur wäre hier durchaus angebracht gewesen. Udo Kier gibt sich leider nur für die Bookends die Ehre, überzeugt dabei aber durch schiere Präsenz. Zara Taylor („Hollow Man 2“) zeigt ihren Körper her, Gwynyth Walsh („NYPD Blue“, „Da Vinci’s Inquest“ und natürlich B’Etor aus „Star Trek“) liefert einen ziemlich eindrucksvollen Kurzauftritt als Witwe des Regisseurs ab. Bemerkenswert auch Gary Hetherington als Kirbys Darlehensgläubiger Walter.

Schlusswort: „Cigarette Burns“ ist wohl das Werk eines Meisters, aber kein Meisterwerk; im Kontext von „Masters of Horror“ aber auf jeden Fall ein Ausreißer nach oben. Ähnlich wie bei „Deer Woman“ und „Dance of the Dead“ hätte die Geschichte an sich eine ausführlichere Bearbeitung in kompletter Spielfilmform verdient, um ein wenig mehr erklären zu können. Jedoch haben wir’s im Gegensatz zu „Deer Woman“ wenigstens mit einer kompletten Geschichte zu tun und die fehlenden Hintergrundinformationen tragen eher noch zur verstörenden Gesamtatmosphäre der Episode bei. Es mag nicht der ultimative Nervenkitzel sein (dafür sorgt schon allein der etwas übertriebene Splattergehalt; ich weiß nicht, wie’s Ihnen geht, aber zu viel explizite FX sind für mich der Spannung immer abträglich), aber die Episode bleibt trotz ihrer zitierten Schwächen interessant und denkwürdig. Mit Carpenter meldet sich also der zweite Altmeister zurück und schubst John Landis vom gerade erst errungenen zweiten Platz…

4/5

1.09 THE FAIR HAIRED CHILD

USA 2005, 55 min Regie: William Malone Darsteller: Lindsay Pulsipher (Tara), Jesse Haddock (Johnny), Lori Petty (Judith), William Samples (Anton), Walter Phelan (Johnny-Thing)

Der Schulweg birgt seine Gefahren… die introvertierte Tara, von ihren fiesen Klassenkameradinnen unfein als „Freak“ tituliert (warum auch immer), wird auf dem Nachhauseweg von einem mysteriösen Attentäter per Van vehement vom Drahtesel geschubst, chloroformiert und entführt. Als sie wieder zu sich kommt, findet sie sich in der vermeintlichen Obhut eines Hospitals und der Krankenschwester Judith wieder. Die stellt zwar komische Fragen, erlaubt Tara aber ein Telefonat mit ihrer Mutter, die allerdings aufgrund schweren Pillen-Hangovers nicht recht realisiert, dass Tara gekidnappt wurde und etliche hundert Meilen von zuhause entfernt der Abholung harrt. Einen Verplapperer Judiths später hat Tara ausgeknobelt, dass die Krankenhaus-Geschichte nur Scharade ist. Judith lässt die Maske fallen und schubst die Entführte mit tatkräftiger Unterstützung ihres Ehemannes Anton (dem Van-Attentäter) in den finst’ren Keller. Dort muss Tara erst einmal Johnny retten, der an einer Schlinge aufgeknüpft von der Decke baumelt. Johnny leidet an medikamentös bedingter Amnesie und Sprachlosigkeit, dennoch kommt man zu dem Schluss, Leidensgenossen zu sein und plant gemeinsame Fluchtaktivitäten, da kryptische, an die Wand gemalte Warnungen vor dem „fair haired child“ baldmöglichste Subtrahierung vom Orte des Geschehens nahe legen. Während die beiden Teenager, beeinträchtigt dadurch, dass Johnny unter mysteriösen Anfällen leidet, also ihr Glück versuchen, dröseln Judith und Anton per Flashback freundlicherweise die Backstory für uns auf – das Ehepaar verlor dereinst seinen Sohn durch einen bedauernswerten Bootsunfall und schloss stantepete mit finsteren okkulten Mächten einen grausamen Pakt zur Re-Animierung des Ersoffenen – und Menschenopfer sind ein integraler Bestandteil dieses Deals…

Der Film: Als erstes dürfen wir uns bei Folge 9 der „Masters of Horror“ wieder mal gepflegt darüber streiten, ob William Malone die Ehre gebührt, in diesen trauten Kreis eingeführt zu werden. Nach seinem 81er-Werk „Scared to Death“, aus dem sich 1990 das späte Sequel „Syngenor“ (mit dem er nichts zu tun hatte) entwickelte und dem 85er-Kinski-Alien-Clone „Creature“ hielt sich Malone mehr schlecht als recht mit diversen TV-Arbeiten wie „Tales from the Crypt“ und „Freddy’s Nightmares“ (einer Serie, die sich wohl rühmen kann, eine der schlechtesten Horror-Anthologie-Reihen seit Erfindung de Genres nennen zu dürfen), ehe er mit dem ungefragten Remake von „House on Haunted Hill“ und speziell dem allgemein mit Häme überzogenen „Feardotcom“ seine Rückkehr auf Kinoleinwände zelebrierte. Aber okay – wenn altgediente Kämpen wie Coscarelli oder Gordon unter ihren Möglichkeiten arbeiten, besteht ja die Chance, dass mal einer über seinem bisherigen Level inszeniert.

Ein Positivum gleich vorab – es ist schön und auch schon fast wieder erfrischend, dass mit „The Fair Haired Child“ endlich mal ein Stoff vorliegt, der auf das 1-Stunden-Format passt, ohne aufgebläht oder zurechtgestutzt werden zu müssen und einfach mal nicht mehr sein will als eine schlichte, subtext- und botschaftsfreie Schauergeschichte. Dafür schon mal kudos an Autor Matt Greenberg, der dem Genrefreund bisher „The Killing Box“, „The Prophecy II“, „Halloween: H20“ und „Reign of Fire“ bescherte (also auch ein insgesamt durchwachsenes Ouevre, aktuell adaptiert er Neil Gaimans „Books of Magic“ in ein Drehbuch. Da darf man prophylaktisch auch schon mal bibbern).

Greenberg versucht sich an einer Art Mischung aus dem wieder im Kommen befindlichen Subgenre des reinen Terrorfilms (Marke „High Tension“/“Them“) und Okkulthorrors, was recht gut aufgeht, da die Geschichte und ihre Entfaltung passabel konstruiert ist (auch wenn die Enthüllung, dass Johnny=Monster keinen Genrekenner überraschen sollte); die Aufklärung der Hintergrundgeschichte wird durch die Flashbacks gut und dramaturgisch kompetent eingearbeitet. Ausnahmsweise bietet sich die parallele Erzählstruktur „aktuelle Story“/“Hintergründe per Flashback“ auch wirklich an (gut, Coscarelli arbeitete bei „Incident“ ähnlich, aber hier funktioniert’s einfach ’nen Tacken besser).

Mein Drehbuchmecker beschränkt sich daher heute auf einige vernachlässigbare Punkte – der kurze Prolog, in dem Tara uns als „Freak“ vorgestellt wird, ist komplett überflüssig (wenn man schon vorab etwas hätte klären wollen, dann wäre es sinnvoller gewesen, Taras Mutter einzuführen, damit verständlicher wird, warum sie so desinteressiert-zugedrogt wirkt, als Tara sie anruft); die Frage, woher Judith Taras Namen kennt, ist sehr berechtigt (und wird nicht beantwortet – dabei ist das der Moment, in dem Tara merkt, dass etwas gravierend nicht stimmt), und was die Hintergrundgeschichte angeht, kommt die Entscheidung der Eltern, Johnnys Tod durch den Pakt mit einem Dämon zu korrigieren, verdammt plötzlich – kaum ist der Junge abgesoffen, zelebrieren Judith und Anton, die bis dahin eher nicht als praktizierende Teufelsanbeter o.ä. geschildert werden, schon ihr Ritual; ein bissl mehr Substanz hätte der Plotte an der Stelle nicht geschadet, denn die Wiedererweckung Verstorbener durch dämonische Blutopfer ist doch eher nicht das erste, was einem Betroffenen in dieser Situation einfällt).

