Labyrinth der Monster

 
  • Deutscher Titel: Labyrinth der Monster
  • Original-Titel: Mazes and Monsters
  •  
  • Regie: Steven Hilliard
  • Land: USA
  • Jahr: 1982
  • Darsteller:

    Tom Hanks….Robbie Wheeling, Wendy Crewson…Kate Finch, David Wallace…Daniel, Chris Makepeace…Jay Jay u.a.


Vorwort

Die drei Freunde und Collegestudenten Kate, Daniel und Jay Jay sind alle große Fans des Rollenspiels „Mazes and Monsters“, welches sie als Mittel zur Flucht vor der Realität verwenden, da sie allesamt Probleme im wirklichen Leben haben (um nicht zu sagen, sie seien totale Lebensversager). Kate fällt pausenlos auf die falschen Typen rein, Jay Jay steht unter der Fuchtel seiner durchgeknallten Mutter und Daniels Eltern setzen alles daran, ihrem Sohn seinen Traumberuf (Videospieleentwickler) zu vermiesen.

Eines Tages stößt ein neues Mitglied namens Robbie (Tom Hanks) zu ihrer RPG-Truppe hinzu, der nachdem er (aufgrund einer massiven M&Ms Sucht [Nein, ich meine nicht die Süßigkeiten] und dem mysteriösen Tod seines Bruders) ein Semester ausgesetzt hat und nun sein Studium wieder aufnehmen möchte. Robbie beginnt alsbald mit Kate eine Beziehung. Irgendwann verfällt Jay Jay auf die Idee, das RPG in einen nahen Höhlenkomplex zu verlegen, um es so ein wenig gruseliger zu gestalten. Robbie steigert sich so in seine Rolle des heiligen Mannes Pardu hinein, dass er die Grenzen zwischen Fantasie und Realität nicht mehr wahrnehmen kann. ER hält sich mehr und mehr selbst für den Kirchenmann Pardu, was auch das Ende seiner Beziehung mit Kate zur Folge hat. Aufgrund seiner Visionen bricht Robbie auf nach New York. Seine besorgten Freunde folgen ihm und können ihn schließlich auf dem Dach der Twin Towers stellen. Robbie will von dort aus zum Ziel seiner Visionen fliegen (SPRING! SPRING! SPRING!), aber seine Freunde können ihn überzeugen, dass er laut den RPG-Regeln noch nicht genug Punkte für den FLug hat (G: „James, können sie mir bitte die Polsterung für die Tischplatte reichen?“) und nehmen ihn wieder mit nachhause. Einige Zeit später bekommt Robbie Besuch von seinen Freunden. Das Problem ist nur, dass er sich selbst immer noch für Pardu und seine Kumpels für die anderen RPG-Figuren hält. Gemeinsam spielen sie mit ihm noch ein letztes Abenteuer….


Inhalt

Du meine Fresse, was war denn das?? Dieser Film ist ein exzellentes Beispiel für die Hexenjagd, deren Ziel Spiele wie „Dungeons & Dragons“ in den 80er Jahren wurde und die insbesondere von den religiösen Rechten in den USA angeheizt wurde. Die damalige Diskussion ist der heutigen Debatte um Harry Potter nicht unähnlich. Eine der Hauptschuldigen an der Diskussion war damals eine Frau namens Patricia Pulling, die D&D als hauptverantwortlich für den Selbstmord ihres Sohnes ansah (er hatte sich nachdem er einige Stunden zuvor beim D&D-Spiel von einem Mitspieler verflucht wurde, erschossen) und die daraufhin die Organisation „Bothered About D&D“ ins Leben rief (Abkürzung: „BADD“. Tolles Wortspiel), deren Ziel kein geringeres war, als die Vernichtung aller RPG-Spiele.Nachdem sie in mehreren Prozessen gegen die Publisher von D&D, damals TSR Inc (heute wird D&D so weit ich weiß von „Wizards of the Coast“ vertrieben, der Company, die unter anderem für den Dauerbrenner unter den Sammelkartenspielen schlechthin, „Magic: The Gathering“, verantwortlich ist) nicht Recht bekam, begann sie Veröffentlichungen zu verbreiten, in denen sie behauptete, dass bei D&D Dinge wie Satanismus, Raub, Mord, Vergewaltigung, Dämonologie, Blasphemie, sexuelle Perversion, Homosexualität (!), Prostitution, Dämonenbeschwörung, Nekromantik und was weiß ich was noch alles, begünstigt würde. BADD hatte teilweise Erfolg damit, die Inhalte dieses Kreuzzuges großteils via Veröffentlicungen in katholisch-konservativen Medien unter die Leute zu bringen. Ihre Ansichten brachte Ms. Pulling auch in Form eines Buches unter die Leute: „The Devil’s Web: Who Is Stalking Your Children For Satan?“. In diesem Buch soll sich aber angeblich (ich selbst habe es nicht gelesen) relativ deutlich zeigen, dass ihre Kenntnisse zu dem Thema bestenfalls als lückenhaft bezeichnet werden können.
Hanks.jpg

