Land of the Dead

 
  • Original-Titel: George A. Romero’s Land of the Dead
  •  
  • Regie: George A. Romero
  • Land: USA
  • Jahr: 2005
  • Darsteller:

    Simon Baker, Asia Argento, Dennis Hopper, John Leguizamo, Robert Joy, Eugene Clarke


Vorwort

Eine unbestimmte Zeit nach Beginn der Untoten-Plage. Eine große Anzahl Überlebender hat sich in einer günstig zu verteidigenden Stadt häuslich eingerichtet. Während die finanzstarke Oberschicht im Luxuswolkenkratzer „Fiddler’s Green“ mit allen Annehmlichkeiten des Lebens unter der Ägide des Magnaten Kaufman (cool, aber leider mit zu wenig Screentime: Dennis Hopper) dem dolce vita frönt, lebt der Rest in slumähnlichen Verhältnissen drumherum, wird von Kaufman mit pane et circensem bei Laune gehalten und hofft darauf, irgendwann mal einen Platz im Wolkenkratzer zu ergattern. Zur Versorgung der Massen ist’s aber notwendig, dass bewaffnete Trupps regelmäßige Ausflüge in die von Zombies besetzten Vorstädte unternehmen, wobei der Supertruck „Dead Reckoning“ unschätzbare Dienste leistet. Als Kaufman den Soldaten Cholo, der für ihn allerlei dubiose Aufträge übernommen hat und sich dafür einen Platz in „Fiddler’s Green“ erhoffte, hintergeht, klaut dieser mit einigen ihm Getreuen „Dead Reckoning“ und erpreßt Kaufman. Der wendet sich an Cholos ehemaligen Kampfgefährten Riley, den Konstrukteur des Trucks, um selbigen zurückzuholen und Cholo auszuschalten. Dies dummerweise zu einem Zeitpunkt, als bei den bis dahin nur in ihren erinnerten Verhaltensmustern herumvegitierenden Untoten, ausgelöst durch „Big Daddy“ (genial: Eugene Clarke), Denk- und Lernprozesse stattfinden, die sie zum Sturm auf die Stadt blasen lassen…


Inhalt

Kaum ein Film des Horrorgenres wurde so aufgeregt antizipiert wie Romeros vierter Untotenfilm (in dem übrigens das Wort „Zombie“ tatsächlich einmal ausgesprochen wird). Der Begründer des modernen Zombiefilms hatte wieder einmal lange genug gebraucht, um ein ausreichendes Budget gebacken zu bekommen (und diesmal sogar eins, für das er sich RICHTIGE Schauspieler leisten konnte, nix gegen die Leute aus „Night“, „Dawn“ und „Day“, aber hier sind’s renommierte Akteure). Und, was soll man sagen, der Altmeister hat sich selbst übertroffen und seinen besten Film hervorgezaubert.

