Love to Kill

 
  • Deutscher Titel: Love to Kill
  • Original-Titel: The Last Horror Film
  • Alternative Titel: Maniac 2 | Maniac 2 - Love to Kill | The Fanatic | Fanatical Extreme |
  • Regie: David Winters
  • Land: USA
  • Jahr: 1982
  • Darsteller:

    Jana Bates (Caroline Munro)
    Vinny Durand (Joe Spinell)
    Alan Cunningham (Judd Hamilton)
    Marty Bernstein (Devin Goldenberg)
    Stanley Kline (David Winters)
    Susan Archer (Susanne Benton)
    Vinny´s Mother (Filomena Spagnuolo)
    Bret Bates (Glenn Jacobson)
    Girl in Jacuzi (J´Len Winters)
    Stripper (Sharon Hughes)
    Jonathan (Sean Casey)
    Tex, „Cowboy“ (Don Talley)


Vorwort

Zu manchen Filmen kommt man wie die Jungfrau zum Kind. THE LAST HORROR FILM ist ein perfektes Beispiel dafür. Gut, über den Namen stolpert man des öfteren, wenn man sich etwas mehr in-depth mit Horrorfilmen, especially den aus den guten (?) alten Achtzigern beschäftigt, aber so richtig populär ist der Streifen, der in Deutschland seinerzeit als LOVE TO KILL lief, nie geworden. Enter DVD. Manche Label (und ganz besonders die Independents wie Laser Paradise, einmal mehr Hut-vor-diesen-Jungs-ziehend) wissen, was man mit diesen Scheiben machen kann. Und so feierte der Streifen als MANIAC 2 seine „Auferstehung“ in der DVD-Szene. Astro hat wohl eine „reguläre“ DVD „verbrochen“ und Laser Paradise versteckt den Film ebenfalls als MANIAC 2 schamhaft auf der Flip-Side zu Jess Francos grauenhaftem Nackt unter Wilden(!!!)! Okay, man kann sagen, die Laser-Paradise-Version würde sich nicht wirklich als regulärer Release anbieten, da das Bildmaterial eher … dürftig ist, da hat man wohl einfach ein Video kopiert (Vollbild, recht dunkel und zudem von einer französischen Version geripped, denn die in der DF geschnittenen Szenen sind hier franzmännisch synchronisiert), nichtsdestotrotz ist das ein wirkliches goodie auf einer Disc, die man normalerweise nur als Bieruntersetzer verwenden sollte.

Und noch Aufklärung – den Titel MANIAC 2 verdankt der Film der Tatsache, dass Joe Spinell auch in dem Gore-Schocker MANIAC von William Lustig die Hauptrolle und einen „verwandten“ Charakter spielte, inhaltlich haben MANIAC und THE LAST HORROR FILM natürlich nicht das geringste miteinander zu tun.

Und noch ´ne Aufklärung – David Winters, der Regisseur, verbrach einige Jahre später den ungekrönten König des modernen Trashfilms (bald auch hier): SPACE MUTINY. Also……


Inhalt

Wie könnte ein Horrorfilm schöner beginnen als mit einem nackten Silikonwunder in einem Jacuzi? Richtig, ein nacktes Silikonwunder in einem Jacuzi UND ein wahnsinniger Killer, der ein Stromkabel in den Pool leitet und dann die Sicherung reindrückt. BIZZL-BIZZL… Alas, es ist nur ein Film im Film und das Publikum ist begeistert, mit Ausnahme unseres „Helden“, Vinny Durand, der offenbar nicht unbedingt der ideale Splatterfilmzuschauer zu sein scheint.

Vinny ist aber nebenher Taxifahrer (hint, hint) und der grösste lebende Fan der Scream Queen Jana Bates (Hm. Wenn ich keine Horrorfilme mögen würde, hypothetically spoken, wäre mir eigentlich relativ wurscht, wer in solchen Filmen die Hauptrolle spielt). Na, egal. Vinnys Kumpel jedenfalls ziehen den armen (nicht unbedingt attraktiven) Taxi Driver mächtig auf, aber Vinny meint, „ihr werdet euch noch wundern“. Insert Music Cue „You´re just a dreamer…“ (in ekliger 80-Synthi-Pop-Manie… der „Titelsong“ stammt sogar von Depeche Mode… Nicht, dass Martin Gore & Co. vermutlich davon wüssten).