Ansonsten ist das Script sehr rund, vergleichsweise schlüssig und obwohl in mancher Hinsicht vorhersehbar dennoch gut spannend. Auch der finale Twist verdient sicher nicht gerade einen Schwung Originalitätspreise, ist jedoch konsequent und erlaubt der doch recht grimmigen Mär ein „positives“ Ende (ha, und ich bin beinahe ohne Spoiler ausgekommen, I’m so good!). Wie schon gesagt – „The Fair Haired Child“ hat nicht den Anspruch, große relevante Themen zu kommentieren oder grundlegendes Neuland zu erkunden, sondern erzählt nicht mehr, aber auch nicht weniger als eine schlichte, aber effektive Horrorgeschichte und passt recht gut zur gegenwärtigen „Rückbesinnung“ des Genre-Kinos auf die rauhe Vergangenheit der 70er Jahre.

Nun ist die beste Horrorgeschichte nicht mal die Hälfte wert, wenn eine talentlose Nulpe auf dem Regiesessel hockt, aber Malone zeigt sich als Regisseur von seiner besten Seite. Durch den weitgehenden Verzicht auf Nebenkriegsschauplätze (man könnte fast meinen, dass sich die Geschichte in Echtzeit abspielt) wird das Tempo, obwohl es nicht viel an on-screen-Action gibt, hochgehalten. Die Atmosphäre des Keller-Lochs, in dem sich der Großteil der Story abspielt, ist angemessen down’n’dirty, die Flashbacks in stilvollem schwarz-weiß gehalten. Die Kameraführung ist, was man eigentlich bei allen bisher identifizierten Schwächen der Serie über alle bisher gesichteten Episoden sagen kann, überdurchschnittlich, der Schnitt vor allem im „Showdown“ ausgesprochen effektiv. Optisch ist die Episode durchaus gelungen, dramaturgisch wird sie richtig aufgebaut und im passenden Erzähltempo dargeboten; das hatte ich Malone nicht unbedingt zugetraut.

Nach dem Ultra-Gore der Carpenter-Episode nehmen sich KNB bei „The Fair Haired Child“ wieder etwas zurück – zwar wird im Finale auch wieder wüst gesplattert, durch den bereits angesprochenen exzellenten Schnitt werden die Gore-FX aber wieder, hm, wie sag ich’s, „erschreckender“ als wenn man einfach voll auf das Gesuppe drauf hält. Ein Minus verdient sich lediglich das ziemlich lächerliche Creature Design für das Johnny-Monster (wirkt irgendwie wie ein biologisch abbaubarer Gollum).

Auf der Darstellerseite verbucht „The Fair Haired Child“ einen relativ großen Namen – Lori Petty („Tank Girl“), einstmaliges Prototyp-Riot-Grrrl mit der nie richtig durchgestarteten Karriere, spielt als verhärmte, egoistische und Dritten gegeüber gefühlskalte Judith konsequent gegen ihr Image und trifft dabei den richtigen Ton. Ohne unkontrolliertes Overacting, dafür dosiert eingesetzter Mimik wirkt sie ausgesprochen hassenswert. Der routinierte TV-Mime William Samples (immer wieder in Serien wie „MacGuyver“, „Highlander“, „The Sentinel“ oder „Smallville“ zu sehen) agiert angemessen als ihr unterwürfiger, aber von der ganzen Sache nicht wirklich überzeugter Ehemann, der letztlich aber nicht aufzubegehren wagt. Lindsay Pulsipher (bisher kaum in Erscheinung getreten) legt mir ihre Rolle als Tara ein wenig zu naiv an, aber das ist vermutlich so gewollt. Für Jesse Haddock (Johnny) ist es ebenfalls der erste bedeutendere Auftritt, den er, obwohl größtenteils dialogfrei, aber recht souverän bewältigt. Im Monster-Suit steckt Walter Phelan, niemand geringeres als Dr. Satan aus dem „Haus der 1000 Leichen“ himself.

So, das ist heute mal wieder etwas kürzer… wo’s nicht arg viel zu motzen gibt, kann der geneigte Kritiker halt nicht so viel schreiben. „The Fair Haired Child“ ist kein Gottesgeschenk an das nach Qualitätsware hungernde Horror-Publikum, aber zumindest eine unterhaltsame, spannende und, nicht zuletzt, auch im 1-Stunden-Format funktionierende kleine Terrorgeschichte, vernünftig geschrieben und gespielt und teilweise exzellent in Szene gesetzt. Das ist mehr, als man über die meisten bisherigen „Masters of Horror“-Beiträge sagen kann. Vielleicht bisher die größte Überraschung (weil meine Erwartungshaltung extrem niedrig war) und, nach reiflicher Überlegung, zwar knapper, aber neuer Inhaber des provisorischen Bronze-Rangs. Malone und sein Schreiberling haben zumindest kapiert, was im Rahmen einer solchen Serie geht und was nicht; wenn man ganz konsequent und hundertpro objektiv wäre (was wir bekanntlich nie nicht sind) und das Endresultat mit dem eigenen Anspruch ins Verhältnis setzt, ist „The Fair Haired Child“ vielleicht sogar die bislang beste Episode – sie will nicht mehr als eine flockig konsumierbare kleine Horrorstory sein und erreicht dieses Ziel mühelos (trotzdem sagen mir Hooper und Carpenter bisher *persönlich* noch mehr zu).

3/5

1.10 SICK GIRL

USA 2006, 58 min Regie: Lucky McKee Darsteller: Angela Bettis (Ida Teeter), Erin Brown (Misty Falls), Jesse Hlubik (Max), Marcia Bennett (Lana Beasley), Mike McKee (Professor Malcolm Wolf), Chandra Berg (Betty)

Lesben haben’s auch nicht leicht – zumindest, wenn sie den falschen Beruf haben. Ida Teeter, professionell mit der Forschung an insektoiden Lebensformen beschäftigt, musste jedenfalls schon öfter die Erfahrung machen, dass ihre Dates Reißaus nehmen, sobald sie einen Blick auf die possierliche Haus-(Ge-)Tiersammlung nehmen durften. Und weil Ida auch nicht davon hält, sich selbst etwas präsentabel zu gestalten, hilft auch keine Optik über den Yuck-Faktor hinweg. Frustrierend. Also freut sich Ida lieber darüber, dass ein anonymer Mitmensch ihr per Eilpost aus den Büschen des Amazonas ein bisher unbekanntes Krabbeltier zuschickt. Doch auch das Liebesleben wird bedingt – zwar muss ihr Kollege Max sie zum Glück praktisch zwingen, dennoch wird Kontakt zur hübschen Misty hergestellt und ein Date vereinbart. Motormouth Misty überfordert Ida zwar beinahe durch Überenthusiasmus, aber die bloße Tatsache, dass Misty sich vor Insekten nicht ekelt (weil ihr Paps selbst in der Branche werkelt und, Zufälle gibt’s, Idas alter Lieblingsprof war), führt rasch zu stürmischer Leidenschaft, in deren Durchlauf leider niemand bemerkt, dass der südamerikanische Logiergast sich unerlaubt aus seiner Kiste subtrahiert und sein neues Domizil in einem Kissen aufschlägt. Es kommt, wie’s kommen muss – unbemerkt sticht das Insekt zu, und zwar in Mistys Ohr… Der entflammten Liebe tut dies zunächst keinen Abbruch. Misty zieht kurzerhand und zur sichtlichen Freude Idas erzkonservativer Vermieterin, die sich schon mit Insekten als Haustieren schwer genug tut als sich mit Lesben unter ihrem dach anfreunden zu können, in Idas Appartment. Doch schon nach kurzer Zeit fallen Ida merkwürdige charakterliche Veränderungen bei Misty auf… das eben noch so liebe und nette Mädel wird im Streit mit der Vermieterin zur fowl-mouthed-Furie und macht anschließend noch Ida zur Schnecke. Auf der Grundlage einer vom Insektenspender übermittelten schriftlichen Warnung, das entkommende Insekt sei hochgradig giftig und könne Mutationen auslösen, eines vermissten Vermieterinnenköters und Mistys unerklärlichen Launen kommt Ida zum zutreffenden Schluss. Kann sie die Mutation ihrer Geliebten zum Insektenmonster verhindern?