Inhaltlich braucht man, das haben sicher auch die wenigsten erwartet, keine Brille, um die Message des großen Sozialpolitikers unter den Splatterfilmern zu durchschauen. Es ist der Aufstand der unterprivilegierten Massen (wohl nicht zufällig von einem Schwarzen angeführt) gegen die korrupte Macht des Kapitals. Man kann Romero eigentlich fast dazu beglückwünschen, dass seine Zombie-Filme in so großen Abständen erschienen, so konnte er sich in jedem Film mit einem anderen gesellschaftlichen Problem auseinandersetzen – in „Night“ war es der Rassismus, in „Dawn“ die Kritik am schrankenlosen Konsum, in „Day“ der Militarismus, in „Land“ ist es, unschwer zu erkennen, die Ausbeutung der Armen durch die Reichen und der Wegfall der Mittelschicht. Es fällt daher auch nicht besonders schwer, mit den Zombies zu sympathisieren, und das ist vielleicht der große Paradigmenwechsel der Serie, den Romero hier vollzieht (wenn auch in „Day“ schon angedeutet). WER ist letztendlich die größere Bedrohung? Sind es die Untoten, die zu Beginn eigentlich auch nur in Ruhe gelassen werden wollen, von den Lebenden unwürdig behandelt werden (als Zielscheiben, Vergnügungsobjekte – was übrigens einen herrlichen Cameo-Auftritt der „Shaun of the Dead“-Macher Pegg und Wright ermöglicht), oder sind es Kaufman und seine herrschende Klasse, die auf Kosten BEIDER Unterschichten ihren Lebensstandard halten (also sowohl auf Kosten der Untoten als auch der „lebenden“ Unterschicht)? Die Antwort ist nicht schwer zu finden und WEN Romero mit der herrschenden Clique meint, wird nicht nur durch Hoppers Zitat „Wir verhandeln nicht mit Terroristen“ deutlich, nachdem Leguizamo ihm seine Drohung übermittelt hat (da gab’s doch auch im „richtigen Leben“ Terroristen, die zuvor von einer gewissen Regierung gehätschelt wurden)… Man könnte unter Umständen kritisieren, dass Romero seine Gesellschafts- und Politikkritik hier stärker in den Vordergrund rückt als beispielsweise in „Dawn“, aber das bringt handele ich gleich noch in meinen Statements zur Regiearbeit ab. Vorab noch der Hinweis, dass „Land“ zwar, in Tradition der Serie, größtenteils sehr ernst dargeboten wird, sich aber immer wieder mal einen Moment Zeit für morbiden Humor nimmt.

So, nun zur Regie. Ich hatte bis dato noch keinen Romero-Film (mal von „Night“ abgesehen, der nicht anders sein KANN als er ist) gesehen, der mich hundertprozentig von der Regie-Seite her überzeugt hätte. Romero hatte für mich immer das Problem, das richtige Gleichgewicht zwischen Message, Action, Spannung, Charakteren etc. zu finden (weswegen „Dawn“ im US-Cut auch so ein paar Längen aufweist). Bei „Land“ gibt’s diese Probleme nicht. Der Film findet die richtige Balance. womöglich etwas stärker in Richtung Action ausgeprägt, um ihn für das Publikum des 21. Jahrhunderts mainstreamkompatibler zu machen, wird daher in keiner Sekunde langweilig – im Gegenteil, das ist mal wieder ein Film von der Sorte, der für mich gerne noch ein Stündchen länger hätte sein dürfen. Unterstützt wird Romeros Regiearbeit durch die ausgezeichnete Kameraführung von Miroslaw Baszak (bislang eigentlich nicht mit künstlerischen Großtaten aufgefallen) und einen unauffällig-unaufdringlichen, aber effektiven Soundtrack made in Germany von Ex-Spliffer Reinhold Heil und Johnny Klimek (zwei Drittel des Teams hinter dem unvergesslichen „Lola rennt“-Score).

In Sachen Gore ist zu vermelden, dass die Effekte und Zombie-Masken von KNB top notch sind und auch an Drastik wenig zu wünschen übrig lassen, aber der Meister doch ein wenig an Explizität zurückgefahren hat – er hat es nicht mehr nötig, so im Gore zu schwelgen wie noch zu „Dawn“-Zeiten. Es ist immer noch harter Tobak, aber Romero verzichtet auf zumeist auf Großaufnahmen der Zombie-Freßeinlagen, was dem Film nicht schadet.

Die schauspielerischen Leistungen sind auf der Höhe. Simon Baker („Red Planet“, „Ring 2“) überzeugt als eigenwilliger und -sinniger Riley genauso wie John Leguizamo („The Fan“, „Spawn“) als latent durchgeknallter Cholo (allerdings würde ich mir für ihn immer Untertitel wünschen. Der Mann spricht kein Englisch, sondern eine eigene Sprache). Asia Argento spielt das optische, wenn gleich insgesamt eher unnötige Beiwerk (aber bis auf einen Shot in Unterwäsche gibt’s, für die Voyeure unter Euch, nichts zu sehen). Eine Entdeckung ist Robert Joy als Rileys allgemein als zurückgeblieben angesehner Kumpel Charlie. Er wird auch im anstehenden „Hills have Eyes“-Remake mit von der Partie sein. Besonders loben muss man Eugene Clark („TekWar“), der die schwierige Rolle des „Oberzombies“ Big Daddy, ähm, mit Leben erfüllt. Dennis Hopper ist als Kapitalistenschwein Kaufman perfekt, könnte für mich aber etwas mehr Screentime haben. Tom Savini, den Effektguru von „Dawn“ und „Day“ gibt’s in einem amüsanten Cameo als Zombie zu sehen.

