Leise weht der Wind des Todes

 
  • Deutscher Titel: Leise weht der Wind des Todes
  • Original-Titel: The Hunting Party
  •  
  • Regie: Don Medford
  • Land: Großbritannien
  • Jahr: 1971
  • Darsteller:

    Oliver Reed (Frank Calder), Gene Hackman (Brandt Ruger), Candice Bergen (Melissa Ruger), Simon Oakland (Matthew Gunn), Ronald Howard (Watt Nelson), L.Q. Jones (Hog Warren), Mitch Ryan (Doc Harrison), William Watson (Jim Loring), G.D. Spradlin (Sam Bayard), Rayford Banes (Crimp), Bernard Kay (Buford King)


Vorwort

In Ruger Country herrscht Brandt Ruger, schwerreicher Rancher mit Jagdfimmel, und nach eigener Auffassung eher Eigentümer denn Ehegatte der bildhübschen Melissa. Gerade als Ruger mit einem Schwung seiner reichen Freunde zu einer Jagdpartie aufbricht (stilecht im Privatzug mit Koks, äh, Schnaps, lecker Essen und Nutten), die durch seine neueste Errungenschaft, supermoderne Jagdgewehre mit Zielfernrohr, die auf eine Entfernung von 800 Yards zielsicher töten können, deutlich aufgewertet werden soll, fällt der Outlaw Frank Calder mit seiner Bande auf einen kurzen Abstecher in Rugers Heimatstadt ein und entscheidet sich in einer spontanen Laune, Melissa, die in der dortigen Sonntagsschule aushilft, zu kidnappen. Nicht für Lösegeld, nicht wegen Sex (zur bitteren Enttäuschung seiner diesbezüglich schnell gemaßregelten Gang), sondern weil Frank nicht des Lesens mächtig ist und sich nun wünscht, dass Melissa diesen Makel in seinem Lebenslauf durch ein paar Nachhilfestunden tilgt. Melissa ist zunächst bockig, aber nachdem Frank und sein rechte-Hand-Mann Doc Harrison ihr zeigen, dass es wider Erwarten bei den Outlaws mehr Menschlichkeit gibt als bei den reichen Schnöseln, und Frank sogar bei einer eher improvisierten Vergewaltigung nach Fluchtversuch so feinfühlig amtiert, dass Melissa den ersten Orgasmus ihres Lebens verspürt, ist sie konvertiert. Der trauten Zweisamkeit in der Gesetzlosigkeit steht allerdings ein schwerwiegendes Hindernis entgegen – Ruger hat von der Entführung erfahren, ist von der Aussicht, Lösegeld für eine vermutlich mittlerweile geschwängerte und von einem Dutzend Outlaws bestiegene Ehefrau aus seinem sauer verdienten Reichtum zu latzen, alles andere als begeistert und schlägt seiner Jagdgesellschaft vor, anstatt auf Büffel doch mal Menschen zu jagen. Das Risiko, im Nahkampf aufgrund mangelnder praktischer Infight-Erfahrung in den Präriestaub zu beißen, ist seiner Ansicht nach minimal – wozu hat man schließlich neumodische Schießprügel, die aus sicherer Entfernung hübsche Löcher in die Zielpersonen stanzen können? Der Plan wird für gut befunden und umgesetzt – reihenweise sterben Calders Männer, von einem für sie unsichtbaren Feind angegriffen, bis es selbst Rugers Freunden zu bunt und zu brutal wird (erst recht, nachdem einer der ihren von Calder umgelegt wird). Rugers blindwütiger Hass ist allerdings nicht zu bremsen, und schon gar nicht lässt er sich davon beeindrucken, dass mittlerweile schmerzhaft offensichtlich ist, dass Melissa aus freien Stücken bei Frank bleibt…


