Manborg

 
  • Deutscher Titel: Manborg - Retter der Zukunft
  • Original-Titel: Manborg
  •  
  • Regie: Steven Kostanski
  • Land: Kanada
  • Jahr: 2011
  • Darsteller:

    Matthew Kennedy (Manborg), Adam Brooks (Doctor Scorpius/Draculon), Meredith Sweeney (Mina), Conor Sweeney (Justice), Ludwig Lee (#1 Man), Jeremy Gillespie (The Baron), Andrea Karr (Shadow Mega), Mike Kostanski (Little Guy), Ivan Henwood (Sarge)


Vorwort

Einmal zuvor hat es die Menschheit geschafft. Mit geeinten Kräften hat man den Armeen der Hölle getrotzt und das Gute hat gesiegt. Doch dieses Mal sieht es nicht so gut aus, nein, es scheint, als wäre der Tag gekommen, in dem sich Count Draculon, Fürst der Hölle, sich die Menschheit Untertan macht. Die Soldaten geben alles, aber einer nach dem anderen läßt sein Leben. Der Offizier erklärt dem Gefreiten, dass er für seine Familie kämpft. Familie ist alles, wenn nicht für sie, für was dann? Doch dann fällt auch er im Feuer der satanischen Waffen und kurz darauf wird der Gefreite durchsiebt.
Dem Tod zum Trotz ist für ihn das Ende der Fahnenstange dennoch nicht erreicht. Irgendwo, irgendwann, die große Schlacht ist längst vorbei, die verbliebenen Menschen zu einem Leben in Sklaverei verdammt, hat irgendwer das Know-How und die Ressourcen, ihm neues Leben zu schenken. Das zerfetzte, vermoderte Fleisch wird durch undurchdringliche Stahl-Legierungen ersetzt, die Gelenke durch Scharniere verstärkt, der Blick sucht die Umgebung mittels zoombaren Kamera-Objektivs ab, das Ziel für das integrierte Maschinengewehr im HUD markiert. MANBORG ist geboren! Er wurde in die Welt geworfen, er weiß nicht wo, er weiß nicht wann. Auf der Straße der Verdammten trifft er auf #1 Man, ein Kung-Fu Ass und Freiheitskämpfer, der sich mit den Horden des Bösen prügelt. Manborg kann hier erstmals seine Fähigkeiten unter Beweis stellen, und seine Gegner haben nichts zu lachen. Dann greift die hinterhältige Shadow Mega ins Geschehen ein und bei Manborg gehen erst einmal die Lichter aus. Als nächstes führt der Weg der beiden Helden im Gefangenenbus in Richtung Arena; ein Ort, wo die dämonischen Massen nach römischen Vorbild blutige Unterhaltung finden, indem die verbliebenen Menschen abgeschlachtet werden. The Baron, eine scheußliche Höllenkreatur und für das Amüsement des Pöbels zuständig, wartet schon sehnsüchtig auf neues Schlachtvieh, dessen Einzelteile über den staubigen Boden des Stadions verteilt werden soll. Gerade die Gefangennahme von #1 Man ist ihm ein Wohlgefallen, aber auch von Manborg ist er gleich ausgesprochen entzückt. So werden sie zu den anderen Kämpfern gesperrt. Während Shadow Mega weitere Anweisungen erhält, quälen Manborg Träume an sein voriges Leben und er realisiert erst jetzt seine Situation. Eine Zelle weiter bestätigt Justice sein Ruf als Großmaul. The Baron beschäftigt sich währenddessen mit der schönen Mina, die es ihm besonders angetan hat. Seine unbeholfenen Flirtversuche qualifizieren ihn nicht gerade zum Womanizer. Aus dem Duo wird hier also ein Quartett, das Seite an Seite gegen die besser bewaffneten und mit Hoverscootern ausgestatteten Gladiatoren der Hölle bestehen muss. Den Anfang macht Mina, der erste Schädel wird gespalten, es werden Hände abgetrennt und Fleisch im Kugelhagel sauber vom Körper getrennt. Manborg wird vom ersten Einsatz seines riesigen Maschinengewehrs zu Boden geworfen, wo er hilflos wie eine Schildkröte vor sich hinzappelt. Die Menschen haben gewonnen, dieses Mal. Count Draculon ist unzufrieden, er wollte Blut, dass ihm versprochen wurde. Mit der Einheit der Kämpfer hat man nicht gerechnet. Und nachdem sich der schüchterne The Baron nochmals beim anflirten lächerlich gemacht hat, steht ein One-on-One an: Manborg gegen den Champion, eine furchteinflößende Stop-Motion-Figur aus Draht und Knete. Manborg wird durch die Arena geschleudert, die Menge glaubt an einen Sieg des Favoriten. Doch Manborg findet die Schwachstelle, und am Ende steht das Monster nicht nur titel- sondern auch kopflos da. Und während die Elite der Grausamkeit noch am grübeln ist, warum, wieso, weshalb, bekommt unser Titelheld Besuch von seinem Schöpfer, also im realen, irdischen Sinn. Mit seiner Hilfe können sie der Gefangenschaft entfliehen und bereiten sich in einem Rebellenversteck darauf vor, die fiesen Höllenwesen wieder zum Teufel zu jagen…


