- Deutscher Titel: Little Kickboxer
- Original-Titel: Little Kickboxer
- Alternative Titel: Lucky Kid - Little Kickboxer | Kickboxer Kid | Korean Boy |
- Regie: Godfrey Ho (als Herbert Lam)
- Land: Hongkong
- Jahr: 1992
- Darsteller:
Sean Lee, Bruce Chow, Steve Ma, Michelle Wong, Cynthia Roh, Jiradech Picheat, Andy Sam, Keith So, Sandy Wan, Jack Yang
Vorwort
Der koreanische Taekwondo-Fighter Tiger Jack zieht im Ring den Kürzeren gegen den thailändischen Kickboxer Pichai, blöderweise auf die terminale Art und Weise. Nicht, dass Pichai irgendetwas sonderlich Illegales getan hätte (gut, in der UFC wäre er mit einem Knie gegen den Kopf vermutlich disqualifiziert worden), aber es ist halt Vollkontaktsport und da kommt’s alle heilige Zeiten mal zu einem „freak accident“, und für mich ist das ein solcher. Unangenehm natürlich, dass Tiger Jacks Eheweib und ihr kleines Kind in der ersten Reihe sitzen…
Einige Jahre später. Jacks Sohn Choi ist mittlerweile in der sechsten Klasse und ein patentiertes Weichei, das sich von praktisch jedem, insbesondere dem Klassen-Bully Stanley, herumschubsen lässt und nur mit ein paar Mädchen, darunter der netten Gloria, befreundet ist. Auch sein Zuhause ist nicht gerade optimal – seine Mutter engagiert sich mittlerweile in einem Waisenhaus und hat daher wenig Zeit für ihn, wofür er allerdings Verständnis aufbringt, zumindest tut er so. Eines schönen Tages werden Choi, Gloria, Stanley und ihre jeweiligen Dunstkreise von zwei Ganoven behelligt, die sie unbürokratisch auszurauben gedenken. Hilfe naht in Form des zufällig vorbeistromernden Don, der die Böswatze mit seinen superioren Taekwondo-Künsten in die Flucht schlägt. Choi fühlt sich inspiriert, in Dons Schule zu lernen, wie man fiesen Möpps ordentlich in die Fresse tritt, aber wie nicht anders zu erwarten, ist Chois Pussyfizierung prinzipiell auf dem Mist seiner Mutter gewachsen, sie seit dem Ableben ihres Ehemanns im Ring grundsätzlich eher nich so fürs gegenseitige Verprügeln ist.
Doch Don kann ein schlagendes (hihi) Argument ins Feld führen – er war dereinst Tiger Jacks Schüler (und Sekundant in der verhängnisvollen Nacht), wurde durch den Tod seines Mentors emotional ordentlich mitgenommen und hat sich erst seit relativ kurzer Zeit wieder soweit gefangen, seine Kampfkunstkenntnisse weitergeben zu wollen und diese generell nur für das Gute an und für sich und zum Schutz der Schwachen und Hilflosen einzusetzen. Obwohl das jetzt streng genommen nicht wirklich ein Argument ist, rührt es Chois Mama soweit, dass sie dem Junior erlaubt, bei Don in die Kampf-Lehre zu gehen.
Das tut auch durchaus Not – denn Don, als Eigentümer der Kampfschule, und Stanleys Mutter, die ein Restaurant führt, werden von einer Bande bedroht, die wünscht, nicht unwesentliche Schutzgelder von den Geschäftsleuten zu erpressen. Don ist allerdings durchaus in der Lage, mit den durchschnittlichen Goons Schlitten zu fahren, und da Choi sich als eifriger und hochveranlagter Schüler entpuppt, der schnell soweit ist, es mit Typen aufzunehmen, die doppelt so groß sind wie sehr, müssen die Schläger der Bande mehr als einmal mit eingekniffenen Schwänzen das Weite suchen.
Sehr zum Ärger des Oberhaupts der kriminellen Vereinigung, der nebenbei auch noch damit beschäftigt ist, ein internationales Martial-Arts-Turnier zu veranstalten, zudem er auch den ungeschlagenen Pichai, seit dem damaligen Vorfall als „Killer“ bekannt, eingeladen hat (und nach seinem Willen soll Pichai das Turnier gefälligst auch gewinnen). Dies wiederum wurmt Pichais Sohn Tom, der an seinem Vater gleich in mehrfacher Hinsicht verzweifelt. Zum einen ist er vom guten schlechten Ruf seines Vaters wenig begeistert, auch nicht davon, dass Herr Papa in jedem seiner Kämpfe sein Leben riskiert, und noch weniger davon, dass die Kämpfe von kriminellem Gesocks veranstaltet und organisiert werden. Tom versucht, eine Fernsehreporterin davon zu überzeugen, als seinem Wehklagen eine Story zu machen, beißt aber trotz gewisser Sympathie für sein Anliegen auf mehr oder weniger stabilen thailändischen Granit.