Inhalt

Ich bin, das dürfte für die wenigsten Leser hier eine echte Neuigkeit sein, kein sonderlicher Western-Fan. Klar, Spencer/Hill rulen ok, aber schon bei Leone klinke ich mich weitgehend aus; nie würde ich die wegweisende Bedeutung seiner Werke nicht nur für das Genre, sondern für’s Filmemachen *schlechthin* verleugnen, aber es ist nicht my cup-of-tea. Trotzdem bin ich immer bereit, die ein oder andere Bildungslücke zu stopfen und auf „Leise weht der Wind des Todes“ war ich schon seit Jahren scharf (genauer gesagt, seit der Besprechung in „Hölle auf Erden“). Ein dem Vernehmen nach „Splatter-Western“ mit Starbesetzung? Count me in for a ticket…

Klar, es dauerte natürlich seine Zeit, bis Verfügbarkeit, Preis und „Doc-denkt-mal-dran-auch-im-Western-Regal-bei-Müller-zu-kucken“ begünstigt durch Aszendenten im Krebs o.ä. zusammenfielen, aber dann war’s keine Frage…

„Leise weht der Wind des Todes“ (schon lustig, welch poetischen deutschen Titel sich die Verleiher ausgedacht haben, wo der Originaltitel doch schlicht „Die Jagdgesellschaft“ lautet) ist, zu meiner dezenten Überraschung, tatsächlich ein Film, der seinem Ruf mühelos entspricht. Was TV-Veteran Don Medford in einer seiner wenigen Kinoarbeiten nach einem Drehbuch von William W. Norton („Big Bad Mama“, „Brannigan“, „Gator“, „Day of the Animals“), Gilbert Ralston („Willard“, „Ben“) und Lou Morheim („The Outer Limits“) auf die Beine stellte, ist ein Werk, das diejenigen ansprechen sollte, denen Sam Peckinpahs Western zu optimistisch, positiv gestimmt und lebensbejahend sind. Das ist kein „Western“ im Sinne von Pferdeoper, Cowboy und Indianern, Sheriff-Spielen und Duellen auf der Mainstreet vor’m Saloon, das ist eine klassische Tragödie, die man zufällig in einem Wildwest-Setting angesiedelt hat.

Die Grundzüge der Story sind zweifellos der nihilistischen Post-68-Stimmung der Italo-Western zu verdanken – ohne unangebrachte Subtilität macht „The Hunting Party“ gleich klar, wie die Fronten verteilt sind: wir haben den reichen, herumhurenden Großkapitalisten, der die Regeln macht, ohne sich selbst daran gebunden zu fühlen, der seiner Frau, die er eh nur als Vorzeige- und Sexobjekt „hält“, jeden Seitensprung zutraut und schon vorab moralisch verurteilt, seinerseits aber selbst jede käufliche Pussy mitnimmt (und selbige, die Pussy also, schon mal mit einer brennenden Zigarre penetriert) – seine Vorstellung, die Calder-Bande würde Melissa serienvergewaltigen (mit ihrer latenten Zustimmung), entspringt natürlich nur dem Gedanken, dass *er* es genau so handhaben würde. Ihm gegenüber steht der Outlaw als Vertreter der Unterprivilegierten, der Ausgestoßenen, der Parias, der einen deutlich differenzierteren Moralkodex vertritt als die nominell „Guten“, und der sich notgedrungen mit Gewalt nehmen muss, was die „Gesellschaft“ ihm verwehrt – im vorliegenden Falle ausdrücklich nicht einmal „Geld“ oder „Macht“, sondern „Bildung“; Calder geht es ursprünglich schlicht und ergreifend um die Fähigkeit zu Lesen, dass Melissa nebenher auch noch eine attraktive Frau ist, ergibt sich für ihn erst im Laufe der Entführung (leider schwächt der Film das Motiv der „Bildungsverwehr“ etwas ab, indem Calder spät im Film erklärt, dass er durchaus die Möglichkeit gehabt hätte, lesen zu lernen, aber aus grundsätzlichen Fundamentaloppositionsgesichtspunkten verweigert habe).

