Married Too Young

 
  • Original-Titel: Married Too Young
  •  
  • Regie: George Moskov
  • Land: USA
  • Jahr: 1962
  • Darsteller:

    Harold Lloyd Jr. (Tommy Blaine), Jana Lund (Helen Newton), Anthony Dexter (Lech), Trudy Marshall (Susan Newton), Brian O’Hara (George Newton), Nita Loveless (Grace Blaine), Lincoln Deyman (George Blaine), Marianna Hill (Marla), Cedric Jordan (Mike), George Cisar (Miltie), David Bond (Friedensrichter), Richard Davies (Richter), Frank Harding (Daddy-O)


Vorwort

Wir haben ja auf badmovies.de so einige verehrungswürdige Säulenheilige – Jess Franco, Joe D’Amato, Jim Wynorski, Fred Olen Ray, Coleman Francis – aber einer thront am Ende dann doch über allen, der unvergleichliche Edward D. Wood Jr., unverstandenes Genie, schlechtester Regisseur der Welt, tragischer Alkoholiker, billiger Pornoschreiberling, enthusiastischer Filmverrückter. Seine große Trilogie des Wahnsinns, GLEN OR GLENDA?, BRIDE OF THE MONSTER und PLAN 9 FROM OUTER SPACE sollte jeder, der sich Filmconnisseur nennt (egal ob „good“ oder „bad“) gesehen haben, und nach diesen drei zentralen Herzstücken des Wood’schen Schaffens gibt es immer noch viel zu entdecken, und da wir uns erfreulicherweise im 21. Jahrhundert befinden, ist das wesentlich einfacher geworden als in der ersten Zeit der Wiederentdeckung Eddies, den späten 70er und 80er Jahren.

So kommen Filme ans Licht, die selbst Wood-Biograph Rudolph Grey nur vom Hörensagen her kannte und in „Nightmares in Ecstasy“ als Gerüchte oder Vermutungen aufgeführt wurden. Es ist verständlich, dass Grey da teilweise aufgeschmissen war – Wood schrieb in den 60ern und 70ern Drehbücher für das sprichwörtliche Butterbrot bzw. ein paar Flaschen Fusel, ob davon etwas tatsächlich realisiert wurde, wusste Wood als allerletzter, und da die sowieso generell kurzatmigen Poverty-Row-Produktionsklitschen im Allgemeinen auch nicht davon ausgingen, dass sich fünf Dekaden später Heerscharen von Filmfans für ihre Produktionsgeschichte interessieren würden, ließen die firmeneigenen Aufzeichnungen auch viel zu wünschen übrig. Und wenn tatsächlich ein Film aus einem Wood-Script wurde, dann „vergaßen“ die Produzenten oft genug, ihn zu kreditieren oder er verwendete eh ein Pseudonym. Ihr merkt schon, da ist viel Detektivarbeit erforderlich, um die Zusammenhänge zwischen Mensch und Filmprodukt herauszuarbeiten.

Im Fall von MARRIED TOO YOUNG, auch allenfalls eine Fußnote in Greys Buch, hatten die fleißigen Rechercheure das Glück, dass die Produktionsfirma Headliner noch existierte und zumindest einer der damaligen Chefs noch am Leben war, als eine Kopie des Films entdeckt wurde und die Frage noch Woods Beteiligung im Raum stand. Demnach können wir es als authentisch und verifiziert voraussetzen, dass Headliner 1962 mit einem unfertigen Drehbuch, aber dem unbedingten Willen, einen Film draus zu machen, da stand, und sich Roy Reid, Headliner-Chef und No-Budget-Produzentenlegende, an Eddie erinnerte. Der hatte 1956 für Reid THE VIOLENT YEARS geschrieben, der einer der größten Kassenschlager für Headliner wurde und gleich mehrmals die Runde durch die Drive-ins machte, und 1961 THE SINISTER URGE geschrieben und inszeniert. Für Reid muss Eddie daher eine verhältnismäßig sichere Bank gewesen sein, um schnell und kostengünstig das unvollständige Script zu vollenden. Nach Angaben von Headliner stammen ungefähr 25 % des Buchs von Eddie, und wenn man sich den Film ansieht, hat man, vor allem anhand der Dialoge, eine wohl ganz akkurate Vorstellung, welche Teile auf seinem kreativen Mist gewachsen sind.

Also, dann mal wieder auf in die wunderbare Welt des Juvenile-Delinquent-Films, der in der Form schon ein paar Jahre obsolet war, hier aufbearbeitet als „cautionary tale“ – it may not happen to you, BUT TO YOUR CHILDREN!!! Argh! Schrei! Kreisch!


