Leise töten die Spione

 
  • Deutscher Titel: Leise töten die Spione
  • Original-Titel: Le spie uccidono in silenzio
  • Alternative Titel: Spies Strike Silently |
  • Regie: Mario Caiano
  • Land: Italien/Spanien
  • Jahr: 1966
  • Darsteller:

    Lang Jeffries (Mike Drum), Andrea Bosic (Rachid), José Bódalo (Insp. Craig), Jóse Marco (Brook), Emma Danieli (Grace), Erika Blanc (Pamela)


Vorwort

Beirut, als die Stadt noch blühende Metropole, Touristenmagnet und „Paris des nahen Ostens“ war. Während ihr Verlobter und die Assistentin ihres Vaters mit dem reichen (aber nicht roten) Libanesen Rachid plauschen, geht Professorentochter Jane Freeman im Pool planschen. Bekommt ihr nicht gut, weil sie wenig später mit einem Dolch mittschiffs wieder auftaucht. Zwar hingen am Hotelpool ungefähr fünfhunderttausend potentielle Augenzeugen rum, aber niemand hat ganz bestimmt gar nichts gesehen.

Weil Papa Freeman aber nun nicht Hinz und Kunz ist, sondern mit guter Erfolgsaussicht an einem Krebsheilmittel herumforscht, schaltet der britische Sekret-Service den Superduperagenten Mike Drum (Erfinder der gleichnamigen Tabaksorte) ein. Er soll sich undercover in Freemans Haushalt rumtreiben und ermitteln, denn vor – durch garstige Drohbriefe angekündigten – Attentat auf Jane wurde schon zwei andere Eierköpfe, die vor bahnbrechenden wissenschaftlichen Entdeckungen zum Segen der Menschheit standen, abgemurkst. Auch Drum vermutet, dass hier jemand aus rätselhaften Motiven verhindern will, dass die Menschheit der Gesundheit, dem Weltfrieden und der allgemeinen Vollbeschäftigung näher kommt.

Drum stolpert auch direkt in ein Wespennest – noch vom Flugplatz weg soll er erschossen werden, seine asiatische Zimmernachbarin im Hotel ist ein mörderisches Biest (wird aber umgehend selbst ermordet) und bei Professorsens lenken nicht nur der undurchsichtige Rachid, sondern auch der von Janes Tod überraschend wenig emotional überwältigte Verlobte Edward und Professorassisteuse Pamela, auf die Edward recht unheimlich mehrere Stielaugen geworfen hat, eifrig Verdacht auf sich.

Nun macht’s Drum den Bösewichtern auch leicht. Tölpelhaft lässt er sich von verräterischen einheimischen Bullen ablenken, während der wahre Jakob hinter seinem Rücken den Professor killt. Und nachdem wenig später auch noch Edward vermeintlich erhängt, in Wahrheit aber erschossen verendet, wird’s dem lokalen Polizeichef Fuad zu bunt – er will den gerade nach London zurückbeorderten Drum als chronisch suspekt verhaften. Drum entzieht sich der Festnahme durch Flucht mit einem Sportflugzeug.

In London erhält er seinen neuen Auftrag – auf Professor Bergson, der gerade seinen frisch gewonnen Friedensnobelpreis abholen wollte, wurde ein Attentat verübt. Da steckt wohl der gleiche Täter dahinter und Drum soll aufpassen, dass der beim nächsten Versuch nicht erfolgreicher ist. Die gedungene Attentäterin versucht sich mit Zyankali zu entleiben, was Drum verhindern kann – nicht aber, dass ein fieser Böswatz sie direkt unter den Augen des Geheimdienstes entleibt.

