Martial Law

 
  • Deutscher Titel: Martial Law
  • Original-Titel: Martial Law
  •  
  • Regie: Steve Cohen
  • Land: USA
  • Jahr: 1991
  • Darsteller:

    Chad McQueen (Sean Thompson), Cynthia Rothrock (Billie Blake), David Carradine (Dalton Rhodes), Andy McCutcheon (Michael Thompson), Philip Tan (Wu Han), Tony Longo (Booker), Vincent Craig Dupree (Faster Brown)


Vorwort

Bulle Sean Thompson beherrscht die Kampfkunst derartig supertoll, dass er von seinen Kollegen ehrfürchtig „Martial Law“ genannt wird (örks). Grad erst wieder hat er als Pizzabote getarnt einen Banküberfall mit Geiselnahme durch gezielten Hand- und Fußkanteneinsatz erfolgreich beendet, da muss er sich mit seinem missratenen kleinen Bruder Mike befassen. Der wurde als Beifahrer in einem gestohlenen Porsche festgenommen, behauptet aber steif, fest und wahrheitswidrig, nur vom entkommenen Strolch per Anhalter mitgenommen worden zu sein (bekanntlich haben Autodiebe nichts besseres zu tun, als Tramper aufzugabeln).
Mike wäre es nun ganz angenehm, täte Sean sich kraft seiner Uniform für ihn verwenden. Natürlich arbeitet er aber, bzw. arbeitet daran, in dessen Belegschaft aufgenommen zu werden, für Dalton Rhodes, der sein Geld mit Schmuggelgeschäften aller Art von Luxuskarossen bis Waffen verdient. Was Rhodes nicht schätzt, ist Versagen jeglicher Natur, weswegen Mikes Klau-Kollege exekutiert wird.

Die Leiche bzw. Aufklärung des dazugehörenden Mordfalls, wird Sean ans Bein gebunden, der sich der Unterstützung der ebenso attraktiven wie schlagkräftigen Bullette Billie Blake versichert. Sean und Billie heften sich an den Informanten Faster Brown, der wiederum diesen Umstand Rhodes, für den er unbedingt arbeiten will, vermitteln will, aber beim Gangster aufgrund grundsätzlicher Nervigkeit in Ungnade steht. Als Faster Sean und Mike zusammen sieht, glabut er seine Stunde gekommen – dass Rhodes‘ neuester Lieblingsautodieb Bullenbruder ist, müsste den Bösewicht doch interessieren.
Rhodes neigt dazu, Mikes Beteuerungen zu glauben, aber als Zeichen des guten Willens soll er doch, bitte schön, Faster umbringen. Als Mike sich weigert wird das als Schuldeingeständnis gewertet und, wie wir wissen, ist mit Rhodes in derartigen Dingen nicht gut Piemontkirschen zu naschen.

Und so hat Sean einen toten Bruder zu rächen. Er hat nur eine Spur – Mike hat gegen Seans Willen Karate erlernt und in dem Dojo könnte er seinem Mörder über den Weg gelaufen sein. Sean wird dort als vermeintlich lehrarbeitssuchend vorstellig. Einen Ausbilderjob bekommt er nicht, doch dünken seine Kampfkunstfertigkeiten Rhodes bei einem großen Waffendeal vorteilhaft…


Inhalt

So um 1990 rum bildete sich das, was ich mal vorsichtig als den „amerikanischen Martial-Arts-B-Film“ bezeichnen möchte – gewiss, es gab schon zuvor US-Produktionen, die, angeregt durch den internationalen Erfolg der Fließband-Erzeugnisse aus Hongkong, gerne mal mit dort bereits etablierten kaukasischen Akteuren (wie Cynthia Rothrock und Richard Norton) für den Videomarkt heruntergekurbelt wurden, aber das waren dann zumeist Ultra-Low-Budget-Produktionen, bei denen die amerikanische Beteiligung nur auf dem Papier stand, hergestellt in Indonesien oder auf den Philippinen. Andere Erfolgsfilme, wie die „No Retreat, No Surrender“-Reihe, waren trotz primär kaukasisch geprägter Casts Hongkong-Produktionen; auch erfolgreiche B-Movies wie van Dammes Durchbruch-Performance in „Bloodsport“ oder Cormans rasch gestrickte „Bloodfist“-Reihe bemühten primär exotische Locations und stopften ein bis zwei US- bzw. US-annektierte „Stars“ in ein Ensemble namensloser Asiaten.

