- Deutscher Titel: Le Meteor
- Original-Titel: Le Meteor
- Regie: Daniel Möhle, Johannes Marek
- Land: Deutschland
- Jahr: 2004
- Darsteller:
Gott (Henning Venske)
Kaktus Stolzius (Philipp Holpert)
Gustav (Michael Klemenz)
Babette (Joana Dittmer)
Ronny (Johannes Marek)
Mr. Verzerrte Stimme (Stefan Sahling)
Hector (Andreas Schreyer)
Hippie (Melanie Czerniak)
Herr Schweiger (Carsten Winkler)
Sally (Sally Meukow)
Vorwort
Abt. Ambitionierte Amateure
Es hat sich mittlerweile in der Szene herumgesprochen, dass der Doc (entgegen einer ursprünglich mal von ihm vertretenen These) durchaus ein Herz für den Amateurfilm hat. Denn obschon mich Konsorten wie Andreas Schnaas immer wieder daran erinnern, * was * ich am (speziell deutschen) Amateurfilm auf den Tod nicht ausstehen kann, hab ich doch in den vergangenen Monaten mehr als einen „Independent“-Film aus deutschen Landen gesehen, der mir Freude bereitet hat und mir das Vertrauen in die Fähigkeiten des hiesigen Nachwuchses und den Willen, diese auch produktiv einzusetzen, zurückgegeben hat.
Auch die Macher von Le Meteor waren mutig und selbstbewusst genug, mir ihr stolzes Werk freiwillig anzudienen, in der berechtigten Hoffnung, der Doc werde es nur verreißen, wenn´s angebracht ist. Nun schaue ich bekanntlich keinem kostenlosen Film ins Maul (das kann ich mir gar nicht leisten, auch wenn ich´s gelegentlich bereue) und die Ankündigung, dass es sich um einen unblutigen (!) und generell horror-freien Film handelt, macht mich ganz besonders neugierig. Sollte es tatsächlich wagemutige Filmpioniere geben, die erkannt haben, dass es außer Horror noch ein zweites Filmgenre gibt? Staun…
Aus unerfindlichen Gründen hat sich das Review etwas verzögert – ich sitze schon ein paar Wochen auf der Scheibe. Jetzt oder nie heißt also die Devise. Wobei ich (Future Doc sei dank) bereits an dieser Stelle anmerken darf – dieser Film widersetzt sich hartnäckig allen Versuchen, ihn auf meine bewährt flapsig-respektlose Weise zu verhackstücken. Es handelt sich, soviel darf ich vorausschicken, um eine bewusst als solche angelegte Groteske, womit schon mal gesagt ist, das alles (oder zumindest das meiste), was auf den ersten Blick im Film, eh, seltsam anmutet, höchstwahrscheinlich genau SO gedacht ist. Vielleicht schaff ich unter diesen Vorzeichen auch mal eine etwas kürzere Inhaltsangabe. Wie üblich bei Reviews zu brandaktuellen Filmen für Google-Besucher die obligatorische SPOILER-Warnung… wir verraten mal wieder gnadenlos alles und jeden 🙂
Inhalt
Nanu, hab ich doch in der Hektik die falsche DVD eingelegt? Aber ich wusste gar nicht, dass ich mein Klassenfahrt-nach-Paris-Video mal auf DVD gebrannt habe… Okay, wir starten also mit Impressionen aus der Franzosen-Metropole. Ist ja auch ´ne hübsche Stadt. Hat auch immens viele Sehenswürdigkeiten. Und Touristen. Ja, ich hab´s begriffen, wir sind in Paris [So schnell ist der durchschnittliche Filmegucker nicht… – Der Lektor].
Nachdem wir dieses geographische Faktum zu allgemeiner Zufriedenheit festgestellt haben´s schalten wir um in einen dunklen, spärlich möblierten Raum. Singuläres Möbelstück ist nämlich ein Stuhl, auf den ein Spotlight gerichtet ist, und auf selbigem Stuhl sitzt ein älterer Herr. Es handelt sich um Gott. Gott ist ein leicht gelangweilt-blasiert wirkender älterer Knabe, den man sich gut im gehobenen Verwaltungsdienst einer Behörde vorstellen könnte. Dass er Gott ist, sagt er uns selbst: „Mein Name ist Gott.“ Und zwar nicht Karel Gott, sondern der Liebe mit Vornamen. Obschon sich das mit dem Liebsein wohl erledigt hat, denn Gott ist auf die Schöpfung, insbesondere den Teil derselben, der auf zwei Beinen aufrecht rumläuft und sich einbildet, vernunftbegabt zu sein, nicht wirklich gut zu sprechen. Unter der verständlichen Anschuldigung, wir Menschen würden im allgemeinen nichts Gutes im Schilde führen, hat sich der Himmelsvater zu einer Überarbeitung seiner Schöpfung entschieden und in der spielen wir keine Rolle. „Die Zeit ist reif für neues Leben“, das alte, soweit es menschlich ist, muss weg, und aus diesem kühnen Grunde schickt der Papst-Vorgesetzte einen Messias zwecks „Erlösung“, und zwar „still, leise und unspektakulär“ (hm, wenn wir später mal rekapitulieren werden, wie diese Erlösung aussieht, möchten wir gar nicht erst andenken, was Gott unter „spektakulär“ verstehen würde).
Der Herr sprach und das Universum ist ihm zu Gefallen. Und so kann der ausschließlich en francais parlierende Star unter den TV-Nachrichtensprechern, ein gewisser Gustav, zur besten Sendezeit verkünden, dass unserem blauen Planeten demnächst ein Meteor auf den Kopf fallen wird. Und demnächst ist in drei Tagen – da kann vermutlich nicht mal mehr Bruce Willis helfen. Zumal der Meteor an und für sich noch nicht mal das große Problem ist. Viel schlimmer ist nämlich, dass der Steinbrocken einen ungebetenen Passagier mitbringt, einen Virus, der alles menschliche Leben auf der Welt auslöschen kann (ich will gar nicht wissen, woher Gustav bzw. seine wissenschaftlichen Quellen von diesem Virus und der von ihm ausgehenden Gefahr wissen).
Mit dieser dramatischen Eröffnung wird´s Zeit für den Vorspann, ehe achtbar gewerkelte CGI-Effekte uns den Anflug des Meteors auf den Erdball verdeutlichen.
