Last Resort – Camp der Abenteuer

 
  • Deutscher Titel: Last Resort - Camp der Abenteuer
  • Original-Titel: The Last Resort
  •  
  • Regie: Lyman Dayton
  • Land: USA
  • Jahr: 1996
  • Darsteller:

    Dave Buzzotta (Joey Chambers), Stephanie Dicker (Chelsea Banks), Justin Walker (Webber Smythe), Harvey Silver (Jamal „Spider“), Scott Caan (Strut), Seidy Lopez (Rita), Charlie Talbert (Mitchell), Blake Soper (Benji), Morgan Nagler (Minnie), Dean Stockwell (Grey Wolf), Garrison Hershberger (Night Eagle), Dendrie Taylor (Running Doe), Don Shanks (Walking Far)


Vorwort

Joey Chambers ist ein typisches „vernachlässigtes“ upper-class-Kid – seine Mutter hängt an der Flasche und kennt Entziehungskliniken besser als ihr Wohnzimmer, Papa ist vor lauter Golfen mit Geschäftsfreunden scheinbar entgangen, dass er einen Sohn hat. So amüsiert sich Joey mit Autoklaus für die Mafia, um sich seinen Drogennachschub zu finanzieren. Dumm nur, dass Daddy gar nicht so unaufmerksam ist wie gedacht – per Privatdetektiv hat er seinen Junior überwachen lassen und sorgt nun dafür, dass dieser ganz uncharmant eines Nachts von zwei gedungenen Gorillas aus der Schlafstube gezerrt und zu einem Spezialprogramm für jugendliche Problemfälle abkommandiert wird. In der Wildnis Utahs sollen die insgesamt neun unglückseligen Gestalten unter der spirituellen und tatsächlichen Führung dreier Indianer (naja, zweier echter native americans und einem „ehrenhalber“) nicht nur ihre Körper entgiften, sondern auch im Rahmen einer urwüchsigen „Gruppentherapie“ durch den alltäglichen Überlebenskampf in der Wüste „zu sich selbst“ finden. Während einige der Kids über die Wochen hinweg durchaus Gefallen an der ganzen Sache finden und sich ihre diversen mehr oder weniger tragischen Backgrounds entfalten, planen die drei ganz besonderen Tunichtgute Webber, Strut und Chelsea unverdrossen ihre vorzeitige und unerlaubte Abreise. Als der Trupp einem Tross Touristen – mit eigenem Schlauchboot – über den Weg läuft, halten die Fluchtwilligen ihre Stunde vor gekommen, aber natürlich nur, um sich im reißenden Wildwasser in Schwierigkeiten zu bringen. Es liegt an Joey, heldenhaft einzugreifen…


Inhalt

Wenn man, durchaus wissend, was man da gerade getan hat, beim Real an der Kasse die gerade ausgesuchte „Best-ACTION-Collection“ in der schnieken Metallbox am Scanner vorbeischieben lässt, ist einem durchaus klar, worauf man sich eingelassen hat. Wer 8 Filme auf 2 DVDs für zehn Euronen vertickt, wird nicht unbedingt „Fluch der Karibik“ oder James Bond auf die Silberlinge gepresst haben – wir wollen ja schon froh sein, wenn wenigstens ein paar der Streifen unter die Kategorie „Action“ einzusortieren sind (der einzige quality movie der Kollektion, Cronenbergs „Die Unzertrennlichen“, ist ja sicher alles mögliche, aber ganz bestimmt KEIN Actionfilm).

