Mann des Gesetzes

 
  • Deutscher Titel: Mann des Gesetzes
  • Original-Titel: The Star Packer
  • Alternative Titel: Er trug einen Stern | Der Schatten | US Marshall John |
  • Regie: Robert N. Bradbury
  • Land: USA
  • Jahr: 1934
  • Darsteller:

    John Wayne (John Travers), Verna Hillie (Anita Matlock), George „Gabby“ Hayes (Matt Matlock), Yakima Canutt (Yak), Billy Franey (Henchman im Baumstumpf), Eddie Parker (Parker), Earl Dwire (Mason), Thomas G. Lingham (Al Davis), Glenn Strange (Loco Frank)


Vorwort

Marshall Travers und sein indianischer Sidekick Yak verhindern einen Postkutschenüberfall (naja, verhindern ist das falsche Wort und Travers‘ Methodik ist fragwürdig – er klaut das Geld *vor* den Banditen, lässt selbige dann den Wachmann tot- und den Fahrer der Kutsche anschießen, versteckt die Kohle und rettet der Kutschenpassagierin Anita noch das Leben, in dem er die durchgegangenen Pferde wieder einfängt). In der kleinen Stadt, die das Ziel der Kutsche ist, ist man von den Heldentaten des Fremden angetan – und da man gerade unter der Verbrechenswelle der Bande des „Shadow“ stöhnt und selbige unter den getrübten Augen Travers‘ den gerade frisch bestellten Sheriff Davis totschießt, lässt Travers sich breitschlagen, die vakante Gesetzeshüterstelle provisorisch zu übernehmen. Er und Yak stellen auch rasch fest, dass der „Shadow“ mit seinen Henchmen über einen falschen Safe im Saloon kommuniziert und in seinem offiziösen Hideout eine erlesene Sammlung vielfach verurteilter Halsabschneider durchfüttert.

Anita indes ist angereist, um ihren Besitz zu besichtigen – ihr gehört durch Erbschaft die Hälfte der Matlock-Farm; ihr Onkel Matt Matlock, stolzer Besitzer der anderen Hälfte und einer durch schattige Diebeshand entwendeten Viehherde, hält den wilden Westen für damenuntauglich und würde sich großmütigerweise anbieten, ihren Teil an der Immobilie günstig zu erwerben. Anita aber will sich durchbeißen. Travers indes kommt’s ein wenig suspekt vor, dass er direkt nach einem Anstandsbesuch auf der Matlock-Farm von Shadow-Schergen überfallen wird (und das Versteck der Gang sprichwörtlich das Nachbargrundstück der Farm ist). Natürlich sind die Henchmen keine Gefahr für den Marshall und seinen nativamerikanischen Kumpel, aber die Gefangenennahme der Attentäter bringt Travers auf eine Idee – und mit Hilfe der durchaus proaktiv eingestellten Stadtbevölkerung bereitet er eine Entscheidungsschlacht gegen den Schattenmann vor…


Inhalt

Wird ja Zeit, dass der Duke seine Visitenkarte hier abgibt – gut, sein Mongolenepos „Der Eroberer“ („I see Genghis as a cowboy…“) oder der in Zusammenarbeit mit Ray The Killer Shrews Kellogg entstandene Pro-Vietnam-Heuler „Green Berets“ würden sich sicherlich aufdrängen, aber man – sprich ich – muss nehmen, was ich habe, und mir purzelte eben gerade „Mann des Gesetzes“ aus einem Sponsorenpaket entgegen.

Bei dem Streifen handelt es sich, das Baujahr 1934 deutet es dezent an, um ein Frühwerk des Mannes namens Marion Morrison. Der trieb sich seit 1926 in Hollywood herum und hatte es mittlerweile von unkreditierten Bit-Parts über die Hauptrolle in Raoul Walshs Dokudrama-Epos „Der große Treck“ zum leading man in B-Filmen unterschiedilchster Couleur geschafft – man sah ihn u.a. in Komödien wie „Girls Demand Excitement“ oder Dramen wie „Three Girls Lost“. 1932 traf Wayne am Set des Action-Serials „The Shadow of the Eagle“ auf den erfolgreichen Rodeo-Reiter Yakima Canutt, der sich als innovativer Stuntman einen Namen in Hollywood gemacht hatte. Canutt und Wayne freundeten sich an, entwickelten gemeinsam Stunts und Kampftechniken. Wayne war so beeindruckt von Canutt, dass er quasi seine gesamte Screen-Persona auf Canutts Mannerismen aufbaute. Nachdem Waynes Vertrag mit Warner Bros. auslief, wechselte er 1933 – im Paket mit Canutt – zum B-Studio Monogram. Unter dem Banner „Lone Star Pictures“ wurde Wayne zum Star einer ganzen Legion hastig heruntergekurbelter B-Western (zunächst sogar als „singender Cowboy“ vom Schlage eines Roy Rogers… zum „Glück“ für Wayne hatte er keine Singstimme, musste für die Songs synchronisiert werden und konnte das Thema rasch ad acta legen), im Gegensatz zu Konsorten wie Bob Steele oder Tex Ritter bekam er allerdings keine „eigene“ Serie (das gelang ihm erst 1938, als er bei Republic Pictures in die bereits etablierte „Mesquiteers“-Reihe um Ray Corrigan eingebaut wurde), sondern spielte stets unterschiedliche Charaktere (zumindest dem Namen nach).