Der Film: Ich will nicht schon wieder die Diskussion vom Zaun brechen, ob Lucky McKee ein „Master of Horror“ ist – wenigstens hat er mit „May – Die Schneiderin des Todes“ einen mindestens guten Genrebeitrag auf die Beine gestellt; außerdem fungiert McKee „nur“ als Einwechselspieler, ursprünglich sollte „Sick Girl“, vermutlich eingedenk leichter Anklänge an seinen 50er-Kintopp-Klassiker „The Wasp Woman“ von Roger Corman inszeniert werden – das wäre wohl auch recht interessant geworden, weil Corman seit „Frankenstein Unbound“ nicht mehr Regie geführt hat, aber andererseits… echte Qualität traue ich Corman irgendwie nicht mehr zu. Warum Corman letztlich außen vor blieb, ist mir nicht bekannt und auch egal – jedenfalls übernahm McKee den vakanten Platz und brachte auch gleich seinen „May“-Star Angela Bettis mit, wofür die ursprünglich aus männlicher Sicht geschriebene Episode schwuppdiwupp zur Lesbenromanze umfunktioniert wurde und vom Feeling her angesichts der ganzen Konstruktion, Umsetzung und Darstellung auch locker als „May II“ durchgehen könnte…

Und was sagt man? Artig „Dankeschööön“, denn dass „Sick Girl“ weitestgehend funktioniert und damit den recht positiven Trend der letzten „Masters of Horror“-Episoden fortsetzt, liegt beinahe ausschließlich an der klitzekleinen Geschlechtsumwandlung der Protagonistin. Mal ehrlich, hätte „Sick Girl“ einen Sinn, wenn Ida ein Kerl wäre? Klargestellt werden sollte allerdings, dass „Sick Girl“ nicht wirklich Horror ist. In Anlehnung an die legendäre „Shaun of the Dead“-Tagline würde ich die Episode eher mit „eine romantische Komödie – mit Insekten“ umschreiben. Für die überwiegende Laufzeit sehen wir nämlich der Entwicklung der Beziehung Idas und Mistys zu, und wären da nicht die eingestreuten verfremdeten Aufnahmen aus Bug-POV (und die Stich-Attacke), wir würden nicht vermuten, in einem Horrorfilm zu sein (oder höchstens in einem solchen, in dem am Ende einer der Liebenden Amok läuft und den anderen zu Gulasch verarbeitet). Das mag die Erwartungshaltung der Hardcore-Horror-Fraktion zuwiderlaufen, klappt aber dank der wunderbaren Charakterisierungen, den pointierten Dialogen und der ausgezeichneten darstellerischen Leistungen ganz prächtig.

Selbstverständlich gibt’s mächtige Parallelen zu „May“. Wie der dortige Titelcharakter ist Ida eine psychisch „gehandicapte“ Person (wenngleich man ihr wenigstens einen körperlichen Schaden wie Mays Augenleiden erspart hat), zutiefst sozial inkompetent, nur im Beruf sicher und Herrin der Lage (zumal auch May sich ja nach der gescheiterten Hetero-Beziehung in eine lesbische Nummer stürzte). Die Änderung der Geschichte in eine Lesben-Romanze erlaubt Autor Sean Hood (ein Sequel-Spezialist: „Halloween: Resurrection“, „Cube 2: Hypercube“, „The Crow: Wicked Prayer“) kräftige Seitenhiebe auf die Hysterie konservativer Kreise in den USA bezüglich same-sex-Beziehungen (die Vermieterin befürchtet panisch, Idas und Mistys Homosexualität könnte ihre Enkelin „anstecken“, was hübsch ironisch dadurch gebrochen wird, dass eine Ansteckung ganz anderer Art durchaus im Raum steht…). Das humoristische Potential der Geschichte wird gut ausgenutzt, ohne auf Teufel komm raus witzig sein zu wollen (was nicht heißt, dass es nicht saukomische Szenen gibt – mein Favorit ist zweifellos Idas und Maxens Salat-Kakerlaken-Debatte im chinesischen Restaurant). Manch einer sieht, siehe IMDb-Comments, „Sick Girl“ als Warnung, sich zu schnell in ernsthafte Beziehungen zu stürzen, was ich aber für übertriebene Interpretation halte (immerhin, SPOILERWARNUNG, ziehen wir das wirklich nett-böse Ende ins Kalkül, *funktioniert* diese Beziehung ja letztlich…).

Weggelassen hätte ich, als alter Motzbeutel, höchstens die nicht voll glaubhafte Auflösung, WER hinter der Zusendung des Insekts steht. Der geheimnisvolle Unbekannte wäre mir da doch lieber gewesen als die etwas verkrampfte „interne“ Lösung. Aber das ist schon fortgeschrittene Beckmesserei. Zusammengefasst – eine nicht sensationelle, aber gute Geschichte, die auch perfekt auf’s Ein-Stunden-Format passt.

Filmisch-handwerklich profitiert Lucky McKee von der gewohnt guten Kameraarbeit der Reihe, die für schöne Bilder sorgt. Ansonsten braucht McKee keine visuellen Mätzchen, sondern überlässt bescheiden seinen Schauspielerinnen die Bühne – hier gibt’s keine Selbstdarstellung eines geltungsbedürftigen Newcomers zu betrachten, McKee überlasst Story und Darstellern die Hauptrolle, bereitet nur das Terrain. Das Tempo ist bedächtig, da eben der überwältigende Teil der Laufzeit dialogintensiv mit der Liebesbeziehung bestritten wird, sogar die zu erwartenden Nackt- und Sexszenen sind vergleichsweise zurückhaltend und unaufdringlich inszeniert. Ein Sonderspeziallob verdient sich die wohldurchdachte Musikzusammenstellung.

Wie schon erwähnt – „Sick Girl“ ist weniger echter Horror denn „weird fiction“ im Sinne bizarrer „Twilight Zone“-Episoden. Echten Monster-Schrecken verbreitet die Episode nur in den letzten fünf Minuten, bis dahin müssen Effekt- und Scare-Süchtige sich an den zur Erinnerung eingestreuten Insekten-POVs und gelegentlich durchs Bild huschenden (und sowohl vom Design als auch von der Ausführung) eher dürftigen Krabbel-Creature-FX ergötzen (ich bin mir noch nicht ganz einig, ob das Insekt nun computeranimiert oder ein animatronisches Modell ist; für beide Varianten sähe es aber nicht wirklich *gut* aus). Die finale Mutationsstufe des manns- (bzw. fraushohen) Insektenmonsters sieht hauptsächlich absurd aus, was vermutlich die Intention ist (und erinnert mich nebenbei noch an eine ähnliche Mutantengestalt aus einem Mylene-Farmer-Musikvideo von Marcus Nispel). Die technische Umsetzung wirkt etwas billig, aber es hinterlässt durchaus Eindruck. Grobe Splattrigkeiten sind nicht zu erwarten – KNB steuern ein-zwei leicht schmoddrige Make-ups bei und eine einzige blutige Gewaltszene spielt sich im Bildhintergrund ab und stellt weder die FX-Künstler vor unlösbare Aufgaben noch bereitet sie dem zartbesaiteten Zuschauer schlaflose Nächte.