Zuhause wird Vinny von seiner Mama echt italienisch bemuttert (überbackene Makkaroni, lecker). Vinny will nach Cannes zu den Filmfestspielen fliegen und dort mit Jana Bates einen Film drehen (sicher…). Mama hält das für Lötzinn, aber Vinny (der als Double für den späten Ed Wood durchgehen würde), hat sich das nu mal in den Kopf gesetzt und eine HERZZERREISSENDE ABSCHIEDSSZENE entbrennt („bete für mich, Mamä – „Ich liebe dich, Vinny“- YUCK!).

Wenig später ist Vinny schon in Cannes bei den Festspielen (und es wurde tatsächlich während der 81er Festspiele gedreht, was den Produzenten dieses Machwerks natürlich die willkommene Möglichkeit bietet, den Film mit zahllosen Festival-Sprengseln und, äh, „Referenzen“ an GROSSE Filme zu strecken) und mietet sich über dem fünftklassigen Star-Kino ein (wo übrigens Deodatos CANNIBAL HOLOCAUST läuft, was, wenn ich den Subtext des Films richtig interpretiere, gewiss KEIN Zufall ist). Vinny richtet sich seinen Jana-Bates-Altar ein und lauscht im Radio den Nachrichten über das Attentat auf Ronald Reagan durch den durchgeknallten Jodie-Foster-Fan (remember TAXI DRIVER? Hint-hint).

Die Jury des Festivals begutachtet derweil den neusten Jana-Bates-Film SCREAM (sic) und zittert angemessen begeistert (wie der russische Delegierte bemerkt: „Kunst nischewo, aber gut!“). Jedenfalls kreuzt die Jury auf ihrem Best-Actress-Stimmzettel hemmungslos den Kasten neben dem Namen „Jana Bates“ an – angesichts der Konkurrenz von Jane Fonda, Faye Dunaway oder Meryl Streep sicher keine grosse Überraschung.

Am Flughafen trifft Jana in Begleitung ihres Ex-Gatten und Noch-Producers Bret Bates und ihres neuen Regisseurs und Lovers Alan Cunningham ein. Bret kann Alan nicht wirklich leiden. Es gibt eine hübsche Party, in die Vinny verständlicherweise nicht reingelassen wird, so dass sich unser Held in seine Fantasiewelt träumen muss und dort als grosser Regisseur fungiert. (Auf dem Parkplatz versucht ein orthodoxer Pfaffe dieweil relativ erfolglos, eine Umfrage zur Thematik „Gewalt in Horrorfilmen“ durchzuführen).

Vinny versucht, Bret Bates sein Drehbuch per Telefon anzubiedern, aber Bret sieht sich Scripts nur an, wenn sie über Agenten kommen und wimmelt Vinny ab. Vinny, der ständig mit seiner FIlmkamera rumläuft und alles aufnimmt, was ihm vor die Flinte kommt, ist nicht amused. Bret Bates wird auf dem Film durchstrichen…

Jana bekommt Blumen mit der Widmung „du hast deinen letzten Horrorfilm gemacht“, eine gleichlautende Widmung bekommt auch Bret mit einer Flasche Schampus. Während Jana und Alan Cunningham sich keine weitere Gedanken drum machen, findet sich Bret bald mit durchgeschnittener Kehle in seinem Waschraum wieder, wo ihn wenig später Jana entdeckt – genauer gesagt, sie entdeckt ihn just, als sein Kopf abgetrennterweise ins Waschbecken fällt. All das wird heimlich gefilmt…

Alan verhandelt derweil mit Konkurrenz-Producer Stanley Kline, der einen Film mit Jana machen möchte, aber verständlicherweise ohne die lästige Producer-Konkurrenz Bret. „Das wird nicht funktionieren“, meint Alan, aber „es gibt einen Weg“, ahnt Kline.

