L.A. Nights

 
  • Deutscher Titel: L.A. Nights
  • Original-Titel: The Thief and the Stripper
  • Alternative Titel: Strip'n Run |
  • Regie: L.B. Brown, John Sjogren
  • Land: USA
  • Jahr: 1998
  • Darsteller:

    L.B. Brown (Jack O’Dell), Roxana Zal (June), Michael Madsen (Jimmy D), Brion James (Shoe), Charles Napier (Face), Paul Koslo (Sheik), Robert Z’Dar, Stoney Jackson


Vorwort

Der heruntergekommene Privatdetektiv Jack O’Dell, dem wegen des ungeklärten Verbleibs von 200.000 Dollar die Lizenz entzogen wurde, gerät zufällig in eine Gangster-Verfolgungsjagd und sieht sich plötzlich und unerwartet im Besitz eines ominösen Koffers, hinter dem L.A.s komplette Ganovenelite her zu sein scheint. Mit Hilfe einer hübschen Stripperin June gelingt es ihm, sich dem Mobster Shoe erst einmal zu entziehen. Doch Shoe ist nicht blöde und hält sich an June, und da Jack blöde genug ist, Shoes Porsche, den er geklaut hat, direkt vor seiner eigenen Bude abzustellen, braucht Shoe auch nicht lange, um ihn aufzutreiben und zwecks ein Gespräch unter Männern zu arrangieren. Erneut erweist sich June als Retterin in der Not, doch nun sind Shoe und seine Leute hinter beiden her. June requiriert die Hilfe ihres Arbeitgebers, des rivalisierenden Gangsterbosses Jimmy D., der unsere Protagonisten auch darüber aufklärt, dass der Inhalt des Koffers außerordentlich brisant ist – es handelt sich nämlich um eine Diskette, die den Zugang auf 5 Millionen Dollar auf einem Schweizer Bankkonto gewährt. Ausgesetzt hat den Koffer und die Diskette der wiederum rivalisierende Gangsterboss „Der Scheich“, der dadurch einen Bandenkrieg auszulösen hofft. Irgendwo in dem Kuddelmuddel, in dem auch noch korrupte Bullen mit von der Partie sind, versuchen Jack und June, ihre Schäfchen ins Trockene zu bringen und dabei am Leben zu bleiben.


Inhalt

Ich habe ein neues Lebensziel gefunden. Eines Tages fahre ich nach Hollywood und poliere Quentin Tarantino, ungeachtet der Tatsache, dass ich ein Riesenfan von ihm bin, mal ordentlich die Fresse. Warum? Ganz einfach – ich kann keine pseudocoolen Gangsterthriller mehr sehen, weil jeder noch so unterbelichtete Trittbrettfahrer aus Hollywoods letzter Suppenküche seit „Pulp Fiction“ meint, er müsste die Welt mit seiner eigenen Variante des Themas beglücken. Und leider Gottes KANN fast keiner dieser Schmalspurfilmemacher auch nur ansatzweise einen ansehbaren (von „gut“ will ich gar nicht reden) Film auf die Beine stellen.

