Lake Eerie

 
  • Original-Titel: Lake Eerie
  •  
  • Regie: Chris Majors
  • Land: USA
  • Jahr: 2016
  • Darsteller:

    Meredith Majors (Kate Ryan), Betsy Baker (Eliza), Lance Henriksen (Pop), Annemijn Niewkoop (Autumn, als Anne Leigh Cooper), Al Snow (Man in Black), Chris Majors (Harrison Perseus Lloyd), Marilyn Ghigliotti (Maklerin)


Vorwort

Kate Ryan hat gerade ihren Ehemann terminal verloren. Nun erfüllt sie sich wenigstens den (ehemaligen) gemeinsamen Traum, sich ein Häuschen am Eerie-See zu kaufen und hier ihrem Tagwerk der Malerei zu fröhnen. Das ausgekuckte Häuschen ist aus Gründen seit fast fünfzig Jahren unbewohnt, dafür aber voll möbeliert. Kate findet auch gleich Anschluss – die ältere Nachbarin Eliza ist zwar ein wenig schrullig und von einer geradezu enervierenden Gutgelauntheit, ansonsten aber durchaus nett und für Kate, die’s nicht gewohnt ist, allein in einem großen Haus zu leben, ist menschlicher Kontakt nun auch nicht das schlechteste. Zumal Eliza auch informiert ist über den Vorbesitzer des Hauses- Harrison Perseus Lloyd war zu seiner Zeit ein aufstrebender Archäologe, der eines schönen Tages im Jahr des Herrn 1969 in ein rätselhaftes Koma fiel und einige Zeit später verstarb. Testamentarisch hatte Harrison, den überall im Haus herumstehenden Fotos nach ein attraktiver Bursche, verfügt, dass das Haus unverändert bleiben und nicht verkauft werden soll – was sich nun aber mit dem Tod seines letzten Verwandten, der sich um die Hütte kümmern konnte, erledigt hat.
Kate wird von Anfang an von kleinen, für sich genommen harmlosen, aber in ihrer Fülle langsam beunruhigenden Vorfällen verschreckt – Türen fallen von selbst zu, sie zieht sich an einer hervorstehenden Schraube eine Schnittverletzung zu, und ihr unruhiger Schlaf wird von Träumen gekennzeichnet, die einen deutlichen Schlenker in skurril-mysteriöse Gefilde nehmen – inklusive Visionen eines krallen- und messerbewehrten schwarzen Mannes… Wenigstens findet Kate versteckte Aufzeichnungen Harrisons – demnach hatte er bei seiner letzten Ägypten-Expedition das Grab einer in Ungnade gefallenen Pharaonentochter namens Anandi entdeckt und war dabei über ein Amulett gestolpert, das nach den unvollständigen hieroglyphischen Beschreibungen dazu in der Lage sein könnte, Portale in andere Dimensionen zu öffnen. Harrisons Tagebuch endet mit der Ankündigung eines Experiments an der eigenen Person – angesichts seines Schicksals hat das dann ja wohl eher so mittelgut geklappt.
Eliza ist über den Fund begeistert – ihre Großnichte Autumn ist der Welt größter lebender Harrison-Lloyd-Fan und betreibt selbst Forschungen über den Archäologen und seine Entdeckungen. Und Autumn kommt eh gleich zu Besuch, da darf sie sich doch wohl die Funde mal ansehen? Kate hat nix dagegen, zumal Autumn auch ein nettes und sehr enthusiastisches Ding ist, der allein beim Gedanken, über von Harrison Perseus Lloyd persönlich benutzten Boden lustwandeln zu dürfen, fast das Höschen platzt. Während Autumn sich also durch Tagebuchaufzeichnungen und Papyri kämpft, werden Kates Träume zunehmend bizarr – nicht nur ihr eigener verblichener Ehemann erscheint ihr, sondern auch Harrison – zu dem sie zu ihrem Erstaunen über ein wurmstichiges Radio auch verbalen Kontakt aufnehmen kann. Harrison drängt Kate darauf, das Haus zu verlassen, sie sei in Gefahr. Und Autumn findet heraus, dass Harrison sich bei seinem fehlgeschlagenen Experiment in eine Art Fegefeuer-Dimension gebeamt hat, eigentlich eine Durchgangsstation ins Jenseits, die für ihn (wie auch seinerzeit für die von ihrem Vater bestrafte Anandi) eine Falle geworden ist, aus der es keinen Ausweg gibt. Oder vielleicht doch?
Autumn und Kate wollen der geplagten Seele des Archäologen helfen und Autumn meint auch, aus den alten Schriften ein loophole ermittelt zu haben, das Harrison – der in der Höllendimension von garstigen Gestalten gepiesackt wird – den Übergang ins Jenseits erlauben würde. Der Haken daran ist – jemand muss seine Seele mit Hilfe des Amuletts in die andere Dimension beamen und die Wächter dieser Hölle ablenken. Und da Autumn zwangsläufig diejenige ist, die aufgrund ihrer Kenntnisse dafür prädestiniert ist, die notwendigen Rückholschritte einzuleiten, wird die Sache wohl oder übel an Kate hängenbleiben…