Die etwas verstörte Jana muss dieweil feststellen, dass die Flics in Brets Hotelzimmer keine Leiche findenkönnen. Alan hält die Angelegenheit für einen schlechten Scherz seitens Bret als PR-Gag.

Einige Mädel gehen nachts topless baden (what else) und Vinny beobachtet das Treiben. Eins der Girls triezt ihn und tituliert ihn schliesslich als „kleinen Spanner“, was Vinny echt fertig macht, so dass er heulend das Weite sucht (er hat´s ned leicht…).

Jana ist immer noch wegen Brets Verschwinden beunruhigt, aber Alan hält das ganze weiter für einen Publicity-Stunt, wenngleich einen geschmacklosen. Am Himmel kreisen Flugzeuge mit dem Spruchband „Du hast deinen letzten Horrorfilm gemacht, ich liebe dich, Jana!“. Vinny filmt.

In der Schlange vor dem Hoteltelefon stolpert Vinny über den Agenten Bernstein (alle Agenten heissen so), der die rival scream queen Susan Archer betreut. Auch Bernstein lässt Vinny abblitzen, was den tapferen Möchtegernfilmemacher nicht davon abhält, seiner Mama telefonisch durchzugeben, dass alles grossartig läuft und Jana bereits eingewilligt habe, in seinem Film zu spielen (insert Dream Sequence here). Vinny kommt dabei mächtig ins Heulen. „Maybe I´ve gone too far“, säuselt der Soundtrack.

Bernstein und Kline versuchen bei der Polizei, Polizeischutz zu bekommen, da sie Brets Disapperance durchaus ernst nehmen, im Gegensatz zu den Gendarmen, die den Wunsch abschlägig bescheiden.

Dieweil kratzt jemand Bernsteins Visage auf Film durch…

Bernstein bekommt per Boten die Einladung, sich mit Bret Bates zwecks Verhandlungen im Star-Kino zu treffen, allein. Bernstein ist blöde genug, dem Folge zu leisten und wird im leeren Saal des Kinos prompt verhackstückt (per Axt, also wörtlich zu verstehen).

Das nächste Telefonat mit Mama nutzt Vinny zur Verkündung der frohen Botschaft, dass die Dreharbeiten schon laufen würden, dann aber verpasst der Trottel wieder die Möglichkeit, einer Pressekonferenz Janas beizuwohnen. Die Pressekonferenz behandelt wieder die Themen „Reagen-Attentat“, „verrückte Fans“ und „Beeinflussung durch Horrorfilme“, während Vinny ohnmächtig in seinem Hotelzimmer seinen athletischen Körper (öhm) an einer Dia-Projektion Janas reibt. Am Abend kehrt Vinny in einem Stripschuppen ein, fantasiert wieder vor sich hin und stürzt sich schliesslich auf die Bühne und die dortige Stripperin, die er in seinem Wahn für Jana hält. Rauswurf folgt natürlich umgehend. Er hat aber auch schon kein Glück und jetzt kommt auch noch Pech dazu.

Die Nachrichten im Radio verkünden von diversem Terror in den USA, in Spanien und sonstwo und Vinny zieht sich einen Horrorfilm von Stanley Kline im Video ein. Der ist echt brutal und gorig und das Publikum liebt es (begleitet von den typischen „aargh“ und „iihs“ der Zuschauer), nur der popcornmampfende Vinny ist echt angewidert und verzieht sich in die Gosse, um sich auszukotzen. Bei der Rückkehr ins Kino läuft ihm Kline über den Weg und Vinny nutzt das zu einer Tirade, wonach Klines Film „krank“ sei und verboten gehört. Kline hält Vinny für einen Spinner und lässt ihn stehen.

Die Visage von Kline auf Film wird durchgestrichen…

Nachdem mittlerweile Bernsteins Leiche gefunden wurde, ist Festival-Cannes in Panik (well, sort of), so z.B. Susan Archer, die schleunigst abhauen will. Stanley Kline will ihr aber vorher noch ´ne Überraschung zeigen und führt sie auf eine Festung über Cannes. Dort allerdings ereilt sowohl Kline als auch Susan rasch ihr Schicksal, Kline wird erstochen und Susan bekommt eine Kugel aus nächster Nähe in den Hinterkopf (yummy!).