Die darstellerischen Leistungen sind, auch das ist bereits gesagt worden, bemerkenswert. Angela Bettis (auch zu sehen in „Toolbox Murders“, dem TV-„Carrie“-Remake und einem ganzen Rudel von Filmen des Independent-Filmers Kevin Ford) variiert letztlich zwar nur ihren „May“-Charakter der labilen Außenseiterin, die durch eine Beziehung Sicherheit gewinnt (und insofern stört mich nicht mal ihr „coming-and-going“-Akzent in der Originalfassung, das scheint mir dramaturgisch dadurch gedeckt, dass sie im Fortgang ihrer Beziehung mit Misty eben selbstbewusster wird und auch ihre Stimme entsprechend verändert), aber den hat sie halt absolut drauf – eine feine, nuancierte Darstellung. Die Überraschung des Films ist aber sicher Softcore-Starlet Misty Mundae (aka Erin Brown, die, um ihre Fans nicht zu verwirren, wenigstens den Rollennamen „Misty“ trägt). Ich mag Misty bekanntlich – im Gegensatz zu den meisten anderen Softporn-Tussis hat sei einen natürlichen „girl next door“-Approach, kommt ohne Silikonhupen aus und hat, was auch schon in Reißern wie „Lord of the G-Strings“ durchschimmerte, echtes komödiantisches Talent. Wenn sie in die Kamera lächelt, sieht man förmlich den Schalk, der ihr im Nacken sitzt. Ein Talent, das im Softsex-Bereich natürlich verschwendet ist, weswegen sie nun verstärkt in „seriösen“ Produktionen ihr Glück versucht (u.a. war sie im Trash-Horror-Heuler „Shadow: Dead Riot“ aktiv und wird demnächst an der Seite von Horror-Ikonen wie Andrew Divoff und Reggie Bannister in Robert Kurtzmans „The Rage“ zu sehen sein). Ich will nicht soweit gehen und behaupten, Misty wäre eine exzellente Superschauspielerin, aber warum sollte aus ihr nicht eine Jamie Lee Curtis für’s 21. Jahrhundert werden? Sie ist jedenfalls engagiert bei der Sache und das von manchen konstatierte „sichtliche Unbehagen“ bei den Sexszenen könnte ich zumindest durchaus für so gewollt halten. Als unangenehme Vermieterin Mrs. Beasley bietet Marcia Bennett („Godsend“) eine so einprägsame Vorstellung, dass McKee sie gleich für seinen nächsten Film „The Woods“ verpflichtete. Jesse Hlubik („All Cheerleaders Die“, Lucky McKees weithin unbekanntes Horror-Debüt) hat als Idas Kollege Max ein paar witzige Szenen.

Summa summarum macht „Sick Girl“ durchaus einen ordentlichen Batzen Laune – es ist, ich wiederhole mich, kein echter Horror (außer für die bedauernswerten Seelen, die allem, was mehr als fünf Beine hat, phobisch gegenüberstehen), aber sehr unterhaltsam. Das Zusammenspiel von Bettis und Brown/Mundae überzeugt, die Story funktioniert im Rahmen des Möglichen (und das Ende ist nur eines – nämlich schöööön), optisch kann man nicht meckern, höchstens an den – hier aber eher nebensächlichen – FX. Ein sicherer Anwärter für’s obere Drittel des „Masters of Horror“-Outputs – wenn’s „May“ nicht schon gäbe, ich würde uneingeschränkt empfehlen…

4/5

1.11 PICK ME UP

USA 2005, 55 min Regie: Larry Cohen Darsteller: Fairuza Balk (Stacia), Michael Moriarty (Jim Wheeler), Warren Kole (Walker), Laurene Landon (Birdy), Malcolm Kennard (Danny), Tom Pickett (Busfahrer), Peter Benson (Deuce), Kristie Marsden (Marie), Michael Eklund (Kassierer), Paul Anthony (Stoney), Crystal Lowe (Lily), Michael Petroni, Mar Andersons

Drum prüfe, wer sich mit einem Busfahrschein bindet, ob er nicht doch was besseres findet… Auch wenn die Greyhound-Reisebusse geradezu sprichwörtlich für die Zuverlässigkeit des straßengebundenen Fernverkehrs stehen, heißt das nicht, dass die Vehikel nicht doch mal ’ne Panne haben können. Pech für die fünf Passagiere, dass sich eine solche in einer Gegend ereignet, für die die Umschreibung „middle of nowhere“ eine unangebrachte Beschönigung darstellen würde. Stacia beschließt trotz gegenteiligen Anratens des Busfahrers einen Zwölf-Meilen-Fußmarsch bis zum nächsten Motel. Den restlichen Fahrgästen scheint das Glück Hold zu sein – ein Trucker offeriert eine Mitfahrgelegenheit zum nächsten Zivilisationsaußenposten in der Gegenrichtung. Der Lasterfahrer kümmt vor allem Marie etwas komisch vor, aber die, das ist zumindest die Meinung ihres Boyfriends, ist eh paranoid. Zwei der Gestrandeten nehmen das Angebot jedenfalls dankend an. Für den Moment ’ne gute Entscheidung, denn der nächste, der an der Pannenstelle auftaucht, ist ein vermeintlich hitchhikender junger Cowboy, der sich aber rasch als durchgeknallter Psycho entpuppt, den Fahrer sowie Maries Freund killt und Marie selbst, getreu dem alten Motto „nur weil du paranoid bist, heißt das noch lange nicht, dass sie nicht hinter dir her sind“ in die Wälder jagt… Aber auch der Truckdriver ist nicht wirklich koscher – Blondine Birdy bezahlt ihre Neugier nach des Truckers Fracht mit einer unfreiwilligen Dauerbesichtigung des Kühlanhängers. Weil sich Danny, der letzte noch unerwähnte Passagier, um seine ehemaligen Schicksalsgenossen sorgt, überredet er den Trucker, nichts böses ahnend, noch mal beim Bus vorbeizufahren. Dort entdeckt man die schöne Bescherung, aber Danny eben auch, dass der Trucker dem Jungcowboykiller in nichts nachsteht. Eher zufällig belegen die beiden Killer wenig später die Stacias Unterkunft benachbarten Motelräume – und beide kucken sich das Mädel als nächstes Opfer aus…

Der Film: First things first – heute habe ich mal am Etikett „Masters of Horror“ nichts auszusetzen – Larry Cohen gehört, obwohl außerhalb des Kreises der Genreenthusiasten sicher kein household name, fraglos dazu. Die „It’s Alive“-Trilogie, „God told me to“, „Q – The Winged Serpent (American Monster)“, „Ambulance“, dazu die Drehbücher für „Maniac Cop 1/2“ (allerdings auch Regie und Drehbuch für den übel vergurkten „Return to Salem’s Lot“), da kann man nicht meckern. Zuletzt sorgte Cohen für die Storys zweier telefonbasierter Thriller: „Phone Booth“ und „Final Call“. Mit „Pick Me Up“ beendet Cohen eine zehnjährige Regie-Kunstpause (sein letztes Werk als Regisseur war die Blaxploitation-Hommage „Original Gangstas“).

Da wundert mich eigentlich nur eins – warum Cohen, eigentlich ein geborener Writer/Director kein eigenes Material verfilmte, sondern auf ein Drebuch von David J. Schow (Schreiberling unsterblicher Klassiker wie „Leatherface: Texas Chainsaw Massacer III“, „Critters 3/4“ und immerhin „The Crow“) zurückgriff. Aber egal, das soll nun wirklich nicht das Problem sein.

„Pick Me Up“ verdient sich seine spärlichen Originalitätspreise durch den Twist, die beiden mittlerweile klassischen Hitchhike-Scare-Plotten zu kombinieren – statt eines mörderischen Anhalters (wie in „Hitcher“) oder eines psychopathischen Mitnehmers (wie in „Hitch-Hike to Hell“) buhlen hier beide Killervarianten um die „Aufmerksamkeit“ des ausersehenen Opfers. Dieses „Killer vs. Killer“-Spiel ist eine nette Variation des an sich althergebrachten Genremotivs, bringt aber freilich auch einige dramaturgische Probleme mit sich. Da notgedrungen relativ zeitig aufgeklärt werden muss, dass beide Figuren gar schändlich böse Meuchler sind, kann sich keine sonderliche Spannung einstellen; und da der supporting cast nicht mal bis zur Halbzeitmarke durchhält, wartet man als Zuschauer mehr oder weniger emotional beteiligt auf das ultimativ versprochene Aufeinandertreffen der Killer. Der unbedingte Wille Cohens bzw. seines Autors, die Nebenfiguren, wie grad geschildert, möglichst rasch um die Ecke zu bringen, hat den unvorteilhaften Nebeneffekt, dass Stacia, die nominelle Protagonistin, von Screenminute 2 bis Screenminute 23 nicht stattfindet, statt dessen pendeln wir in dieser Phase zwischen den Eskapaden der Mörder hin und her. Wenn die Story zurück zu Stacia springt, ist der Film, salopp gesprochen, schon beinah halb vorbei und die Chance, aus Stacia einen echten *Charakter* zu machen, an dessen Schicksal wir Zuschauer auf einer Gefühlsebene Anteil nehmen, vertan. Es ist mal wieder ein Missverhältnis – die interessantesten Figuren sind die beiden Bösewichter, aber es muss zwanghaft eine „gute“ Heldin mit von der Partie sein. Ohne Stacia, bzw. ohne den Willen, sie zu einer integral wichtigen Figur zu machen, als reines Duell der beiden Killer, wäre „Pick Me Up“ für meinen Geschmack spannender (und subversiver).