Zurück ins TV-Studio, wo wir bemerken, dass Gustav nicht auf französisch labert, weil er halt zufällig Sprecher des französischen Fernsehens ist, sondern der Rest der ihn umgebenden Welt durchaus auf Deutsch kommuniziert und nur Gustav aus noch zu klärenden Gründen ausländisch parliert. Sein Chef und Vorgesetzter ist ein gewisser Ronny, der noch sehr wichtig werden wird, außerdem etablieren wir, dass Gustav ein echter Superstar ist, dem auch zu nachtschlafenden Zeiten noch weibliche Autogrammjägerinnen nachstellen.
Wir schalten um in ein Büro. Kein besonders impressives, will sagen, meine Rechtsanwalts-Chefs, die ich bisher hatte, würden es erheblich unter ihrer Würde finden, nichtsdestotrotz aber Arbeitsplatz des Weltkanzlers Kaktus Stolzius (hm, seine Eltern waren entweder Asterix- oder Monty-Python-Fans. Ist aber doch schön zu sehen, dass man auch mit einem depperten Namen große politische Karriere machen kann). Stolzius ist persönlich pikiert, dass er von dem anstehenden Killermeteor auch nur aus dem Fernsehen informiert wird (ich würd mal ein ernstes Wort mit meinen Exekutivschergen sprechen) und ruft daher seinen Top-Mitarbeiter zu sich. Selbiger spricht mit verzerrter Stimme. Im Gegensatz zu Stolzius´ Erzeugern waren diejenigen des Mannes mit dem Stimmproblem wohl eher unkreativ, denn er hört auf den schicken Namen Mr. Verzerrte Stimme (ich kürze das in Zukunft mit VS ab). VS sieht nicht ganz so aus, wie man sich einen Top-Agenten vorstellt, es sei denn, man hält Stanley Spadowski (UHF) für die Idealbesetzung des nächsten Bond-Films. VS ist, so wie´s aussieht, in der Tat nicht nur Top-Agent, sondern auch Hausmeister. Stolzius, der ersichtlich unter einem kleinen Ego-Problem leidet, hat einige Fragen an seinen besten Mann, die sich hauptsächlich darauf beziehen, dass Stolzius keinen blassen Dunst hat, wie er der Krise begegnen soll und sich ein paar sachdienliche Ratschläge erhofft.
Die hat VS auch auf Lager – Stolzius soll sich doch am besten in einer TV-Talkshow ans Volk wenden, um eine Panik zu vermeiden, das hat beim „Angriff der Klonkrieger vom Mars“ (!) auch schon gut funktioniert. Nachdem Stolzius schnell die Anweisung gibt, vor seinem Amtssitz randalierenden Pöbel mit Zyklon B unschädlich zu machen (ein wahrer Philanthrop), macht er sich vom Acker, um die Sache persönlich in die Hand zu nehmen. VS staubt den Schreibtisch ab und wirft dabei den ein oder anderen Blick in geheime Unterlagen, dieweil (off-screen) Demonstranten mit MP-Salven niedergemäht werden.
This is all rather strange.
Dieweil, in einem Labor (bzw., wenn ich mal einen Schuss ins Blaue abgeben darf, was die Location angeht, dem Chemiesaal einer beliebigen Oberschule). Dort feiert sich Wissenschaftler Hector als großartiges Genie (tut wohl sonst keiner). Ronny ruft ihn an und setzt ihn über die fatalen Entwicklungen ins Bilde. Hector steht auf dem für einen genialen Wissenschaftler befremdlichen Standpunkt, dass die Sache mit dem Meteor womöglich ein Problem, aber wohl eher nicht seins sei, aber Ronny braucht ihn als Experten für die Fernsehsendung. „Ich hab gar keine Zeit“, versucht der scheinbar medienscheue Hector sich aus der Affäre zu ziehen, sagt aber schließlich doch zu. Das Telefongespräch muss unterbrochen werden, da es an der Labortüre klopft. „Es ringt, es klingt, äh, es klopft“, informiert Hector zerstreut Ronny. Der Störenfried ist Sally. „Möge sie den Raum betreten“, outet sich Hector als Freund blumiger Sprache. Sally hat aber nur ganz profane Bedürfnisse, sie braucht einen Abflussreiniger. Da kommt sie bei Hector an den völlig richtigen, denn der hat offenbar die Horst-Fuchs-Schule für Teleshopping-Moderatoren mit Auszeichnung abgeschlossen und preist „Biospiral“, den biologischen Kampfstoff unter den Abflussfreiräumern, an, dass es eine wahre Freude ist (Trivia am Rande: Biospiral ist ein real existierendes Produkt, dessen Hersteller das ausführliche Product Placement im Film ersteigerten. Interessante Geschäftsidee) [Keine Ahnung, was es ist, aber ich kauf zwei! – Der Lektor]. Sally lässt sich von der enthusiastischen Vorstellung des Reinigers („reinigt sogar Katzentoiletten!“) überzeugen: „Gut, das nehm ich!“
Auf einem Sportplatz wartet Babette, Gustavs Freundin, auf ihren Liebsten (es gibt sicherlich romantischere Orte zur Zusammenkunft, zumal man sich nicht etwa zur gemeinsamen Betrachtung eines Sportereignisses oder gar persönlicher sportlicher Betätigung verabredet hat). Babette ist erkennbar schwer verliebt in Gustav, auch wenn der eher distanziert an die Sache herangeht (man achte auf die Symbolik der Bildsprache in dieser Szene). Babette fällt auf, dass Gustav etwas depressiv wirkt. Das ist wegen dem Meteor, der in drei Tagen einschlägt, erläutert Gustav (naturellement en francais). „NEIN!“, kreischt Babette, „sag, dass das nicht wahr ist!“ (Hm, Babette ist zwar total verschossen in Gustav, aber seine Sendungen sieht sie sich wohl nicht an). Gustav schlägt angesichts der hoffnungslosen Situation vor, die letzten Tage zu genießen und ans Meer zu fahren. Babettchen is okay with that, hätte aber auch noch einen Wunsch – einen persönlichen Gottesdienst bei Pater Frederik! Das ist jetzt aber Gustav gar nicht recht, denn Frederik ist, gasp, schwul! „Il befummelt le Konfirmanden!“, bekräftigt er seine Abneigung gegen den andersrumigen Priester (korrektes Franzmännisch ist das aber nicht, soviel ist sogar bei mir hängen geblieben…).
Sally ist nicht nur Biospiral-Käuferin, sondern auch anderweitig für den Film verwendbar. Sie haust mit drei anderen Mädels und einem ständig besoffenen männlichen Mitbewohner in einer Kunststudenten-Wohngemeinschaft (uh-oh). Dort stellt eine ihrer Mitstudentinnen überrascht fest, dass sich im Kühlschrank Knochen befinden, und das sind wohl nicht nur die abgenagten Reste der letzten Grillparty, die man unter Umständen dort erwarten könnte.