So diametral entgegengesetzt wie ihre Ansichten sind auch die Vorgehensweisen der Widersacher – Calder mag ein Gesetzesbrecher sein, aber er geht persönlichen Gefahren nicht aus dem Weg, betrachtet Töten nicht als Sport und/oder mit der Berufsausübung einhergehenden Bonus; Ruger hingegen tötet aus der Distanz, feige, ohne sich selbst in Gefahr zu bringen und macht ersichtlich keinen Unterschied dahingehend, ob er nun ein Tier oder einen Menschen tötet. Melissa selbst ist, kurioserweise, für die Geschichte beinahe schon unwesentlich, sie ist lediglich der Katalysator, und, wenn man zynisch sein will, könnte sich die Story ohne elementare Änderungen auch um ein von Calder geklautes Pferd, Rind oder Gewehr drehen (nur, dass diese Beispiele ihm schlecht das Lesen beibringen könnten, hehe). Calder will etwas, was ihm aufgrund seines gesellschaftlichen Status nicht „zusteht“, und Ruger verteidigt seine ihm nach eigener Auffassung zustehenden Pfründe.

Trotz dieser klar gezogenen Fronten belässt es „The Hunting Party“ nicht bei reiner schwarz-weiß-Malerei. In beiden Gruppen, sowohl Calder Outlaw-Bande als auch Rugers Jagdgesellschaft, schwelen Konflikte. Calder muss sich damit herumschlagen, dass er Melissa nicht der „Allgemeinheit“ zur sexuellen Dienstbarkeit zur Verfügung stellt (wenn wir schon wüst politisieren, könnte man darin ein vorsichtig anti-kommunistisches Statement sehen), und wird mit offener Rebellion konfrontiert, als klar wird, wer und warum die Bande immer weiter dezimiert – da ist dann Schluss mit Idealismus und Loyalität, da wird Calder gedroht, „wir legen dich um und geben Ruger seine Frau zurück – für 10.000 Dollar, wie es sich gehört“. Auf Rugers Seite bröckelt die anfängliche Begeisterung für den fröhlichen Jagdausflug schnell dahin, als seinen Freunden klar wird, dass das Töten eines Menschen *doch* etwas anderes ist als das eines Büffels oder eines Hirsches; sobald die Erkenntnis eingesetzt hat, dass man tatsächlich *selbst* zum Opfer werden könnte, bricht Rugers Gruppe schnell auseinander (in einer netten Parallelität haben sowohl Calder als auch Ruger nur einen Gefährten, dem sie bedingungslos vertrauen können, und folgerichtig müssen sowohl Outlaw als auch Rancher auf ihre Weise mit dem Tod ihres jeweiligen Vertrauten umgehen). Zu Hauptfigur Nr. 3 – wie schon angedeutet, ist es durchaus interessant, wie aus Melissa, der Figur, die zu Beginn des Films im Fokus steht, im Filmverlauf zwar einerseits eine echte *Person* wird, die erstmals überhaupt in ihrem Leben eigene Entscheidungen treffen kann, andererseits im eigentlichen Kontext der Story reine „Trophäe“ ist, der Siegespreis für das Duell der Lebensphilosophien Calders bzw. Rugers, und folgerichtig kann die Geschichte nur auf die galligste und nihilistischte Weise enden.