Der Gang-Boss entscheidet, dass Don in letzter Zeit zu viel Ärger macht und lässt ihn entführen, auf dass ein wenig Folter ihn gefügiger und kooperationswilliger macht. Choi lässt sich nicht lumpen und startet eine Befreiungsaktion. Die würde theoretisch klappen, würde Don nicht unnötigerweise auf Payback bestehen. Nachdem Don und Choi einige Thugs vemöbelt haben, schickt der Boss Pichai ins Feld, der aus Dons rechtem Bein Kleinholz macht. Im Krankenhaus hört Choi versehentlich mit, dass Don und seine Mum über Pichai unterhalten und darüber, dass es niemand anderes als der Thai war, der seinen Vater auf dem Gewissen hat. Was macht also ein zwölfjähriger Dreikäsehoch, der über keinerlei Credentials verfügt? Richtig, er schreibt sich als Teilnehmer am großen Turnier an und will dort dem Mörder seines Vaters im Ring mal ordentlich die Leviten lesen…
Inhalt
Manche Publisher haben ja echt noch eine Art Gewissen und trauen sich nicht, jeden x-beliebigen Film, den sie sich in einem billigen Rechtepaket haben andrehen lassen (ich gebe dem hiesigen Label mal den benefit-of-doubt, dass seine Veröffentlichungen koscher sind), an das zahlende Volk zu verhökern. Vision Video z.B. versteckt „Little Kickboxer“ schamhaft als Bonusfilm auf der DVD von „Magnificent 7 Kung Fu Kids“ (als ob Leute, die einen Film wie „Magnificent 7 Kung Fu Kids“ kaufen, irgendein unteres Qualitätslevel kennen würden… ich muss es wissen). Dabei hätte ich mich vermutlich sogar gefreut, „offiziell“ einen weiteren Filmark-Film in meiner Sammlung begrüßen zu dürfen.
Womit dann auch gesagt wäre, dass „Little Kickboxer“, manchmal, aber nicht immer, als Bestandteil der „Lucky Kids“-Reihe, zu deren grundsätzlichem Sinn und Zweck ich bei den „7 Kung Fu Kids“ schon referiert habe, vermarktet, aus der Werkstatt der geheimnisumwitterten Produzenten-“Legende“ Tomas Tang und seines Chef-Komplizen Godfrey Ho, heute getarnt unter dem Kampfnamen Herbert Lam, stammt. Dieweil Lam/Ho als Regisseur kreditiert wird, kann man einmal mehr getrost davon ausgehen, dass nicht eine Szene persönlich von Ho inszeniert wurde – der überwiegende Filmanteil basiert auf koreanischem Material, der Rest wurde augenscheinlich aus einer gestrandeten Thai-Produktion importiert. Dennoch kommt etwas heraus, dass man mit gutem Willen sogar einen halbwegs kohärenten und nachvollziehbaren Film nennen kann.