Inhalt

Ich bin mittlerweile – nach anfänglicher Skepsis dem Konzept gegenüber – leidenschaftlicher Crowdfunder. Prinzipiell investiere ich meine sauer verdienten (und zumindest ehrlich ergammelten) Kröten zwar im Bereich Brettspiele, der sich als relativ unproblematisches Crowdfunding-Subjekt etabliert hat, aber ab und an werfe ich auch dem ein oder anderen Filmproduzenten ein paar Euro hinterher. Das ist schon deutlich riskanter – es muss nicht immer am bösen Willen der Projektkreateure liegen („Doll Squad 2“ erledigte sich z.B. durch Ted V. Mikels‘ Ableben, und „Nightmare City“ hängt im Teufelskreis „ohne A-Listen-Akteur kein Budget für den anvisierten Scope, ohne Budget für den anvisierten Scope kein A-Listen-Akteur“), dass solche Projekte trotz erfolgreicher Crowd-Finanzierung versanden oder sich über Jahre hinziehen, aber man muss hier erheblich mehr Komplikationen einrechnen als beim Zusammenkloppen einiger Plastik- und Pappteile (ganz abgesehen davon, dass viele der hoffnungsvoll lancierten Filmprojekte solche sind, für die sich aus gutem Grund keine herkömmliche Finanzierung stemmen ließ). Insoweit bin ich mit meinem „track record“ ganz zufrieden – ich hab für einige Full-Moon-Filme ein paar Schekel beigesteuert, für den DDR-Slasher „Ostzone“, den Fred-Olen-Ray-Kurzfilm „Spidora“ und eben auch für „Lake Eerie“, dessen Trailer mich durchaus optimistisch stimmte (es war insoweit auch ein eher risikoloses Projekt, weil der Film schon fertig war und mit einer zweiten Crowdfunding-Kampagne noch ein paar tausend Dollar für die Post Production einsammelte, als ich einstieg). Spukhaus-Thema (ein Genre, auf das ich bekanntlich durchaus abfahre), Lance Henriksen im Cast (was nun heutzutage sicher kein Qualitätsmerkmal per se darstellt, aber zumindest ist ein Film mit Lance Henriksen immer noch besser als ein Film ohne Lance Henriksen).
Nun also das fertige Endprodukt – und da darf man konstatieren, dass meine Wenigkeit sich vom Trailer etwas aufs Glatteis führen ließ, denn „Lake Eerie“ ist kein echter Spukhausfilm. Er spielt natürlich mit haunted-house-Elementen, schlägt dann aber doch eine völlig andere Richtung ein, die das Prozedere auch stärker von „Horror“ in Richtung „Fantasy“ verschiebt (die IMDb-Kategorisierung versteigt sich sogar zu einem „SciFi“-Tag, aber nur, weil man mit unterschiedlichen Dimensionen spielt, wird deswegen noch lang keine SF-Geschichte daraus). Das kann man nun als Etikettenschwindel sehen, aber eben auch als den ambitionierten Versuch, aus einem vertrauten Grundszenario etwas anderes, orginelleres zu entwickeln. Ich bin dem Film also erst mal grundsätzlich nicht böse deswegen.
Böse sein kann ich dem Film aber mühelos aus anderen Gründen – mit knapp 100 Minuten (ohne Abspann) haben sich Regisseur Chris Majors und Autorin/Hauptdarstellerin Meredith Majors ne ordentliche Strecke vorgenommen und, naja, dafür… dafür fehlt ihnen der Plot. Die Geschichte, die „Lake Eerie“ letztlich auftischt, reicht nicht für einen abendfüllenden Spielfilm. Nun kann man natürlich sagen, dass nicht zuletzt der von mir hochgeschätzte Ti West es praktisch zur eigenständigen Kunstform erhoben hat, äußerst rudimentäre Plots auf Spielfilmlänge aufzuplustern und nur in den letzten Minuten wirklich das Tempo anzuziehen und die versprochenen Schrecken anzudeuten, und