Dass der Film als Western den Tod massiv in den Blickpunkt rückt (darüber wird noch zu sprechen sein), ist nicht überraschend, ganz im Gegensatz zu der für Genre und Entstehungszeit unerwarteten Deutlichkeit im Bezug auf Sex. Die erste Szene Rugers zeigt ihn uns beim Sex mit Melissa (wobei es sich faktisch um eine Vergewaltigung handelt), später gibt’s in Rugers Zug eine wahre dekadente Sexorgie, Calders erste sexuelle „Begegnung“ mit Melissa ist technisch ebenfalls eine Vergewaltigung (man kann auf dem Standpunkt stehen, dass Melissa sich hauptsächlich deswegen wehrt, weil ihr völlig unbekannt ist, dass Sex ihr Spaß machen kann… auch wenn es nicht ausgesprochen wird, ist es völlig offensichtlich, dass sie in dieser Situation ihren ersten Orgasmus erlebt), weitere versuchte Vergewaltigungen folgen. Obwohl der Film weitestgehend „züchtig“ bleibt (unbedeckte Brüste gibt’s nur in Person der asiatischen Nutte, die von Ruger gequält wird) wirkt der Sex im Vergleich zu zeitgenössischen Vergleichswerken „echt“ und rau, da wird nicht ein wenig schüchtern aufeinander rumgerutscht, hier wird hart gestoßen (uiuiui).

Der andere große Themenkomplex ist, wie gesagt, der Tod, und hier bricht „The Hunting Party“ mutwillig jede Genrekonvention. In diesem Film gibt es keine heroischen Tode, keinen selbstlosen Opfertod, keinen würdevollen Abgang. Der Tod kommt qualvoll, würdelos, unerwartet und ist blutig, schmerzhaft und keine Erlösung. Medford vergisst selten, einen gerade von der tödlichen Kugel getroffenen Mann noch sekundenlang im Todeskampf zucken zu lassen, Calders Vertrauter Harrison winselt schmerzgepeinigt erbärmlich um den Gnadenschuss, und dass Ruger ehrlos genug ist, seine Gegner selbst beim Pinkeln oder anderweitigen Verrichten der Notdurft, also im Wortsinne mit heruntergelassener Hose, aus der Ferne zu töten, ihnen also im Moment des Todes nichts an „dignity“ lässt, ist bezeichnend. Wie schon gesagt: niemand wird durch den Tod „erlöst“.

(SPOILER) Trotz oder gerade wegen des Verweigerns der „Erlösung“ gewinnt der Film eine schon beinahe religiöse Komponente, vor allen Dingen im Schlussakt, in dem Calder und seine letzten Getreuen sich in eine Art „Paradies“, ein grünes Tal, „in dem man leben kann“, wie Calder sich ausdrückt, fliehen, aber auch dort nicht sicher sind. Es bleibt nur die Flucht in ein *noch* unkonkreteres Paradies (im Filmsinne „Kalifornien“), das nur durch eine unüberwindliche Wüste (=Hölle) erreicht werden kann – wenn ich eine obskure Querverbindung ziehen darf, ist das Finale von „The Hunting Party“ von ähnlicher, wenn auch noch hoffnungsloserer Ausrichtung wie das des ganz-gewiß-nicht-für-Kinder-Zeichentrickfilm „Die Hunde sind los“. In beiden Fällen sind die Protagonisten (die beiden „plague dogs“ im Trickfilm, Calder und Melissa hier) auf der Flucht vor der gnadenlosen „Autorität“ und flüchten sich in den letzten Ausweg einer „eingebildeten“ Rettung; hier „Kalifornien“, dort „die Insel“, zu der die beiden Hunde schwimmen wollen; und in beiden Fällen ist mindestens einem der Beteiligten klar, dass es diesen Ort nicht gibt (bzw. er unerreichbar ist) und in ratio übersetzt eben der Tod ist; mit dem bei „The Hunting Party“ zusätzlichen G’schmäckle, dass der Film bereits etabliert hat, dass der Tod, wie im letzten Absatz bereits ausgebreitet, eben diese vermeintliche Erlösung nicht bietet; ein sehr bedrückendes Finale, zumal letztendlich nicht einmal die Möglichkeit bleibt, wie in Corbuccis „Leichen pflastern seinen Weg“, den Sieg des ausbeuterischen Kapitals zu beweinen. (/SPOILER).