Was genau der Katalysator war, kann ich nicht beurteilen, aber vielleicht gab’s 1990 dann endlich genügend einheimische Schauspieler und/oder Stuntmen mit rudimentären Martial-Arts-Kenntnissen, aber beginnend ungefähr mit Cynthia Rothrocks „China O’Brien“-Filmen begann eine Phase, in der amerikanische Actionfilme mit amerikanischen Darstellern (oder eben zumindest Kaukasiern), die ihre Probleme nicht mit Feuerwaffen, sondern Hand- und Fußkanteneinsatz lösen und selbiges nicht im Dschungel von Borneo, sondern im Asphalt-Dschungel von L.A., bleistiftsweise, auf den Markt drängten. Wiewohl Karate-/Kung-fu-Action dadurch mainstreamtauglich wurde, bemerkten Genre-Affectionados rasch, dass sich zwischen Asia-Original und US-Kopie qualitativ enorme Unterschiede auftaten – den Yankees fehlte es an kapablen action directors und wirklich fähigen Stuntleuten, was zur Folge hatte, das bewährte Kräfte wie eben Cynthia Rothrock in ihren amerikansichen Vehikeln zumeist mindestens so aussahen, als ob sie mit gebremsten Schaum agieren würden. „Martial Law“ ist ein wunderschönes Beispiel dafür…

Richard Brandes, dem die Welt Gassenhauer wie „Teufel in Weiß“ oder „Penny Dreadful – Per Anhalter in den Tod“ verdankt, übernahm die undankbare Aufgabe, halbwegs plausible Ausreden dafür zu erfinden, dass in diesem Film jeder Penner von der dritten Mülltonne rechts ausgewiesener Kung-fu-Experte ist. Steve Cohen, der immerhin schon bei Chuck Norris den zweiten second-unit-Regieassistenten für „Invasion U.S.A.“ markieren durfte (was fraglos trotz der insgesamt eher bedeutungslosen Funktion Coolness-Bonuspunkte bringt), aber auch diverse Billy-Joel-Musikvideos zu verantworten hat (das… eher nicht), feiert sein Spielfilmregiedebüt.

Die Amerikanisierung des Genres ist unschwer zu erkennen – anstelle einer simplen Actionstory „Held A gegen Bösewicht B“ muss in „Martial Law“ (der Film hat übrigens keine Verbindung zur späteren TV-Serie mit Sammo Hung) getreu den Richtlinien des Hl. St. Spielberg ein gerüttelt Maß Familiendrama eingebaut werden: Der Cop, der nach dem (selbstverständlich gewaltsamen) Tod des Vaters die vakante Vaterposition für den kleinen Bruder einnehmen muss (natürlich auch darum, weil Frau Mutter, wie es sich für eine naive amerikanische Familienglucke gehört, nicht wirklich dafür interessiert, was Mike in seiner Freizeit treibt, solange er zum Abendessen daheim ist) und für den der Kampf mit dem Erzbösewicht zur persönlichen Vendetta wird, weil der in dieses Familienkonstrukt gewaltsam eingegriffen hat – sicher, das ist ein brauchbares Gerüst, um sich in einem Actiondrama daran entlangzuhangeln, aber war man 1990 in Hollywood echt noch nicht soweit, dass Cop A Bösmann B seine Fußsohle nicht mit Anlauf quer zwischen die Kauleisten schieben konnte, weil B schlicht und ergreifend ein fieser Fiesling ist? Muss da echt noch in einem Drittliga-Actionholzer die Familienkarte gezogen werden? Mann, dieser Spülzwerg hat mehr Genres verdorben als man denkt…