Im Fernsehstudio zelebriert Ronny seine Talkshow zur Lage der Nation mit den geladenen Gästen Stolzius, Hector und als Stimme des Volkes Herr Schweiger. Letzterer soll unerkannt bleiben und sitzt daher mit Wollmaske im Studio. Stolzius verkündet, dass keinerlei Anlass zur Veranlassung besteht, schließlich hat man noch drei Tage Zeit bis Impact. Entdeckt wurde der Meteor von „den Japanern“, denen Stolzius exklusiv die Betreuung von Weltraum-Angelegenheiten zugeschanzt hat (klare Arbeitsteilung herrscht in diesem Regime). Schweiger findet die Gesamtsituation irgendwie echt „nich in Ordnung“, aber der Kanzler hat alles im Griff: „Gott ist mit uns!“ (Stand schließlich schon auf den Koppelschlössern der alten Landser und kann daher nicht völlig verkehrt sein). „So Gott will, werden wir überleben!“ Das würde mich persönlich jetzt nicht wirklich beruhigen, aber Ronny ist´s recht. Er will die Sendung beenden und zum Spielfilmprogramm übergehen, Kubricks Dr. Seltsam soll´s geben (sic). Hector will aber auch noch was sagen – er erwähnt den tödlichen Virus und entschuldigt außerdem seine japanischen Kollegen, die den Meteor deshalb nicht früher hätten entdecken können, weil er direkt aus Richtung der Sonne kam. Stolzius akzeptiert derlei wissenschaftliche Fakten nicht: „Ach was, gepoppt und Orgien gefeiert haben sie!“ (Herr Kanzler, wir sind noch auf Sendung!). Die Sendung gerät etwas außer Kontrolle (d.h. hauptsächlich der souveräne Souverän echauffiert sich, Schweiger findet das alles „nich in Ordnung“). Der Kanzler schaltet auf Stur: „Ich sag nix mehr!“ Hector postuliert eine Theorie, dass die Regierung (i.e. Stolzius) von etwas ablenken möchte (? Abgesehen von dem virenverseuchten Killermeteor, der in 72 Stunden einschlägt?) und der Kanzler ist sauer: „Sie sind gefeuert!“ Das verblüfft Hector und er wagt Widerworte. „Nänänäichhörnix“, hat sich Stolzius nun endgültig auf das Niveau eines Dreijährigen herab begeben (das ist eine ziemlich akkurate Darstellung eines modernen Politikers), Schweiger ist immer noch der Ansicht, dass das alles „nich in Ordnung“ ist, Ronny mahnt erwachseneres Verhalten an. „Gott soll unser Führer sein“, wirft der Kanzler mit imaginären Bibeln um sich und Hector begeht den strategischen Fehler, die Existenz eines höheren Wesens auf wissenschaftlich fundierte Weise abzustreiten („Gott KANN es nicht geben!). Jetzt hat der fiese Kanzler endgültig genug gehört und bittet seinen anwesenden Bodyguard, den aufmüpfigen Weißkittel nonchalant on air zu exekutieren. Thy will will be done. Peng. Soeben wurde eine Planstelle frei. Von Stolzius können die deutschen Arbeitgeberverbände noch was lernen…
Dass Stolzius trotz Zurschaustellung seiner ultimativen Machtposition sich in aller Öffentlichkeit ziemlich zum Horst gemacht hat, führt im stillen Kämmerlein zu einer leichten Sinnkrise des Weltherrschers. Wie im richtigen Leben – nur eine kann helfen: Mama. Mutti Stolzius (heißt die mit Vornamen zufällig Incontenenzia?) betrachtet nur leider bereits seit geraumer Zeit die Tulpen von unten. In solchen Fällen ist ein Gebet von Nutzen. Zu Stolzius´ eigener Verblüffung antwortet die vergilbte Mama-Fotografie tatsächlich, aber nicht mit dem erhofften Trost & Zuspruch, sondern mit Schimpf & Schande. Unser Stechus Kaktus Stolzius soll sich mal gefälligst nicht so gehen lassen, schließlich sei er ein Kind Gottes (und so wie Muttchen sich ausdrückt, meint die das wohl wörtlich. An dieser Stelle würde mir eine Monty-Python-Referenz einfallen, die etwas mit einer „nicht persönlich gemeinten“ Frage zu tun hat…). „Du verhöhnst Gott“, dröhnt Mama und weil Stolzi ob dieser Anschuldigung die Kinnlade auf Grasnarbenniveau fällt, muss die Verblichene präzisieren: beim der anstehenden Krise handelt es sich um das jüngste Gericht, und das hat schon seine Ordnung so. „Religion tötet nicht, Religion erlöst“, führt Mama Stolzius aus, dito auch der Herrgott persönlich, ergo wird sich der Christengott schon was mit dem Meteor gedacht haben. Langer Rede biblischer Sinn – Stolzius soll sich an das Volk wenden und verkünden, dass er Gottes Willen ausführen werde.
Indes bei Babette und Gustav. Babette, erwiesenermaßen naturblond, möchte sich dafür verwenden, dass ihr Herzensangebeteter nicht stirbt: „Schließlich bist du ein Star!“ (Da könn´ wa nur froh sein, dass der Küblböck keiner mehr ist. Man stelle sich vor, so was hätte das ewige Leben…).
In der WG debattiert frau aufgebracht den Knochenfund. Der verkaterte Frank wundert sich, dass seine Mitbewohnerinnen keine irgendwie, na ja, dringlicheren Themen zu besprechen haben: „Lest ihr keine Zeitung?“ Quote des Monats voraus: „Zeitung?? Hallo, wir sind Kunststudenten!“ (Nach meinen empirischen Beobachtungen könnte man aus diesem Statement das Teilwort „Kunst“ aber streichen…). Ich weiß nicht, ob Frank noch von gestern schlecht ist oder ob ihm die zelebrierte Ignoranz der anwesenden Weiblichkeit den Magen umdreht, jedenfalls geht er erst mal kotzen, dieweil eine der Kunststudentinnen berichtet, dass „der Guru“ eine Nachricht geschickt habe. Guru? Hoppla, langsam wird das recht unübersichtlich hier…
In seinem Büro starrt Stolzius nachdenklich aus dem Fenster – endlich trifft er eine Entscheidung. Er ruft VS an, der mysteriöserweise irgendwo auf freiem Feld im Ackerland rumsteht (VS redet Stolzius übrigens konsequent mit „mein Kanzler“ an), und beauftragt seinen Gehülfen, ihm sofort bzw. in 15 Minuten eine Live-Schalte im Ronny-Programm zu arrangieren. Den Weg kann VS sich eigentlich sparen, denn Ronny stürmt eh gerade in das Kanzlerbüro. Der TV-Fritze ist ein wenig ungehalten ob der Live-Hinrichtung Hectors in seiner Fernsehsendung, zumal Hector auch noch Ronnys Bruder war (da kann man schon mal ein wenig säuerlich reagieren). Der Kanzler hat seine Souveränität aber in Gott wieder gefunden und rollt auffällig das „R“ in Ronnys Namen.