Okay, nach diesem einleitenden Absatz wird mit Sicherheit keine Lobpreisung mehr folgen. Wie könnte auch? „L.A. Nights“ ist ein dilettantisches amateurhaftes Schundprodukt, dem ich beinahe sogar einen Joe D’Amato-Film vorziehen würde (wer mich kennt, weiß, was DAS bedeutet). L.B. Brown, der zusammen mit Produzent John Sjogren unter dem Pseudonym „Jason Dell“ als Regisseur verantwortlich zeichnet und die Plotte auch noch selbst erdacht hat, sollte einfach umsatteln – vielleicht ist er ein talentierter Schreiner, Gebrauchtwagenverkäufer oder Friseur, aber vom Metier „Film“ bitte ich den Herrn fernzuhalten. Seine Story ist ein vollkommen konfuser Mix aus unsympathischen Charakteren, unlogischen Verhaltensweisen, unerklärbaren Vorkommnissen (wieso wissen eigentlich immer alle, wo sich Jack und June aufhalten?), godawful Dialogen, wüstesten Continuity- und Schnittfehlern und ein paar fünftklassigen Shoot-outs, die selbst in einem PM-Film von 1988 nicht durch die Post Production gekommen wären. In Ermangelung einer nachvollziehbaren und nur entfernt schlüssigen Geschichte will ich die Drehbuchkritik damit auch mal kurz halten – Charaktere kommen und gehen aus dem Nichts, die Story widerspricht sich des öfteren mal selbst und anstelle von richtigen Charakterszenen, die etwas zu den Figuren beitragen würden, labert uns der Streifen durch seine Darsteller mit hirnzerreißend blöden „erklärenden“ Monologen zu (wir erfahren z.B. wie Gesellen wie „Crow“, „Shoe“ und „der Scheich“ zu ihren Spitznamen gekommen sind, und davon ist eine Geschichte idiotischer und langweiliger als die nächste). Es macht den Eindruck, als hätte L.B. Brown ab und zu versucht, eine Art „Mystery-Touch“ wie in „The Usual Suspects“ einzubringen, aber er erledigt das auf dem Niveau eines legasthenischen Erstklässlers.

In Punkto Inszenierung ist der Streifen auch nicht besser – die Actionszenen sind schlicht und ergreifend pottlangweilig und bar jeder Dynamik oder Rasanz, die Dialogszenen noch schlimmer und nicht mal die Tatsache, dass jede Menge recht attraktiver Damen oft und gern aus dem Oberteil fahren, kann den Zuschauer bei der Stange halten (es ist immer ein sicheres Zeichen dafür, dass ein Film nun wirklich oberübel ist, wenn ich, der ich mich vollständig durch Schlaftabletten wie „The Skydivers“, „I, A Woman“ oder „Das MI-8-Projekt“ gequält habe, nach dreißig-fünfunddreißig Minuten beschließe, den Film nur noch als Nebenbei-Berieselung laufen zu lassen).

Dabei hat der Streifen, und das ist das eigentlich Traurige an „L.A. Nights“ eine absolut trashkompatible Besetzung einer ganzen Heerschar von renommierten B-Movie-Akteuren und Genrelieblingen. Michael Madsen, Brion James, Charles Napier, Paul Koslo, Stoney Jackson, Robert Z’Dar: eigentlich unmöglich, mit diesem halben Dutzend normalerweise frohsinnstiftenden Schauspielern einen derart öden Film zu drehen. Ist es aber nicht, weil keiner der Herren die Hauptrolle spielt, die hat sich nämlich L.B. Brown selbst auf den Leib geschrieben (und nicht vergessen, sich eine Sexszene ins Scirpt zu schreiben). Und L.B. Brown lotet auch als Schauspieler neue Rekorde an „Anti-likeability“, „Anti-Charisma“ und „Anti-Begabung“ aus (und einen Preis für „furchtbarster Schnauzbart der jüngeren Filmgeschichte“ vergebe ich ihm gerne auch). Roxana Zal (June) wurde für die Sexszene hoffentlich angemessen entlohnt, andererseits gehört sie zur Stammbelegschaft der Brown/Sjogren-Kollaboration und wußte vermutlich, was auf sie zukommt. Im übrigen ist sie zwar recht hübsch anzusehen, aber auch nicht gerade eine darstellerische Leuchte. Michael Madsen war 1998 offensichtlich, prä-„Kill Bill“, endgültig soweit, in jedem Dreck mitzuspielen – er gibt seine Paraderolle als schmierig-undurchsichtiger Gangster, die er vermutlich im Schlaf und mit verbundenen Augen spielen kann. Hoffen wir, dass der neue Ruhm durch Tarantino (man dreht sich doch immer irgendwie im Kreis) zu besseren Rollen oder zumindest in Rollen in besseren Filmen verhilft. Ich bin nicht gerade sein allergrößer Fan, aber Filme wie diese hat er nicht verdient. Auch nicht Brion James, der aber in den letzten Jahren seines Lebens (und zuvor auch nicht wirklich) nicht besonders wählerisch war, was Rollenangebote anging (siehe „Jekyll Island“). Ihn als stets im Duo auftretendes Gangsterteam mit Charles Napier („Das Alien aus der Tiefe“, „One Man Force“ und ungefähr hunderttausend andere B-Filme) zu sehen, entbehrt zwar nicht eines gewissen Kuriositätenwerts, aber – genau wie beim von mir auch immer wieder gern gesehenen Vorzeige-Psychopathen Paul Koslo („Chained Heat 2“, „RobotJox“) – es bleibt das Problem – die interessanten Akteure, die zwar auch mit scheußlichen Dialogen gepeinigt sind, aber immerhin Profis genug, um diese mit einigermaßenem Verve und bewährtem Overacting zu kaschieren, sind halt nur Nebenfiguren mit wenig Screentime, während die Hauptrollen eben an die eher talentfreien Brown und Zal gehen (wobei dem Film auch nicht hilft, dass L.B. Brown mit einem film-noir-voiceover noch zusätzlich labern darf, ohne dabei dem Zuschauer gesteigerte Erkenntnisse oder wenigstens mit einigen sarkastischen Bemerkungen – ich nehme zumindest an, dass dieser off-screen-Kommentar bewußt als humorige Auflockerung gedacht war; aber da bleibt’s mal wieder beim Versuch – ein leichtes Grinsen auf die Lippen zaubert).