„The Star Packer“ (wobei sich der „Star“ natürlich auf den Sheriffstern bezieht, den Wayne in diesem Film *keine Sekunde lang* trägt), wurde von Ronald Bradbury geschrieben und inszeniert, einem Veteran aus Stummfilmtagen, der u.a. 1921 eine 22-Minuten-Western-Adaption des Shakespeare’schen „Tempest“ auf die Leinwand gebracht und als zuverlässiger Lieferant solider B-Ware problemlos den Sprung vom „silent“ zum „talkie“ bewältigt hatte (und nebenbei auch seinen Sohn Robert als Schauspieler ins Filmgeschäft steuerte. Der Künstlername von Bill Bradbury? Bob Steele… So bleibt alles in der Familie). Wer wie Bradbury hier grad mal eben 50 Minuten Zeit zu füllen hat, kann sich nicht damit aufhalten, eine echte Geschichte erzählen zu wollen – mehr als ein halbwegs brauchbares Gerüst, an dem man sich entlanghangeln kann, um die notwendigen Prügeleien, Shoot-outs und Verfolgungsjagden zu verbinden. Man darf darüber streiten, ob „The Star Packer“ ein solches Gerüst tatsächlich mitbringt oder die ganze Chose doch verdammt nach „random action sequences“ müffelt. Sinn macht nämlich nicht viel in dem, was der Streifen in Ermangelung eines Plots „Story“ nennt. Wieso zum Geier überfallt Travers (ein US-Marshall, auch wenn man das uns im Film selbst erst zehn Minuten vor Schluss verrät) die Postkutsche selbst, nachdem sein indianischer Sidekick ihn darüber informiert, dass Banditen vorhaben, die Kutsche auszurauben? Wieso sieht er beim tatsächlichen Überfall der Shadow-Bande untätig zu, wie die Ganoven den Wachmann erschießen und greift erst ein, als die Banditen sich wieder verzogen haben und die Kutsche mit durchgegangenen Pferden durch die Prärie brettert? Wieso unternimmt er, als er das Versteck der Bande entdeckt und feststellt, dass dort mehrere tausend Jahre Zuchthaus versammelt sind, sprichwörtlich *nichts*? Warum beruft er sich in der Stadt nicht auf seine Autorität kraft Marshall-Amtes, sondern lässt sich zum Sheriff ernennen? Wieso unternimmt er ebenso wenig, als er mit einem er gefangenen Henchmen den „Shadow“ via dessen geniöser (this-is-me-using-my-sarcastic-voice-again) „fake safe“-Technik kommuniziert, sondern entwickelt lieber einen umständlichen Plan, der in einem Lucky-Luke-Album wesentlich stilvoller aufgehoben wäre als in einem, hihi, ernsthaften Film (wobei ich Lucky Luke nicht beleidigen will. Der typische Goscinny-Plot ist erheblich besser, realistischer und spannender als das, was Bradbury hier bringt – wobei Gimmicks wie ein ausgehöhlter Baumstumpf mittig auf der Main Street, aus dem die Bösewichter heraus ballern, oder eben der falsche Wandsafe, der dem Shadow als Audienz-Sprechfenster dient, schon Ideen sind, wie sie auch ein Comic bringen könnte).

Es gibt ein paar leise Andeutungen, dass „The Star Packer“ für einen Western von 1934 vergleichsweise progressiv ist: die durchaus vorhandene Sympathie, die der Film seinem indianischen Charakter entgegenbringt (der zwar klar dem weißen Mann untergeordnet ist, aber kein ungehobelter comic-relief-Wilder, sondern ein kompetenter Kompagnon des Marshalls ist), die vergleichsweise moderne Frauenrolle (Anita darf selbst den Revolver schwingen – zwar fällt dem Script nicht wirklich viel ein, was es mit Anita anstellen könnte – nicht mal eine Liebesgeschichte mit Travers, was die „glückliche-Familie“-Epilogszene, in der die beiden mit Kind & Kegel & Indianer herumalbern, entsetzlich aufgesetzt erscheinen lässt), und das ungewöhnlich „moderne“ Setting – „The Star Packer“ spielt offensichtlich zu Beginn des 20. Jahrhunderts, technische Errungenschaften wie Telefone und Taschenlampen sind in den Westen vorgedrungen, aber noch hat das Auto das Pferd nicht als Transportmittel abgelöst (das macht allerdings noch unverständlicher, warum Travers nicht einfach die Kavallerie herbeitelefoniert).