Babette hat sich übrigens durchgesetzt – es ist Predigt-Time bei Pater Frederik! Frederik erzählt ziemlichen Schwurbel („Der Schutz Gottes ist mit euch! Gott liebt Menschen, Tiere und Pflanzen!“ Weswegen er zumindest den menschlichen Part dieser Auflistung gerade auslöscht…) auf Konfirmationsunterrichtsniveau – Gustav is less than thrilled, auch die Schwänke aus Frederiks Konfirmandenjugend, denen wir z.B. entnehmen, dass Frederik als Steppke Angst vor dem Geräusch der Klospülung hatte, und was sein damaliger Pfarrer daraus analysierte, finden Gustavs Wohlgefallen nicht: „C´est terrible!“ Babette ist mit ihrem Gspusi böse, denn sie hat natürlich durchschaut, worum´s in Freddys Ansprache ging: um verdrängte Ängste, unterdrückte Gefühle und Kommunikationsschwierigkeiten! Der Pastor selbst lässt sich nichts anmerken und serviert das Abendmahl: „Diese Schnittchen sind mein Leib! Dieser Prosecco ist mein Blut!“ (Wenn sich diese Art Verköstigung durchsetzt, könnte man mich wieder öfter in einem Gotteshaus antreffen). Gustav langt zwar zu, empfindet das Ritual aber doch eindeutig als zu modern.
Gott betrachtet in seinem Arbeitszimmer die CGI-Erde und putzt sich die Brille.
In der Studentinnen-WG herrscht dieweil Krisenstimmung. Interessanterweise gehören nämlich die vier Weibchen allesamt der Sekte des Gurus an, nicht aber Frank. Und der Guru scheint ein solcher einer der üblich-verdächtigen Ende-der-Welt-Apokrapschlippsen-Sekten zu sein; als solcher verlangt er von seinen mitgliedsbeitragberappenden Schäfchen angesichts des bevorstehenden globalen Untergangs nichts minderes als den Selbstmord. Eins der vier Mädels hat vorm Sektenbeitritt offenbar das Kleingedruckte nicht ausgiebig studiert und wagt vorsichtig anzumerken, eigentlich nicht wirklich direkt Lust zu haben, jetzt zu sterben (gut, das kann ich theoretisch verstehen, aber wenn in zwei Tagen die Welt untergeht, kommt´s auf ein paar Stunden früher oder später ja auch nicht mehr an). Sally mahnt Linientreue an: „Es ist unsere Pflicht zu sterben, wenn der Guru es wünscht!“ (An dieser Stelle wäre es evtl. interessant zu erfahren, was der Guru sich von dem Selbstmord seiner Jünger verspricht. Ist das eine Frage der Erlösung, soll´s praktischen Nutzwert haben oder einfach nur aus Gaudi?). Der Guru haust im Übrigen dem Vernehmen nach irgendwo in der rumänischen Pampa und pflegt sein entstelltes Gesicht (seine Mutter hatte ihn mit siedendem Fett übergossen. Unfall, Absicht? Das ist nicht überliefert).
Stolzius hält indes seine Fernsehansprache und berichtet seinem gespannt wartenden Volk, was er zu unternehmen gedenkt. Nämlich nichts. Wenn Derdaoben den Untergang der Menschheit wünscht, dann dürfe man seine Entscheidung nicht in Frage stellen. „Wir sind schließlich ein religiöses Volk!“ (Ich frage mich nur, was die Moslems, Hindus, Buddhisten und Anhänger sonstiger Reaktionen von seiner Einstellung halten). Das ist für Ronny zuviel des Guten – er schubst den Weltkanzler zur Seite und ruft zum Widerstand und Sturz des Kanzlers auf! Stolzius bleibt gefasst, setzt sich wieder ans Sprecherpult und weist darauf hin, dass, wenn alle ruhig und ohne Panik bleiben, „sie auf einen sanften Ausklang zählen können!“ (Das ist ein echter Incentive, oder?). After all – es ist die Entscheidung zwischen einem „Leben auf Basis der Unsicherheit“ und dem Paradies schlechthin…
Was sagt Gott zu den neuen Entwicklungen? Er nimmt´s verhältnismäßig ungerührt: „Es passiert, was passieren muss!“ Und das heißt nun mal, dass die Menschen weg müssen, schließlich hat er das neue Leben schon vorbereitet. Was nach uns kommt, ist klüger (keine Kunst) und schöner (ä-hempt!) als wir und kennt den Sinn des Lebens (42, warum? [Oh Doc, das ist nicht der Sinn des Lebens, das ist die Antwort auf die allumfassende Frage. Passt du denn NIE auf? – der Lektor] [Belästige mich nicht mit Details… – der Autor]). Wer braucht da also noch die Menschheit?
Bei Studentens inna Küche finden sich erneut Knochen in Haushaltsgegenständen – dieses Mal im Ofen (vielleicht hat nur einer Fiffi eingeäschert…). Mittlerweile ist Konsens, dass die sorgfältig drapierten Knochen (sehen dürfen wir die übrigens nicht) Botschaften des Gurus sind, der sich also aus seinem rumänischen Exil bewegt hat, um heimlich in die WG-Bude einzusteigen und dort Abfälle vom letzten Grillabend versteckt. Die Sinnhaftigkeit dieser Vorgehensweise kommt zumindest auch einem der WG-Girls spanisch vor: „Er hätt´ ja auch klingeln können…“.