Inhalt

(Synthesitzerintro)

Once upon a time, not so long ago…

(drum break)

Tommy used to work on the docks… nein, doch nicht. Tommy Blaine ist kein Dockarbeiter, sondern High Schooler im Abschlussjahrgang (und das wird auch Zeit, den sein Darsteller, Harold Lloyd Jr., kein größenwahnsinniger Pseudonymkünstler, sondern der leibhaftige Sohn des berühmten bebrillten Komikers, zu sehen in SS-X-7 – PANIK IM ALL oder FRANKENSTEINS TOCHTER, in einem weiteren, zunehmen verzweifelten Versuch, eine eigene Showbizkarriere gestartet zu bekommen, war zur Drehzeit zarte 31 Lenze jung und sah keinen Tag jünger aus. Was nahe legt, dass sein Charakter wohl lieber eine Sonderschule besucht hätte, wenn er pro High-School-Jahr vier Anläufe gebraucht hat…), arbeitet nach der Schule in der Werkstatt des leutseligen Miltie (George Cisar, ATTACK OF THE GIANT LEECHES, BILLY THE KID VERSUS DRACULA) als Automechaniker und fährt in der Freizeit unter der Ägide seines Chefs, Sponsors und Teamdirektors auch Autorennen auf der lokalen Piste. Unter den Augen begeisterter Zuschauer tut Tommy so, als hätte seine Lenkradkurbelei entfernt etwas mit den Bewegungen der Motordroschken zu tun, die sich hinter ihm per miserabler Rückprojektion (think Robert Stacks Fahrt zum Flughafen in DIE UNGLAUBLICHE REISE IN EINEM VERRÜCKTEN FLUGZEUG, nur eben ohne Absicht) abspielen. Obwohl stock footage und Großaufnahmen von Tommy nicht wirklich beweiskräftig sind, insistiert der Film, dass Tommy das Rennen zur Freude seines väterlichen Mentorenfreundchefs gewonnen hat. Es freut sich auch ein gewisser Lech (Anthony Dexter, CAPTAIN KIDD UND DAS SKLAVENMÄCHEN, THE PHANTOM PLANET) , als Anzugträger (mit Schulterpolstern, als wäre er Mitglied einer 80er-New-Romantic-Band) hier sichtlich fehl am Platz und daher mutmaßlich der Schurke unseres Rührstücks. Lech hält Tommy für talentiert hinterm Volant und macht dem Jungen eine potentielle Karriere als Profirennfahrer schmackhaft. Doch Tommy steht mit beiden Füßen fest auf instabiler kalifornischer Heimatscholle, der hat seine Pläne für die Zukunft schon gemacht – aufs College soll’s gehen und dort will er auf Medizinmann studieren. Aus diesem kühnen Grunde schraubt er eben auch nach Schulschluss an den Blechkisten in Milties Werkstatt.

Unverdientermaßen hat Tommy eine schnucklige Freundin – Helen Watson (Jana Lund, DIE HEXENKÜCHE DES DR. RAMBOW, GOLD AUS HEISSER KEHLE), ein Upper-Class-Girl, das eigentlich mindestens zwei Ligen zu hoch für einen Kerl aus blue-collar-Verhältnissen wie Tommy spielt, ihn aber trotzdem ehrlich lieb hat. Hach, dass es sowas noch gibt.

Der Rennsieg wird im Diner von Daddy-O (seufz; Frank Harding, STAKEOUT ON DOPE STREET) gefeiert. Nur ist Tommy nicht nur Schulstreber, Rennfahrertalent und Kfz-Mechaniker par excellance, sondern auch eine Spaßbremse ersten Ranges. Helen würde gern ein Tänzchen schieben, aber Tommy verweigert auf Grundlage von iss nich, weil isso. Mike (Cedric Jordan, from nothing you’d know) übernimmt gerne, obwohl eigentlich mit dem Schul-Wanderpokal Marla (Marianna Hill, EIN FREMDER OHNE NAMEN, DER PATE 2, MESSIAS DES BÖSEN – man kann also noch was werden, wann mal in einem Film mit Ed-Wood-Connection war) liiert. Das passt Tommy jetzt auch wieder nicht, die Tanzpartie wird unterbrochen, Helen in Tommys Auto verfrachtet und an der lokalen Lover’s Lane geparkt. Tommy würde jetzt ja gern durchaus mal zur second base vordringen (obwohl er scheinbar noch nicht mal die erste gesehen hat), und Helen ist einigermaßen empfänglich, doch IN LETZTER SEKUNDE trifft die jungen Liebenden der Schlag der Erkenntnis gerade noch rechtzeitig, bevor etwas passieren kann, was sie später bereuen könnten. Nein, nein, nein, ohne Trauschein wird nicht gepoppt. Andererseits… sie würden ja schon gern… Also Brainstorming. Wenn zum sexuellen Glück ein Stück Papier fehlt, dann kann man das ja ändern. Die Staatsgrenze (vermutlich zu Nevada) ist nur einen Katzensprung entfernt (also war das stock-footage-nächtliche-Stadtpanorama doch nicht L.A.?), und dort sieht man das mit Minderjährigen, die heiraten wollen, nicht so eng. Brummbrumm….