Natürlich halten die Szenen mit den Thompson-Brüdern (und ihrer Mutti) den Betrieb auf, allerdings ist’s auch nicht so, als würde die Crime-Handlung den Zuschauern mit ihrer Spannung den Atem rauben. Rhodes ist kein „guter“ Baddy – einen Crimelord, der sich um eher unspektakuläre Autoschiebereien ebenso intensiv kümmert wie um einen potentiell kriegsauslösenden Waffendeal kann ich entweder für einen anal-retentiven Kontrollfreak oder einen elenden Buchhalter halten, aber er flößt mir trotz seiner „Versagen=Tod“-Policy und seinem Heartpunch-Finisher nicht pausenlos Angst und Schrecken ein. Das Script hilft ihm natürlich auch nicht weiter, alldieweil der „Masterplan“ des Schurken viel zu lang ein weggeworfener Nebenaspekt der Story ist, die dem Schreiberling ersichtlich weniger wichtig ist als das Thompson-Familiendrama. Die ganze Waffenkiste wird irgendwann mal Ende des ersten Akts angesprochen und dann vergessen, bis Sean im Schlussakt von Rhodes als Bodyguard für den Deal angeheuert wird. Wenn dem Film aber sein wesentliches Plotdevice so unwichtig ist, wird die ganze Sache natürlich nicht wirklich spannend, da wäre es dann schon sinnvoller gewesen, konsequent und komplett auf die Familienvendetta zu setzen, wobei auch dafür Rhodes als Gegenspieler einfach zu langweilig bliebe.

Nicht, dass sein Gegenüber auf der Helden-Seite sonderlich interessanter wäre, auch Sean Thompson ist ein stinklangweiliger Pappkamerad – schon irgendwie bemerkenswert, dass schon einer der frühesten Vertreter des US-B-Martial-Arts-Films sich derart formelhaft präsentiert, ohne eigene Identität nur das wiederkäut, was der „gewöhnliche“ B-Actionkrimi schon seit Jahren zelebrierte, und halt anstelle shoot-outs Kung-fu-Kämpfe einbaut.

Die sind dann auch nicht wirklich memorabel, weil Steve Cohen eine ziemliche Pflaume ist, wenn’s darum geht, eine fetzige Actionszene zu inszenieren. Vergleicht man seinen Stil mit dem, was Pepin und Merhi in ihren sicherlich nicht aufwendigeren DTV-Actionkloppern boten, ist das schon recht tranig. Zwar beherrschen die meisten Darsteller/Stuntmen zumindest rudimentäre Kampfkunsttechniken, aber was ich oben schrob, trifft eben auch hier zu – die, die wirkliches Können aufweisen, müssen sich zurückhalten, mit angezogener Handbremse agieren, so dass die Kampfszenen im Vergleich zu zeitgenössischer HK-Action wie in Zeitlupe gedreht aussehen. Da „Martial Law“ anderweitig keine Action, kein Stuntwork bietet, erhalten wir zwar quantiativ durchaus ’ne Menge Kung-fu-Dresche, die qualitativ jedoch von jedem drittklassigen Hongkong-Hobel Marke „Ultra Force“ um Längen geschlagen wird. Aufgrund des ziemlich zerfledderten, unfokussierten Scripts komm nie dramaturgische Spannung auf, das ist bloßes „Actionszene-Charakterzeuch-Actionszene“-Aneinanderreihen ohne zwingenden Anschluss.
Dass Cohen als Regisseur nie wirklich Fuß fasste (sein „größter Erfolg“ dürfte „Tough and Deadly“, ein Versuch, den unerwarteten Hit des Billy Blanks/Roddy Piper-Parings Back in Action zu wiederholen, sein), wundert nicht – „Martial Law“ hat nichts wirklich „Filmisches“ an sich, es ist ein uninspiriertes Abfilmen minderguter Kampfkunstszenen, verbunden durch klischeehaftes Amateurdrama, das ich noch nicht mal bei ’ner Lorenzo-Lamas-Fernsehserie durchgehen lassen würde. Fürchterliche Dialoge, einfallsloseste Kamera, langweilige Fight-Choreographie (arrangiert von Philip Tan, der sich zumindest mittlerweile in die Stunt-A-Liga vorgewerkelt hat), ein grauenvoller Score von Elliot Solomon, gegen den die meist ohrenfolternden Soundtracks der PM-Klopper wie Gemeinschaftsarbeiten von Goldsmith, Zimmer und Bernstein klingen, und – this being an american production – eine gewisse Blutarmut, nicht nur im übertragenen, sondern auch im wörtlichen SInne – speziell natürlich in der knapp vier Minuten gekürzten FSK-16-Fassung – runden das Gesamtpaket adäquat ab.