Bei Babette und Gustav hat sich mittlerweile der Pseudo-Franzose durchgesetzt – man pflackt am Strand und genießt die letzten Stunden. Wo nun eh schon alles vorbei ist, würde sich Babette wünschen, dass Gustav endlich mit dem Französisch-Quatsch aufhören würde. Gustave lehnt einsilbig ab und lässt sich auch nicht dadurch beirren, dass Babette nun endlich aus sich heraus geht (jaja, verdrängte Gefühle, Kommunikationsschwierigkeiten, gelle?) und ihrem Loverboy ins Gesicht bzw. die dunkle Sonnenbrille keift, dass sie sein cooles Franzmanns-Image hasst. „Bien“, bekundet Gustav und möchte mirnixdirnix vom Hofe schreiten. Babette springt auf und zupft ihm die Sonnenbrille von der Nase. Manche Leute verbergen ihr wahres Antlitz mit völliger Berechtigung vor der unbescholtenen Öffentlichkeit (siehe Heino) – Gustav würde mit seinen rosarot glühenden Pupillen in der Tat auffallen (in einem Film wie diesem kann man eigentlich nichts überinterpretieren, aber, so wie ich summa summarum alles letztlich verstehe, liege ich mit meiner spontanen Meinung, Gustav könnte ein Abkömmling des Höllenfürsten garselbst sein, daneben. Man kann nicht immer Recht haben…).
Stolzius lässt sich dieweil von VS im schicken E-Klassen-Benz durch die Stadt kutschieren (garniert mit einigen Kameraspielereien). Die Reise endet in einer Tiefgarage, wo Stolzibaby nun wirklich mehr oder weniger psychisch zusammenbricht. „Ich fürchte, dass es zu Ende geht“, düstert der Weltchef und dürstet nach moralischer Rechtfertigung für seine Handlungen. Die liefert VS gern: „Sie haben immer richtig gehandelt!“ Stolzius bemerkt, dass er und VS sich ja erst seit zwei Wochen kennen würden, trotzdem aber „kennt mich außer meiner Mutter niemand so gut wie sie!“ (Ein Mann in seiner Position hat sichtlich wenig Freude). Bevor er sich allerdings an der starken Schulter seines Hausmeisteragenten ausheulen kann, wird der Kanzler blöderweise (für ihn) erschossen (was wir in Form von Bullet-POV erleben dürfen, inkl. CGI-„Körperdurchquerung“ und Ende der Dienstreise an der nächsten Wand). Hoppla.
Wer war der fiese Attentäter? Doch nicht etwa Ronny, der im Nebenberuf auch Stolzius´ stellvertretender Vizekanzler ist (! Gnade uns Gott vor einem Kanzler Johannesbekerner) und in einer Fernsehsondersendung nicht nur den von uns gegangenen Großfürsten wortreich betrauert (und auskunftet, der sei an einem Herzinfarkt eingegangen), sondern auch die Übernahme der Regierungsgeschäfte und Maßnahmen gegen den Meteor ankündigt? (Antwort: jupp, genau der)
Währenddessen tapst Frank verkatert durch die WG und nimmt vom gemeinschaftlichen Massensuizid seiner Mitbewohnerinnen nur schulterzuckend Kenntnis. Ihn stört mehr, dass irgendjemand sein Kunstwerk, eine… tadamm… Knochenskulptur zerstört hat (oh that irony).
Ein Volksempfänger aus dem Jahr 1835 überträgt Ronnys nächste Ansprache – drei Atomraketen sollen den Meteor aus seiner Bahn werfen. Die traute Zuhörerschaft besteht in diesem speziellen Falle aus Babette und Gustav und ist nur mäßig interessiert. Sie erhalten Gesellschaft am Strand – ein Flowerpower-Hippie-Mädchen bringt sie auf den esoterischen Stand der Dinge. Es gibt nix zu fürchten, denn „sie“ kommen in Frieden, würden das Böse ausmerzen und hätten sowieso Gehirne von der Größe von Atompilzen (!). Nachdem das Hippiegirl noch diverse Allgemeinplätze um Erlösung, inneren Seelenfrieden und freie Liebe (na ja, nicht wirklich, aber sie sollte…) der erstaunten Babette um die Ohren geschlagen und sich nach „Frank“ erkundigt hat (DER Kunst-WG-Frank? Die Kreuz- und Querverbindungen entwickeln sich wahrhaft kompliziert. Mach mir einer ´ne Flipchart), fällt ihm auf, das Gustav nicht wirklich was sagt. „REDET MITEINANDER“, fordert die Blümchenmaid ultimativ, aber der eiserne Gustav schweigt (oder schweigt Gustav eisern? Extrem schlechter Kalauerversuch). Da kann man auch nichts machen – auf jeden Fall, schließt das Hippiemädchen, sollen Babette und Gustav nicht auf das doofe Radio hören, sich lieber „locker machen“ und die letzten Stunden genießen.
Gott zählt indes die Stunden bis zum Doomsday und mokiert sich über den menschlichen Drang, alles einem ordnenden System zu unterwerfen. Nur, um die Menschheit zu ärger, manipuliert er mal eben die Gesetze der Zeit und schlagartig ist Sonntag bzw. der letzte Tag an sich.
Ronny lässt die Raketen starten (eher, na ja, altmodische CGI), aber Gott himself schiebt die Knallfrösche mit sachter, aber bestimmter Hand von ihrem Kurs. Zwei der Raketen kollidieren miteinander, die dritte, muss Ronny in einer Notansprache leidgeprüft einräumen, ist auf dem Rückweg und wird in Paris einschlagen.