Dabei ist das „interessant“ im Bezug auf die Killer-Charaktere auch noch relativ zu sehen – wir erfahren relativ wenig bis gar nix über deren Background und Motivation (gut, wer braucht schon ’ne Motivation, blöde Doofbratzen umzubringen, und das sind die Opfer größtenteils) und die Konfrontation der beiden entwickelt sich nicht wirklich schlüssig (einerseits scheinen die beiden, da sie sich auch gegenseitig bei ihren Taten beobachten bzw. zumindest deren Resultate anerkennend würdigen, in gewisser Weise als Berufskollegen zu respektieren und einen gewissen Ehrgeiz zu entwickeln, *besser* zu sein, andererseits ist ihr Showdown dann eher ein beliebiges „ich krieg sie und du nicht“-Szenario, das m.E. psychologisch nicht funktioniert – speziell, weil der Trucker-Charakter schon so aufgebaut wird, als hätte er gegen des Cowboys Taten auch moralisch etwas einzuwenden).

Insgesamt stösst die Geschichte, trotz der eigentlich einfachen Plotte, so wieder einmal an die Begrenzungen des 1-Stunden-Formats, weil allein aus Pacing-Gründen für mehr als nur oberflächliche Charakterisierungen kein Platz ist und der Body Count, speziell in der ersten Hälfte, die alleinige Herrschaft übernimmt. Aber das darf ja auch mal sein – ausgeglichen wird das Manko durch recht derben schwarzen Humor (die gesetzlich vorgeschriebene Schlusspointe ist allerdings unnötig „mean-spirited“).

Larry Cohen wird nie als großer Künstler in die Filmgeschichte eingehen, aber ein solider Handwerker ist er allemal und das zeigt auch „Pick Me Up“. Cohen profitiert wie schon andere „Masters“-Regisseure von der wieder einmal überdurchschnittlichen Kameraarbeit (und die Abwandlung des alten Theatertricks der „offenen Räume“ für die Motel-Sequenz ist witzig), treibt den Streifen recht energisch voran und lässt trotz des eigentlichen „Endes“ der Geschichte kurz nach Halbzeit (der Rest ist eigentlich blanker Showdown) keine Langeweile aufkommen.

Trotz des für Serienverhältnisse ziemlich beachtlichen Body Counts bleiben hauptsächlich zwei Kills (naja, eigentlich sogar nur einer, denn die zweite entsprechende Szene endet mit einer noch lebenden Beteiligten) im Gedächtnis, die eindeutig die Schiene sexueller Gewalt fahren (besonders beim „richtigen“ und verdammt langwierigen Kill wundert mich schon, dass das ungeschnitten durch die FSK gegangen ist; hier dürfen die KNB-Jungs auch ein paar dezente Schmoddrigkeiten in Make-up-Form aufzeigen). Ein-zwei andere Kills bewegen sich dagegen eher auf der (beabsichtigt?) lächerlichen Seite. Auf den gruseligsten Anblick der ganzen Folge komme ich im nächsten Absatz zu sprechen.

Und meine damit, um zumindest einen Forumsleser zu beruhigen, nicht Fairuza Balk. Auch wenn ich die spezielle Begeisterung für Fairuza („Waterboy“, „Almost Famous“, „American History X“) nicht wirklich begreife, kann man ihr keinen großen Vorwurf machen. Dass sie nicht wirklich überzeugt, dürfte hauptsächlich daran liegen, dass ihre Rolle, obschon die der Heldin, reichlich underwritten daher kommt (zwei-drei Sätze, wonach sie eine unerfreuliche Ehe hinter sich hat und deswegen „taff“ ist, reichen halt nicht aus). Wie so oft in derlei Filmen sind die eigentlichen Stars die Killer – und sowohl Veteran Michael Moriarty („Im Netz der Spinne“, „Mut zur Wahrheit“ und Cohen-Erfahrung in „American Monster“ und „It’s Alive III“) als auch sein jugendlicher Widerpart Warren Kole (bislang nicht wirklich in Erscheinung getreten) haben sichtlich Spass an ihren fiesen Psycho-Rollen. Für die Abteilung Horror (und den angekündigten „gruseligsten Anblick“) sorgt im Alleingang Ex-Barbarin Laurene Landon („Hundra) als abschreckendes Beispiel für die Auswüchse misslungener Schönheitschirurgie. Sorry, aber bei der entstellten Visage wird die Milch noch im Kühlregal vom Aldi sauer. Shudder.

Insgeamt ist „Pick Me Up“ als „Masters of Horror“-Episode solider Durchschnitt. Die Folge ist durchaus unterhaltsam, okay gespielt und routiniert inszeniert, die Schwächen liegen im Script, das aus einer praktikabel bösen Grundidee irgendwie nicht genug macht, so zumindest mein Eindruck. Es gibt sicher für den Genrefan unangenehmere Methoden, sich eine Stunde um die Ohren zu hauen, aber ein Werk für die Ewigkeit ist die Chose dann doch nicht. Wir konstatieren einen Platz im Mittelfeld für Larry Cohen – aber er könnte ruhig mal wieder was Abendfüllendes machen…

3/5

1.12 HAECKEL’S TALE

USA 2006, 55 min Regie: John McNaughton Darsteller: Derek Cecil (Ernst Haeckel), Jon Polito (Montesquino), Tom McBeath (Wolfram), Leela Savesta (Elise), Steve Bacic (John Ralston), Micki Maunsell (Miz Carnation), Pablo Coffey (Chester), Gerard Plunkett (Dr. Hauser)

Man schreibt (wohl) das 19. Jahrhundert – gram vor Kummer und Schmerz sucht der junge Witwer John Ralston Miz Carnation, eine örtlich bekannte Totenbeschwörerin auf, um sein dahingeschiedenes Weib reanimieren zu lassen. Die ältliche Miz weigert sich aber. John insistiert, so dass Miz einen Deal vorschlägt. Wenn er sich als abschreckendes Beispiel die Geschichte von Ernst Haeckel anhört und danach IMMER noch auf der Wiedererweckung seiner Frau besteht, will sie nicht so sein… Ernst Haeckel ist , schlappe fuffzig Jahre vorher, ein Medizinstudent in Massachussetts und nebenbei Fan von Viktor Frankenstein. Dessen Theorien und Experimente findet Haeckel so knorke, dass er sie im heimischen Labor nachspielt. Wie Viktor Frankenstein selbst findet auch Haeckel mit einen gottlosen Thesen wenig Wohlgefallen bei seinen universitären Lehrmeistern und als ein Demonstrationsversuch nicht mit einem fröhlich herumstaksenden Zombie, sondern einer Leiche a la flambée endet, beschleichen den Hobby-Gott gelinde Selbstzweifel. Sein leichenbeschaffendes Faktotum Chester empfiehlt ihm zur Erweiterung des Bildungshorizonts einen Besuch beim gerade in der Stadt gastierenden Totenbeschwörer Montesquino, der tatsächlich vor Haeckels ungläubigen Augen einen toten Hund reanimiert, begreiflicherweise seine Berufsgeheimnisse dem jungen Störenfried nicht auf die Nase binden will und auf Betrugsvorwürfe allergisch reagiert. Wenig später erreicht Haeckel die traurige Nachricht, dass sein Vater kurz vorm Abnippeln ist und vor der Auffahrt in die ewigen Jagdgründe den geliebten Sohnemann gerne noch einmal persönlich in Augenschein nehmen würde. Der arme Student, der sich keinen Gaul leisten kann, latscht also los. In einer regnerischen Nacht möchte er nahe eines Friedhofs übernachten, wird jedoch vom alten Knacker Wolfram überredet, lieber seine traute Gastfreundschaft anzunehmen, nicht nur aus Gründen der Trockenheit, sondern weil man manchmal den Toten doch lieber fern bleiben sollte. Zu Haeckels Verblüffung ist der alte Zausel mit dem steilen Zahn Elise verehelicht, der dem jungen Burschen auch gut gefallen würde. Gelegenheit für einen Ehebruch bietet sich allerdings nicht, das Elise einen nächtlichen Ausflug einlegt – zu Haeckels Bestürzung in umittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit einem Besuch von Montesquino. Haeckel stellt Wolfram zur Rede, doch dessen nicht wirklich kryptische Warnungen, wonach Elise immer noch in ihren verstorbenen Ex-Mann verliebt sei, schenkt er keinen Glauben. Obwohl Wolfram ihn mit Hand und Fuß daran zu hindern versucht, trabt Haeckel, der dummbrätzig glaubt, Elise würde es dort mit Montesquino treiben (müssen) oder gar schlimmeres, zum Friedhof, um dem vermeintlich bedrängten Frauenzimmer zu Hilfe zu eilen. Doch er erlebt eine böse Überraschung.