Hinter dem Gimmick des „Taekwondo Kids“ steckt eine praktikable (und altbewährte) Rachegeschichte, mit durchaus verständlichen Charaktermotivationen und einem halbwegs sinnvoll konstruierten Plot (hier ist natürlich zu berücksichtigen, dass ca. 90 % des Films aus dem koreanischen Material stammen und Ho/Tang an der dortigen Geschichte nicht wirklich zwingend etwas verändern mussten). Es leuchtet ein, dass Chois Mama nach dem gewaltsamen Ableben ihres Göttergatten im Ring bestrebt ist, ihren Sohnemann von der gefährlichen Welt des Kampfsports und generell von Konflikten fernzuhalten, auch wenn das sich auf sein Selbstwertgefühl auswirkt und ihn zum Fußabstreifer seiner Klassenkameraden prädestiniert. Und natürlich ist es ebenso nachvollziehbar, dass Choi eine Chance wittert, sein angeschlagenes Ego durch Kampfsporttraining aufzumöbeln und dadurch auch sein soziales Standing zu verbessern (was auch funktioniert – kaum hat Choi gezeigt, was er nach Dons Training zu tun vermag, werden die bisherigen Bullies Chois beste Freunde und Sekundanten im Turnier). Dons character arc ist nicht ganz so glücklich – zwar kann man auch noch verstehen, dass er nach Jacks Tod erst mal eine Weile brauchte, um sich selbst und seine Berufung als Beschützer der Witwen und Waisen zu finden, aber wieso er z.B. Choi in seinen Versuch, an seinen Entführern Rache zu nehmen, hineinzieht (sicher, Choi insistiert, aber Don hätte als sein Sensei ja durchaus darauf bestehen können, dass der Kurze nach Hause geht), oder im Finale, anstatt Choi aus dem ungleichen Kampf mit Pichai herauszuholen, dazu übergeht, kampftaktische Anweisungen zu geben, spricht dann doch mehr für einen eher verantwortungslosen Gesellen…
Aber wie gesagt, blenden wir das Alter des Protagonisten mal aus, könnte man den Kram genauso als „Kickboxer“-Sequel verkaufen und müsste sich nicht unbedingt schämen (zumal gerade die „Kickboxer“-Reihe ja auch einige schädelsprengende Verrenkungen unternehmen und alle Nase lang neue Sloane-Brüder aus dem Hut zaubern musste…). Das funktioniert auch darum ganz patent, weil Godfrey Ho, bzw. sein unbekannter koreanischer Kollege, der den Löwenanteil der Arbeit ja schon gemacht hatte, bevor Ho übernahm, die Sache komplett ernst spielt. „Little Kickboxer“ ist keine Komödie, sondern ein komplett „seriöses“ Drama ohne comic relief, ohne humoristische Überspitzungen. Erst wird dem Loser „Karate Kid“-mäßig durch das Training Selbstvertrauen eingeimpft, dann mischt er sich in die „Krimihandlung“ ein und zuletzt darf dann die persönliche Rache verübt werden – wobei der Streifen auch hier in der „sportlichen“ Tradition bleibt. Für Choi ist die Sache mit dem mehr oder minder fairen Sieg im Ring erledigt. Ho konterkariert das – mutmaßlich unabsichtlich – mit einem aus Thai-Material zusammengestoppeltem Epilog, in dem Pichai übelst verwundet ins Krankenhaus eingeliefert wird und dort ums Überleben kämpft (dieweil Choi sich im Ring noch feiern lässt – dabei ist er nach Filmlogik vielleicht auch grad zum Killer geworden), und Tom der ebenfalls angereisten Reporterin schwere Vorwürfe macht (die „THE END“-Karte kommt dann, bevor wir eine Information erhalten, ob Pichai nun durchkommen wird oder nicht).
Natürlich ist der ganze Tom-versucht-das-Fernsehen-für-sein-familiäres-Leid-zu-interessieren-Subplot komplett unnötig (und halt nur da, weil Ho wohl nicht mehr originales Korea-Material zur Verfügung hatte und irgendwie auf abendfüllende Laufzeit kommen musste). Es ist einigermaßen überraschend, dass Ho, anstelle irgendwo ein paar zusammenhanglose Kampfszenen zu filmen, dafür optierte, dem nominellen Schurken des Films mehr Tiefgang zu geben, indem er ihm eine Familie andichtet und postuliert, dass auch Pichai letzten Endes nur ein Spielball höherer finsterer Mächte ist, aber das widerspricht natürlich, wie schon angedeutet, der simplen Moral der „Hauptgeschichte“ und dem „Underdog-gegen-übermächtigen-Fighter“-Subgenre (ich glaube, niemanden hätte es in „Kickboxer“ gesteigert interessiert zu erfahren, ob Tong Po eine üble Kindheit hatte und deswegen zur missgelaunten Kampfmaschine mutierte); es verschafft dem Film eine unerwartete (und eben wohl unbeabsichtigte) moralische Ambivalenz, weil Choi, unser jugendlicher Held, nun auch nicht wesentlich „besser“ ist als Pichai (der ja auch nichts anderes und böseres gemacht hat, als in einem Vollkontaktkampf regelgerecht zu gewinnen). Wäre der Film kein Fließbandprodukt aus der Filmark-Schmiede, sondern ein, ehm, richtiger Film, hätte man aus diesem Widerspruch potentes Drama machen können, so aber stehen die beiden respektiven Enden (der jubelnde Choi, und der vorwurfsvolle und niedergeschlagene Tom) jeweils völlig allein und ohne verbindenden Kontext da. Aber, hey, es war nun mal sicher der letzte Gedanke Godfrey Hos, seinen Frankenfilm um ein echtes ethisch-moralisches Dilemma herumzubauen…