Und so entpuppt sich der mit einem wenigstens reißerischen Klappentext versehene „The Last Resort“, der sich im richtigen Leben, also im Vorspann, mit dem deutlich biederen deutschen Titel „Camp der Abenteuer“ meldet, denn auch als ernst gemeintes, dabei durchaus moralinsaures Jugenddrama mit Abenteuereinschlag. Aus dem Thema „jugendliche Pseudo-Straftäter ‚dürfen‘ Survival-Training in der Wildnis“ absolvieren, hätte man natürlich auch einen zünftigen Reißer stricken können (und so manch einer hat das ja auch getan, zuletzt in „Wilderness“), aber Regisseur Lymon Dayton geht’s hier nicht um spekulativen Remmidemmi, sondern um, hüstel, „pädagogisch“ gehaltvolles Familienkino, in dem die „richtigen“ Werte hochgehalten werden (und in dem die Eltern, so unsympathisch-verständnislos sie auch gezeichnet werden, am Ende doch „Recht“ haben). Ein wenig unglücklich strukturiert ist das Drehbuch, das zunächst auf Joey als Hauptfigur abstellt, dann aber doch das Ensemble relativ gleichmäßig in den Mittelpunkt rückt (was Joeys voice-over-Erzählerstimme als „Tagebuch“ streckenweise etwas gezwungen wirken lässt, weil er in der Handlung selbst keine herausragende Figur ist) – ich denke, das kommt hauptsächlich daher, weil Dayton den „spektakulären“ Autodiebstahl als Teaser hernehmen wollte; mehr Sinn hätte es gemacht, mit der Ankunft der Kids anzufangen und dann, wie bei allen anderen Figuren auch, Joeys Background ebenfalls per Flashback abzuhandeln (ja, dies ist mal ein seltener Film der Sorte, in dem Flashbacks durchaus sinnvoll eingesetzt werden). Die Story entwickelt sich ohne große Überraschungen (und die Tatsache, dass die deutsche Version ganz erheblich gekürzt wurde, hilft nicht immer weiter, sondern sorgt für teilweise deutlich spürbare Handlungssprünge. Ich will der IMDb die dort rapportierten 130 Minuten uncut-Laufzeit nicht glauben, aber dass ein Viertelstündchen draufgegangen sein könnte, möchte ich nicht ausschließen) und über weite Strecken auch ohne große Höhepunkte; mehr als einmal wird durch Montagen der Fortschritt der Kids in den verschiedenen Survival-Disziplinen dargestellt – erst im letzten Drittel gewinnt der Streifen auch dramaturgisch-kinematisch deutlich an Fahrt (natürlich dann, als Webber & Co. sich zur Flucht entschließen).

Trotzdem wird der Streifen nicht langweilig – das liegt sowohl daran, dass die Charaktere passabel und glaubhaft geschrieben und ihre Interaktionen durchaus nachvollziehbar gestaltet sind, zum anderen am immer wieder subtil, nicht mit der groben Kelle, eingesetzten leisen, augenzwinkernden Humor. Manches ist eher „obvious“ – z.B. wenn die Kids von ihren Mentoren angehalten werden, doch mal die kulinarischen Genüsse der Insektenwelt zu probieren, anderes leicht zu übersehen (wie einige göttliche Reaktionen der Kids auf Ansprachen der Guides).

Die Inszenierung ist konventionell, aber zweckmäßig. Regisseur Dayton („The Red Fury“) und sein Kameramann T.C. Christensen (zumindest der ist eindeutig als mormonischer Filmemacher zu qualifizieren… ich weiß nicht, ob und ggf. inwieweit „Last Resort“ ein „offiziell“ mormonischer Film ist, aber es würde zumindest die konservativen Werte, die hochgehalten werden, erklären; lustigerweise hat – wenn der IMDb zu trauen ist – die Produktionsfirma aber auch das Bob-Dylan-Vehikel „Masked and Anonymous“ zu verantworten) verlassen sich – nicht zu Unrecht – auf die eindrucksvolle Naturkulisse des Mormonenstaats und überlassen ansonsten das Feld den Darstellern, ohne durch inszenatorische oder Kamera-Mätzchen von der Intention der Story abzulenken. Wie schon gesagt, ist das Tempo des Films eher bedächtig (und ein paar, hm, Abenteuer mehr hätten sicher nicht geschadet), aber im hierzulande erhältlichen 90-Minuten-Format ist das sozialverträglich und fiedelt sein Finale (mit den obligatorischen „was-ist-aus-ihnen-geworden“-Inserts) rechtzeitig ein, bevor die Angelegenheit zu repetetiv wird.

Ganz im Sinne des hehren Anliegens bleibt „Last Resort“ bis auf eine kleine Prügelei gewaltfrei (und auch ohne sonstige Exploitation), so dass man sich die FSK 16 eigentlich nur durch marketingstrategische Überlegungen erklären kann.