Der betriebene Aufwand ist überschaubar – eine Westernstadt-Filmkulisse, wie sie 1930 wohl jedes Poverty-Row-Studio greifbar hatte, eine (irgendwie halbfertig aussehende) Postkutsche, vielleicht 20 Statisten und ebenso viele Pferde… wozu auch Geld für Kulissen ausgeben (das teuerste Requisit im ansonsten praktisch leeren Saloon dürfte der Spielautomat sein), wenn doch die überwiegende Filmlaufzeit damit verbracht wird, sich zu verfolgen, zu hauen oder zu beschießen? Die Actionsequenzen sind allerdings… wie sag ich’s, ohne dem Duke zu sehr ans Knie zu pinkeln… erbärmlich; die Schlägerei zwischen Travers und einem von Shadows Henchmen lässt jede Schulhofrangelei wie ein von Jackie Chan und Bruce Lee in Zusammenarbeit choreographiertes Martial-Arts-Duell aussehen, die Verfolgungsjagden hoch zu Ross werden albern hochgespeedet, der große finale Shoot-out enthält viel Pulverdampf, aber kaum mal Ursache-Wirkung-Prinzip – einzig die Pferde-Stunts (und ein Kutschenstunt im Finale) lassen aufmerken, auch wenn ich wieder einmal Bedenken hinsichtlich der bleibenden Gesundheit der wiehernden Vierbeiner anbringen muss (allerdings kann auch gesagt werden, dass Yakima Canutt nicht zu den Stunt-Koordinatoren gehörte, denen Leib und Leben von Mensch und Tier wurscht waren. Canutt sollte später das Wagenrennen im „Ben Hur“-Remake orchestrieren. Wo zu Stummfilmzeiten noch eine Vielzahl von Pferden ins Gras biss [dass Stuntmen ums Leben kamen, ist eine urbane Legende], ging die einzige Verletzung beim Remake aufs Konto von Canutt jr., der glaubte, eine Sicherheitsbestimmung seines alten Herren nicht umsetzen zu müssen). Leerlauf gibt’s, wie nicht anders zu erwarten, kaum, die kurzen Atempausen zwischen den Actionszenen werden notdürftig mit rudimentären Plotentwicklungen gefüllt, ohne dass wirklich Spannung aufkommen könnte, was neben den recht schlichten Dialogen nun hauptsächlich daran liegt, dass die Identität des geheimnisvollen „Shadow“ vom sprichwörtlichen Blinden ohne Krückstock auf 10 Meilen gegen den Wind gerochen werden kann – dass Marshall Travers dafür fast den ganzen Film braucht, spricht nicht für ihn…

Schauspielerisch deutet John Wayne nicht unbedingt seine Superstar-Qualitäten an – ja, er wirkt für jemanden, der noch nicht wahnsinnig lange mit der Last des leading man beladen ist, erstaunlich selbstsicher und -bewusst, aber deswegen noch lange nicht überzeugend in den Passagen, in denen er nicht nur reiten, schießen und kloppen muss (die deutsche Tonfassung, die ihn mit einer brummiger-50-Jahre-alter-Veteranencowboy-Stimme versieht, obwohl Wayne zum Drehzeitpunkt grad mal 27 Lenze zählte, hilft grundsätzlich nicht weiter, und der Umstand, dass die Synchro an und für sich grauenvoll ist, erst recht nicht). Verna Hillie, ein B-Film-Sternchen, das auch in dem Gruselstückchen „House of Mystery“ amtierte und unkreditiert in „Die Marx Brothers im Krieg“ spielte, hat als Anita Matlock praktisch nichts zu spielen, fällt dadurch aber wenigstens nicht negativ auf. Als Oberfiesling (huch, jetzt hab ich das Mystery des Films verraten) fungiert George „Gabby“ Hayes, der eine erfolgreiche Karriere als Western-Sidekick (für Hopalong Cassidy, Roy Rogers, Gene Autry und Wild Bill Elliott), zumeist in der Standard-Rolle des „gibberish“-parlierenden comic-relief-Westernhaudegens (think Festus), hier einmal in einer ernsthaften und schurkigen Rolle. Für einen wirklich eindrucksvollen B-Bösewicht fehlt ihm aber Charisma und Wille zur Übertreibung. Neben Yakima Canutt (der später übrigens noch den von Ed Wood geschriebenen Western „The Lawless Rider“ inszenierte), und der hier als entspannter und die Verbrecherjagd insgesamt als großen Spaß auffassender Indianer zumindest so aussieht, als hätte er seinen Fun, geben sich als Henchmen u.a. Glenn Strange (späteres Frankenstein-Monster in „House of Frankenstein“ und „House of Dracula“) und Eddie Parker (Lugosi-Double in „Frankenstein meets the Wolf Man“ und „Bride of the Monster“) die Ehre. Für den Stummfilmkämpen Thomas G. Lingham ist die seltsame Rolle des 60-jährigen Greises, der zu Filmbeginn als Sheriff antreten soll und prompt erschossen wird – wenn ich mich recht entsinne, ohne eine Zeile Dialog zu haben – die vorletzte seiner 112 Filmrollen (nach einem unkreditierten Auftritt in „Texas Terror“, einem der nächsten Wayne-B-Western, war Rente angesagt).