Ein Friedensrichter der indiskriminierenden Art (sein Name ist Bond, David Bond, aus LEISE FLÜSTERN DIE PISTOLEN und VERDAMMT, DIE ZOMBIES KOMMEN) ist auch schnell gefunden. Das hochnervöse Paar braucht zwar ein wenig gutes Zureden und, im Falle von Helen, auch etwas Vorsagen der entscheidenden Silbe, aber lo and behold, aus Helen Watson ist Mrs. Tommy Blaine geworden! Das muss gefeiert werden, im Zweifelsfall bei Coca-Cola (schreib ich Coke, verstehen das wieder Leute falsch) und Milkshake bei Daddy-O. Nach dem ersten Gegiggel melden sich geringfügige Bedenken an – man kann den Leuten ja schwerlich auf die Nase binden, was gerade passiert ist, und da stellt sich dann ganz Zen-mäßig die Frage „Ist man wirklich verheiratet, wenn man’s keinem sagen darf und sich nicht so verhalten kann“? Die Diskussion wird vertagt, doch leider, leider vergisst die schusslige Helen die Heiratsurkunde am Dinertable. Und als ordentlicher Dinerbesitzer räumt Daddy-O persönlich die Tische auf…

Bevor sich Helen zum Schlummer hinlegt, bemerkt Helen aber die unerlaubte Abwesenheit des Poppdarfscheins – panisch ruft sie Tommy an. Der muss flüstern, weil sein Herr Vater George (Lincoln Demyan, EIN GOLDFISCH AN DER LEINE, DER TIGER HETZT DIE MEUTE), von der Sorte „lungert nach der Arbeit im Unterhemd und mit Pulle Bier vor der Glotze rum“, in Hörweite sitzt und Baseball kuckt, aber man kann vereinbaren, dass Tommy im Diner die Lage peilt. George Blaine meckert zwar ob des späten Ausflugs, aber dass er eine große Enttäuschung ist, ganz im Gegensatz zu seinem großen Bruder Joe, der für Führer und Vater-, äh, den American Way of Life die Rübe im Militärdienst hinhält, weiß Tommy auch so schon.

Daddy-O ist ganz erfreut über Tommys Besuch, hat der Jungschnösel doch vorhin vergessen, die Zeche zu bezahlen. Das macht Tommy aber auch jetzt nicht, sondern erkundigt sich nach einem ominösen Stück Papier. Das hat Daddy-O sicher in der Registrierkasse verwahrt und händigt es Tommy auch gern aus – denn obwohl er Rock’n’roll-Musik hasst, weiß der Dinermann auch, auf welcher Seite sein Brötchen gebuttert ist, und, naja, jung war er auch mal usw.

Die unmittelbare Katastrophe ist abgewendet, aber das Geheimnis kann natürlich nicht lange ein solches bleiben. Während Miltie Tommy eine Festanstellung in Aussicht stellt, weil er sein Geschäft auf 24-Stunden-Service erweitert hat, Tommy aber weiterhin primär das College im Auge hat, entdeckt Mama Susan Newton (Trudy Marshall, DICK UND DOOF: DIE TANZMEISTER, WEISSER ROLEANDER) die versteckte Heiratsurkunde. Jetzt ist aber Kirmes, vor allem im Hause Newton. Anstatt die neuerworbene Mitgliedschaft im Country Club feiern zu können, muss George Newton (Brian O’Hara, GEHEIMRING 99, DAS ERBE VON MONTE CHRISTO) jetzt damit zurechtkommen, dass seine Tochter geheiratet – und dann auch noch UNTER STAND!!! – hat. Dabei war der Country Club eigentlich nicht zuletzt als Laufsteg für potentielle Bräutigame gedacht, denn Tommy, den haben die Newtons bislang bestenfalls zähneknirschend akzeptiert. Die Newtons machen erst mal den Blaines Vorwürfe, doch die, hier auch Mutter Grace (Nina Loveless, BEN CASEY) kucken ja genau so doof aus der Wäsche. Man einigt sich daher, den wahren Schuldigen an der ganzen Misere zur Minna zu machen – den Friedensrichter!