Inhalt

So, das war also der erste Langfilm der kanadischen Jungs (und Mädels) von Astron-6, die hiernach in „Father’s Day“ die Troma-Legende Lloyd Kaufman als Gott und Teufel vor die Kamera zerrten und zuletzt mit „The Editor“ die Giallo-Fans beglückten (davon erzähle ich euch ein anderes Mal). Und man musste sich ganz schön strecken, um diese Sci-Fi-Trashgranate auf Spielfilm-Länge zu bringen; der Hauptfilm bringt dabei nur knapp eine Stunde (ohne Abspann) auf die Waage, im Anschluss (also nach dem Abspann, den man dankenswerterweise nicht mit irgendwelchen Bloopers künstlich gestreckt hat) folgt noch ein langer Fake-Trailer (5:50 Min. mit Abspann (ja, das Ding hat natürlich ’nen eigenen Abspann)) und dann persifliert man noch den in den USA üblichen „This motion picture is protected under federal law“-FBI-Text (ein Äquivalent zu hiesigen Anti-Piracy-Kampagnen), und zwar auf Englisch und auf Französisch. Das ist zwar ganz lustig, schindet aber vor allem Zeit. Und so stehen wir dann am Ende bei gut 71 Minuten abendfüllender Unterhaltung (wenn man denn so will). Okay, die Geschichte passt ja im Grunde bequem auf eine Seite eines Untersetzers, viel Dialog gibt es wahrlich auch nicht, und so posieren unsere Helden und Bösewichter (erstere mehr) andauernd wichtig in der Gegend herum. Aber das macht nichts, denn ernst nimmt sich das ganze zu keiner Sekunde. Und dabei zieht man genüsslich die billigen Sci-Fi-Videoproduktionen der 80er- und 90er-Jahre aufs Korn, sogar die Bildqualität ist, wohl gewollt, absolut auf VHS-Niveau. Es wurde eigentlich nur vor der Green- und Bluescreen gefilmt (allerdings gibt es nicht viel mehr als nur eine Handvoll Hintergründe), die (schlechten) Splatter-F/X sind hausgemacht wie zu besten Troma-Zeiten, und ausgefallenere Abscheulichkeiten werden nach dem guten, alten Stop-Motion-Prinzip animiert (dabei mehr Robocop 2 als Ray Harryhausen). Besonders gut sind aber die Make-up-F/X gelungen, da hat man ein gutes Händchen bewiesen, vor allem The Baron (Mund ohne Lippen, verbranntes Gesicht & zugenähte Augen) sieht toll aus. Und so ballert und splattert sich der Film durch die runde Stunde, Langeweile kommt da kaum auf. Doch was fehlt, sind zünftige Dialoge. Da gibt es teilweise ganz witzige Sachen wie The Barons Flirtversuche bei Mina, allerdings ist „Manborg“ kaum quoteable, es fehlt ihm an markigen Catch-Phrases. Die liefert dann komischerweise der anschließende Kurzfilm „Bio-Cop“ am laufenden Meter („Why is it that one gang of vicious criminals can’t kill one Bio-Cop?“, „Nothing gets you high like Druggz!“), das Ding wertet den ganzen Spaß auch nochmal auf. Und origineller ist die Story um einen bio-chemisch verseuchten Polizisten, der alle naselang zerfällt und literweise Säure kotzt, aber nicht sterben kann, sowieso. „Manborg“ ist halt die x-te Robocop-Variante, es ist das sichere Ding, daraus läßt sich immer was schustern. Das passt schon für die ersten Gehversuche als Spielfilm. Strukturell wird dann alles pflichschuldigst abgearbeitet, Exposition/Gefangennahme/Kampf/Flucht/Montage/Finale, und es funktioniert so ja auch, ohne dass es zäh wird. Da kann man den Jungs (und Mädels) keinen Vorwurf machen. Und solange das durchgänig unterhält, kann man sich nicht beschweren.