Vinny tut mal wieder mit Nach Hause telefonieren und hat Wahnvorstellungen, in denen die vier bisherigen Mordopfer an seinem Set stören (was sie genau sagen, bleibt mir verschlossen, denn genau diese Wahnvorstellungen sind diejenigen, die nur französisch synchronisiert sind und mein Französisch sucks…). Janas hübsches Köpfchen on film wird von einem eingeritzten „Ich-lieb-dich“-Herzchen umrahmt.

Nun gut, auf jeden Fall will sich Vinny nun endgültig seinem Star nähern und steigt daher über den Balkon in ihr Hotelzimmer ein, wo Jana gerade aus der Badewanne gestiegen ist. Jana hält Vinny, was ich ihr nicht verdenken kann, für einen gemeingefährlichen Psychopathen, obgleich ihr Vinny versichert, nur über seinen Film reden zu wollen. Janas anhaltendes Genöle führt aber dazu, dass Vinny rasch flipped, die mitgebrachte Champagnerbottle zerdeppert und mit den Trümmern derselben Jana bedroht. Die gibt Fersengeld und stürzt nur in ein Handtuch gehüllt und „er will mich umbringen“ brüllend durch´s Hotel ins Foyer, verfolgt von Vinny. Die restlichen Gäste halten das für einen ECHT GUTEN PR-Gag und klatschen begeistert Applaus, was Vinny aus dem Konzept bringt. Jana rennt derweilen durch Cannes und wird schliesslich von Alan aufgegabelt, just vor dem Premierenkino von SCREAM.

Alan hält es für eine gute Idee, bis zur Preisverleihung Landflucht zu betreiben und, von Bodyguards begleitet, auf das nahegelegene Chateau seines alten Busenfreunds Jonathan, seineszeichens schwerreicher Musik-Produzzer, auszuweichen. Vinny folgt unauffällig und ist ob der gothischen Lokalität schwer beeindruckt, fällt aber durch sein „aah“ und „ooh“ den nicht unbedingt aufmerksamen Bodyguards auf. Auf der Flucht stösst er mit dem spazierengehenden Jonathan zusammen, der versehentlich von den Bodyguards erschossen wird, aber sein Verschwinden fällt niemandem auf.

Vinny schreibt ein Brief an die liebe Mama. „Ich habe das perfekte Schloss für die Schlussszene gefunden, Jana wird meine Braut, ich liebe dich, Vinny.“ Dann tarnt er sich als Flic.

Das ist nötig, denn Alan hat einen tollen Plan ausgeklügelt, um Jana bei der Preisverleihung zu schützen. Nicht sie selbst soll sich in die erste Reihe des Auditoriums setzen, sondern ein Double, während Jana mit ihrer Personal Assistant hinter der Bühne warten soll. Würde vielleich klappen, wäre Jana nicht doof genug, sich von ihrer PA ein Glas Wasser bringen und während der dadurch bedingten Abwesenheit derselben von Vinny kidnappen zu lassen.

Als die echte Jana auf Aufruf zur Preisentgegennahme nicht erscheint, kuckt man doch tatsächlich mal hinter der Bühne nach, findet den Chloroformlappen und Vinnys Brief.

Janas Konterfrei on film wird durchgekritzelt…

Vinny erklärt im Auto der bewusstlosen Jana, dass er sie kidnappen musste, um sie vor einem durchgeknallten Fan, der sie töten will, zu schützen (!), allerdings will er natürlich trotzdem seinen Film fertigdrehen und die „Todesszene“ soll echt aussehen.

