Liane, die weisse Sklavin

 
  • Deutscher Titel: Liane, die weisse Sklavin
  • Original-Titel: Liane, die weisse Sklavin
  • Alternative Titel: Jungle Girl and the Slaver |
  • Regie: Hermann Leitner
  • Land: Deutschland/Italien
  • Jahr: 1957
  • Darsteller:

    Liane (Marion Michael)
    Frank (Adrian Hoven)
    Frazer (Friedrich Joloff)
    Tanga (Jean Pierre Faye)
    Kula-la (Lei Ilima)
    Ibrahim (Rik Battaglia)
    Prinz Derman (Nerio Bernardi)
    Schwester Angelika (Marisa Merlini)
    Kersten (Ed Tracy)
    Professor Danner (Rolf von Nauckhoff)
    Polizist (Saro Urzi)


Vorwort

Bereits an anderer Stelle hatte ich es erwähnt – auch wenn so mancher es nicht glauben mag, auch die deutsche Filmindustrie hat ihre Camp-Tradition (und ich meine jetzt nicht zelten, ähm) – und die fängt auch schon eine gute Zeit vor Jess Francos Anschlägen auf Feuilletonisten Ende der 60er Jahre an. Zum Bleistift 1956… da war ein Streifen ein Kassenknüller, hauptsächlich wohl deswegen, weil ein sechzehnjähriges Mädchen für ein paar sekundenlange Einstellungen ihre unbedeckten Brüste in die Kamera reckte. Marion Michael hiess das Mädchen, ihr Partner war Hardy Krüger und der Streifen war „LIANE, DAS MÄDCHEN AUS DEM URWALD“, eine recht unverblümte „freie“ Adaption des klassischen Tarzan-Stoffes, der sich allerdings recht bald aus dem Urwald verabschiedete, da sich im Laufe des Streifens herausstellte, dass Liane Erbin eines Millionenvermögens ist und nach Deutschland gekarrt wurde, wo sie sich mit ihrer geldgierigen Verwandschaft herumschlagen musste. Obwohl der Film wirklich nicht gerade eine cineastische Offenbarung war, reichte das Skandalpotential aus, um Millionen Kinozuschauer in die Filmtheater zu locken. Und schon ein Jahr später kam die obligatorische Fortsetzung, die es mit Fug und Recht verdient hat, an dieser Stelle besprochen zu werden.