George Newton droht dem weithin unbeeindruckten Ehestifter mit Anwälten, einflussreichen politischen Freunden und sieben Tagen Regenwetter. Ich schätze, die Newtons und Blaines sind nicht die ersten empörten Eltern, die vor des Friedensrichters Schreibtisch auftauchen. Der Meister ist ganz „come at me, bro“ und verweist auf die absolute juristische Wasserdichte der von ihm geschlossenen Lebensbünde, und wenn besonders Herr Newton hier einen auf Rumpelstilzchen machen will, soll er sich an die eigene Nase fassen, denn… am ganzen Schlamassel sind wenn ja dann wohl die Eltern schuld! Hätten sich die Damen und Herren Erzeuger mehr um ihre Kinder gekümmert, hätten die nicht zu so verzweifelten Maßnahmen greifen müssen!

Die Standpauke zeigt Wirkung. Damit’s keinen Skandal gibt, spendieren die Eltern eine zweite, hochoffizielle Hochzeitszeremonie. Nun eröffnet sich aber die erfreuliche Frage, wo denn bitteschön die Jungvermählten ihr eheliches Domizil aufschlagen wollen. Tommy setzt sich mit „bei mir daheim“ durch, aber damit wird niemand wirklich glücklich werden. Vor allem nicht Helen, die „Hausarbeit“ bislang als etwas kennengelernt hat, was anderen Leuten passiert, und von Grace nun primär als Gratis-Haushaltshilfe gesehen wird, während George Blaine sie hauptsächlich als nervige Belästigung, die mit dem Staubsauger zwischen ihm und dem Baseballspiel im Fernsehen herumscharwenzelt, betrachtet. Wie lange das gut geht, kann sich jeder selbst an seinen neun Fingern abzählen.

Zudem wird Tommy auch noch in eine handgreifliche Auseinandersetzung verwickelt. Als er bei Daddy-O’s wieder mal eine Tanzeinlage verweigert, Helen aber auch nicht mit Lech tanzen will (der ist wie 4711 – überall dabei, aber keiner weiß warum), und der daraufhin Marla auffordert, was wiederum deren Bespringer Mike ob eines vermuteten Exklusivvertrages nicht leiden kann, ist es am Ende Tommy, der Lech was vors Fressbrett ballert. Für die Newtons ein gefundenes Fressen – wo ihre Tochter derart mies behandelt wird und Tommy offensichtlich keine gute, anständige Erziehung genießt, die ihn vor Schlägereien bewahrt, KANN das Paar offensichtlich nicht wohnen. Es wird der Umzug zu den Newtons befohlen.

Das wird nur, vermute ich, nicht wesentlich besser laufen, nur dass nun halt Tommy der vielfältig Angearschte ist. Willkürliche Regeln wie die festen Essenszeiten laufen dem Freigeist zuwider, und dass man den Ausgesuchten der Tochter für erheblich unter ihrer Würde hält, vergessen die Newton-Eltern nicht bei jeder günstigen oder ungünstigen Gelegenheit durch die Blume oder auch direkt zu erwähnen. Das College kann sich Tommy für dieses Jahr auch abschminken, also arbeitet er notgedrungen doch weiter bei Miltie. Wo eines schönen Tages, just als Helen auch in der Werkstatt ist, um Tommy ein paar Brote o.ä. zu bringen, Lech in einem schicken Cabrio und mit Marla auf dem Beifahrersitz auftaucht. Tommy soll die Kiste doch mal bitte kurz durchchecken. Achselzuckend macht sich Tommy auf eine Probefahrt (mit Marla im Handgepäck, was Helen durchaus übel aufstößt), und Lech nutzt die Chance, um couragiert Helen anzubaggern. Dem Mann ist nichts heilig, nicht mal ein Eheversprechen! Helen gibt Lech einen amtlichen Korb und Tommy nach Rückkehr einen Vortrag. Der versteht die Welt nicht mehr (since he is a man and therefore kinda stupid), dass eine Fremde Frau™ auf dem Beifahrersitz von der Ehegattin gemeinhin als Bedrohung wahrgenommen wird. Dass Tommy zwecks Streit auch noch ungeduscht und in seinen dreckigen Arbeitsklamotten das Newton-Haus verunziert, führt zu einem weiteren großen Krach und dazu, dass Tommy die Faxen endgültig dicke hat. Die wahre Ruhe findet der Mann von Welt dann eben doch nur in den eigenen vier Wänden.