Bildqualität: Great Movies hat hier offenkundig einen der zahlreichen Public-Domain-Prints aus USA (wahrscheinlich den von Alpha Video) hergenommen – das sieht dann genau so aus wie ein Public-Domain-Print, der sich normalerweise auf einer 50-Filme-auf-12-DVDs-Sammlung einigermaßen wohlfühlen sollte, eben aussieht. Grauenhaft unscharf, verschwommen, grobkörnig, gruslig – ich glaub, mein Flatscreen hat sich mächtig erschrocken… In den Nachtszenen (und in den „Taschenlampen“-Szenen) sieht man schlichtweg nichts.

Tonqualität: Die hiesige DVD-Fassung basiert auf einer überarbeiteten US-TV-Fassung von ca. 2004, die mit neuer Musik und Soundeffekten aufgepeppt wurde (der Film kam ursprünglich offensichtlich ohne Score aus, was in der Anfangszeit des Tonfilms nicht unüblich war). Der neue Soundtrack ist grauenvoll – er plärrt tatsächlich die komplette Filmlaufzeit über, und das mit abgezählten fünf Themen, die jeweils 10 Minuten in Endlosschleife laufen – nicht etwa dramaturgisch sinnvoll, sondern stur „10 Minuten ’spannende‘ Musik“, „10 Minuten Country-Gedudel“, „10 Minuten ‚unheimliche‘ Musik“, „10 Minuten anderes Country-Gedudel“, und das alles eingespielt von einem Alleinunterhalter auf seinem Billig-Keyboard. Entsetzliche Ohrenfolter…

Ansonsten haben wir es mit einer deutschen Neusynchro zu tun (der Film ist erst mit DVD-Release im deutschen Sprachraum aufgetaucht). Diese ist in Tradition der Billiglabel-Klassikerneusynchros schlichtweg entsetzlich – die Sprecher (die drei oder vier verschiedenen, die alle Rollen sprechen und dafür mehr oder minder glaubwürdig die Stimmen verstellen) sind unpassend und chargieren verbal auf’s Übelste.

Extras:Bildergalerie und Wayne-Biografie in Texttafelform.

Fazit: Superstars fallen nicht immer vom Himmel – John Wayne ist ein Beispiel für einen Akteur, der die Ochsentour durch die B-Filme machen musste, ehe er in“Stagecoach“ den Durchbruch feierte (und auch das bedeutete nicht, dass der Duke nicht noch seine vertraglichen B-Verpflichtungen erledigen musste). „Mann des Gesetzes“ ist ein nicht mal im B-Bereich sonderlich „guter“ B-Western (die Roy-Rogers-Western bleistiftsweise, Billy the Kid kehrt zurück haben wir ja exemplarisch hier besprochen, sind wesentlich sorgfältiger gewerkelt und auch… unterhaltsamer) – die Plotte ist dünn, die Actionszenen schwanken zwischen lach- und schmerzhaft und Wayne selbst… ja, die Grundlagen seines späteren Ruhms sind da, die Mannerismen, das schier unendliche Selbstvertrauen, aber noch hat er seine Screen-Persona (die er ja im Wesentlichen unverändert über drei Jahrzehnte hievte) noch nicht hundertprozentig erschaffen. Er ist zweifellos das Beste am Film, aber wenn man nicht unbedingt jeden Fitzel Duke-on-film gesehen haben muss, kann man sich diese Stunde wirklich schenken. Lieber noch mal „Rio Bravo“ oder „Alamo“ kucken…

1/5
(c) 2012 Dr. Acula


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