Der Film: Aus meiner Perspektive betrachtet steht „Haeckel’s Tale“, Episode Nummer 12 der „Masters of Horror“ von Anfang an unter einem unglücklichen Stern: die literarische Vorlage stammt von Clive Barker, von dem ich noch nichts gelesen habe, was mich auch nur ansatzweise begeistert hätte (sorry, folx, aber so isses nun mal), die Übertragung in Drehbuchform besorgte Mick Garris, nicht gerade als Qualitätsgarant bekannt, und der ursprünglich als Regisseur vorgesehene George A. Romero wurde aus mir unbekannten Gründen kurzfristig durch John McNaughton („Henry: Portrait of a Serial Killer“, „Girls in Prison“, „Wild Things“, „Alienkiller“) ersetzt. Naja, zumindest der letztgenannte Umstand erhöht nicht automatisch den suckiness-Faktor, denn McNaughton kann’s normalerweise durchaus auch (eine Widmung wird dem Großmeister des Zombie-Films trotzdem zugewandt. Wird der sich freuen).

Naja, aber dass McNaughton nicht gerade sein Herzblut an den Stoff vergossen hat, kann man ihm nicht verdenken – übernatürlicher Horror ist nicht wirklich sein Ding und selbst, wenn’s das wäre, könnte er mit einer ziemlich platten 08/15er-Story nicht wirklich gewinnbringendes anstellen (vielleicht hat deswegen auch Romero das Handtuch geworfen). Positiv vorab – „Haeckel’s Tale“ ist ein period piece und nimmt damit im Kontext der Reihe eine gewisse Sonderstellung ein (zumindest, sofern man „Imprint“ noch nicht gesehen hat). Das könnte für ein wenig optische Abwechslung in der sonst sehr gegenwartsorientierten Reihe sorgen, wenn, tja, wenn das Budget mehr als zweieinhalb Sets hergeben würde. Aber ich schweife schon jetzt ab.

Erst mal zur Story – die beginnt schon recht unglücklich mit dem „framing device“ um Ralston und die ältliche Totenbeschwörerin; ich wollte eigentlich dafür plädieren, diese bookends für unnötig zu erklären, aber sie werden immerhin für die Pointe gebraucht (auch wenn die nicht sooo toll ist). Die Story proper beginnt gar nicht mal so unwitzig mit der ausgedehnten Hommage an „Frankenstein“. Auch wenn nur die üblichen Klischees abgehandelt werden (Haeckel ist der atheistische Mann der rationalen Wissenschaft, sein Universtitätslehrmeister dagegen gottesfürchtig), ist das durchaus amüsant und sorgfältig gewerkelt (inklusive der bedeutendsten Gore-Szene des Films). Nach dem gescheiterten Experiment verabschiedet sich die Story aber in die totale Belanglosigkeit und lässt das Zuschauerinteresse erlahmen. Haeckel verwandelt sich vom aktiven Protagonisten der Geschichte zum passiven Beobachter und auch das, was er zu beobachten hat, ist nicht besonders interessant – die Episode mit Montesquino besticht hauptsächlich durch jämmerliche animatronics (die wirklich der generelle Schwachpunkt der Serie zu sein scheinen); der „Kern“ der Geschichte, also Haeckels Begegnung mit Wolfram und seinem attraktiven Frauchen, laboriert vor allem daran, dass Haeckel in diesem Part wirklich als begriffsstutziger Idiot geschildert wird – man hat schon Mitgefühl mit Wolfram, der mit allen möglichen mehr oder weniger deutlichen Umschreibungen Haeckel vom nächtlichen Friedhofsbesuch abhalten will – grad, dass er ihm nicht ausbuchstabiert „meine Frau poppt grad mit ihrem toten Ex, du Depp!“ -, aber der angeblich gebildete Student schnallt’s einfach nicht. Die Folge – die als so schockiernd angedachte Enthüllung, die Haeckel aus den Latschen haut, ist für den Zuschauer so schmerzhaft vorhersehbar, dass die bildhafte Umsetzung keine Wirkung mehr entfalten kann (obwohl die Episode dann wenigstens nicht mit nackten Tatsachen geizt. Aber Zombie-Sex ist nun nicht unbedingt mein spezieller Fetisch)… Da durch das framing device bereits klar ist, dass die ganze Chose nicht gut ausgehen kann, stellt sich auch für den „Showdown“ keine besondere Spannung mehr ein (zumal das Finale auch elendiglich by the numbers ausgespielt wird). Insgesamt ist die Episode elendiglich geschwätzig, ohne dabei pointierte Dialoge liefern zu können (einzig Montesquinos „Zaubersprüche“ sind dezent amüsant) – völlig unnötig sind z.B. vermutlich Barker zuzuschreibende Idiotien wie die vollkommen zusammenhanglos eingebaute gelynchte „Päderasten“-Leiche, unter der Haeckel brotzeitet.

Summa summarum – es ist immer schlecht, wenn eine Geschichte mit ihrem besten Part (hier der Frankenstein-Anspielung) beginnt und dann kontinuierlich nachlässt. Normalerweise würde ich die Schuld ohne Gewissensbisse auf Mick Garris schieben, in Unkenntnis der Barker-Story, aber meine persönlichen Bekanntschaften mit seinen Werken ins Kalkül gezogen, behalte ich mir aber vor, Clive Barker pauschal mitzurüffeln.

John McNaughton fällt dann auch konsequenterweise nicht wirklich etwas ein, um die dünne Plotte, die nun mal beim besten Willen keinen Einstünder hergibt, ohne durch ausgewalzte Nichtigkeiten aufgeblasen zu werden, mit Leben zu erfüllen. Er beschränkt sich größtenteils auf schlichtes Abfilmen und kann nicht mal in der finalen Friedhofsszene eine wirklich unheimliche Atmosphäre aufbauen. Wie schon gesagt – Zombie-Horror ist nicht McNaughtons Welt… Die Kameraführung ist durchschnittlich und damit für die durchgehend schnieke fotografierte Reihe schon wieder unterdurchschnittlich, der Schnitt uninspiriert, die musikalische Begleitung unmemorabel.

Für Zombie-Horror gibt sich „Haeckel’s Tale“ vergleichsweise blutarm (es sei denn, in der Minute, in der die mir vorliegende Fassung einen unerklärlichen Bildaussetzer hat, tut sich full-scale-Gemetzel; EDIT: aha, Recherce macht klug… da gibt’s doch tatsächlich eine Ausweidung. Keine Ahnung, warum die in „meiner“ Fassung nicht drin ist *shrug*) – die expliziteste Gore-Einlage ist ein sezierter Leichnam in der „Frankenstein“-Portion der Plotte, im Finale gibt’s ein paar kleinere Blutigkeiten und erstaunlich unimpressives Zombie-Make-up. Keine Glanzleistung von KNB, dafür lässt sich zumindest Leela Savastas nackter Körper recht ausführlich begutachten. Auch was wert.