da würde ich noch nicht mal widersprechen, nur hat West etwas, was dem Majors-Duo fehlt – eine erkennbare Handschrift, ein dramaturgisches Konzept und das Händchen dafür, seine langwierigen Auftaktphasen dazu zu nutzen, aus seinen Figuren echte Charaktere zu machen, die man (so man für Wests Erzähltechnik empfänglich ist) verstehen kann und deren Schicksal einem nicht scheißegal ist. „Lake Eerie“ versucht konzeptuell durchaus einen ähnlichen Weg zu gehen, Kate zu einer West-artigen Protagonistin zu machen, ihr psychologisches Trauma zu einem wichtigen Punkt für die Story zu machen, doch es funktioniert halt nicht. In seinen ersten 90 Minuten schleppt sich der Film mühselig über Episödchen, die man problemlos auch in 15 Minuten hätte erzählen können, hangelt sich von Traumsequenz zu Vision und zurück, serviert Exposition in nahezu unverdaulichen Blöcken und hat dann auch noch die Chuzpe, seine ausufernden Erklärungen praktisch wortwörtlich wenige Minuten später zu wiederholen. Auch die grundsätzlich taugliche Idee, Kate zur Rettung Harrisons zu motivieren, weil sie nach dem Unfalltod ihres Ehemanns Schuldgefühle entwickelt hat, erweist sich letztlich auch nur als erzählerische Krücke und Gelegenheit, zehn Minuten Zeit mit der Episode um ihren (von Lance Henriksen darsgestellten) Vater und seinem halbherzigen Versuch, Kate aus dem Haus zu bringen, totzuschlagen, ohne dass es wirkliche Konsequenzen für die Geschichte hat – ebenso wie eine unerklärlich eingeschobene Traumsequenz, in der Kates Ehemann sie zu einer lesbischen Softsexeinlage mit einer unbekannten Schönen (Anandi?) zwingt.
Und auch, wenn der Film dann endlich die Eier hat, sein eigentliches Thema anzupacken, mithin also die Befreiung Harrisons aus der Straf-Höllen-Fegefeuer-Dimension, in die ihm der unsachgemäße Umgang mit dem Amulett geschossen hat – d.h. die letzten zehn Minuten des Films, hat er nicht wirklich die Fantasie, mit dem Konzept etwas anzustellen. Die Fegefeuer-Dimension ist nicht wirklich fremdartig – es ist „unsere“ Welt, etwas verschoben, und bevölkert von garstigen Dämonen (die teilweise lustige Namen wie „Die Gräfin“ oder „Jackhammer“ tragen, was für ägyptische Wächter-Dämonen nun nicht unbedingt passend klingt… und dann ist Jackhammer auch noch der ausgemergeltste Hungerhaken, seit Christian Bale sich für „The Machinist“ auf 40 Kilo hungerte), die die „verlorenen Seelen“ jagen und dabei den den spaßbringenden Vorteil haben, dass sich ihre Opfer stets regenieren, um neuerlich getötet werden zu können. Da steckt durchaus wieder eine passable Idee drin, aber es ist eben so fantasielos, weil das phantastische, das Fantasy-Element in dieser Episode fehlt. Es ist nicht sonderlich aufregend, einen Haufen Irrer (die jetzt auch von ihren Masken und make-ups nicht beeindrucken) zu sehen, die in einer minimal farbgefilterten Variante der realen Welt amtieren, wenn man uns eine antike, mythologische Kerkerdimension versprochen hat.