Im motivierten und engagierten Cast verbergen sich neben einigen „unknowns“ auch bekannte Namen (und solche, die noch zu bekannten Namen werden sollten). Dave Buzzotta (Joey) war 1994 in Charles Bands „Prehysteria 3“ am Start und arbeitete sich über Rollen wie im hier besprochenen „Livers Ain’t Cheap“ oder „Kinder des Zorns V“ immerhin zu einer Hauptrolle in „The Prophecy 3“ hoch. Stefanie Dicker (Chelsea) tingelte vor und nach dieser Rolle durch diverse US-TV-Serien wie „Blossom“, „General Hospital“ oder „Poltergeist: The Legacy“. Justin Walker (Webber) gab sich in Cormans TV-Remake „Humanoids from the Deep“ die Ehre, während aus „Strut“ Scott Caan (Sohn des großen James Caan) mittlerweile ein arrivierter Hollywood-Star mit prägnanten Auftritten in „Into the Blue“ oder „Ocean’s Twelve“ geworden ist. Don Shanks, der den Indianer „Walking Far“ spielt, verbarg sich in „Halloween 5“ unter der Michael-Myers-Maske und war zuletzt in den ungefragten Slasher-Sequels „Urban Legends 3“ und „I’ll Always Know What You Did Last Summer“ aktiv, Garrison Hershberger dürften anspruchsvolle Fernsehkucker aus „Six Feet Under“ wiedererkennen (dort spielte er Matthew Gilardi, der im Auftrag der großen Konkurrenz den Fishers den Verkauf ihres Bestattungsunternehmens schmackhaft machen sollte), zuvor war er schon in David Lynchs „Twin Peaks“ mit von der Partie. Fans des gut gelaunten Trashmovies kennen ihn auch aus „Deep Core“ oder „New Alcatraz“. Als „Stargast“ fungiert „Quantum Leap“-Co-Star Dean Stockwell. Darstellerisch überzeugen Hershberger, Buzzotta und Walker am meisten, aber niemand fällt wirklich ab.

Bildqualität: Da musste man das Schlimmste befürchten. Best packt hier immerhin 6 Stunden Film auf eine DVD-9, und beim gewohnten Standard, den Best auf Single-Feature-DVDs präsentiert, durfte man schon ein Gebet sprechen. Erfreulicherweise scheint das Master auf einer früheren Veröffentlichung von EuroVideo (auch keine Gurus auf dem Gebiet der DVD-Technik, aber immerhin…) zu basieren und entpuppt sich als erstaunlich ansehbar. Okay, man darf keine Wunderdinge erwarten, aber Detail- und Kantenschärfe sind für’s heimische Pantoffelkino tragbar, Verschmutzungen oder Mastering-Aussetzer gibt’s auch nicht, lediglich der Kontrast geht in den Nachtszenen doch deutlich in die Knie.

Tonqualität: Nur deutschsprachiger Dolby 2.0-Ton der zweckmäßigen Sorte. Könnte doch etwas kräftiger sein, ist aber wenigstens rauschfrei und foltert nicht die Ohren. Nix für die 6-Kanal-Anlage, aber ausreichend für den normalen Stereofernseher…

Extras: Hey, wir reden von einem 8-Filme-auf-2-DVDs-Package. Da gibt’s keinen Platz für freakin‘ bonus…

Fazit: Für einen Film, von dem ich ehrlich nichts erwartet habe, war ich von „Last Resort“ doch positiv überrascht. Sicher ist das kein Streifen, von dem man unbedingt seinen Enkeln berichten müsste, aber in der Kategorie „konservative Jugenddramas“ ist die ganze Angelegenheit erfreulich unprätentiös und gefällig geraten. Script und Machart gewinnen keine Originalitätspreise, aber die schönen Landschaftsaufnahmen und das gut aufgelegte Ensemble machen „Last Resort“ zu einem akzeptablen Zwischendurchkucker. Bassd scho, wie der Franke sagen tut…

3/5
(c) 2006 Dr. Acula


mm
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