Dass Don Medford kein erfahrener Kino-Regisseur war, sondern hauptsächlich für’s US-TV arbeitete, sieht man dem Film nicht an. Optisch ist „The Hunting Party“ voll auf der Höhe der Zeit, die Kameraführung weiß immer das richtige Mittel für die jeweilige Szene, ob intimer close-up oder weite Totale. Gedreht wurde in Spanien, an der Kamera stand mit Cecilio Paniagua ein routinierter Einheimischer, der auch schon „100 Gewehre“ (mit Raquel Welch und Burt Reynolds) fotografiert hatte und später für noch für Mario Bava „Lisa und the Devil“ ins rechte Bild setzte, also durchaus weiß, wie’s geht.

Erlaubt Medford in der ersten Hälfte noch Unterbrechungen der Tragödie für Aufheiterungen (z.B. wenn Calder, Harrison und die noch trotzige Melissa mit einer Dose eingelegter Pfirsiche herumalbern), wird der Film fortwährend düsterer, auswegloser und gemeiner, zieht die Schlinge um die jeweiligen Hälse aller Protagonisten immer enger zusammen, bis es im vergleichsweise ruhigen, aber wie erwähnt hochgradig effektiven Finale kulminiert. Bei stolzen 107 Minuten Laufzeit und obschon Medford der Schilderung und Entwicklung der Charaktere großen Raum bietet, stellen sich keine Längen ein, bleibt der Film zwingend und trotz der sich rasch abzeichnenden Hoffnungslosigkeit spannend (auch ein Verdienst des stimmungsvollen Scores von Riz „Mondo Cane“ Ortolani).

„The Hunting Party“ gilt als einer der härtesten Western (wenn man von reinen Schundprodukten wie „Todesmarsch der Bestien“ mal absieht) und das durchaus mit Recht. Auch wenn der Film nicht wirklich dynamische Actionszenen bietet, weil die Parteien nicht unter „Waffengleichheit“ aufeinander losgehen können und die Gefechte daher notgedrungen sehr einseitig sind, ist das große set piece (ein Massaker, das Ruger und die seinen an einer Wasserstelle anrichten) ausgesprochen wirkungsvoll, eindringlich und brutal. Es hagelt Kopfschüsse und sonstige blutige Einschusswunden, Calder ballert einem Meuterer in Notwehr eine Schrotladung ins Gesicht, Blut fließt in Strömen – und trotzdem wirkt die Gewalt nie selbstzweckhaft, sondern konsequent aus den Charakteren und ihren Motivationen heraus entwickelt (und effektiv ist auch die Tonspur, die den Schüssen aus Rugers Supergewehren die Schallentwicklung einer durchschnittlichen 40-MT-Atombombenexplosion zuordnet).

Zu den Darstellern: Gene Hackman – wann sieht man diesen Mann schon mal als reines, fieses, feiges, sadistisches, vergewaltigendes Dreckschwein, und dann auch noch überzeugend? Dass Hackman auch den „bad guy“ geben kann, ist bekannt, aber so konsequent den blindwütigen, rachezerfressenen, blutdurstigen und verachtenswerten Schurken, ohne jede charmante Seite, habe ich Hackman noch nicht erlebt. Und er erzielt diese Wirkung, ohne zur Übertreibung greifen zu müssen, es sind kleine Gesten, einfache Mimik, mit denen er ein Maximum an Ausdruck und abgründiger (und dabei völlig von sich selbst überzeugter) Bosheit erzielt. Oliver Reed seinerseits ist nun ein zweifellos kapabler Schauspieler, aber auch einer, der sich stets an der Schwelle zum overacting entlanghangelte und auch hier kann er sich diesem Manko nicht ganz entziehen – er hat schlichtweg großartige Szenen (z.B. seine Reaktion, nachdem er gezwungen war, seinen Freund Harrison zu töten), aber auch Momente, in denen er weniger wie der harte Outlaw als vielmehr der gemütliche Brummbär wirkt oder das Script an der Stelle nicht ganz ernst zu nehmen scheint. Candice Bergen, aufgrund ihrer zentralen Mitwirkung hier und in „Das Wiegenlied vom Totschlag“ von „Hölle auf Erden“ zur „Jamie Lee Curtis des Splatter-Westerns“ erklärt, sieht nicht nur (trotz, ähemt, viel zu vieler Klamotten am Körper) hinreißend aus, sondern liefert, was ich ihr auch nicht unbedingt zugetraut hätte, eine gute, subtile Vorstellung ab. In den Nebenrollen gibt’s allerhand bekannte Gesichter aus der zweiten Reihe, z.B. Simon Oakland („The Night Stalker“), Mitch Ryan („Fackeln im Sturm“, Halloween 6, „Dharma & Greg“) oder L.Q. Jones (Regisseur von In der Gewalt der Unterirdischen).