D.h. es folgen wieder einige Minuten Paris-Impressionen (es hat nicht ganz die Wirkung z.B. der New-York-vor-Demo-Einschlag-Szenen aus Fail Safe, weil es sich halt erkennbar um „wilde“ Aufnahmen mit fröhlich an den Sights vorbeiparadierenden Touris handelt, wogegen im Story-Kontext eigentlich Panik herrschen sollte, wg. des allgemeinen Weltuntergangs und der bevorstehenden Zerstörung der Stadt im speziellen). Der Himmel verdunkelt sich und dann schlägt die Bombe ein… das hätte nun eine peinliche Sequenz werden können, aber, Respekt, es ist eine (im Amateurfilmkontext zu bewertende) beeindruckend gewerkelte FX-Sequenz (die zwar ein bissl schummelt, aber da stehen wir mal drüber)…
Gott erinnert uns an sein eingangs gemachtes Messias-Versprechen und jetzt wird endgültig klar, dass mit dem Messias der Meteor gemeint ist, der per CGI ins Meer stürzt und den Virus freisetzt. Der ist von der extrem schnell killenden Sorte – in düstere, fast schon monochrome Waldbilder werden sekundenkurz die Leichen der Protagonisten eingeblendet…
Montag, the day after. Die Erde ist entvölkert – sogar die Fußgängerzonen der Innenstädte sind leer, dito die Autobahnen, Eisenbahngleise etc. (eigentlich sollten doch überall Leichen rumliegen? Ok, vielleicht zersetzt der Virus die binnen 24 Stunden [Sinnlos-Gründe-An-Den-Haaren-Herbeizieh… so kennen und lieben wir den Doc. – Der Lektor]); mehrere Minuten lang wird uns die trostlose Leere in aller Ausführlichkeit gezeigt. Doch da! Auf einem Feld mitten in der Pampa steht noch einer – Mr. Verzerrte Stimme! Doch das hat seine Gründe, denn daraus, dass er sich plötzlich in Luft auflöst, können wir (in Verbindung mit seinem namensgebenden Stimmproblem) schließen, dass er kein Mensch, sondern vielmehr ein Agent der nunmehr in Form von blubbernden rosa CGI-Bläschen den Erdball umschwirrenden neuen außerirdischen Lebensform war. Gott ist´s zufrieden. Neues Spiel, neues Glück…
Eins möchte ich gleich mal vorausschicken, nämlich meinen tiefempfundenen Respekt an die Filmemacher – sich als Thema für einen Amateurfilm ein wahrhaft apokalyptisches Szenario auszusuchen und selbiges dann nicht als hirnlosen Actionfilm (was ja zugegeben auch lustig sein kann), sondern selbiges noch als Grundlage für eine surreale Groteske zu verwenden, die dabei auch noch durchaus einige philosphisch-religöse Fragen anreißt und aufwirft, das ist aller Ehren wert und kann im Zeitalter der Roses, Tauberts, Schnaas und Ittenbachs nicht hoch genug gelobt werden (vor allem, wenn man berücksichtigt, dass der Film aus der Grundidee „schwuler Priester feiert ein ungewöhnliches Abendmahl“ heraus entwickelt wurde).
Will sagen, wer als ambitionierter Filmamateur versucht, die ausgetretenen Pfade zu verlassen und etwas eigenständiges auf die Beine zu stellen, der hat bei mir schon mal von Haus aus einen Stein im Brett.
Allerdings macht das mir die Analyse schwer, denn wie will man einem Film, der mehr ein Sammelsurium von im positiven Sinn absurden Ideen ist denn ein kohärenter, geradliniger Erzählfilm, mit den Mitteln des gemeinen Filmkritikers beikommen? Es ist ein nahezu unmögliches Unterfangen. Versuchen wir´s mal als Leitlinie mit dem einzigen Film, der mir spontan einfällt, der sich auf den ersten oder zweiten Blick mit Le Meteor vergleichen lässt (aber dann doch wieder auch nicht) und das ist der auch vom Film selbst referierte Kubrick-Klassiker Dr. Strangelove, der auch eine insgesamt groteske Geschichte vordergründig ernst erzählt (dass sich der Humor von Strangelove weniger durch die Machart des Films als die absurden Situationen innerhalb der Handlung ergibt, dürfte als allgemein bekannt vorausgesetzt werden können). Ich will nun die Le Meteor-Macher nicht gleich zu den neuen Kubricks erklären (dann würde mir sicherlich das kollektive Web die Filmreviewerlaubnis entziehen), aber die Filme weisen einfach eine gewisse „geistige“ Verwandtschaft auf – wobei Möhle und Marek noch einige Schritte weitergehen als Kubrick, Le Meteor mithin surrealer ist als der bei allen Grüßen aus Absurdistan noch deutlich in der Realität begründete Strangelove (weswegen, und dann hör ich mit den Vergleichen auch tunlichst auf, bevor ich mich um Kopf, Kragen und andere wesentliche Körperteile quassele, Strangelove auch verstörender wirkt).
Das Drehbuch ist verblüffend vielschichtig – dank des Kunstgriffs, drei voneinander weitgehend unabhängige (sich nur gelegentlich kurz berührende) Handlungsstränge in den Mittelpunkt zu stellen, kann der Streifen, den die eigentliche Apokalypse im filmischen Sinn nicht wirklich interessiert (die Armageddon-Fans werden enttäuscht sein, hehe), das Thema aus völlig unterschiedlichen Blickwinkeln angehen. Wir hätten die politisch-moralisch-theologische Ebene, repräsentiert durch den Plot um Stolzius und Ronny, als Ebene Nr. 2 die um die Manipulierbarkeit einzelner Menschen, verkörpert durch die sektenhörige Studenten-WG und, last, but not least, die zutiefst persönliche Ebene der Beziehung von Babette und Gustav; drei Handlungsstränge, die sich auch in ihrer filmischen Umsetzung durchaus unterscheiden.
Der schwächste der drei Handlungsstränge ist zweifellos der (auch die wenigste Screentime in Anspruch nehmende) Subplot um die Studenten-WG und ihre Guru-Gläubigkeit, der mir ein wenig auf die makabre Schlusspointe hinkonstruiert zu sein scheint. Natürlich sind mir die Bezüge zu realen Weltuntergangssekten klar, aber in diesem Subplot bleiben mir zu viele Fragen offen – wer ist der Guru (die Regisseure deuten im Audiokommentar eine mögliche Interpretation an, die auch wieder eine hübsche Querverbindung zu einem der anderen Plots herstellen würde, aber sie sagen auch „es KÖNNTE so sein“), wie kamen die Mädchen in die Sekte, was ist das Credo der Sekte, wie bringt der Guru letztlich die Frauen dazu, sich auftragsgemäß umzubringen und welchen Hintergrund hat der Massensuizid? Die beiden anderen Plots sind wesentlich interessanter – die Babette/Gustav-Geschichte stellt sehr stark auf Symbolik ab; es lohnt sich hier durchaus, auf Details in der Bildkomposition zu achten (wem so was nicht auf Anhieb auffällt bzw. wer nicht realisiert, dass es sich durchaus hierauf zu achten lohnt, dem hilft der Audiokommentar weiter). An dieser Geschichte stört mich ein wenig, dass ihr Punkt (und ich hoffe doch, dass ich damit richtig liege, dass die Unfähigkeit, miteinander zu kommunizieren, die zentrale Aussage dieses Plots ist) ein wenig mit dem Holzhammer serviert wird (und das auch etwas zu früh, nämlich in der Abendmahlszene) und mir ein wenig der pay-off fehlt (nämlich die Auflösung, warum Gustav letztlich „anders“ ist. Ich hatte, wie im Text angedeutet, mit einer metaphysischen Begründung gerechnet). Ändert nichts daran, dass der Charakter Gustavs schön künstlerisch durchkonzeptioniert ist (das hat schon wieder fast was von Lynch).