Womit wir schon bei der Schauspielerei wären. Derek Cecil („Pasadena“, Mini-Rolle in „Men in Black II“) ist adäquat, solange er den wissenschaftsgläubigen Frankenstein-Jünger gibt und hadert im weiteren Episodenverlauf sichtlich mit seinem bedeppert agierenden Charakter. Newcomerin Leela Savesta wird man demnächst in Glen Morgans „Black Christmas“-Remake wiedersehen – hier hat sie kaum Gelegenheit, sich schauspielerisch auszuzeichnen, da ausschließlich auf ihre anatomischen Eigenschaften abgestellt wird. Tom McBeath („Stargate SG-1“) spielt seinen Part passabel, ohne wirklich aufzufallen, einigermaßen lebhaft wirkt wenigstens Jon Polito („Mimic 2“, „Stuart Little“) als windiger Necromancer Montesquino. Micki Maunsell („Bingo“) und Steve Bacic („X-Men 2“, „Stargate SG-1“) erledigen ihren Job in den bookends mit eindrucksloser Routine (Maunsell bemüht sich zwar, ein wenig overactend aufzudrehen, aber das ist zu brav für den Zweck).

Letzte Worte: „Haeckel’s Tale“ ist eindeutig eine der schwächsten Episoden der Serie – die Idee hat nicht genug Substanz für einen Einstünder, die Erzählstruktur ist, vorsichtig ausgedrückt, unglücklich, Spannung und/oder Witz kommen nie auf, die schauspielerischen Leistungen sind bestenfalls mittelmäßig und die Regie des Ersatzmanns McNaughton ist uninspiriert bis langweilig. Hatten die anderen mittelprächtigen Folgen wie „Incident on and off a Mountain Road“ oder „Dreams in the Witch-House“ wenigstens noch ihre gelegentlichen Momente und qualifizierten sich somit wenigstens für die Kategorie „netter Zeitvertreib“, so kann man „Haeckel’s Tale“ nach Ausklingen der Frankenstein-Hommage gepflegt abschalten – danach kommt nix mehr, was das Ausharren wert wäre. Vergessenswürdig.

1/5

1.13 IMPRINT

USA/Japan 2006, 60 min Regie: Takashi Miike Darsteller: Billy Drago (Christopher), Michie Itô (Komomo), Youki Kudoh (Die Hure), Toshie Negishi, Shimako Iwai

Die Liebe ist ein seltsames Spiel… davon können nicht nur Connie Francis und Garfield ein Liedchen singen, sondern auch Christopher. Der Ami hat sich nämlich, irgendwann im 19. Jahrhundert, würde ich raten, in den Kopf gesetzt, sein japanisches Gspusi Komomo zu ehelichen und ins gelobte Land Amerika zu importieren. Dies hat er der Holden auch versprochen, nur mit der Umsetzung hat’s eine Weile gedauert – und jetzt ist Komomo verschwunden. Christopher geht Hinweisen nach, wonach Komomo in irgendwo in Japan in einem Bordell ihr Dasein fristen könnte und klappert nun alle einschlägigen Puffs ab. So auch den auf einer geheimnisvollen Insel, bei dem schon die Anreise an Wasserleichen vorbeiführt. Der Puff ist in dem Fall die ganze Insel an sich – die Frauen werden in Käfigen „gehalten“ und werben von dort aus um die Gunst der Kunden. Der zwergenwüchsige Chef des insularen Etablissements streitet enthusiastisch ab, von einer Person namens Komomo jemals auch nur ein Sterbenswörtchen gehört zu haben, aber jetzt, wo Christopher schon mal da ist, kann er doch gerne eine andere Matratze probeliegen. Weil nächtliche Abreise nicht empfohlen wird und er nix besseres zu tun hat, entscheidet Christopher (soviel zur großen Liebe) für eine unauffällig im Hintergrund sitzende Maid. Die wird im pflichtschuldigst zugeführt und offenbart sich als dezent gesichtsmäßig verunstaltet, abgesehen davon ist sie aber nett. Und vor allem – sie weiß was über Komomo! Leider nur nix gutes, denn nach ihrer Erinnerung hat sich Christophers Geliebte aus purer Enttäuschung über das Nichterscheinen ihres Lovers aufgeknüpft. Das mag Christopher nicht so ganz glauben und besteht daher auf der reinen Wahrheit. Die Hure muss dazu etwas weiter ausholen und berichtet über ihr tragisches Leben als Kind extrem armer Eltern. Nachdem der Papa sich vor Gram im Fluss ersäuft habe, konnte die Mutter sich ein Kind nicht mehr leisten und verkaufte sie an einen reisenden Schausteller. Von der Freakshow führte der Weg dann ins Bordell, wo nur Komomo ihr gegenüber freundlich war. Als ein wertvoller Ring der Puffmutter verschwindet, geriet Komomo unter Verdacht, wurde schwer gefoltert und brachte sich anschließend um. Alles sehr tragisch, meint Christopher, aber deswegen noch lange nicht per se * wahr *. Die Hure tischt ihm denn auch prompt eine geänderte Version der Geschichte auf, wonach sie selbst Komomo getötet habe, aber nur aus Mitleid, um ihr den direkten Weg ins Paradies zu ermöglichen. Christopher ist erstens begreiflicherweise echauffiert und hält zweitens auch diese Variante für unglaubwürdig. Tatsächlich hat die Hure noch eine Story in Petto – die ganze Wahrheit, dieses Mal, aber kann Christopher die überhaupt ertragen?

Der Film: Es war zweifellos ein Wagnis für die Produzenten von „Masters of Horror“, für die dreizehnte und letzte Episode der ersten Staffel ausgerechnet das japanische enfant terrible, Radau- und Krawallfilmer Takashi Miike, einzuladen. Der „Garagenfilmer“ unter den „neuen japanischen Regisseuren“, nach eigener Aussage nur Filmemacher geworden, weil er für Motorradrennen nicht talentiert genug war und der Ansicht anhängt, JEDER könnte Regisseur werden, ist bekanntlich ein Extremist, nicht nur, was seine Arbeitsgeschwindigkeit (über 60 Filme in 15 Jahren) angeht, sondern auch die Tabus auslotende exzessive Gewaltdarstellung. Vielleicht genau der Tritt in den metaphorischen Allerwertesten, den die insgesamt zwar solide, aber eben auch nicht weltbewegende Reihe gebraucht hat, aber eben auch ein Risiko. Das sich dann auch prompt erfüllte, alldieweil der ausführende Kabelsender Showtime die von Miike abgelieferte Folge kurzfristig aus dem Programm kickte.

Nun geben selbst Miikes Hardcore-Fans zu, dass die Werke des Meisters so oder so ausfallen können – auf jeden „Audition“ kommt ein „Full Metal Yakuza“, auf jeden „One Missed Call“ ein „Izo“ – vom überraschend effektiven Horror-Chiller bis hin zum zusammenhanglosen Splatter-Debakel kann bei Miike alles mögliche rauskommen. Da durfte man sich schon fragen, was der Herr sich für sein US-Debüt, wenn auch in Japan mit japanischem Team gedreht, vorgenommen hat. Die Antwort: auf jeden Fall keine Kompromisse – „Imprint“ ist von allen „Masters of Horror“-Folgen wohl die, die sich am, äh, harmonischsten in das Gesamtwerk des jeweiligen Regisseurs einpasst. Wie in seinen Filmen erlegt sich Miike keinerlei Beschränkungen auf und zelebriert das, wofür er berühmt-berüchtigt ist…