Bildqualität: MGM legt den Streifen im Vertrieb von Carol Media – Moment, was hab ich da gerade getippt? MGM im Vertrieb von CAROL MEDIA? WTF? Das Billigheimer-Ramschgrabbelkistenlabel par excellence hat jetzt MGM-Lizenzen? Und das, wenn ich dem Inlay glauben darf, bündelweise? Armageddon is coming close… – vor und präsentiert den Film in anamorphem 1.85:1-Widescreen. Die Bildqualität ist nicht überragend (wir sprechen halt immer noch von einer Carol-Media-DVD…), aber gut durchschnittlich, mit leichten Verunreinigungen und einem kleinen Masteringfehler im „schwarzen Balken“ auf 4:3-Equipment. Die Kompression könnte besser sein, die Farben sind überzeugend, Schärfe- und Kontrastwerte bewegen sich im solide akzeptablen Bereich.

Tonqualität: Deutsche Synchro und englischer O-Ton liegen im originalen Dolby-Mono-Format vor. Die englische Tonspur ist leider in den Dialogen her etwas matschig, die deutsche Sprachfassung ist im Dialogton besser, dafür in Sachen Geräusche und Musik etwas weniger druckvoll. Zudem gibt’s nach ca. 61 Minuten für eine Weile (leider ausgerechnet noch in einer ruhigen Passage) für ca. eine halbe Minute ein störendes Klickgeräusch.

Extras: Filmographien für die wesentlichen Stars, eine Bildergalerie und eine Trailershow, also Carol-Media-Standard.

Fazit: Es muss 1971 ziemlich frustrierend gewesen sein, politisch motivierter italienischer Western-Regisseur zu sein. Da arbeitet man jahrelang an schwer symbolisch-politischen Stoffen, und da kommen die Briten daher und drehen – auch noch DA, wo man als Italiener seine Western auch dreht – einen Film, der in 107 Minuten konzentriert das gesamte zynische, nihilistische Weltbild der Corbuccis & Cos. nicht nur auf den Punkt bringt, sondern in seiner schonungslosen Negativsicht sogar locker übertrifft. „The Hunting Party“ ist nicht nur ein „harter Western“, sondern eine politische Allegorie, ein Lehrstück an character drama, eine bewegende Tragödie, und, wenn man so will, sogar noch eine Art Horror-Film mit menschlichem Monster. Beeindruckend – schade, dass der Film vergleichsweise unbekannt ist (ich schätze auch mal, dass der Film anno 1971 ein kolossaler Flop gewesen sein dürfte). Sehenswert auch und vor allem gerade für Filmfreunde, die mit herkömmlichen Pferdeopern nicht wirklich viel anfangen können, da außer dem Setting und der bloßen Tatsache, dass Männer mit Stetsons auf Gäulen sitzen, kein Western-Klischee bedient wird. Belohnt wird man nicht nur mit einem packenden Film mit aufwühlendem Finale, sondern auch ausgezeichneten Schauspielerleistungen (mit einigen kleinen Aussetzern bei Reed). Sämtliche verfügbaren Daumen weit nach oben.


mm
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