Der „beste“ Plot ist fraglos die Hauptgeschichte um den verrückten (?) Weltherrscher Stolzius (wenn ich mäkeln darf – der Charaktername „Kaktus Stolzius“ ist zwar lustig, aber er ist mir etwas zu lächerlich). Hier ist der Film in seinem Element und liefert seine bemerkenswertesten und treffendsten Momente: die Verbindung Medien/Politik in Form des Vizekanzlers/Talkmasters Ronny, der aus möglicherweise ehrbaren Gründen (nämlich dem Bestreben, die Welt zu retten) zwar die Korrumpierung durch das System überwindet, aber dadurch auch zum Mörder wird, ist zweifellos ein valider Punkt, gerade in einer Gesellschaft, in der Politik hauptsächlich in TV-Talkshows gemacht wird (Ronnys „Talkshow“ ist eine geradezu geniale satirische Übersteigerung des realen Fernsehgeschehens. Profi-Politiker Stolzius sagt inbrünstig nichts, Experten, die eigentlich etwas zur Sache beitragen könnten, werden abgewürgt und totgeschwiegen [bzw. gleich totgemacht], die Stimme des Volkes darf sich melden, solange sie niemandem zu sehr ans Bein pinkelt). Gar nicht übersehen werden kann natürlich die Gottesfürchtigkeit Stolzius´ – man braucht nicht wirklich viel Phantasie, um im Stolzius-Charakter gar nicht so leise Echos eines gewissen Junior-US-Präsidenten entdecken zu können. Stolzius ist ein zutiefst verunsicherter Mensch, ein komplexbeladenes Muttersöhnchen, der den vermuteten (und in diesem speziellen Fall ja zutreffenden) Gotteswillen als alleinige Leitlinie für seine „Politik“ missbraucht und trotz aller (Pseudo-)Religiösität kein Problem damit hat, mit einem knappen Befehl Menschenleben en gros auszulöschen – und dabei nichts ahnend mit dem Feind (in Form des Alien-Infiltrators „Verzerrte Stimme“) paktiert.
Insgesamt zeichnet das Script eine gewisse Hoffnungslosigkeit aus – egal, welchen Weg die Protagonisten wählen, er führt zwangsläufig in den Tod, wobei die Aussage des Films insofern ein wenig ambivalent ist, alldieweil man auf die Idee kommen könnte, den Tod, die Apokalypse in der Tat als letztlich auswegslose, aber erlösende Katharsis anzusehen (und das widerspricht etwas der Zeichnung von Stolzius als „absolut Bösem“, der ja, diese Sichtweise der Dinge als richtig vorausgesetzt, eigentlich auf dem korrekten Dampfer ist, nur halt in seinen Methoden „übertreibt“). Ist der Film letztlich der Religion feindlich oder freundlich gesonnen? Das ist mir auch noch nicht ganz klar. Andererseits eröffnet es dem Film eine offene Interpretierbarkeit, und das ist bekanntlich auch sehr reizvoll. Denkanstöße, egal in welche Richtung, gibt der Streifen allemal und das ist eine gar nicht hoch genug zu bewertende Eigenschaft.
Filmisch weiß Le Meteor im Kontext eines Amateurfilms größtenteils zu überzeugen. Das allgegenwärtige Amateur-Problem der statischen Kameraführung kann auch dieser Film nicht überwinden, ebenso feiert der „typische“, „unfilmische“ Videolook fröhliche Urständ. Innerhalb dieser genrebedingten Rahmenbedingungen ist der Film aber handwerklich grundsolide inszeniert und, das ist das, was mich bei einer Produktion dieser Größenordnung wirklich begeistert, überraschend durchdacht durchkonzipiert, was Bildkomposition, Kamerapositionen und -winkel bis hin zu den Kostümen angeht. Solche Liebe zum cineastischen Detail muss man gerade im Amateurbereich leider viel zu oft mit der Lupe suchen – und das besonders schicke daran ist, wie auch schon kurz bemerkt, es geschieht auf unaufdringliche Weise. Der Film schreit nicht „ich bin Kunst“ – bei mir war´s wirklich so, dass ich beim Anhören des Audiokommentars, wenn die beiden Regisseure auf die ein oder andere Einstellung hinweisen, erst realisierte, „uh, richtig, das macht Sinn“. Es ist also durchaus ein Film, bei dem es sich lohnt, aufmerksam hinzukucken, um die Feinheiten zu erkennen.
Interessant auch, dass die Filmemacher sich erlauben, den Film mit gut 10 dialogfreien Minuten zu beenden (die letzten Worte, die im Film gesprochen werden, ist, nach der Zerstörung von Paris, die Erinnerung Gottes, er werde einen Messias schicken). Danach sprechen ausnahmslos die Bilder. Man kann argumentieren, dass die Schlusssequenz quantitativ etwas übertrieben ist – vier-fünf Minuten leere Fußgängerzonen und Autobahnen sind nur beschränkt unterhaltsam, auch wenn der Film in diesen letzten Minuten eine gewisse meditative Ruhe ausstrahlt, andererseits die einzelnen Einstellungen auch nicht lang genug sind, um nerven zu können.
Daran gewöhnen muss bzw. darf man sich, dass potentiell „Aktionsgeladenes“ grundsätzlich off-screen stattfindet. Das gereicht dem Film aber in jeder Hinsicht eher zum Vorteil, denn zum einen läuft er so nicht Gefahr, in oberflächlichem Geschmoddere zu versinken, zum anderen wird das geringe Budget dadurch recht gut kaschiert und zum dritten lässt es einige Szenen – vielleicht sogar unbewusst – heftiger wirken als wenn das durch Dialoge oder Geräusche Implizierte tatsächlich gezeigt würde (z.B. der von Stolzius befohlene brutale Einsatz gegen die Demonstranten). Seinem scherzhaft selbsterklärten Ruf als „unblutigster Amateurfilm aller Zeiten“ macht der Streifen jedenfalls alle Ehre, und das ist in diesem Falle auch gut so. Jegliche plakative Gewalt hätte dem Film und seiner Intention einen Bärendienst erwiesen.