Im Schloss hat Vinny schon alles hergerichtet, drapiert Jana in einem Sarg, schmeisst sich in sein Dracula-Outfit und pfählt die Gute. Aber es war nur ein Special Effect, denn Jana kommt zu sich, aber ehe Vinny näheres erläutern kann, taucht Bret Bates auf! Shocking Solution! Bret hat alle umgebracht, um sich dafür zu rächen, dass Jana nicht nur ihn privat verlassen hat, sondern auch beruflich den Absprung sucht und in Vinny hat er den perfekten Sündenbock. Nun muss nur noch Jana dran glauben und Vinny „Selbstmord“ verüben, damit alles genau nach Drehbuch für Bret verläuft. Vinny lenkt Bret ab, so dass Jana stiften gehen kann und geht dann mit der erfreulicherweise bereitstehenden Kettensäge gegen den Evildoer vor, schneidet ihn a) auf und b) ihm den Kopf ab, noch bevor die Polizei eintrifft…

„THE END. A Film by Vinny Durand“. Mama ist beeindruckt. „Da hast du ja doch noch deinen Film gemacht,“ aber als Vinny ansetzt, von seinem NÄCHSTEN Film, einem SF-Opus mit ihm und Jana Bates, zu schwadronieren, kürzt Mama das ganze doch lieber ab: „Hast du mal ´nen Joint?“

Interessante Angelegenheit. THE LAST HORROR FILM bemüht sich, den zigtausend anderen stumpfsinnigen Massenmörderstreifen der Epoche eine Nasenlänge voraus zu sein und über weite Strecken gelingt dieses Unterfangen auch.

David Winters´ Film ist keiner dieser Streifen, die ausschliesslich auf ihre Gewaltdarstellungen setzen, obgleich die Explizität derselben wenig zu wünschen übrig lässt, sondern setzt seine Gewalt in einen satirischen, doppelbödigen Kontext (nicht nur durch das Twist-Ende, das mir vielleicht sogar eine Ecke zu weit geht). Der Film ist ein Produkt der 80er Jahre, das merkt man nicht nur an den grauenvollen Frisuren, den geschmacklosen Klamotten und dem stellenweise etwas nervigen 80er-Synthi-Pop-Soundtrack, der an ekligere TRANS-X-Songs erinnert (sowas wie „3-D Dance“, für die Nostalgiker) – Anfang der 80er gab es (bekanntlich) einige Attentate von verrückten Fans auf oder für ihre Idole – der Geisteskranke, der John Lennon erschoss, das Attentat auf Ronald Reagan durch den durchgeknallten Jodie-Foster-Verehrer, das sind Bezugspunkte, auf die sich THE LAST HORROR FILM stützt (in dem Kontext macht dann auch Sinn, dass das Star-Kino CANNIBAL HOLOCAUST zeigt, wenn man der Aussage von Ruggero Deodato glauben soll, ja auch eine Anklage gegen das Exploitation-Kino seiner italienischen MONDO-Film-Kollegen), auch wird die Frage angerissen, inwieweit Horrorfilme Vorbildfunktion für reale Gewalthandlungen sein können (das Script liefert die m.E. auch richtige Antwort mit: Derart Gestörte würden sich dann eben andere Rechtfertigungen oder Motive für ihr Handeln suchen, das hat mit dem Horrorfilm als solchem nur bedingt zu tun, aber der Film setzt dem, also dem „fiktiven“ Terror den alltäglich realen Horror aus den Nachrichten entgegen – angerissen werden Terroranschläge auf amerikanische Einrichtungen, der ETA-Terror in Spanien, das Attentat auf den Papst – allesamt Akte, die man nur schwerlich auf Horrorfilm oder falsch verstandenes Fandom zurückführen kann.

Es ist schon bemerkenswert, wenn sich ein kleines B-Filmchen aus einer Zeit, in der gerade Horrorfilmemacher sich selten Gedanken machten, die über „wie bringe ich am meisten Gore in den rudimentären Resten meiner Gruselstory unter“ hinausgingen, versucht, sich mit solchen Fragen, ich will nicht behaupten kritisch auseinanderzusetzen, aber sie anzureissen und somit schon fast als Horror-Satire zu sehen ist.