Und da hab ich noch nicht von den Schauspielern gesprochen. Dass Cynthia Rothrock das Beste am Film ist, dürfte auf der Hand liegen und fiel sogar den Produzenten (und den deutschen Verleihern… siehe Cover-Shot) auf – sie durfte als einzige für das Sequel wiederkommen und wurde dort dann mit Jeff Wincott zusammengespannt (der im dritten und letzten Teil des Franchise dann wiederum ohne Rothrock auskommen musste). Cynthia ist nicht nur mit Abstand kompetenteste Fighterin, sondern sieht hier mal wieder richtig schnucklig aus.
Die Hauptrolle übernimmt Steve McQueen-Sohn Chad, der einmal mehr den Beweis dafür antritt, dass weder schauspielerische Begabung noch natürliches Charisma vererbt werden. Chad, der durch Mitwirkung in „Karate Kid“ zumindest einen kleinen Hauch Legitimität als Handkantenschwinger-Actionhero mitbringen würde, wäre überzeugender, käme er nicht als kleines Pummelchen rüber (ja, das stört mich bei Sammo Hung nicht, aber wer eine Sammo-Kampfszene mit einer Chad-Kampfszene vergleicht, wird erkennen, warum ich’s dem einen verzeihe, dem anderen nicht) und wirkt als Kung-fu-Kampfmaschine nur unwesentlich glaubwürdiger als Otfried Fischer (und der könnte seine Gegner immerhin plattwalzen).

Auf der Schurkenseite verbuchen wir David Carradine, der nach „Kung fu“ immer wieder für Martial-Arts-Rollen gebucht wurde und sich – zu Zeiten seines frühen TV-Ruhms kampftechnisch völlig unbeleckt – notgedrungen ein paar rudimentäre Kampfsportkenntnisse aneignen musste, und gleichzeitig fürchterlich gelangweilt (schauspielerisch) als auch überfordert (als tödlicher Martial Artist) wirkt. DC konnte einem in der Phase seiner Karriere wirklich leid tun – bis zur Neuauflage von „Kung fu“ musste er sich durch wirklich chronisch ärmlichen Low-Budget-Schotter (u.a. dreimal für Fred Olen Ray) über Wasser halten…
Andy McCutcheon (Michael Thompson) hat’s mit der Schauspielerei – berechtigterweise – bleiben lassen und auf Musiker umgeschult; Stunt-Koordinator Tan leistet double duty als Carradines rechte-Hand-Mann – ansonsten ist Tan sich auch nicht zu schade, für’n Filmauftrit auch mal in ein Gorillakostüm zu schlüpfen („Congo“).
Wrestler Professor Toru Tanaka (Running Man, „Dead Heat“, „Space Rangers“) absolviert einen Gastauftritt, und wer ganz scharf hinkuckt, erspäht Kickboxlegende und Jackie-Chan-Gegner Benny „The Jet“ Urquidez als Gangmitglied in einer Kampfszene. V.C. Dupree, der den nervenden Faster Brown nervig spielt, kennen Horrorfans aus „Jason Takes Manhattan“.

Bildqualität: „Martial Law“ wird uns von den qualitätsbewussten Freunden von Elfra angedient, die keine Kosten und Mühen gescheut haben und eine authentische Ascot-Verleihkassette von 1992 ordnungsgemäß 1:1 auf einen Silberling gebrannt haben. Damit dürfte ja eigentlich alles gesagt sein – für ’nen VHS-Transfer ist’s immerhin noch ein passabler…

Tonqualität: Deutscher Ton in Dolby Digital 2.0. Es gilt analoges zum Bild – was will man bei einem Release dieser Kategorie erwarten? Eben.

Extras: Bildergalerie und Filmografien.

Fazit: Ausführender Produzent von „Martial Law“ ist ein gewisser Pierre David, dem wir alle durchaus dankbar sein sollten – aber nicht für dieses Franchise, sondern für seine Kollaborationen mit David Cronenberg („Videodrome“, „Scanners“, „Die Brut“). Abgesehen davon ist die Filmographie des Kanadiers doch nur deutliches Indiz dafür, dass auch ein blindes Huhn ab und zu ein Korn findet. „Martial Law“ reiht sich in die umfangreiche Liste völlig bedeutungsloser, uninteressanter Streifen ein, die Monsieur David in den letzten 30 Jahren auf Spur gebracht hat; er ist filmhistorisch als einer der ersten reinrassigen US-Martial-Arts-B-Filme vielleicht als Fußnote erwähnens-, aber sicherlich nicht sonderlich sehenswert. Cynthia-Rothrock-Fans finden selbst in ihren indonesischen Ultra-Low-Budget-Produktionen wie „Lady Dragon“ gehaltvollere Aktionen der First Lady of Kung-fu.

1/5
(c) 2012 Dr. Acula


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