Lightning Strikes

 
  • Deutscher Titel: Lightning Strikes
  • Original-Titel: Lightning Strikes
  •  
  • Regie: Gary Jones
  • Land: Bulgarien
  • Jahr: 2009
  • Darsteller:

    Kevin Sorbo (Sheriff Bradley), David Schofield (Donovan), Annabel Wright (Nancy), Robyn Addison (Angel), Tom Harper (Jerry), Kolin Smialek (Billy), John Laskowski (Doc Evans), Todd Jensen (Mayor Fordice), Jarrett Crippen (Deputy Johnson), Erbi Argo (John Fields)


Vorwort

Roscoe, ein kleines Kaff in North Carolina… auf der Landstraße werden Nancy und ihr Sohn von einem Gewitter überrascht. Blitzschlag halbiert ihre Karre säuberlich – Mutter und Sohn versuchen sich in den Wald zu retten, aber von den Blitzen geradezu verfolgt. Am nächsten Tag finden Sheriff Bradley und seine Leute einen zur Unkenntlichkeit verkohlten Junior und eine unter Schock stehende Mutter. Dieweil jagt Professor Fields mit seinen zwei Lieblingsstudenten aus wissenschaftlichem Interesse Gewitterstürmen nach, um seine unspezifizierten Theorien bezüglich hochfrequenter, sogenannter „blauer“ Gewitter zu untermauern. Roscoe erscheint ihm aufgrund der aktuellen metereologischen Daten ein lohnendes Ziel.

Jedoch ist der Empfang, der Fields und seinen Studis bereitet wird, eher unterkühlt – Bürgermeister Fordice kann „storm chasers“, die Sturmprognosen mit 87 % Wahrscheinlichkeit absondern und Bradley vorsichtshalber zur Evakuierung der Stadt raten, überhaupt nicht brauchen, steht doch das „Kürbisfest“ an, und das soll den demnächst eintreffenden potentiellen Investoren, bayerischen Autobauern, die in Roscoe liebend gern eine Fabrik errichten möchten, das Bild einer fröhlichen, sauberen und ordentlichen Kleinstadt malen. Panikmache ist verboten – zumal der leicht durchgeknallte Donovan eh zu Fordices Verdruss auf einer alten Lagerhalle einen bizarren Superduperblitzableiter bastelt. Fields sagt Bradley zu, leise aufzutreten; Donovan, der aus persönlicher Erfahrung (er wurde selbst schon vom Blitz getroffen) ganz andere Theorien hegt, ist das Kürbisfest einerlei. Da er davon ausgeht, aufgrund einmaligen Blitzschlags fürderhin immun zu sein und zudem behauptet, das Gewitter sei eine lebendige Kreatur, die er zu vernichten gedenke, nimmt ihn allerdings eh niemand sonderlich ernst. Wüssten die lieben Leute von Roscoe allerdings, dass das Gewitter bereits Fahrt aufnimmt und arglose Biker und Deputys grillt, würden Bradleys Warnungen – denn der Sheriff, der Fordice eh nicht leiden kann, glaubt unbesehen, das metereologisch was im Busch ist – auf fruchtbareren Boden fallen…


Inhalt

Erinnert Ihr Euch noch an mein Review zu New York City: Tornado Terror und meine dort beiläufig geäußerte Bemerkung, dass der dortige Film ganz kurz vor intelligenten Kugelblitzen stehen bleibt? Nun, es hat sich wieder mal herausgestellt, dass keine Idee blöde genug ist, um nicht von SyFy als taugliche Grundlage eines ihrer berüchtigten original movies hergenommen zu werden… Wobei ich mir die „Redaktionssitzung“, die zur Entstehung von „Lightning Strikes“ geführt habe, ungefähr so vorstelle:

Executive 1: „Wir müssten mal wieder ‚Der weiße Hai‘ abrippen, Dude.“

Executive 2: „Schon. Aber mit welchen Tieren? Wir haben die gesamte Fauna des Planeten schon durch…“

Executive 1: „Wo zum Geier steht geschrieben, dass das nur mit Tieren funktioniert?“

Executive 2: „Pflanzen?“

Executive 1: „Sei nicht albern.“ *nimmt ne Prise Koks* „Wovor haben Leute denn sonst noch so Angst?“

Executive 2: „Mein Zwergpinscher kriegt bei Gewittern immer Panikattacken.“

Executive 1: „HEUREKA! Ein intelligentes Gewitter! Das bringt Quote! Ruf sofort Kevin Sorbo an, der hat doch grad nix zu tun…“