Steven Kostanski ist hauptberuflich Make-up Artist bei Filmen wie „Wrong Turn 4“, „Clown“ oder neuerdings auch „Suicide Squad“ und dem neuen „Es“. Bei Astron-6 ist er einer der Stamm-Regisseure, saß danach auch bei „Father’s Day“ und das Crowdfounding-Projekt „The Void“ (da sind sie quasi flügge geworden), jeweils zusammen mit Jeremy Gillespie. Er hatte hier keine beneidenswerte Aufgabe, in einem „Behind the scenes“-Featurette bekommt man einen kleinen Eindruck davon, wie es ist, mit einer Handvoll Leute am Set (einem Lagerraum mit aufgezogener Green-Screen) die langwierigen Vorbereitungen zu treffen, die Kamerawinkel festzulegen (er hatte das Ding die meiste Zeit selbst in der Hand) und in den Pausen zwischen den Drehs die andauernden Zwischenrufe der Kumpels, die sich langweilten, zu ignorieren. Der Dreh zum kurzen „Bio-Cop“ dürfte da fluffiger verlaufen sein, da auch außen gedreht wurde und es sich bei vielen Szenen um Effekt-Sequenzen handelt, was mehr Spaß bringen dürfte, als stundenlang geschminkt in der Ecke zu hocken.
Die Schauspieler, angesichts der Tatsache, dass sie keine Profis sind, machen ihre Sache recht gut. Immer nur vorm Green-Screen zu posen oder eingeübte Kampf-Choreographien immer wieder zum besten zu geben, kann zermürbend sein. Matthew Kennedy versucht, sein Spiel als Cyborg möglichst ohne Mimik durchzuziehen, was ihm auch gut gelingt. Der #1 Man, Ludwig Lee, der auch die Kampf-Choreographie übernahm, wurde nachsynchronisiert. Ich hab mir die Interviews in den Extras gespart, keine Ahnung, wie er normal klingt. Conor und Meredith Sweeney (Geschwister? Ehepaar? Beides? Keine Ahnung.) machen als Justice und Mina einen guten Eindruck. Conor trägt etwas dicker auf, was aber auch soweit zur Rolle des Großmauls passt, und Meredith ist halt ein süßes wie toughes Mäuschen. Adam Brooks hat von der Baggage mE am meisten schauspielerisches Talent, als Draculon sieht man nicht viel hinter der Maske und sein Auftritt als Doctor Scorpius ist recht kurz, aber in „Bio-Cop“ dreht er als verärgerter Drogen-Boss nochmal richtig auf. Er spielte später auch die Hauptrolle in „The Editor“. Vergessen wollen wir hier auch nicht die zweite süße Schnute, Andrea Karr als Henchwoman Shadow Mega (geht okay). Die lustigste Rolle hat aber noch Co-Autor Jeremy Gillespie, der als flirtender The Baron (auch unter einer dicken Maske) glänzt. Da ist also alles im grünen Bereich.
Die Musik ist bewusst generisch gehalten, klingt sehr nach 80er und passt gut zum Geschehen. Das Bild ist auch bewusst nicht zeitgemäß, es wurde mit einer Video-Kamera gefilmt, so dass es wirklich sehr nach den 80er/90er-DV-Tagen aussieht. Das ist heutzutage und auf einem Flatscreen etwas gewöhnungsbedürftig (und dürften so manchen HD-Junkie unter den Trash-Fans zum durchdrehen bringen), fördert aber die gewollte Atmosphäre und beschwört im besten Fall heimelige Gefühle aus vergangenen Zeiten.