Inhalt

Seit den Ereignissen in LIANE DAS MÄDCHEN AUS DEM URWALD ist einige Zeit ins Land gegangen. Enttäuscht von der Zivilisation hat sich Liane in den Urwald zurückgezogen und lebt wieder beim Watu-Stamm, dessen Königin sie auch ist. Thoren, ihr Freund und Vertrauter aus dem ersten Teil (der im Film aber nicht zu sehen ist), ist mit einer nicht näher bezeichneten Expedition beschäftigt, deren Ausläufer auch nahe der Watu-Lagerstätte zu finden sind, in Form von Professor Danner und seinem Team. Eines schönen Tages landet ein Flugzeug beim Camp, dem ein gewisser Frank entsteigt. Frank bringt Kunde von Thoren, den die Regenzeit hindert, persönlich vorbeizuschauen, aber die gesamte Ausrüstung soll zu Thoren verbracht werden und nach Möglichkeit auch Liane. Das Urwaldgirl ist aber eigentlich bei den Watu ganz glücklich und zufrieden und führt dort auch die obligatorischen Tänze auf. Frank gelingt es jedoch, Liane zu überreden, ihn per Flieger zu Thoren zu begleiten, allerdings besteht Liane darauf, dass ihr persönlicher Beschützer von den Watu, Tanga (nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen Slip), mitkommt und der hat wiederum seine Freundin Kula-la im Gepäck (sprichwörtlich!). Nun, irgendwann hat man das ausgesortet und bricht auf. Wegen Spritmangels muss Frank allerdings am nächsten Airport zwischenlanden und da nimmt das Unheil seinen Lauf. Ein Polizist überredet Frank, ihn und den eben verhafteten Verbrecher Frazer, seines Zeichens ruchloser Sklavenhändler, in die nächste grössere Stadt mitzunehmen. Im Flieger diskutiert man ungezwungen über Liane, wobei auch ihr beachtliches Vermögen in Europa zur Sprache kommt. Frazer, auf dem Weg zum Galgen, erkennt schnell die Zeichen der Zeit – er kann die naive Liane in einem unbeobachteten Moment dazu bringen, ihn zu befreien. Flugs wird der Polizist überwältigt und als der erdreistet,
exotischer Tanz oder was deutsche Filmproduzenten dafür halten
Widerstand zu leisten, erschossen. Dann zwingt Frazer Frank zur Landung mitten im Busch, nachdem man eine Sklavenkaravane von Frazers arabischen Freunden gesichtet hat. Nach der Bruchlandung kann Frank Frazer zwar k.o. schlagen, aber schweren Herzens beschliesst er, den Schurken ungebunden auf den Rückweg in die Zivilisation mitzunehmen. Dank Lianes Popularität unter den Eingeborenen finden die Abgestürzten Aufnahme bei einem in der Gegend residierenden Stamm. Während Tanga und Frank versuchen, ein Signalfeuer zu entzünden, setzt sich Frazer ab und kann tatsächlich seine arabischen Verbündeten kontaktieren. Es kommt, wie es (in solchen Filmen) kommen muss. Frazer und seine Spiessgesellen überfallen das friedliche Dorf, hausen ab wie die Vandalen und entführen Liane. Tanga, der sie heldenhaft retten will, wird hinterrücks von Frazer erschossen. Wie es für unseren nominellen Helden so üblich ist, kommt Frank die entscheidende Minute zu spät und kann nur noch Tanga die letzte Ölung verpassen. Immerhin rafft er sich zu einer sofortigen Befreiungsaktion auf. Zusammen mit Kula-la spürt er das Lager der Beduinen auf. Mit der Geschmeidigkeit einer Wildkatze schleicht Frank sich ins Lager und befreit die gefesselte Liane. Schnell noch zwei Pferde geklaut und dann könnte die Flucht gelingen, aber ganz blöde sind die Araber auch nicht und nehmen die Verfolgung auf. Kula-la wird mangels praktischer Reitkenntnisse schnell eingeholt und auch für Frank und Liane endet die Flucht eher abrupt, denn Frazer schiesst den guten Frank per Blattschuss vom Pferd. Liane kann ihm gerade noch einen Talisman aufs Auge drücken, dann wird sie auch schon wieder eingefangen und Frank zum Sterben liegengelassen… Damit können wir uns aber wohl noch nicht ganz zufriedengeben, oder? Also gut, machen wir doch noch weiter. Während Liane und Kula-la mit der Sklavenkaravane einem ungewissen Schicksal durch die Wüste entgegenstolpern, wird Frank mehr tot als lebendig von einer anderen Karawane aufgelesen und in die nächste grössere Stadt (die verdächtig nach Kairo aussieht, ohne dass das irgendwann mal erwähnt wird) verkraftet, wo er der Krankenschwester Angelika mächtig auf die Nerven geht und sich mit dem jungen Fürstensprössling Jarod anfreundet. Währenddessen versucht Frazer, sich Lianes Vermögen zu ergaunern – überschreibt sie ihm ihr Bares, will er sie gehen lassen, dumm nur, dass Liane nicht schreiben kann. Da kündigt sich Frazers Hauptabnehmer, der ehrbare Kaufmann Ibrahim, an. Frazer will Liane vor Ibrahim verstecken, da er ihre Kohle alleine verprassen möchte, aber Ibrahim erweist sich als exzellent informiert – auch, dass Frank noch lebt, ist dem guten Mann nicht entgangen und er hat nix besseres zu tun, als Frazer das brühwarm zu erzählen. Das bekommt auch Liane mit – ein geschicktes Ablenkungsmanöver durch Kula-la und Liane beweist, dass sie ein Mädel ist, mit dem man Pferde stehlen kann. Lianes Abgang führt zu einer ernsthaften Krise in der Männerfreundschaft zwischen Frazer und Ibrahim, da jeder den anderen beschuldigt, sich das Dschungelgirl unter den Nagel gerissen zu haben. Liane jedoch macht sich auf den Weg in die Stadt, wo sie mangels Sprachkenntnissen auf recht verlorenem Posten steht. Frazer stattet Frank einen kurzen Besuch im Hospital ab – seiner Meinung nach ist Liane in der Gewalt von Ibrahim und Menschenfreund, der Frazer ist, verklickert er Frank von der Gefahr, in der das Mädchen schwebt. Frank entlässt sich daraufhin kurzentschlossen selbst aus dem Krankenhaus, just die berühmten zwei Minuten bevor Liane nach etlichen Wirrungen eben jenes Krankenhaus gefunden hat.
Adrian Hoven (unten) fast schon tot + Marion Michael in argen Nöten
Kaum ist sie aber da, wird sie von zwei Schergen in eine schwarze Limousine gezerrt und zu Ibrahim gekarrt, der sich inzwischen auch Kula-la gekrallt hat. Der verspricht Liane das Blaue vom Himmel – sobald sie ihn geehelicht hat, könne sie machen was sie wolle.