Die wenig erfreuliche Aufgabe, aus „mach mal ‚Jaws‘ mit Blitzen“ so etwas ähnliches wie eine Geschichte auszuformulieren, fiel Rafael Jordan zu – der erledigt derartige Jobs für SyFy in schöner Regelmäßigkeit (Yeti, „Thor: Der Hammer Gottes“, „Arctic Predator“ oder „Wraiths of Roanoke“ sind von ihm zu Papier gebracht worden). Allerdings erweckt das Endresultat den Eindruck, als hätte Jordan es dabei belassen, auf eBay ein Exemplar des „Weißer Hai“-Scripts zu ersteigern, mit Tipp-Ex die Charakternamen und jede Erwähnung von „Hai“ durch „Gewitter“ zu ersetzen, „fuck me if I’m doing more“ in seinen Bart zu murmeln und die ganze Flöte bei NBC in den Briefkasten zu werfen.

Mal ehrlich – ich kuck ja nicht erst seit letzten Mittwoch schlechte Filme, und wenn ich für jedes uninspirierte „Weißer Hai“-Rip-off, das sich während meiner Reviewertätigkeit vorstellte, ’nen Euro bekommen hätte, wäre ich jetzt zwar nicht unbedingt scheichreich, könnte mir aber vermutlich noch ein paar dringend benötigte IKEA-Regale für die Sammlung anschaffen, aber eine derart dreiste Kopieraktion auf eine derart alberne Prämisse zu schrauben und das dann auch noch mit der Ernsthaftigkeit einer griechischen Tragödie (mit einer noch zu würdigenden Ausnahme) zu spielen, das sucht seinesgleichen.

Praktisch jeder Charakter, jedes plot device, jede Storyentwicklung aus der Spielbergschen Fischsuppe findet sich in „Lightning Strikes“ wieder (garniert durch hysterische Hintergrundmythologie, in der Donovan Kreuz- und Querverbindungen bis ins Altägyptische zieht. Seine Extrapolation des Bonmots „Der Blitz schlägt nicht zweimal an der gleichen Stelle ein“, die er zwanglos als „beim zweiten Mal tut’s nicht mehr weh“ übersetzt, ist großes Tennis. Wimbledon-Halbfinale, würd‘ ich sagen), einzig den Familien-Charakterquark (streng genommen das Herz von „Der weiße Hai“) erachtet Jordan – sicher in Übereinstimmung mit seinen Produzenten – als völlig überflüssigen Tinnef (es gibt ein paar halbherzige Verweise dahingehend, dass Brody, äh, Bradley als alleinerziehender Vater sein Kreuz zu tragen hat, aber dahinter steckt kein Konzept, das über „da haben wir im Finale ’ne Figur mehr, die wir in Gefahr bringen können“ hinausgeht). Die einzige echte Abweichung zur „Jaws“-Formel erlaubt sich der Streifen im Finale, wo’s tatsächlich Donovan (ergo der Quasi-Quint) ist, der den Tag rettet (auch wenn mich der Schlag bei der Verrichtung der Notdurft treffen soll, wenn ich auch nur ansatzweise kapiert habe, was genau er da tut).

Wenn man sich ein billiges rip-off mal genauer ansieht, begreift man einmal mehr, wieso „Der weiße Hai“ ein Klassiker ist und „Lightning Strikes“ irgendwann mal als Fußnote in der Geschichte der SyFy-Movies sein Dasein fristen wird. Das ganze Familiengedöns, das sich Jordan so entschlossen schenkt, ist das, was den „Hai“ am Laufen hält – es werden Charaktere aufgebaut, die dem Zuschauer nicht völlig wurscht sind, die Zeit zwischen den raren Hai-Auftritten werden nicht wie hier mit Belanglosigkeiten und dummem Gewäsch gefüllt, sondern mit, um ein großes Wort gelassen auszusprechen, „Leben“. Bei „Lightning Strikes“ reicht’s eigentlich aus, sich die ersten zehn Minuten anzusehen – damit man ungefähr weiß, worum’s geht – und dann zum Schlussakt wieder einzusteigen, wenn das Gewitter von der Leine gelassen wird, das Kürbisfest aufmischen darf und jede Menge argloser Statisten (und den ein oder anderen Nebendarsteller) grillt. Dazwischen tut sich nichts von Bedeutung – es wird herrlicher meteorologischer Technobabbel abgesondert, jede Menge Schindluder mit der einzigen humorig angelegten Figur (ich erwähnte es oben), dem Bürgermeister, der nur noch als Karikatur eines Zerrbilds des Evil-Capitalist-Politician zu betrachten ist, getrieben und ansonsten die „Story“ nicht wesentlich vorangetrieben (als einzig weiteren satirischen Punkt erlaubt sich der Streifen, die bayerischen Investoren – offenkundig im Dienste der Marke mit den vier Ringen -, die just zum Höhepunkt des Gewitters eintreffen, abzumurksen und das for the lulz zu spielen).