Problematisch daran ist wie üblich die Finanzierung – eine Bank gibt einem teilzeitjobbenden Schüler sicher keinen Kredit, Milties versprochene Gehaltserhöhung ist etwas geringer als angekündigt, aber deswegen ist Tommy noch lange nicht bereit, sich auf Lech einzulassen, der ein unmoralisches Angebot unterbreitet. Er kann immer einen fähigen Mechaniker brauchen, der, hust-hust, „junge Gebrauchte“ wiederverkaufsfertig macht. Selbst Tommy kann sich zusammenreimen, dass es darum geht, geklaute Karren zu frisieren. Er lehnt dankend ab und geht mit seiner spärlichen Kohle und seinem College-Sparbuch auf Househunting.

Ein paar Wochen später residieren Mr. und Mrs. Tommy Blaine in einem schmucken kleinen Häuschen, aber der Schein trügt und ist dabei noch nicht mal ein falscher Geldschein. Verheiratet sein UND im eigenen Haus leben kostet, wer hätte es als High-School-Absolvent gedacht, tatsächlich Geld, und das ist im Hause Blaine Mangelware. Und das OBWOHL Tommy eingehende Mahnungen schon mit der bewährten Methode „vor der Alten verstecken“ bearbeitet. Aber auch Helen ist nicht glücklich (vermutlich weil die Hausarbeit jetzt doch wieder an ihr hängen bleibt. Verwöhnte Luxusgöre). Es naht Besuch – Mike und Marla, wieder versöhnt und vereint, und, dank des leuchtenden Vorbilds, das ihnen Tommy und Helen sind, in der Absicht, demnächst vor den Traualtar zu treten. Jetzt, wo die role models ja schon ein soweit sind, ein eigenes Heim zu bewohnen, können sie doch sicher mit ein paar Tipps und Ratschlägen für angehende Ehepaare aufwarten, oder? Aber sicher doch. Doch dem geübten Ohr wird auffallen, dass vor allem Helens Hinweise auf ein „ÜBERLEGT EUCH DAS GUT!!!“ und „bloss nix überstürzen“ hinauslaufen. Ja, die Ehe ist kein reines Hongischlecken, das hätte ICH Euch auch erzählen können. Aber auf mich hört ja sowieso keiner. Kaum sind Mike und Molly, äh, Marla, verschwunden, bekommt Helen einen mittelprächtigen Nervenzusammenbruch und heult Tommy die Ohren voll. Nicht mit Tommy in reizbarer Stimmung – der ist total „think U got it bad? I GOT IT BAD!” und zückt die gerade noch versteckte Mahnung. Ist ja schließlich nicht IHR Auto, das ob des sich auftürmenden Schuldenbergs gepfändet werden soll, himmeldonnerwetternochmal. Angesichts der hoffnungslosen, doch nicht ernsten Lage schlägt Helen vor, amtlich zu Kreuze zu kriechen und wieder bei ihren Alten einzuziehen, doch diese Demütigung kann sich Tommy unmöglich bieten lassen. Er wird die Kohle auftreiben, und wenn es das letzte ist, was er tut (this film being what it is, kann es durchaus wirklich das letzte sein, was er tut).

Das bedeutet natürlich zwangsläufig, dass Tommy, ob er das nun töfte findet oder nicht, sich mit Lech ins Bett legen muss. Zum Glück nur im metaphorischen Sinne – SO progressiv sind wir dann auch bei Ed Wood 1962 noch nicht (ein paar Jahre später allerdings…). Lech kann man zumindest eines nicht vorwerfen – trotz der Fressenpolitur vor ein paar Filmminuten ist er nicht nachtragend, das Angebot für Tommy steht nach wie vor. Und so fahren Lech und sein noch zwielichtigerer Geschäftspartner eines Nachts während Tommys Spätschicht mit einem schmucken Cabrio vor, das Tommy schnell auf Vordermann bringen soll. Tommy, ganz serviceorientiert, denkt an eine kleine Umlackierung, aber so viel Aufwand soll’s dann auch nicht sein. Ein bissl am Chrom rumpolieren, die Fahrgestellnummer mit den falschen Papieren angleichen, dafür befinden sich ein paar grüne Scheine als Belohnung im Handschuhfach. Und, ach ja, den fertigen Wagen beim Kunden vorfahren, da möchte Tommy doch, bitteschön, auch erledigen (ich mag nicht Unke spielen, aber mir deucht das der riskante Part an dem Unternehmen zu sein). Tommy schraubt und feilt, wird aber unerwünschterweise von Helen besucht, die den Zeitpunkt für eine Grundsatzdiskussion gekommen sieht, auf die Tommy jetzt aber, kann man auch verstehen, überhaupt keine Böcke hat. Statt dessen wedelt er großkotzig mit den frisch verdienten Dollars vor Helens hübscher Nase und verkündet, alles im Griff zu haben. Helen wüsste jetzt schon gerne, wo, wie und warum er den Zaster verdient hat, aber Tommy ist wenig auskunftswillig, sondern hockt sich zwecks Autoüberführung in die Droschke. Helen pflanzt sich unbürokratisch neben ihn – bis er nicht ausgespuckt hat, was Sache ist, wird er sie nicht los. Tommy grummelt, aber wenn sie ihm zuhören will, wie er am Steuer nichts sagt, soll’s ihm auch recht sein.