Eine vage Spur führt Drum zu einem Treffpunkt nach Madrid, wo er wieder als vertrauensseligster Geheimagent seit 003 1/2 in eine vorbereitete Falle stolpert. Ehe er sich’s versieht, ist er betäubt, verschickt und kommt in Beirut im Superschurkenlair von Rachid wieder zu sich. Der plant die Erringung der Weltherrschaft mittels einer von ihm entwickelten Gedankenkontrolldroge und Drum soll als sein neuester ferngesteurter Scherge nun endlich Bergson killen…


Inhalt

An einem kleinen, feinen Eurospy-Reißer kann man immer mal seinen Spaß haben – in dem Genre gibt’s noch viel zu entdecken und da das oftmals belächelte Sujet zumindest langsam die Beachtung findet, die es verdient, erscheinen nun doch auch einige der weniger bekannten Vertreter, wie eben auch der italienisch-spanische Beitrag „Leise töten die Spione“ mit niemand geringerem als Perry Rhodan himself Lang Jeffries in der Rolle des taffen Spitzenagenten. Für die Inszenierung erklärte sich Hansdampf-in-allen-Gassen Mario Caiano, hier zuletzt mit „Der letzte Zug nach Durango“ vorstellig geworden, zuständig, geschrieben wurde das Werk von Caiano mit Guido Malatesta („Formel 1 – In der Hölle des Grand Prix“, „Robin Hood in der Stadt des Todes“) und dem spanischen Compadre David Moreno Mintoge („Kriminal“, „Die 7 Pistolen des McGregor“.

Drei Autoren bedeutet aber, wie wir wissen, nicht, dass die Herrschaften sich gegenseitig auf die Griffel kucken und den Blödsinn, den der Kollege verzapft hat, wieder rausstreichen, sondern, ganz besonders bei italienischen Filmen, nur, dass der dreifache Unsinn ‚bei rumkommt, weil keiner weiß, was der andere tut. Also kein Wunder, dass sich bei „Leise töten die Spione“ eine leeeichte Diskrepanz zwischen Plot-Aufhänger und Schurken-Plan entwickelt. Rachid lässt also Wissenschaftler umbringen, deren Entdeckungen eine allgemeine Verbesserung der Lebensqualität der Menschheit bedeuten. Warum tut er das? Weil er mit seiner Gedankenkontrolldroge (und später seinem Gedankenkontroll-släsch-Todesstrahl) die Weltherrschaft zu erringen gedenkt. Äh. Sieht da noch jemand wie ich keinen gesteigerten Zusammenhang? Warum sollte die Entwicklung eines Krebsheilmittels seinen Herrschaftplänen im Weg stehen? Oder Bergsons Vorschläge zur wirtschaftlichen Weiterentwicklung von Dritte-Welt-Ländern? Wäre es nicht im Gegenteil sinnvoller, die Profs unter seine mentale Fuchtel zu bringen, um dann von ihren Entdeckungen/Kenntnissen zu profitieren?

Aber von den Kreativbolzen hat sich mal wieder niemand Gedanken darüber gemacht, wie man den MacGuffin mit der Schurkenmotivation unter einen Hut kriegt. Dass man da im Schreib- oder Drehprozess irgendwann mal falsch abgebogen ist, beweist auch die Stelle, in der Rachid Drum erklärt, dass er „wenn ich wollte“, die Weltherrschaft als absoluter Diktator erringen könnte, aber… tja, leider kommt er aufgrund einer kleinen Unterbrechnung nicht dazu, das „aber“ näher auszuführen, und bei seiner nächsten Ansprache steht dann nichts mehr anderes im Raum als eben die Weltherrschaft als absoluter Diktator. Vielleicht fiel Rachid da grad ein, dass sein ursprüngliches Vorhaben doof ist und man als Weltdiktator mehr Fun hat (wieso er dann aber trotzdem seinen Professorenkillplan weiter verfolgt?).