Im Endeffekt verläuft die Satire natürlich fast im Sande – diejenigen Kreise, die sich unter Umständen in dieser Hinsicht angesprochen fühlen sollten, werden THE LAST HORROR FILM genausowenig ansehen wie DAWN OF THE DEAD und die, die sich den Film ansehen, werden wohl kaum auf psychologischen Subtext achten wollen; dennoch, der aufmerksame Zuschauer wird die Seitenhiebe verstehen und richtig deuten können (wenngleich manchmal die Symbolik etwas holzhammerartig vermittelt wird, so z.B. die Tatsache, dass Hauptdarsteller Joe Spinell, mitwirkend im legendären TAXI DRIVER, einen Taxifahrer spielt und dann sich noch im Radio anhört, dass der Reagan-Attentäter auf Jodie Foster seit… TAXI DRIVER fixiert ist).

Daneben kriegt natürlich auch noch die Filmbranche an sich ihr Fett weg – der Drehort Cannes während der Festspiele bietet sich natürlich geradezu dafür an, diverse Hiebe auf die Hollywood-Oberflächlichkeit abzuliefern und der Film tut das, vielleicht nicht so heftig, wie man es sich wünschen möchte, aber immerhin. Es kann durchaus satirisch gemeint sein, dass Jana Bates hier (was ja bekanntlich eher unwahrscheinlich ist) als Horrordarstellerin einen Best-Actress-Award ausgereicht bekommt, kennt man doch die Aversion des gemeinen Filmkritikers gegen alles, was irgendwie ansatzweise nach Fantasy, Horror oder SF aussieht (haben wir ja gerade erst mitbekommen dürfen – dass LORD OF THE RINGS bei den diesjährigen Oscars gegen A BEAUTIFUL MIND mächtig abgestunken hat, ist genausowenig überraschend wie es natürlich ungerecht ist… seit Beginn der Oscar-Chronologie gab es ZWEI (in Worten: zwei) Oscars für Darsteller in Horrorfilmen – Frederic March in DR. JEKYLL & MR. HYDE 19nochunddreissig und Kathy Bates in MISERY – nicht mal für Special-FX-Oscars waren Horrorfilme jemals in der engeren Auswahl) – ein kleiner Schrei nach Liebe eines geplagten Genre-Produzenten, dass auch in diesem Ghetto hin und wieder Qualität gedeiht? Schon möglich.

Ein grosses Plus des Streifens, das zu seinem weitgehenden Funktionieren beiträgt, ist zweifellos die Darstellungskunst von Joe Spinell. Spinell debütierte einst im GODFATHER und arbeitete sich über TAXI DRIVER schliesslich zu seinem Kultstatus in dem Gore-Fest MANIAC. Wie in letzterem liefert Spinell hier eine eindringliche Darstellung eines psychisch gestörten Menschen. Auch wenn sein Charakter in THE LAST HORROR FILM schlussendlich nicht der Killer ist, verkörpert er glaubhaft einen „ewigen Loser“, einen Menschen immer knapp an der Grenze zum Überschnappen – und manchmal darüber hinaus. Eindringliche Beispiele sind sein erstes Telefonat mit seiner Mutter, die Begegnung mit den Badenixen am nächtlichen Strand und natürlich die erste Konfrontation mit Jana Bates – Spinell unterliegt nie der Versuchung, zu hemmungslos zu übertreiben, sondern bleibt down-to-earth in einer grandiosen Vorstellung eines Menschen am Rande der Schizophrenie (sicher auch ein Grund, weswegen ich vom ersten finalen Plottwist ein wenig enttäuscht war, da hatte der Film scheinbar Angst vor der eigenen Courage).