Immerhin sitzt mit Gary Jones jemand am Lenkrad, der Erfahrung mit minderbudgetierter Horror- und Katastrophenkost hat. Seine ersten Sporen verdiente er sich bei „Xena“ und „Hercules“, inszenierte zwei Tierhorrorstreifen für Nu Image („Spiders“ und Crocodile II: Death Swamp), vermurkste für Asylum Jolly Roger: Massacre at Cutter’s Cove und das unverlangte DTV-Sequel „Boogeyman 3“ (würde mich nicht wundern, wenn ihm Sam Raimi den Job zugeschanzt hat, so aus alter „Xena“-Verbundenheit). Jones ist die Sorte Regisseur, die man für ein Unterfangen dieser Kragenweite braucht – er hat mittlerweile genug Erfahrung, ist aber auch keiner von denen, die auf dem Karriereweg nach „unten“ unterwegs sind und persönlich frustriert sind, dass sie irgendwelchen B-Schlonz für’s Kabelfernsehen drehen müssen, und schlichter Auftragsarbeiter. Wenn SyFy einen TV-Horrorfilm verlangt, will der Sender keinen „auteur“ am Ruder, sondern jemanden, der liefert, was gewünscht wird. Jones tut, wie ihm geheißen – ihm hilft eins der besseren in Bulgarien aufgestellten „amerikanische Kleinstadt“-Sets, sein bulgarischer Kameramann Martin Chivov (der zuvor im Doku-Bereich tätig war, mittlerweile aber von SyFy, bzw. deren ausführenden Produktionsfirmen fest angestellt wurde) ist in der Lage, das Wesentliche adäquat abzufilmen; auch wenn der Streifen – sicherlich aus finanziellen Gründen – den Großteil seiner Action in den Schlussakt packen muss, ist Jones einerseits Profi genug, den dussligen Quatsch, mit dem das Script die Seiten zwischen den Blitz-Attacken füllt, einigermaßen kurzweilig zu halten, andererseits sicher auch einem gut aufgelegten Ensemble zu Dank verpflichtet; mit Ausnahme von Todd Jensen agieren sie ernsthaft genug, um den Film nicht in die Gefilde einer unbeabsichtigten Parodie zu hieven, aber auch mit einer gewissen professionellen Gelassenheit.

Schade ist, dass letztendlich das „lebende“ Gewitter-Energiewesen nach dem Willen der Designer ein klischeehaftes Alien-Monster (offenkundig mit mindestens einem „Syngenor“ in der Ahnenreihe) sein soll, aber es hat nicht genug Screentime, um wirklich zu ärgern. Die Qualität der CGI ist für eine bulgarische Billigproduktion (an der unser alter Spezi Phillip J. Roth rumgeschraubt hat – das Cover spricht sogar von einer UFO-Produktion, der Film selbst allerdings nennt die meines Wissens auch vor einigen Jahren eingestellte Unternehmung nicht explizit; ein weiterer Co-Produzent ist der anerkannte Action-Schundologe David A. Prior) in Ordnung, der mechanische Effekt der Autohalbierung ist sogar recht gut ausgefallen. Einige recht unappetitlich getoastete Leichen sorgen auch für Beschäftigung der make-up-Effekt-Abteilung.