Unser aller asiatischer Lieblingsfilmrüpel entwirft, basierend auf dem Roman einer japanischen Schriftstellerin (und Gelegenheits-Schauspielerin, sie spielt in „Imprint“ auch mit), was zumindest latent mögliche Misogynismus-Vorwürfe entkräftet, zunächst mal ein Szenario, wie es, ähm, schöner nicht in einem der Früh-70er-„Tokugawa“-Machwerke hätte zelebrieren können (wobei ich Miike zumindest dafür dankbar bin, dass seine Darstellerinnen nicht zutätowiert sind wie manche Specimen aus eben den klassischen Vorbildern). Da werden also Frauen ausgebeutet, misshandelt, gefoltert, getötet, man kommt sich wirklich vor wie in einer mit zeitgemäßer Optik aufgepeppten Variante von „Shogun’s Sadism“ oder ähnlichen Heulern, dass man „Imprint“ wirklich für üblen frauenverachtenden Dummfug halten könnte, wäre da nicht der gerade angeführte Punkt, dass der ganze Schmu von einer Frau erdacht worden ist und somit entweder, da bin ich mir nicht ganz schlüssig, als Hommage an einen für unsereins unverständlichen, aber wohl integralen Bestandteil japanischer Kultur, als Parodie oder als satirische Anprangerung eben jener frühen Nippon-Sleazer gesehen werden kann. Daneben gibt’s auch noch reichlich vollzogene Abtreibungen nebst Darstellung des Resultats, Kinderschändung (zumindest mehr als nur impliziert)… da wird nix ausgelassen (und das alles, wenn man mal lokalpatriotisch „unsere“ Frauenfolterfraktion vergleichsweise heranzieht, auf einem handwerklich-optischen Niveau, von dem Leute wie Bethmann nur in ihren kühnsten Wahnvorstellungen träumen können. Aber in der Hinsicht tickten die Japaner schon immer anders – denen war noch selten etwas abartig genug, um’s nicht in Cinemascope und großem Aufwand abzufilmen). Und wenn man dann als argloser Zuschauer meint, das ganze wäre nicht mehr zu toppen, erinnert sich Miike daran, dass die Serie nicht „Masters of Sleaze“, sondern „Masters of Horror“ heißt, und kratzt die Kurve hin zum „Creature Feature“ und reinrassigem Bizarro-Horror mit Spuk-Einschlag.

Filmtechnisch-handwerklich kann man am akuten Beispiel wenig gegen Miike anführen. Er baut von Anfang an eine unheilvolle Atmosphäre auf und weiß, wie der Kollege Hausrocker es richtig anmerkte, durchaus, welche Knöpfe er beim Zuschauer drücken muss, um die richtigen Reaktionen abzurufen – sein Problem ist nur, dass er oft nicht weiß, wann er aufhören muss. Miike überstrapaziert seine „shock images“ und beraubt sie damit ihrer Wirkung, das gilt sowohl für die Folterszene, die creature FX, die toten Föten als auch das Geschmodder. Weniger wäre bei Miike manchmal mehr (will sagen: der dritte-vierte close-up auf das „Kopfmonster“ ist mindestens einer zuviel, z.B.) – „Imprint“ hat seine wirklich unheimlichen Momente, aber die versinken in der plakativen Herausstellung verstörend gemeinter, aber zu aufdringlichen oberflächlichen Schock- und Goreszenen. Abgesehen davon gibt’s an „Imprint“ nicht viel auszusetzen – die Kameraführung ist, auch wenn keiner der üblichen Serienfotografen am Werk war, ausgezeichnet mit gelegentlichen Anflügen von Genialität, die traditionell angehauchte Musik von Miike-Stammkomponist Kôji Endô passend eingesetzt, das Tempo angemessen (der pure Reißer kann „Imprint“ schon dramaturgisch bedingt nicht sein, weil manche Ereignisse ja mehrfach geschildert werden; auf die Gefahr hin, von aufgebrachten Arthouse-Freaks mit gerollten Fellini-Postern verprügelt zu werden, kann ich eine gewisse erzählstilistische Ähnlichkeit zu Kurosawas Masterpiece „Rashomon“ nicht wegdiskutieren).

Problematisch an der ganzen Sache ist nur, dass die Chose irgendwie keinen Punkt hat – Miike spult zwar durchaus effektiv sein Szenario ab und sorgt für allerlei disturbing imagery, aber trotzdem sollte mir vielleicht mal jemand ausbuchstabieren, WORUM es im Endeffekt in der Geschichte geht. Ein echter, schlüssiger Narrative ist das nicht, mehr eine Aneinanderreihung von Schockszenen, die durch eine Rahmenhandlung zusammengehalten werden.

Härtemäßig lässt Miike nichts anbrennen, obwohl ich mir nicht ganz sicher bin, ob die mir vorliegende Version tatsächlich uncut ist (es wird manchmal etwas obskur von potentiell heftigen Szenen weggeschnitten). Die große Folterszene ist noch vergleichsweise zurückhaltend (obschon schmerzhaft genug und da in Verbindung mit Bondage halt per se etwas fieser), im Finale wird dann *der* krude Creature-Effekt (von manchem als Hommage an „Basket Case“ identifiziert. Okay, das Vieh sieht Belial durchaus ähnlich, aber ich bezweifle fast, dass Miike die Henenlotter-Trilogie kennt; in dem Tempo, in dem der Mann Filme dreht, hat der doch gar keine Zeit, sich anderer Leute Werke anzukucken) aufgefahren – sieht technisch nicht wirklich voll überzeugend aus, ist aber ganz einfach bizarr und eklig genug, um zu funktionieren. Und der finale Rettungsschuss lässt an Schmoddrigkeit auch keine Fragen offen. Verstörend sind selbstredend auch die inflationär eingesetzten abgetriebenen Föten, die malerisch in Bergbächen treiben… Okay, ich *kann* Showtime verstehen, dass dem Sender der Tobak, selbst wenn ein Abo-Kabelsender sich nicht wirklich Gedanken darum machen müsste, ein wenig zu hart war. Edit: Mittlerweile ist mir klar, dass „meine“ Version genauso übel beschnitten wurde wie die deutsche DVD-Fassung. Da fehlen dann doch gut und gerne drei Minuten, hauptsächlich aus der Folterszene. Die ist uncut dann doch etwas herber als soeben dargestellt…

Star der Episode ist Charakterkopf und Erz-Filmschurke Billy Drago („The Hills Have Eyes – Remake“, „Delta Force II“, „China White“, „Tremors 4“ und wiederkehrender Bösewicht-Charakter in „Charmed“), der eine seiner seltenen (halbwegs) positiven Rollen spielen darf (das Script deutet zwar düster an, dass sein Christopher in der Vergangenheit eine unerklärte Böstat hinsichtlich seiner kleinen Schwester begangen hat, bleibt aber genauere Aufklärung schuldig). Drago beweist zu allgemeiner Überraschung, dass er, wenn mehr von ihm verlangt wird als eine eindimensionale „muwa-haa-ich-bin-böse“-Fiesmannsrolle, tatsächlich schauspielern kann. Nicht oscarverdächtig, aber bemerkenswert genug. Youki Kudoh (die Hure mit dem unangenehmen Gesicht) zieht sich auch passabel aus der Affäre. Ein breites Publikum kennt sie aus verhältnismäßig großer Rolle in „Die Geisha“. Michie Itô ist ein echtes Asia-Schnucki, wie’s aus den schon öfters zitierten Klonwerkstätten Nippons kommen muss – die will ich zum Knuddeln und Liebhaben (auch wenn sie sich den Posten mit Aya „Azumi“ Ueta teilen muss). Großes Schauspiel wird von ihr nicht verlangt, in der Folterszene überzeugend leiden kann sie jedenfalls.

Was sagen wir also abschließend zu „Imprint“? Nun, erst mal, dass der Streifen zu den besseren bislang von mir gesichteten Miikes gehört (was nicht viel heißen will, da ich in der Hinsicht noch jede Menge Nachholbedarf habe) – optisch ist „Imprint“ schmuck, bietet das, wofür Miike bekannt ist, nicht im absoluten Übermaß, aber auch nicht zum Spartarif und erspart sich wenigstens blödsinnige philosophisch-existentialistische Abschweifungen wie in „Izo“, solide geschauspielert und mit einigen wirklich zupackenden Momenten, aber was ist letztlich die Moral von der Geschicht? „Hüte dich vor Mädels, die ’nen siamesischen Zwilling am Kopf haben?“ (Ha, doch noch gespoilert. Ich kann’s doch!) Zwar irgendwo ein nachvollziehbares Statement, aber als Grundlage eines Films ein wenig mau. Für einen Platz im gesicherten Mittelfeld der Reihe reicht’s allemal, und das ist schon fast mehr, als ich vom Film-Hooligan Miike erwartet hatte…

3/5

(c) 2006 Dr. Acula


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