Etwa zur gleichen Zeit entstand dieser Film, der nichts anderes ist als ein Propagandamachwerk der allerübelsten Sorte. Hier wird D&D (denn nichts anderes ist das Spiel „Mazes & Monsters“) einfach als Allegorie auf alle möglichen Süchte angewendet: Drogen, Spielsucht, Rollenspielsucht, fill in what you want. Natürlich ist es nicht verwunderlich, dass dieser und andere Filme für die christlich-fundamentalistischen Gruppen, die D&D die Förderung von Satanismus und anderen okkulten Praktiken vorwarfen, ein gefundenes Fressen waren (von Rona Jaffes Buch, dass auf einer wahren Begebenheit basieren sollte und doch nur lose auf falschen Berichten der Boulevardpresse über den Selbstmord von James Dallas Egbert III beruhte), deren Botschaft gerne aufgegriffen wurde. Mit der immer größer werdenden Popularität von D&D und einen von Michael Stackpole (Michael Stackpole ist von Beruf Science-Fiction-Autor und war mir als Trekkie schon von daher ein Begriff) verfassten Report über die fragwürdigen Methoden von BADD, ebbte die Diskussion schließlich Ende der 80er-Anfang der 90er Jahre ab. In diesem 1990 verfassten Report geht es vor allem um die fragwürdigen Beweiskonstrukte, die Pulling verbrochen hat, um die Existenz einer satanischen Weltverschwörung (an der laut ihr statistisch auch jeder 12. Bewohner von Richmond, Virginia beteiligt ist). So zitiert Stackpole beispielsweise dies aus einem der BADD-Dokumente:

„THE WHO WHAT WHEN WHERE AND HOW OF TEEN SATANISM

WHO 1. Adolescents from all walks of life. 2. Many from middle to upper middle class families 3. Intelligent Over or Under Achievers Creative/Curious Some are Rebellious Some have low self esteem and are loners Some children have been abused (physically or sexually)

WHEN does this occur? It appears the ages most vulnerable are 11-17

WHERE? 1. Public places such as rock concerts, game clubs in communities or at school. 2. Private parties at a friend’s home.

HOW? 1. Through Black Heavy Metal Music 2. Through fantasy role playing games like Dungeons & Dragons (R) 3. Obsession with movies, videos, which have occult themes 4. Collecting and reading/researching occult books 5. Involvement with “Satanic Cults”, [sic] through recruitment 6. Some are born into families who pratice [sic] “satanic cult rituals”

TWO BASIC PRINCIPLES APPLY HERE “Law of Attraction” and the “Law of Invitation”

WHAT can be expected? 1. Obsession with occult entertainment 2. Minor to major behavior disorders 3. Committing crimes and status offenses such as: A. Running away B. Graverobbing (such as bones) C. Breaking and entering to steal religious artifacts or sometimes stealing small items to prove loyalty to the group D. Defacing public or private property using “Satanic Graffetti [sic]” or related Graffetti [sic] E. Threatening to kill (self or others, self mutilation is very common) F. Aggression directed towards family, teachers and authority figures G. Contempt for organized religion H. Supremist attitudes I. Kidnapping or assistance in kidnapping J. Murder K. Suicide pacts among members of the group

WHAT can we do? 1. Document all information relating to occult involvement (even if it does not appear relevant at the time) 2. Keep an open mind 3. Stay objective 4. Never assume that an individual is acting along [sic] until all other information surrounding the case and individual has been fully investigated. 5. If individual is involved in “satanic activity,” he/she will deny a great deal to protect other members of the group as well as the “satanic philosophy”.[sic] 6. Have a team approach, work with a therapist, a clergymen and other helping professionals. 7. Educate the community so that potential tragedies might be avoided.“ Wie man sieht, wurde hier zwischen D&D-Spielern, Grabräubern und Mördern keinerlei Unterschied mehr gemacht. Den kompletten Pulling-Report kann man übrigens hier nachlesen: http://www.rpgstudies.net/stackpole/pulling_report.html (Ein weiterer interessanter Artikel über RPGs und die religiöse Rechte aus dem Jahr 2005 ist übrigens dieser hier: http://www.usask.ca/relst/jrpc/art9-roleplaying-print.html)