Summa summarum: „Land of the Dead“ ist tatsächlich das geworden, was wir alle erhofft und erwartet haben – der definitive Zombie-Film – ein Meisterstück!. Gore, Spannung, Action, deutliche Aussage, und das alles in von Romero äußert kurzweilig gestalteten 93 Minuten. Go and see it!

Dr. Acula
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Die lebenden Toten beherrschen die Welt, doch es gibt da noch Fiddler’s Green, eine befestigte Stadt, wo die letzten lebenden Menschen eine Zuflucht gefunden und sich vor den Zombies verbarrikadiert haben. Beherrscht wird diese Stadt von Kaufman und seinen Höflingen, die „Reichen“, die sich in einem Wolkenkratzer ihr kleines luxuriöses Reich geschaffen haben. Mit ihrem Reichtum und mithilfe des Militärs regieren sie über die Menschen in den Slums, der Pöbel, der dazu da ist, den Reichen zu dienen. Einer von diesen ist Riley, der einer Truppe vorsteht, die für Nachschub an Nahrungsmitteln, Medikamenten, etc. aus den umliegenden, zombieverseuchten Städten zu sorgen hat. Zu seinen Männern gehört auch Cholo, der nebenher Drecksarbeit für Kaufman erledigt. Dafür will er eine Wohnung im Wolkenkratzer, doch Kaufman verweigert ihm die Aufnahme in die höhere Gesellschaft und will ihn beseitigen lassen. Cholo lässt sich nicht so schnell reinlegen und erpresst Kaufman mit einer gefährlichen Waffe; der König sieht sein Reich bedroht und stellt Riley ein, damit der seinen früheren Untergebenen ausschaltet. Dieser macht sich zusammen mit seinem Kumpel Charlie und Slack, einer kampferprobten Prostituierten, auf, um diesen Auftrag zu erledigen. Indessen bahnt sich eine noch viel grössere Katastrophe an, denn die Zombies haben unter der Führung von „Big Daddy“ eine Art Intelligenz entwickelt und machen sich daran, die Stadt einzunehmen…

Eines vorweg: Ja, der Film wird seinen Erwartungen tatsächlich mehr als gerecht und ist eine würdige Fortsetzung von Romeros Zombie-Reihe. Der legendäre Regisseur hat einmal mehr bewiesen, dass immer noch er die besten Zombiefilme der Welt macht und steckt Imitatoren wie 28 DAYS LATER oder das DAWN-Remake mühelos in die Tasche. Inhaltlich werden die bisherigen Entwicklungen weitergeführt, vor allem was der Charakter der Zombies anbelangt: War in DAY OF THE DEAD Bub der einzige Zombie, der fast so was wie einen Verstand entwickelte, sind es nun ganze Massen der Untoten. Was ihre Gefährlichkeit natürlich um ein Vielfaches steigert. Und das, obwohl Romero den Auf der anderen Seite haben wir die Menschen, die in einer Klassengesellschaft leben, wobei die herrschende Klasse (vor allem aber ihr Chef Kaufman) ein regelrecht diktatorisches Regime aufgebaut hat, welches seine Gegner skrupellos ausschaltet. Hier werden nicht nur die Zombies von den Menschen getrennt, sondern auch die (allerdings kaum weniger amoralischen) Underdogs von den Reichen und ebenso, wie sich die lebenden Toten nichts sehnlicher wünschen als in die Stadt zu gelangen, so wünschen sich die die Menschen in den Slums nichts mehr, als in der Gesellschaft aufzusteigen. Kaufman setzt aber alles daran, die Macht zu behalten und selbst als sich die Stadt schon längst auf dem Weg kopfüber in die Hölle befindet, ist er nur damit beschäftigt, seine Schäfchen ins Trockene zu bringen. Hier hören die politischen Implikationen nicht auf, sondern fangen gerade erst an, aber Romeros Geniestreich ist es, seine Botschaft nie kopflastig oder aufdringlich rüberzubringen, LAND OF THE DEAD kann ebenso als pures Actionkino genossen werden. Und wie!