Allerdings begeht Tommy einen schweren Kardinalfehler des ahnungslosen Jungkriminellen. Memo: Wenn du in einem geklauten Auto unterwegs bist und das auch weißt, verhalte dich um Himmels Willen UNAUFFÄLLIG. Und versuche nicht, den Landgeschwindigkeitsweltrekord für serienmäßige Ottomotorcabrios zu brechen. Denn solches wird von den uniformierten Ordnungskräften, die auch in der kalifornischen Pampa donutfressend hinter jedem zweiten Busch auf Opfer lauern, gemeinhin negativ beurteilt. Der Streifenwagen nimmt die Verfolgung auf. Helen wäre stark für „rechts ranfahren und Konsequenzen tragen“, aber Tommy ist IN DA ZONE und für rationale Argumente nicht mehr empfänglich. Das kann nicht gut gehen und tut es natürlich auch nicht, denn auch diese Gemeinde hat ihr lokales Äquivalent einer Dead Man’s Curve, und die kriegt Tommy bei seinem wahnsinnigen Speed nicht mehr. D.h. stock footage eines Cabrios schraubt sich malerisch eine Klippe hinab, überschlägt sich dabei und zerstiebt am stabilen Fels in Millionen kleinster Splitter. R.I.P.

Damit könnte alles gesagt und erledigt sein, doch es fehlt noch die Moral von der Geschicht. Und die müssen sich die versammelten Eltern von einem grimmigen Richter (Richard Davies, THE MAD DOCTOR OF MARKET STREET, THE FALCON IN DANGER) anhören. Der ist nämlich moralisch ganz auf der Linie seines Friedensrichterkollegens und der festen Überzeugung, dass die Tragödie einzig und allein auf dem Mist der Eltern gewachsen ist. Wem von seinen Eltern kein Verständnis entgegengebracht bekommt, keine Freiräume hat und generell zeitlich und emotional vernachlässigt wird, mit dem nimmt es halt ein böses Ende. George Blaine zieht die „ich-bin-ein-hart-arbeitender-Mann-und-habe-mein-Bestes-getan“-Karte (was für ihn ja stimmen mag, aber meine Güte, es gibt ja auch noch eine Hausfrau und Mutter mit Grace), womit er dem Richter aber im Mondschein begegnen kann, und auch die Newtons bekommen ihr Fett ab, sind aber einsichtig und verstehen, dass sie sich anstatt der Mitgliedschaft im Country Club lieber auf ihr eigen Fleisch und Blut konzentrieren hätten sollen. Warum erzählt den Eltern das jetzt aber ein Richter und nicht ein begräbnisvorstehender Pfaffe? Weil… Tommy und Helen überlebt haben!!! A MIRACLE! HALLELUJA! PRAISE THE LORD! AMEN! GOSPELSING! (Nein, letzteres nicht, das ist ein streng weißer Film hier). Ernstlich – mich hätte bei diesem ganz offenbar wirklich von Ed Wood in die Tastatur gekloppten Finale nicht mehr gewundert, wenn die Rettung tatsächlich auf göttliche Einflussnahme zurückgeführt worden wäre, aber der Film liefert statt dessen die streng rational-glaubwürdige Erklärung von Rein Gar Nix. Tommy hat sich den Arm gebrochen, Helen nicht mal einen Fingernagel verstaucht (das kam offenbar auch dem zeitgenössischen Publikum so spanisch vor, dass für die TV-Auswertung ein anderer stock-footage-Shot reingepfriemelt wurde, bei dem sich das Auto nicht überschlägt und man ein Überleben der Insassen zumindest nicht völlig ausschließen kann. Dieses „alternative“ Ende ist auf der Retromedia-DVD als Extra enthalten).