Genug des Exkurses, kommen wir mal zum Film selbst. Dieser ist so erbärmlich wie seine fragwürdige Aussage. Die Charaktere sind strunzdumm (unsere Genies kommen erst nach Tagen drauf, dass Robbie mit den „Zwei Türmen“ nicht Mittelerde, sondern eventuell doch die Twin Towers gemeint haben könnte) und klischeehaft, die Schauspieler sind allesamt sauschlecht und steif wie das sprichwörtliche Brett. tom Hanks tut mir in dem Film schon fast ein wenig leid, denn man merkt zwar, dass er sich redlich Mühe gibt, allerdings ist bei seiner Rolle, die wirklich (so wie alle anderen auch) aus dem Klischeebaukasten stammt, von vornherein Hopfen und Malz verloren. Von den anderen will ich gar nicht erst anfangen, die Schauspieler sind allesamt sehr audruckslos. Die selbst für einen TV-Film uninspirierte Inszenierung gibt der ganzen Chose endgültig den Rest. Das Ende ist übrigens besonders dämlich: Da stellen Kate und Daniel (die übrigens beide vollkommen „geläutert“ sind, Daniel möchte nicht einmal mehr Videospiele programmieren, was auch gleich noch ein fester Seitenhieb auf Computer- und Konsolenspiele sein soll, wenn ich das richtig interpretiere) fest, dass ihr Freund immer noch Probleme hat, die durch das RPG verursacht wurden. Und was machen unsere Leuchten? Genau, sie ermutigen ihn noch und spielen die ganze Nacht mit ihm. Wer solche Freunde hat, braucht wahrlich keine Feinde mehr.

Das Drehbuch ist ebenfalls eines der Hauptprobleme dieses Films. Die Charaktere sind samt und sonders dem Anfängerbaukasten für kleine Drehbuchautoren entnommen und manche Handlungsverläufe sind auch ein wenig….zäh. Wobei ich natürlich nicht beurteilen kann, inwiefern das an der Buchvorlage liegt. Ich habe allerdings bereits gelesen, dass das Buch von Rona Jaffe nicht einmal das Papier wert sein soll, auf dem es gedruckt wurde und ich bin nur allzu gern bereit, das zu glauben. Der Score ist eine Ohrenfolter, die mich den ein oder anderen sehnsüchtigen Blick auf meine Ohropax werfen ließ, die ich – wenn ich mir nicht absolut sicher gewesen wäre, dass der Film als Stummfilm noch blöder sein würde, als er es mit Ton schon ist – auch sehr gerne verwendet hätte. Die Botschaft des Films ist – wie schon gesagt – fragwürdig. Zwar ist es am Beginn noch nicht so deutlich, aber im Laufe der Zeit kristallisiert sich immer mehr heraus, dass Rollenspiele per se nicht gut sind und unweigerlich einen negativen Einfluss auf die Psyche der Spieler haben. Auf die Idee, dass diese Spiele eventuell die Vorstellungskraft positiv beflügeln könnten, kommt der Film natürlich nicht. Er unterstützt somit, ob mit Absicht oder nicht sei einmal dahingestellt, sämtliche damals von BADD aufgestellten Thesen. Lustig ist übrigens, dass der Film heute sowas wie die Nemesis aller Rollenspieler darzustellen scheint, denn von denen hat ihn meines Wissens wohl mindestens jeder Zweite schon gesehen. Die DVD von e-m-s ist nicht der Rede wert. Keine nennenswerten Extras, Bild und Ton sind maximal mäßig (habe aber angesichts der Tatsache, dass es sich hier um einen TV-Fim aus dem Jahr 1982 handelt, sowieso keine audiovisuellen Gustostückerl erwartet). Aber was will man schon für 4€.
Fazit
„Mazes and Monsters“ ist maximal für Hardcorefans von Tom Hanks einen Blick wert. Alle anderen (vor allem D&D Fans) sollten die Finger davon lassen.

2/5
(c) 2007 G


mm
Subscribe
Benachrichtige mich zu:
guest
0 Comments
Inline Feedbacks
View all comments