Frank seines Zeichens versucht über Jarods Vater, den Prinzen Derman, näheres über Ibrahim herauszufinden. Derman ist kooperativ und stellt Frank seine beachtlichen Möglichkeiten zur Verfügung. Showdown-Time naht. Frank sucht Ibrahim auf, der ihm recht kurz angebunden die Tür weist, schliesslich sei er auf dem Sprung in die Flitterwochen mit seiner frischgebackenen vierten Frau. Kaum hat Frank das Grundstück verlassen, packt Ibrahim Liane und Kula-la in eine seiner zahlreichen Karossen, um zum Flugplatz aufzubrechen. Frank stolpert ausserhalb des Ibrahim´schen Gehöfts über Frazer, der ihm klar macht, was abgeht. Frazer wird requiriert und zu Pferde wird die Verfolgung aufgenommen. Ibrahim schiesst Frazer vom Gaul, kann aber nicht verhindern, dass Frank und Dermans Männer ihn stellen. Frank macht kurzen Prozess und schiesst Ibrahim über den Haufen, um dann mit Liane in den Sonnenuntergang zu reiten…

Ja, 1957 war die Welt noch in Ordnung… da konnte man sich noch unbefleckt von jeder „political correctness“ Negertänze im Kino anschauen und sich an der allgemeinen Überlegenheit des weissen Mannes erfreuen. Okay, ich will damit nicht sagen, dass LIANE DIE WEISSE SKLAVIN rassistisch wäre, seinerzeit herrschte halt einfach noch ein anderer Zeitgeist und das merkt man nach über vierzig Jahren doch deutlich.

Man muss dem Film natürlich zugute halten, dass er ein ziemlicher Schnellschuss war, nach dem wohl alle Beteiligten überraschenden Erfolg des ersten Films musste schnell ein Nachzieher her (es gab übrigens noch eine Art dritten Teil, 1961, namens LIANE – DIE TOCHTER DES DSCHUNGELS, der allerdings nur ein Zusammenschnitt der ersten beiden Streifen war und so ein eher unbefriedigender Abschluss der LIANE-Saga war). Dass Drehbuchautor Ernst von Salomon für den Film eine in der BILD-Zeitung (sic!) erschienene Romanvorlage von Anne-Day Helveg adaptierte, war sicherlich auch kein qualitätssteigernder Umstand. Dabei hatte man eigentlich keine Kosten und Mühen gescheut, um wieder einen attraktiven Co-Star für die damals siebzehnjährige Marion Michael zu engagieren und war in Österreich fündig geworden: Adrian Hoven, dem (aus mir völlig schleierhaften Gründen) seinerzeitigen „König der Romanze“, der u.a. mit Romy Schneider in „Mädchenjahre einer Königin“ agiert hatte. Wie man nun weiss, wurde Hoven später zum Pionier der Exploitation-Szene, drehte diverse Filme mit Jess Franco (u.a. „Necronomicon“, „Küss mich Monster“ und „Sadistoeroticä), produzierte „Hexen bis aufs Blut gequält“ (1969 – auf diesen Seiten besprochen) und führte beim Quasi-Sequel „Hexen – Geschändet und zu Tode gequält“ (1972) gar Regie, bevor ihn sein Weg zurück ins ernsthafte Fach führte und er mehrere Male für Rainer Werner Fassbinder vor der Kamera stand (so z.B. 1980 für „Berlin – Alexanderplatz“). Der Rest der Darstellerriege wurde hauptsächlich aus dem Fundus der koproduzierenden Cinecitta, sprich aus Italien, rekrutiert, mit Ausnahme des Schurkendarstellers Friedrich Joloff, der später durch seine Rolle als GSD-Oberst Villa in der legendären „Raumpatrouille“ zum TV-Star wurde.

