Klassentreffen 1.0 – Die unglaubliche Reise der Silberrücken

 
  • Deutscher Titel: Klassentreffen 1.0 - Die unglaubliche Reise der Silberrücken
  • Original-Titel: Klassentreffen 1.0 - Die unglaubliche Reise der Silberrücken
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  • Regie: Til Schweiger
  • Land: Deutschland
  • Jahr: 2018
  • Darsteller:

    Til Schweiger (Tommy), Samuel Finzi (Nils), Milan Peschel (Andreas), Lilli Schweiger (Lili), Stefanie Stappenbeck (Linda), Jeanette Hain (Tanja), David Schütter (Karsten), Katharina Schüttler (Jette), Simon Schwarz (Ole), Bianca Nawrath (Sarah), Alessandro Schuster (Oliver), Timur Bartels (Lenny), Eva Luca Klemmt (Sanne), Ralf Moeller (Maxi), Lisa Tomaschewsky (Laura), Max Befort (Konstantin), Valerie Huber (Verkäuferin Bäckerei), Steffen Wink (Urologe), Constantin von Jascheroff (Junger Mann – Sauna), Sonja Kirchberger (Eva), Gisa Flake (Horst Kilians Mutter), Angelo Kelly (Horst Kilians Vater) u. a.


Vorwort

Til Schweiger hat wirklich lange darauf hingearbeitet, aber dennoch mussten über zwei Dekaden seit seinem Regiedebüt „Der Eisbär“ ins Land ziehen, um endlich mit seinem ersten eigenen Lang-Review auf badmovies.de vertreten zu sein. Gut, als Schauspieler hatte er es mit seiner Rolle als Lucky Luke in „Die Daltons gegen Lucky Luke“ bereits auf diese Seite geschafft, aber da war er ja lediglich ein eher zu vernachlässigendes Rädchen im Schrottgefüge. Mit „Klassentreffen 1.0“ aber ist er als einer der Hauptdarsteller, als Drehbuchschreiber, als Produzent, als Co-Schnittmeister und nicht zuletzt als Regisseur voll dabei.

Zu seiner Vita muss man ja eigentlich nicht viel sagen: Der Mann mag seit seinem Mega-Hit „Honig im Kopf“, der über 7 Millionen Kinobesucher zählte, in der Publikumsgunst nicht mehr absolute Topwerte abstauben und hatte ja mit dem US-Remake „Head Full of Honey“ auch einen krachenden Flop zu verzeichnen, aber mit „Klassentreffen 1.0“ kam er immerhin noch auf 1,1 Millionen Kinozuschauer, womit der Film für das Jahr 2018 bei den deutschen Produktionen auf dem sechsten Platz landete – für Schweiger-Verhältnisse trotzdem ein enttäuschendes Ergebnis, aber es reichte immerhin noch für die Fortsetzung „Die Hochzeit“, bei der sich die Zuschauerzahlen allerdings noch einmal etwa halbierten, weshalb eine weitere Fortsetzung, die ursprünglich für den Herbst 2020 vorgesehen war, unklarer denn je sein dürfte. Hat das Publikum etwa langsam genug von ihm?

Lange hätte Schweiger seinen Kritikern eine lange Nase drehen können angesichts der hervorragenden Zahlen. Er tat es nicht. Vielmehr stellt er sich bis heute gern als missverstandenen Künstler dar, den nur das Publikum zu schätzen wisse, nicht aber die vielen Rezensenten, die seine Filme, seitdem er 2007 mit „Keinohrhasen“ seinen ersten Riesenerfolg hatte, regelmäßig verreißen. Die Folge war, dass er irgendwann Vorab-Pressevorführungen nur noch für ihn genehme Leute veranstaltete. Dass seine Kritiker vielleicht in dem einen oder anderen Punkt recht haben könnten, wenn sie ihm und seinen Filmen ein veraltetes Frauenbild, ausgeprägte Selbstinszenierung, überpräsente Popsongs, hektische Schnittarbeit und primitiven Pennäler-Humor bescheinigten, darauf kam er mit seinem ausgeprägten Selbstbewusstsein nie. Millionen von Zuschauern gaben ihm doch recht.