Zur deutschsprachigen Erstveröffentlichung durch I-On New Media wollte man wohl FSK-mäßig gleich ganz auf Nummer sicher gehen und kürzte den Kurzfilm komplett und eine großen Teil der blutigen Arena-Action gleich mit. Das Ergebnis erhielt dann sogar einen blauen Flatschen, also Jugendfreigabe (obwohl ich mir vorstellen könnte, dass die FSK heuer das Ding auch uncut so durchgewunken hätte). Die DVD und die Blu-ray (nebenbei sehr sinnvoll ohne HD-Master) ziert trotzdem das rote Siegel, soll wohl verkaufsfördernd wirken (wozu haben sie den Film dann vorher so dermaßen zurechtgestutzt?). Um diese Kaufhausfassung sollte man einen großen Bogen machen, egal wie billig sie ist (und sie ist sehr billig!). Erwartungsgemäß wurde dann später ein Uncut-Release im Mediabook vom deutschsprachigen EU-Nachbarn nachgeschoben (durch einen Masterfehler zuerst auch geschnitten, die Disc wurden dann aber ausgetauscht). Das Ding war aber auch nur auf 1000 Exemplare limitiert und dürfte deshalb derzeit auch nicht leicht und/oder günstig zu bekommen sein. Der UK-Silberling von Rockstone Films ist immer noch gut erhältlich, bietet den Film im O-Ton und hat eine ganze Ladung an Extras mit an Bord (Behind the Scenes, Musikvideos, ein Knet-Animationskurzfilm von Steven Kostanski usw.). Bild (anamorph) und Ton (Dolby Digital 2.0) sind auf solidem VHS-Niveau, und das wohl, wie bereits erwähnt, mit voller Absicht.

Als semi-professionelles Debut filmverrückter Freaks geht „Manborg“ voll in Ordnung, darauf konnte man aufbauen („Father’s Day“ und „The Editor“ zeigen, dass man sich immer weiterentwickelte). Der Film krank höchstens etwas daran, dass man ihn etwas mit Gewalt auf Spielfilmlänge (naja, halbwegs) prügelte. Das ist aber durchaus verständlich, da man bei den betriebenen Aufwand das Ding auch vermarkten wollte, und Spielfilme laufen halt besser als Kurzfilme (okay, das es auch anders geht, bewiesen zuletzt „Kung Fury“ und „Fist of Jesus“). Der Film ist nie langweilig und dürfte in einer bierseligen Runde von Trash-Fans ein ziemlicher Kracher sein. Dass der Kurzfilm „Bio-Cop“ besser funktioniert als der Hauptfilm, geschenkt. Er ist auf jeden Fall eine Bereicherung und so dann auch mehr als ein Schnellschuss als schnöde Beigabe. Das Ganze ist ein kurzweiliger Spaß, wer mal wieder gepflegten Wahnsinn für’s Heimkino braucht, schlage unvermittelt zu.


BOMBEN-Skala: 7

BIER-Skala: 7


mm
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