Da alle sechs Beteiligten hochnotpeinlich Besserung geloben und auch der Richter der Meinung ist, dass sie alle eine zweite Chance verdient haben, verdonnert er Tommy lediglich zu einer Bewährungsstrafe und Helen zu gar nichts. Die Newtons und Blaines sehen einer glücklichen Zukunft als Patchwork-Familie entgegen und besonders die Mütter sind fest entschlossen, sich besser kennenzulernen. HAPPY END, MOTHERFUCKERS!

Was an MARRIED TOO YOUNG hauptsächlich ins Auge fällt, ist, wie versöhnlich er für sein Genre ist. Der moralisierende juvenile-delinquent-Film war normalerweise eher hard edged, was seine Botschaft angeht (das werden wir sehen, wenn wir uns in Kürze mit Ed Woods philosophischen Vorläufer THE VIOLENT YEARS befassen). Sowohl Tommys „Sturz“ in die Kriminalität per se als auch das fast völlige Ausbleiben von Konsequenzen für ihn und Helen – sowie die eindeutige Schuldzuweisung an die Eltern, und das nicht mal unter der Maßgabe, dass die verantwortungsvollen Erwachsenen ihre Zöglinge nicht hart genug an die Kandare genommen haben, um ihnen amerikanisch-moralische Werte in die Brägen zu planieren, sondern gerade der Umstand, dass sie entweder zu rigide Regeln aufstellen oder sich überhaupt zu wenig für ihre Kids interessieren, für deren Unglück verantwortlich gemacht wird. Das ist, wie ich schon andeutete, eine erstaunlich progressive Herangehensweise, vergleicht man das mit Krams wie MIT 17 AM ABGRUND von Jack Arnold z.B.

Im Umkehrschluss ist MARRIED TOO YOUNG nicht sehr spektakulär – kein Wunder, wenn ja schon der Titel sagt, dass das eigentliche Problem nicht Drogen, Alkohol oder Roggenroll ist, sondern die viel zu frühe Heirat. Exploitation ist die Sache des Films sicher nicht (oder erst in letzter Linie), über den größten Teil seiner (für das Genre durchaus stolzen) 76 Minuten Laufzeit konzentriert sich MARRIED TOO YOUNG auf seine Momente reinen Dramas. Und wenn man ehrlich ist… es funktioniert als solches sogar relativ gut. Klar, der Film ist ein Kind seiner Zeit, d.h. die gesellschaftlichen, familiären und moralischen Verhältnisse spiegeln den Stand 1962 wieder, als solche Dinge wie „unter Stand verlieben“ tatsächlich noch existenzielle Probleme waren (gut, das sind sie in manchen Kreisen auch heute noch, aber generell ist es ja keine Skandalmeldung mehr wert, wenn ein Hartz-IV-Empfänger in eine leitende-Angestellten-Familie einheiratet). Natürlich ist alles sehr gerafft – die voreilige Heirat findet am gleichen Tag statt, an dem wir unsere Protagonisten überhaupt erst kennenlernen (aber B-Filme haben halt keine Zeit zu vertrödeln), und für die jeweilige Unerträglichkeit des Lebens in den respektiven Haushalten der Blaines und Newtons müssen Fünf-Minuten-Sequenzen herhalten, die die Probleme freilich nur soweit anreißen können, als wir uns das „Große und Ganze“ aus dem Gezeigten heraus extrapolieren können. Ein wenig mehr Zeit nimmt sich der Film dann erst wieder mit der „Eigenheim“-Phase, in der wir zumindest mal aus den Perspektiven beider Jungvermählter die Schwierigkeiten gezeigt bekommen. Dafür ist das Finale dann wieder ziemlich gehetzt, wenn schon beim ersten illegalen Einsatz Tommys die Katastrophe (bzw. das, was der Film dafür hält) ihr finsteres Haupt hebt.

Aber wie gesagt, Film und Story hangeln sich einigermaßen glaubwürdig von einem Unglück zum nächsten, und da der Film eben nah an seinen handelnden Personen bleibt, beißt er auch formal nicht mehr ab, als eine 20.000-Dollar-Produktion (in diesem Bereich spielte Headliner um diese Zeit, vgl. Woods THE SINISTER URGE, der vielleicht sogar eine Spur aufwendiger wirkt, hat er doch ein paar echte Außenaufnahmen zu bieten) zu schlucken vermag. Alles, was aussieht, als könnte es Geld kosten (in diesem Falle das Autorennen und der Schluss-Crash) ist stock footage, und alles andere besteht aus unaufwändigen Sets, die für das, was sie symbolisieren sollen, locker ausreichen.