Dadurch, dass Ho den überwiegenden Teil seiner Plotline mehr oder weniger 1:1 aus dem koreanischen Original übernehmen konnte, wirkt „Little Kickboxer“ dramaturgisch wesentlich runder als die meisten anderen seiner cut-and-paste-Jobs, selbst die Thai-Inserts sind eigentlich nur als solche zu bemerken, weil Tom und seine Reporterfreundin niemals mit dem koreanischen Cast interagieren, sondern stets unter sich bleiben. Der Film braucht eine Weile (nach seinem unnötigerweise sepia-getinkten Prolog um Jacks Tod im Ring), um richtig in die Gänge zu kommen, weil wir ja erst mal Choi, seine Familie und sein Umfeld kennenlernen müssen, aber nach den ersten fünfzehn-zwanzig Minuten zieht der Streifen schon an (bis auf eine ziemlich lästige lange musikalisch begleitete Montage ungefähr zur Filmmitte, in der wir unbedingt Chois inniger werdende Beziehung zu Gloria in reichlichen Details beiwohnen müssen) – und sobald dann der Krimi-Plot in Gang kommt (spätestens mit dem Überfall der Gangster auf Chois Geburtstagsfeier im Restaurant von Stanleys Mum, wo er erstmals seine Freunde mit seiner nunmehr übernächtigen Kampfkunst beeindrucken kann), wird der Film eh zu einer raschen Abfolge von Kampfszenen.
Die sind ordentlich – natürlich keine Jackie-Chan- oder Jet-Li-Qualität und sonderlich originalle Kampfchoreographie, aber doch fetzig und durchaus kompetent dargeboten, wobei man den mir namentlich unbekannten Kinderdarsteller wirklich mal wieder herausstellen muss. Es ist beinahe glaubwürdig, ihn im Finale im Ring mit echten Erwachsenen auf Augenhöhe fighten zu sehen (der Film schreckt auch nicht davor zurück, das Kind blutig zu prügeln und das eben nicht mit „cartoon“-blau-geschlagenen Augen wie bei den „Magnificent 7 Kung Fu Kids“, sondern realistisch).
Wer hier wen spielt, ist mir völlig schleierhaft, da sowieso mal wieder davon auszugehen ist, dass Filmark sich die meisten Darstellernamen schlicht und ergreifend ausgedacht hat.
Top-Billing genießt ein gewisser Sean Lee, wobei das durchaus ein Sammelpseudonym von IFD/Filmark gewesen sein kann, denn jemand dieses Namens wird als „zuständig für Continuity“ (ein Witz an sich bei IFD-Filmen) für „Red Heat Conspiracy“ oder „American Eagle“ genannt, dieweil als acting credit nur ein Auftritt in einem völlig unbekannten Actionklopper namens „Street Fighters Part II“ von 1985 gelistet wird. Relativ sicher bin ich nur, dass Pichai von Jiradech Picheat gespielt wird (unter der Maßgabe, dass er mit einem zusätzlichen Kampfnamen kreditiert wird und der einzige Darsteller ist, der dem Namen nach Thai sein könnte). Andere Filmauftritte sind nicht überliefert. Dagegen wette ich einen geringen zweistelligen Geldbetrag, dass „Michelle Wong“ nicht die Michelle Wong ist, die in „Kinjite – Tödliches Tabu“, „Switch – Die Frau im Manne“ und der TV-Serie „Liebe auf Lebenszeit“ mitgespielt hat, wie die IMDb behauptet…
Die Bildqualität auf der Vision-DVD (4:3) ist erstaunlicherweise besser als die des Hauptfilms – für einen VHS-Transfer ist das einer der besseren, mit soliden Farben, erträglichem Kontrast und sogar einigermaßen brauchbaren Kompression. Deutscher und englischer Ton werden mitgeliefert (die Synchro ist nicht überwältigend, aber es gibt schlimmeres), als Extra gibt’s noch den Trailer.
Color me somewhat impressed – von einem Film, der wirklich keinerlei Erwartungen bei mir geweckt hatte, außer „naja, ist gratis mit dabei, kucken wir halt mal rein“, brauchbar unterhalten zu werden, ist eine angenehme Überraschung. „Little Kickboxer“ ist fraglos eine der besseren Filmark-Produktionen, die die normalerweise für den Lacher oder wenigstens ein kindliches Publikum konzipierte Prämisse erfreulich ernst spielt und solides Genre-Entertainment bietet. Muss halt doch nicht immer van Damme sein…
© 2019 Dr. Acula
BOMBEN-Skala: 5
BIER-Skala: 7
Review verfasst am: 03.05.2019