Visuell ist das auch nicht sonderlich aufregend – der Film ist „shot on RED“, und wir wissen mittlerweile, dass man mit der RED zwar saugute Ergebnisse erzielen kann, aber dafür halt in der post ein bisschen kreativ werden muss, damit’s nicht wie ein Handyvideo aussieht. Wie auch der gerade besprochene „Green Street 3“ hat „Lake Eerie“ keinen filmischen Look., sondern sieht aus wie Reality-TV. Der ein oder andere ganz nette Shot verirrt sich durchaus ins Prozedere, aber es sind zu wenige Momente, um von einer visuellen Handschrift, einem echten Stil sprechen zu können. Positiv zu vermelden ist der Score von Harry Manfredini, der lange Jahre nach seinem ikonischen „Friday the 13th“-Score zwar mittlerweile seine Miete damit bezahlt, David DeCoteaus „1313“-Homoerotik-Videos zu beschallen, der aber immer noch in der Lage ist, da und dort atmosphärische Akzente zu setzen.
Schauspielerisch hängt natürlich viel an Meredith Majors, und obschon sie nett anzusehen ist und einen praktikablen natürlichen Charme mitbringt, mangelt es ihr am Können, um wirklich eine echte greifbare Persönlichkeit darzustellen. So wirken ihre Stimmungsschwankungen oft unglaubwürdig, ihr Trauma scheint nach Belieben zu kommen und zu gehen, und so richtig überzeugend bekommt sie den Turn zur Harrisons mutiger Retterin nicht hin. Besser schon fährt Betsy Baker als ihre eigenwillig-schrullige Nachbarin Eliza und Anne Leigh Cooper (eigentlich Annemijn Niewkoop, aber die gebürtige Niederländerin will es ihren Mitmenschen in ihrer Wahlheimat New York offenbar nicht zu schwer machen) würde ich prinzipiell für eine sympathische Entdeckung halten – man muss erst mal den gewünschten Enthusiasmus adäquat verkörpern, wenn man teilweise wirklich *schlimme* Dialoge zu murmeln hat. Als Gaststars gibt’s den erwähnten Lance Henriksen, der sich untypischerweise für diesen Film keine seiner besseren Performances aus dem Kreuz leierte (normalerweise ist Lance auch in Nichtigkeiten-Rollen, für die man ihn nur des name values wegen verpflichtet, durchaus motiviert), den vormaligen Wrestler Al Snow als Chefdämonen (und Stunt-Koordinator), in dessen Kostüm aber man jeden Typen hätte stecken können, der knapp einsneunzig groß ist und ein bisschen physische Präsenz mitbringt, sowie als Maklerin, die Kate das Haus verscherbelt, Marilyn Ghigliotti aus Kevin Smiths legendärem „Clerks“.
Die BluRay von FilmRise (codefrei) bietet ordentliche Bild- und Tonqualität, englische Untertitel (etwas störenderweise in ALL CAPS) und eine Storyboard-Featurette. Weiteres Bonusmaterial findet sich auf der „Lake Eerie“-Website.
Fazit – grundsätzlich würde ich ja gern in Begeisterungsstürme ausbrechen, und sei’s allein, um meine finanzielle Beteiligung am Film zu rechtfertigen, aber „Lake Eerie“ ist schon ein ziemlich zaaches Luder. Ich halte es prinzipiell für keine schlechte Idee, sich an Ti Wests Gruselfilmen zu orientieren, gerade um einen Gegenpunkt zu den zahllosen Splatterfilmen und dem zum eigenen Klischee verkommenen Blumhouse-Horror zu setzen, aber dieser Film zeigt schon deutlich, dass man für diesen ruhigen, fast schon sentimentalen Retro-Approach der West-Filme ein gerüttelt Maß an Talent mitbringen muss, um Filme zu schaffen, die den geneigten Zuschauer befriedigt zurücklassen. „Lake Eerie“ hat ein paar gute Ideen, weiß aber wenig damit anzufangen und ist im Endeffekt schlicht langweilig. Vielleicht hätte ich den Film kucken sollen, bevor ich dem Majors-Team wieder ein paar Dollar für ihren nächsten Film „Harvest Moon“ (dieses Mal mit Robert Englund als Zugpferd) zuschob…

(c) 2017 Dr. Acula


BOMBEN-Skala: 7

BIER-Skala: 4


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