Der Film selbst präsentiert sich als recht wirres und zusammenhangloses Potpurri aus Genre-Versatzstücken, das wahllos Elemente aus Expeditionsfilmen, Krimi und Karl May zusammenrührt und zu einem ziemlich undefinierbaren Ganzen verquickt. Allerdings wird´s nicht so schnell langweilig, weil zum einen hat man die meiste Zeit Marion Michael vor der Optik, da hat man was zu gucken, auch wenn sie ihr äusserst knappes Dschungel-Outfit nur für kurze Zeit trägt, aber auch in Hot Pants ist das schon ein schnuckliger Anblick. Zum anderen kann man sich an den diversen Klischees und sonstigen Schwachheiten des Drehbuchs erfreuen. Da darf z.B. Lei Ilima ein Watu-Lied trällern, dass abgesehen von der Sprache, doch ziemlich stark dem Schlagergeschmack in Germanien der 50er Jahre entspricht oder Jean Pierre Faye gibt den tölpelhaften verfressenen Bwana-Neger. Dass Drehbuchautor von Salomon mit der afrikanischen Geographie nicht so wahnsinnig vertraut war, ist natürlich irgendwo wieder verzeihlich, aber es ist schon ein wenig viel, was dem geneigten Zuseher da zugemutet wird – Entfernungen von Zigtausend Kilometer vom Dschungel in die Sandwüste bis hin nach Kairo werden zu Fuss oder per Kamel-Karawane in Stunden oder wenigen Tagen zurückgelegt, Liane findet ohne Ortskenntnis mühelos von einer Oase, die sie noch nie zuvor gesehen hat, in eine Stadt, die sie noch nie zuvor gesehen hat etc. etc. Recht witzig finde ich auch den Umstand, dass der eigentliche Aufhänger der Story, nämlich das beabsichtigte Wiedersehen von Thoren und Liane, nach gut zwanzig Minuten im Film nicht mehr die geringste Rolle spielt (auch nicht für Liane, die in Notlagen ständig nach Frank ruft), aber man ging wohl davon aus, dass der durchschnittliche Zuschauer solche Nebensächlichkeiten schnell vergessen hat. Die ständigen Seitenwechsel des Joloff-Charakters Frazer bleiben nicht nachvollziehbar, aber was soll´s? Wir reden hier nicht vom Kandidaten für den Drehbuch-Oscar. Aber es wird klar, aus welcher Richtung der Unterhaltungswert und die (unbeabsichtigten) Lacher kommen. Ansonsten ist der Film handwerklich halbwegs ordentlich heruntergekurbelt und die Schauspieler tun ihr möglichstes. Adrian Hoven gibt zwar eine recht hölzerne Vorstellung, aber Marion Michael gleicht wie gesagt einiges aus und ihre Tanzszene ist recht exotisch und erotisch (zumindest so, wie sich der durchschnittliche Dumm-Europäer oder -Amerikaner, denn die sind da ja auch nicht besser, exotische Stammestänze vorstellt) und nicht zuletzt Friedrich Joloff zieht alle Register seines Könnens.

LIANE DIE WEISSE SKLAVIN (eigentlich auch ein ziemlich irreführender Titel, denn eigentlich hat keiner der Beteiligten, inklusive der Schurkenfraktion, vor, Liane zur Sklavin zu machen, schliesslich ist man hinter ihrer Kohle her) anno 2000 anzusehen verrät viel über den Zeitgeist der 50er Jahre – trotz WW2 herrschte ja noch immer beste Kolonialzeit und allgemein war man der Ansicht, dass der Weisse Mann am besten geeignet war, um die Probleme des schwarzen Kontinents und seiner Einwohner zu lösen. Diese Mentalität spiegelt sich auch in LIANE wieder, wo die Eingeborenen entweder dumm (=schwarz) oder verschlagen (=arabisch) sind. Böse Absicht ist da aber nicht zu unterstellen, denn politische Botschaften lagen den Produzenten sicherlich fern – es ging um einen schnellen Cash-in nach einem Überraschungserfolg, ein Unterfangen, dass halbwegs erfolgreich gestaltet wurde. Aus Marion Michaels prospektierter grosser Filmkarriere wurde trotz Auftritten in Filmen wie „Bomben auf Monte Carlö neben Hans Albers oder in „Der grosse Blumber“ mit Heinz Rühmann aufgrund eines Autounfalls leider nichts, Adrian Hovens Fall und Wiederaufstieg ist schon weiter oben geschildert.

Unterhaltungswert hat das Dargebotene auf jeden Fall, ernst nehmen durfte man es weder damals noch heute und wer sich anspruchslos und leicht trashig unterhalten lassen will und dabei mal zu deutscher Filmware greifen will, liegt hier nicht verkehrt.

Überraschenderweise hat das Kauf-DVD-Label BEST BUY VIDEO soeben LIANE – DAS MÄDCHEN AUS DEM URWALD und LIANE DIE WEISSE SKLAVIN auf DVD neu aufgelegt. Da der erste Teil relativ straightforward ist, war für diese Seiten natürlich nur der zweite Teil interessant. Die DVD ist mit einer ordentlichen Bildqualität ausgestattet, auch der Ton kann sich hören lassen, aufgrund einiger kleiner Filmrisse laufen Bild und Ton aber an manchen Stellen kurz asynchron, das ist aber nicht weiter störend. An Extras bietet die niedrigpreisige DVD (für ca. 30 DM zu haben) ausser einer Trailershow für diverse andere BEST-BUY-Produkte nur Kurzbiographien von Marion Michael und Adrian Hoven, die aber immerhin mit ordentlicher Menüführung. Ob man das seiner privaten Sammlung unbedingt einverleiben muss, ist Geschmacksfrage. Eine Sammlung deutscher Exploitation-Ware ist aber ohne diesen Granddaddy des Genres (obwohl natürlich absolut familienkompatibel) nicht wirklich komplett.

(c) 2001 Dr. Acula


BOMBEN-Skala: 6

BIER-Skala: 6


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