Was nicht heißt, dass der Film ganz ohne visuelle Effekte auskommt. Für die ist Kollege Computer zuständig. Die CGI für den Meteor sind okay – unspektakulär, zweckmäßig. Die Sequenz „Raketenstart“ ist ein wenig „billig“ geraten; es ist die einzige Szene, in der der Streifen ein Problem damit hat, etwas zeigen zu wollen, was er effektiv nicht kann. Die Szene ist allerdings dramaturgisch notwendig. Verblüffend gut ist die Atombombenexplosion in Paris gelöst. Hier wird ein wenig getrickst (anstelle großflächige Zerstörungen in Paris zu zeigen – dagegen hätte die dortige Stadtverwaltung sicher etwas einzuwenden gehabt – wird immer wieder ein Atompilz ohne „Hintergrund“ eingeblendet), aber die Sequenz wirkt auch so. Ein kleines Manko sind die vorhergehenden Aufnahmen des Pariser Alltagslebens – einerseits ist sicher gewollt, dass die Katastrophe über den „normalen“ Pariser Stadtalltag hereinbricht, andererseits zerstört es halt die Illusion, dass das Leben in Paris – im Filmkontext unmittelbar vor einem bekannten Atomraketeneinschlag PLUS sowieso anstehendem Weltuntergang – derart normal mit am Eiffelturm oder in den Tulieren schlendernden Touristen abläuft. Übertrieben lang ist, das sei hier kurz angemerkt, auch die Anfangssequenz des Films mit Pariser Sights & Sounds, das macht den Einstieg in den Film etwas schwierig (zumal der Film mit seiner zunächst mal etwas sperrig-verwirrenden Struktur es dem Zuschauer eh nicht leicht macht, da wäre ein etwas griffigerer Auftakt als etwas, das verdächtig nach Reisevideo aussieht, vielleicht günstig gewesen).
Einschränkungen muss man sicherlich hinsichtlich der Ausstattung machen – aber das ist verständlich; die Sets sind eher „symbolisch“ (z.B. das TV-Studio der „Ronny“-Produktion oder Stolzius´ Arbeitszimmer).
Da es sich bei Le Meteor, wie Ihr sicher bemerkt habt, nicht um einen auf Spannung angelegten Actionfilm handelt (auch wenn der Covertext das etwas irreführenderweise zu suggerieren versucht), sondern eben um eine surreal-religiöse Groteske, ist der Film naturgemäß kein Tempowunder (da spielt sicher auch die größtenteils eher unbewegliche Kameraführung eine Rolle). Das angeschlagene bedächtige Tempo ist aber dem Inhalt, der Aussage des Films angemessen.
Der Soundtrack gefällt mit einigen schönen, den diversen Szenarien und Personen zugeordneten Themes und einem gut anhörbaren Rocksong über den Endcredits. Wo wir gerade beim Ton sind – die alte Amateurkrankheit, dass der Dialogton manchmal schwer verständlich ist, tritt auch hier gelegentlich auf, aber es hält sich im erträglichen Rahmen.
Die schauspielerischen Leistungen sind für Amateurverhältnisse positiv zu bewerten. Philipp Holpert ist mir als Stolzius manchmal etwas zu exaltiert, aber das entspricht sicher auch dem Anforderungsprofil der Rolle. Mir hätte die Rolle etwas ernsthafter angelegt vielleicht noch besser gefallen. Michael Klemenz als Gustav agiert angemessen cool, Joana Dittmer als Babette ebenso angemessen naiv. Co-Regisseur Johannes Marek ist als Ronny engagiert bei der Sache. Die Glanzlichter setzen Andreas Schreyer (legitimer TV-Serien-Schauspieler) als „irgendwie schon mad scientist“ Hector (seine hingebungsvolle Teleshopping-Performance als Biospiral-Anpreiser ist eine Schau) und der mit unerschütterlicher Seriosität Gott spielende Henning Venske (auch er ein alter TV-Profi, der auch zwei Jahre in der Sesamstrasse verbrachte und an der Seite von Curd Jürgens in der Debil-Komödie Warum die UFOs unseren Salat klauen zu sehen war). Hier sind die Macher auch mal wieder zu loben – es zahlt sich durchaus aus, * richtige * Darsteller zu engagieren, sofern man mit denen dann auch was anzufangen weiß (zum Vergleich – Schnaas rekrutierte für Anthropophagous 2000 ja auch „echte“ Schauspieler, und die wirkten im fertigen Film genauso debil wie die Schnaaseigenen Amateure). Richtig negativ (nach dem Motto „den möchte ich persönlich von der Scheibe kratzen“) fällt von den Darstellern keiner auf. Man kann allenfalls bekritteln, dass einige Rollen „zu jung“ besetzt sind (Stolzius und Ronny fallen da ein).
Die in Eigenregie von CreaDan produzierte DVD kann sich sehen lassen – neben dem bildschön ausgefallenen anamorphen Widescreen-Transfer und okayem Dolby 2.0-Stereoton (mit den erwähnten leichten Einschränkungen im Dialogton) hat man einiges an Extras auf die Scheibe gepackt. Herzstück ist der informative Audiokommentar der beiden Regisseure, den man sich durchaus komplett anhören sollte – es erleichtert nicht nur die Interpretation einiger Szenen (sofern man nicht gewillt ist, selbst drüber nachzudenken), sondern macht eben auch auf einige filmische Feinheiten aufmerksam, die dem oberflächlichen Betrachter ansonsten vielleicht entgehen würden. Dazu gibt´s zwei Slideshows, eine Featurette über die Kinopremiere, ein unkommentiertes Making-of sowie den isolierten Soundtrack (und der ist gut gelungen). Für die Scheibe werden von den Machern 15 Euro veranschlagt, was sicherlich nicht ganz billig ist, aber angesichts des Gebotenen auch kein Wucher.
Summa summarum kann ich aber guten Gewissens sagen: CreaDan-Team, I applaud thee. Tiefempfundener Respekt für eine, gerade im Amateurbereich, alles andere als leicht umzusetzende (und sicher auch nicht gerade hochgradig populäre) Idee – allein dafür schon wäre eine positive Bewertung angebracht, aber der Film hält weitestgehend, was die Konzeption verspricht. Auf jeden Fall eine hochinteressante Alternative zu den „marktüblichen“ Horrorfilmen, handwerklich passabel gelöst und mit „food for thought“. Bekommt man nicht alle Tage zu sehen, und allein dafür schon bedank´ ich mich…
Kontakt & Bestelladresse: www.creadan.de
(c) 2005 Dr. Acula
BOMBEN-Skala: 5
BIER-Skala: 7
Review verfasst am: 01.01.2005
Schade, dass 7hr nichts über den soundtrack schreibt…