Das Ensemble wird angeführt von „Hercules“ Kevin Sorbo persönlich, der, wie so oft in Filmen dieser Machart, als nomineller Hauptdarsteller für die Story selbst reichlich überflüssig ist und mehr als Repräsentant des Zuschauers durch das Geschehen führt denn wirklich aktiv daran teilzunehmen. Sorbo ist nicht der Welt größter Mime, aber durchaus ein Sympathiebolzen (sonst hätten’s auch weder „Hercules“ noch „Andromeda“ auf jeweils fünf Staffeln gebracht); auch hier wuchert er mit diesen Pfunden, gibt sich recht entspannt, besonders im Zusammenspiel mit dem alten Nu-Image-Veteranen Todd Jensen („Cyborg Cop“, „Shadowchaser II“, Operation Delta Force, Operation Delta Force II: Mayday, Operation Delta Force 5: Random Fire, Warhead), der hier den aufgedrehten Pausenclown hart an der Grenze zur Nervigkeit gibt; es ist gerade Sorbos down-to-earth-Ansatz speziell in seinen Szenen mit Jensen, der diesen an und für sich ungenießbaren Komedykram sozialverträglich macht.
David Schofield, bekannt und beliebt aus der „Fluch der Karibik“-Reihe, geht die Sache „Donovan“ seriös und mit dem sichtlichen Willen, auch idiotischte Lines mit einer gebieterischen Gravitas zu murmeln, an, Annabel Wright (aktuell in Claudio Fähs auch nicht unbedingt händeringend erwartetem Aufguss des „Sniper“-Franchise zu sehen) – jugendfrei MILFig – hat außer diversen hysterischen Anfällen nicht viel zu tun, Robyn Addison (eigentlich eine feste Größe im britischen Fernsehen) und Tom Harper („Blood and Chocolate“, „Was Mädchen wollen“) erfüllen ihre Klischeeparts klaglos.
Eräwhnenswert wäre wohl noch Jarrett Crippen (Deputy Johnson), der an der Stan-Lee-gehosteten Realityshow „Who Wants To Be A Superhero“ teilnahm (in der konnten hoffnungsfrohe Bewerber einen Superheldencharakter entwerfen, dem Sieger wurde ein Stan-Lee-gescripteter Comic, eine Actionfigur und ein Filmauftritt in der Rolle ihres Charakters versprochen). Crippen gewann mit seinem Helden „The Defuser“ Staffel 2; auch wenn Crippen sich inzwischen stark verärgert zeigt (anstatt eines Stan-Lee-Comics im Dark Horse-Vertrieb gab’s knapp ZWEI JAHRE nach der Realityshow ein Indie-Comic, und auf die Actionfigur wartet er wohl noch heute), ging’s ihm immerhin noch besser als dem Staffel-1-Sieger „Feedback“, der mit einem 90-Sekunden-Cameo in „Mega Snake“ abgespeist wurde. Zwar findet sein Heldencharakter nur in Form eines in-jokes statt, aber der Deputy ist eine einigermaßen substantielle Rolle und im Finale darf er sogar was heldenmäßiges (wenn auch nichts super-heldenmäßiges) tun und eine Frau retten.

Bildqualität: Die BluRay von MIG bringt den Film, wie für einen aktuellen TV-Film angemessen, in gutklassigem 1.77:1-Widescreen. Schärfe, Kontrast und Farbwerte liegen auf der Höhe der Zeit.

Tonqualität: Deutscher und englischer Ton in DTS 5.1, die deutsche Synchro wird zusätzlich in Dolby Digital 2.0 angeboten. Die Synchronfassung ist ordentlich ausgefallen, der Mix in Ordnung. Untertitel werden auf Deutsch mitgeliefert.

Extras: Nur eine Trailershow.

Fazit: Wer einen SyFy-Original-Movie in den BluRay-Player schiebt, weiß im Allgemeinen, worauf er sich einlässt. Originalität ist streng verboten, sklavische Nachahmung größerer Filme erste Bürgerpflicht. „Lightning Strikes“ hat zumindest das Alleinstellungsmerkmal, die klassische Spielberg-Tierhorror-Formel auf einer ganz besonders hirnrissigen Prämisse aufzusetzen und dies dann todernst durchzuspielen. Das könnte furchtbar peinlich werden, aber Jones‘ praktikable Regie und die soliden darstellerischen Leistungen machen den Film bei all seinem fehlenden Tiefgang und dreisten Storykniffklaus immerhin zu einem interessant-durchgeknallten Halbvergnügen. Ein etwas kreativeres Skript und ein paar finanzielle Möglichkeiten mehr für zusätzliche FX-Sequenzen wären der Schaden des Unterfangens nicht gewesen, aber man kann sich auch und gerade mit SyFy-Movies deutlich schmerzhafter „unterhalten“. Freunde des Genres werden nicht enttäuscht, das ist mir dann mit Sorbo-Sympathie- und Hirni-Idee-ernstlich-durchgezogen-Bonus ’ne durchschnittliche Bewertung wert.

3/5
(c) 2011 Dr. Acula


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