Die Gretchenfrage: Macht der Streifen wenigstens seiner Ab-18-Freigabe alle Ehre? Brr. Es gibt ein paar nackte Tatsachen, ein paar unaufregende Shoot-outs und ein wenig Zigaretten-Folter in offenen Wunden u.ä. Scherze, aber nothing zu write home about…

Bildqualität: e-m-s legt hier einen absoluten Durchschnittstransfer hin. Das Bild präsentiert sich im Vollbildformat und kann in allen Einzeldisziplinen befriedigende Werte, aber auch nicht mehr erreichen (unter besonderer Berücksichtigung der Tatsache, dass wir es mit einem relativ neuen Film, Baujahr 1998, zu tun haben, an den man selbstverständlich höhere Maßstäbe ansetzt als an einem Ed-Wood-Film von Anno Tobak). Kanten- und Detailschärfe sind nicht aufregend, aber praktikabel, ein leichtes Grundrauschen ist aber zu bemerken, die Kompression ist gleichfalls in Ordnung. Leider trübt eine eher überdurchschnittliche Anzahl an Bildstörungen durch Störblitze das Bild.

Tonqualität: Man „verwöhnt“ uns mit englischem O-Ton und deutscher Synchro, jeweils im Dolby-2.0-Mix. Beide Tonspuren klingen ein wenig blechern und sehr studio-mäßig künstlich (bei der deutschen Synchro, die sicher nicht gerade ein Prestige-Objekt des betreffenden Studios war, noch einigermaßen entschuldbar, bei der Originalfassung allerdings eher verwunderlich). Besonders die englische Tonspur wird zeitweise, nicht durchgängig, von einem deutlich vernehmbaren Rauschen „geziert“.

Extras: Neben einer Trailershow auf drei weitere e-m-s-Titel findet sich noch der Originaltrailer auf „L.A. Nights“.

Fazit: „L.A. Nights“ ist wieder mal ein schönes Beispiel dafür, dass erstens nicht jeder versuchen sollte, im Fahrwasser von Quentin Tarantino einen zynischen Gangsterreißer zu schreiben und zu inszenieren, wenn’s einem an Talent mangelt, und dass zweitens ein schlechter Drehbuchautor und Co-Director durchaus auch ein schlechter Schauspieler sein kann. L.B. Brown und sein Schnauzbart können einem wirklich einen ganzen Tag verleiden – selbst wenn das Script besser wäre, würde es von seiner Performance in die Knie gezwungen werden. Schade ist’s um das versammelte Talent von Madsen, James, Napier und Koslo, die’s allesamt wesentlich besser können (und wissen sollten). Technisch gesehen allenfalls eine durchschnittliche DVD-Veröffentlichung mit kleinen Macken, die’s nicht gebraucht hätte (sowohl die Macken als auch die Veröffentlichung, haha, bin ich wieder luschtich heute…).

1/5
(c) 2004 Dr. Acula


mm
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