Was Spannung und Nervenkitzel anbelangt, macht dem alten Regie-Hasen so leicht keiner was vor und eindrückliche Visuals findet man ebenso wie heftigen Einsatz von Pyrotechnik (und die Musik untermalt die Bilder effektiv). Das Sahnehäubchen aber sind natürlich die Goreeffekte und die haben es in sich: Da wird geschmoddert und gesplattert was das Zeug hält, sowohl an Menge als auch an Qualität und „Krassheit“ lässt LAND selbst seine Vorgänger hinter sich (ist es zu fassen, dass der hier in der Schweiz im Kino ab 16 Jahren zugelassen ist, DAWN und DAY OF THE DEAD aber immer noch verboten sind?). Das Zombie-Make-up dürfte wohl das genialste und überzeugendste der Filmgeschichte sein, die lebenden Toten sehen wirklich nach dem aus, was sie sind. Die Effekte sind jedoch nie selbstzweckhaft und kommen eher so nebenbei daher, Romero lässt, wie gesagt, die Story nie aus den Augen.

Ebenso die Charaktere: Keiner der Protagonisten verhält sich übermässig dumm, sie alle handeln nachvollziehbar, der Zuschauer kann sich ohne Probleme mit ihnen identifizieren und fiebert mit ihnen mit. Das liegt natürlich auch daran, dass eine Riege von sehr guten und bekannten Schauspielern am Werke ist: Auf der Seite der Helden haben wir Simon Baker (zurzeit erfolgreich mit der Serie THE GUARDIAN), der den Riley vielleicht etwas zu sehr als Gutmenschen aber absolut sympathisch gibt. Ihm zur Seite stehen Robert Joy (Charlie), der den leicht zurückgebliebenen, durch einen Brand verunstalteten, aber begabten Schützen authentisch darstellt, ebenso wie Asia Argento (Tochter des berühmten italienischen Meisters der Regie, der damals Romero geholfen hat, DAWN OF THE DEAD zu produzieren) die ehemalige Soldatin, die zu einem Dasein als Nutte verdammt worden ist. Auf der anderen Seite haben wir in John Leguizamo einen überzeugenden Cholo, und natürlich Dennis Hopper.

Der ist als Kaufman der darstellerische Höhepunkt des Filmes, ein eiskalter Machtmensch, der wohl nicht von ungefähr an gewisse Staatsmänner erinnert, wenn er vor allem Machterhalt im Sinn hat, hingegen auf das Schicksal der Menschen scheisst und seine Kollegen mit hohlen Phrasen zu besänftigen versucht. Übrigens: Ein früherer Weggefährte von Romero hat einen bemerkenswerten Gastauftritt!

Alles in allem darf man mit Fug und Recht behaupten, dass LAND OF THE DEAD nicht nur das Kino-Highlight des Jahres, sondern auch das Highlight der aktuellen Welle des Zombie- und sogar Horrorfilms ist (allerdings: Der beste Zombiefilm überhaupt bleibt nach wie vor DAY OF THE DEAD). Er ist so brutal wie satirisch und so sozialkritisch wie actionreich. Wer nicht nur einfach einen Splatterfilm, sondern einen intelligenten Splatterfilm im Kino sehen will, für den ist LAND OF THE DEAD genau das Richtige…

(c) 2008 Gregor Schenker (manhunter)


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