An der Kamera steht ein großer Name, bei dem man sich echt fragen kann, wie zur Hölle Headliner an ihn rangekommen ist – Ernest Fuller, verdienter Oscar-Preisträger für VOM WINDE VERWEHT und auch Fotograf von so großen Filmen wie …DENN SIE WISSEN NICHT, WAS SIE TUN, WAS GESCHAH WIRKLICH MIT BABY JANE? (unmittelbar vor diesem Film) und LILIEN AUF DEM FELDE (unmittelbar nach diesem Film). Fuller war scheinbar ein Arbeitstier, der vor keinem B-Film zurückschreckte, so kommt man dann auch auf 185 Credits… Man sieht MARRIED TOO YOUNG aber nicht wirklich an, welcher Meister da für die Kameraarbeit zuständig war…

Den Soundtrack bestreitet Michael Terr (THE SINISTER URGE, ANATOMY OF A PSYCHO, SWAMP COUNTRY, PORNOKATZEN) auf bewährte B-Film-Manier.

Was Eddies Beteiligung angeht – es ist schon so, man merkt ungefähr, welche Passagen auf sein Kerbholz gehen (mit Sicherheit die Finalszene vor Gericht), immer wenn die Dialoge einen Schlenker ins Absurde nehmen, kann man davon ausgehen, dass Ed und seine Flasche Imperial dafür verantwortlich sind.

Das wirklich Schlimme an MARRIED TOO YOUNG ist zweifellos das Schauspiel und allen voran Harold Lloyd Jr. Ich schreibe echt ungern, WIE furchtbar er ist, denn er hatte echt kein leichtes, schönes oder langes Leben. Der Sohn des großen Komik-Genies versuchte sich nicht nur verzweifelt und ebenso erfolglos, IRGENDEINE Showbiz-Karriere, sei’s als Sänger, Theater- oder Filmschauspieler, sondern war homosexuell in einer Zeit, in der das wirklich keinen Spaß machte – insbesondere, wenn man sich wie er auf der eher submissiv-masochistischen Seite des Spektrums einordnete. Harold Lloyd Senior war überraschend verständnisvoll und ließ seinen Sohn auf dem Familiensitz unterkriechen, wenn er mal wieder von einem Bären vermöbelt wurde (recht liberal, obwohl der Lloyd der Ältere ansonsten argwöhnisch auf sein Image und seine „Legacy“ achtete). Drogen und Alkohol spielten wohl auch ihre Rolle. Aber naja, es hilft halt nix, er ist ein grottenschlechter Schauspieler, auch wenn man einrechnet, dass er locker 14 Jahre zu alt ist für die Rolle. 1965 ereilte ihn kurz nach seiner letzten Filmrolle ein Schlaganfall, von dem er sich nicht mehr erholte. 1971 starb er im Alter von 40 Jahren, nur wenige Wochen nach seinem Vater.

Der Rest des Ensembles… naja, Jana Lund ist nett anzusehen, die Eltern-Darsteller sind in unterschiedlichem Maße furchtbar, für Leben auf der Leinwand sorgt nur Marianna Hill in ihren wenigen kleinen Szenen – kein Wunder, dass fast jeder Verleiher seine Werbung auf sie und ihre Figur kaprizierte und versuchte, sie zur „femme fatale“ des Films zu stilisieren, obwohl das null mit ihrer tatsächlichen Rolle zu tun hat…

Die DVD von Retromedia bringt den Film in leichtem Widescreen (1.66:1) und erstaunlich guter Bild- und Tonqualität. Als Extras gibt’s die alternative Fassung des Endes, die Auskunft von Headliner Films über Eddies Beteiligung als Foto, die Trailer für MARRIED TOO YOUNG und THE SINISTER URGE sowie den Bonusfilm THE VIOLENT YEARS, der eigentlich allein schon das Eintrittsgeld wert ist…

Wer gepflegten Wahnsinn der Wood-Schule erwartet, wird hier sicher nur eingeschränkt bedient – dafür ist der Film über weite Strecken eben NICHT von Wood und daher relativ seriös. Als Jugenddrama mit dem Schuss ins Absurde mit einer erschütternden Leistung in der männlichen Hauptrolle ist es nicht ganz das große Trash-Feuerwerk, aber für Freunde filmhistorischer Kuriositäten schon sehenswert…

© 2019 Dr. Acula


BOMBEN-Skala: 7

BIER-Skala: 6


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