Na, egal, über Eurospyplotten sollte man sich keinen Kopf machen, das wissen wir längst, wichtiger ist, dass sie Shoot-outs, Prügeleien und exotische Schauplätze einigermaßen miteinander verbindet, und da liefert „Leise töten die Spione“ durchaus. Beirut ist durchaus ein spannender Backdrop für die überwiegende Laufzeit des Fims (und man grübelt drüber nach, wie aus einer derart offenen Metropole das Hotbed für Terrorismus und Bürgerkrieg werden konnte, das ich zumindest seit meiner Jugend aus den Nachrichten kenne. Scheißpolitik. Scheißreligionen). Caiano hat schicke Locations und Sets zur Verfügung (Rachids Schurkenbunker macht jedem drittklassigen Bond-Villain alle Ehre), das Geschehen wird flott vorangetrieben und immer, wenn man sich zuviele Gedanken über die Sinnhaftigkeit der Story machen könnte, wirft er eine Actionszene ein (mit der üblichen liberalen Einstellung gegenüber der Wertschätzung menschlichen Lebens. Dass Rachids Handlanger letztlich ja Unschuldige sind, die vom Bösmann per Droge – gegen die ein Gegenmittel existiert – gefügig gemacht werden, stört beim Thema Umnieten keine Sau).

Jeffries, den ich gemeinhin für eine charismafreie Schranktüre halte, zieht sich sauber aus der Affäre, beweist seine Judofertigkeiten und gewinnt durch die erstklassig besetzte deutsche Synchro (die, ohne voll comedy zu gehen, auch mal einen launigen Spruch oder zwei ablässt) aus dem Hause Brunnemann, die ihn von Heinz Drache sprechen lässt, tatsächlich sogar Personality (auch wenn’s letztlich die blasiert-arrogante Personality von Heinz Drache ist). Bis auf die höhepunktierende und lächerlich beschleunigte Autofahrt (ich wollte „Verfolgungsjagd“ schreiben, aber dafür fehlt ein Verfolger) ist die Action sauber inszeniert und ist für die Verhältnisse von 1966 auch einigermaßen ruppig (die FSK 16 geht jedenfalls i.O.).

Positiv zu vermelden ist auch der wie üblich schmissig-jazzige Score von Francesco de Masi („McQuade, der Wolf“, „Ein Haufen verwegener Hunde“, „Der New York Ripper“), wie auch ein hübscher, ersichtlich von James Bond inspirierter Vorspann im pop-art-Style. Ansprechend ist auch die gelegentlich etwas exzentrische Kameraarbeit von Julio Ortas („Ein Toter hing am Glockenseil“).

Auf Darstellerseite könnte Andrea Bosic („Manhattan Baby“, „Gefahr: Diabolik!“, „Der Tod ritt Dienstags“) etwas mehr aus sich herausgehen. José Bódalo („Django“, „Lasst uns töten, Companero“) ist als Drums britischer Botschaftskontaktmann sehr unterhaltsam, José Marco („Horror Express“, „Nacht der Vampire“, „Frauen am Rande des Nervenzusammenbruchs“ ist der offensichtlichste Verräter der Filmgeschichte (keine Frage, alle sind tödlich überrascht von seinen Schandataten). Die Frauenrollen sind denkbar unnötig – Emma Danieli („The Last Man on Earth“, „Musketiere des Teufels“) spielt eigentlich nur mit, weil der Held ja irgendwas weibliches zu retten haben muss, und Eurotrash-Ikone Erika Blanc („Die toten Augen des Dr. Dracula“, „Die Herrenreiterin“, „Hexen geschändet und zu Tode gequält“) darf als Pamela leider auch nicht so aufdrehen, wie sie könnte und, um den Film zu verbessern, auch müsste.

Die DVD von Endless Classics verfügt über einen prinzipiell schönen 2.35:1-Print (anamorph), der sich aber ab und zu in grobe Pixelorgien auflöst (und zumindest der Vorspann wurde augenscheinlich einer spanischen TV-Ausstrahlung entnommen).

Insgesamt ist „Leise töten die Spione“ aber ein amüsanter, kurzweiliger Klopper, der Genrefreunden runter gehen sollte wie Öl, aber auch für „normale“ Filmkucker rasant und unterhaltsam genug sein sollte. Thumbs up!

(c) 2017 Dr. Acula


BOMBEN-Skala: 6

BIER-Skala: 7


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