Umso kontrastreicher dazu B-Film-Sternchen Caroline Munro (öfter mal in Italien am Start, so z.B. in Luigi Cozzis David-Hasselhoff-Vehikel STARCRASH – einer der übelsten – und spaßigsten – SF-Klopper, den ich jemals ausschnittsweise gesehen hab; wenn ich da mal an ein Video rankomme…). Die Munro hat sicher nen ansehnlichen Körper und gegenüber einem weniger guten Konterpart wie Joe Spinell könnte man ihre Vorstellung als solide B-Film-Hausmannskost betrachten (man vergleiche z.B. dagegen Judd Hamilton, der zwar zugegeben nicht viel zu tun hat, aber auch in dem wenigen, was er zu tun hat, gnadenlos versagt), aber sie hat eben Spinell als Konterpart und da trennt sich die Spreu dann doch deutlich vom Weizen, vor allem, wenn man berücksichtigt, dass sie offensichtlich eine Super-Schauspielerin darstellen soll.

Der Rest des Ensembles bietet biedere B-Film-Alltagsware, aber ausser Hamilton fällt keiner so richtig negativ auf und das ist ja auch schon mal was wert.

Bleibt für Splatterfans natürlich die Frage nach dem Härtegrad und da lässt sich das FX-Team nicht lumpen, die gorigste Szene mit einer netten Herz-rausreiss-und-selbiges-mampf-Sequenz ist abschwächenderweise in einem „Film-im-Film“ untergebracht, entbehrt aber nicht der Heftigkeit, ebensowenig der Axtmord und der Kopfschuss gegen Susanne Benton, auch die Kettensägeneinlage am Ende ist durchaus explizit, wenn auch sehr dunkel, gehalten.

Die Inszenierung von David Winters gefällt – der Film erlaubt sich keine grösseren Längen, selbst die diversen Füllszenen des realen Festivaltreibens stören kaum und halten den solide gepaceden Ablauf nicht weiter auf. Der ursprüngliche deutsche Verleiher störte sich allerdings an den diversen „Traumszenen“, Vinnys Visionen, die durch die Bank aus der deutschen Fassung getilgt wurden und in der mir vorliegenden BLOOD-EDITION-Fassung nun in französischer Sprache eingefügt wurden (bzw. man verwendete en total eine französische Fassung und fiedelte da die deutsche Synchro drauf). Man kann natürlich sagen, dass diese Szenen zum Fortgang der Handlung nichts wesentliches beitragen, ausser dass Vinnys Wahn dadurch etwas differenzierter wird, aber sind recht stylish gemacht und gehören einfach dazu.

Angesichts einer hier also durchaus kompetenten künstlerischen und handwerklichen Leistung ist es mir umso unbegreiflicher, wie Winters einige Jahre später mit der GALACTICA-Effekte-Wiederverwertung SPACE MUTINY sowohl als auch dermassen vor die Hunde gehen konnte (wenn es mich gelüstet, ein neues Rekordreview zu schreiben, dann ist SPACE MUTINY zweifellos fällig…). Winters, der sich später hauptsächlich aufs Produzieren von Action-Schrott verlegte, drehte übrigens 1975 das Alice-Cooper-Konzertfilmchen WELCOME TO MY NIGHTMARE. Auch ´ne Karriere…

THE LAST HORROR FILM stellte für mich eine ausgesprochen positive Überraschung dar. Ich ging mit einer „erwarten-se-nix“-Haltung ran (wie bei der B-Seite von NACKT UNTER WILDEN angemessen) und bekam einen ausgesprochen unterhaltsamen und für seine Verhältnisse intelligenten kleinen Horrorreisser zu sehen, der in die Sammlung eines jeden aufgeschlossenen Genreinteressierten gehört. Heck, ich hätte für den Film allein das bezahlt, was ich für NACKT UNTER WILDEN hingeblättert habe, auch wenn die Qualität der DVD-Präsentation nicht gerade umwerfend ist. Von den diversen „massenmordender Madman meuchelt“-Filmen der 80er Jahre zählt dieser sicherlich zu den besten und interessantesten. Trotz kleiner Schwächen in der B-Note (der finale Plottwist ist ja durchaus witzig, aber der Plottwist vor dem Plottwist überzeugt mich immer noch nicht) eine echte Empfehlung, schon allein wegen Joe Spinell! (Und dank seiner diversen satirischen Spitzen und blutigen Morde für jede Horror-Party bestens geeignet).

(c) 2001 Dr. Acula


BOMBEN-Skala: 4

BIER-Skala: 7


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