Mit jedem weiteren Film von Schweiger, den ich sah, wurde mir sein Erfolg schleierhafter und schleierhafter, denn ich hatte den Eindruck, je älter der Regisseur, desto infantiler der darin präsentierte Humor. In „Keinohrhasen“ konnte ich das alles noch akzeptieren und meinetwegen auch in dem sehr auf Klamauk setzenden und leider doch sehr unlustigen „1 ½ Ritter – Auf der Suche nach der hinreißenden Herzelinde“, aber mit „Zweiohrküken“ (2009) ging es endgültig den Bach runter. Selbst in „Honig im Kopf“, der von Schweiger mit der guten Absicht gedreht worden sein mochte, andere für das Thema Demenz zu sensibilisieren, kollidierte die Tragik immer wieder mit bedenklich analfixierten Gags unter anderem auch auf Kosten der demenzkranken Hauptfigur, die in Kühlschränke pisste und Nonnen dreckige Witze erzählte, sodass der Film – das aber auch nur zum Teil – von der hervorragenden Leistung Dieter Hallervordens gerettet werden konnte. Eine ernsthafte Abhandlung der Thematik sieht trotzdem anders aus.

Großes Pech natürlich, dass spätestens ein solch phänomenaler Erfolg wie „Honig im Kopf“, nach dem sogar die Vereinigten Staaten von Amerika wegen eines Remakes anklopften, ein solch ausgeprägtes Ego wie das von Schweiger nicht dazu einlädt, sich zu hinterfragen, was man denn noch besser machen könnte, sondern es noch darin bestärkt, genau so weiterzumachen.

Tja, und dann, genau dann springt halt so was wie „Klassentreffen 1.0“ heraus, eine schier unfassbare Komödie direkt aus der Hölle – von einem selbstverliebten Macher, der mit diesem Film nicht nur sofortiges Berufsverbot, sondern Kontaktverbot auf Lebenszeit mit anderen Menschen erteilt bekommen sollte…

Vorausschicken sollte ich, dass „Klassentreffen 1.0“ das Remake einer dänischen Komödie namens „Klassefesten“ ist, die im Heimatland so erfolgreich war, dass sie zwei Sequels nach sich zog. In Deutschland ist sie weithin unbekannt, so auch mir. Als Vergleich habe ich lediglich ein paar Clips bei YouTube gefunden, die natürlich keinen Aufschluss über die Gesamtqualität des Films geben können. Allerdings habe ich einige Szenen auch in Schweigers Remake wiedererkannt, wobei unser Vorzeigeregisseur allerdings in Interviews auch zugab, sich künstlerische Freiheiten genommen zu haben. Ich nehme an, das hängt auch damit zusammen, dass er selbst darin mitspielt und die Story von gleich drei Versagern auf dem Selbstfindungstrip nicht in sein eigenes Rollenprofil passt. Doch beginnen wir ganz von vorn, und das wird eine lange, eine furchtbar lange Angelegenheit sogar. Sage und schreibe 127 Minuten gilt es durchzuhalten. Zum Vergleich: Das Original hat eine Lauflänge von exakt anderthalb Stunden.


Inhalt

„Supported by Medienboard Berlin-Brandenburg Filmförderungsanstalt Deutscher Filmförderpreis“, so lacht es dem Zuschauer in den ersten Sekunden stolz entgegen, als der anglisierte Vorspann (voll international, do!) einsetzt und dazu bereits der erste von insgesamt 25 Popsongs – so viele zählte ich später im Abspann – erklingt („Doombird“ von Share). Ich weiß, es ist abgedroschen, wenn ich mich als ungefähr millionster Mensch darüber beklage, dass ein solcher Film noch gefördert wird, aber ich finde, es kann gar nicht oft genug betont werden. Es ist eine Schande.

Doch ich schreibe mich schon in Rage, bevor der Film überhaupt richtig begonnen hat. Aber alsbald beginnt er, und er beginnt damit, dass Samuel Finzi (hier: Nils) Post aus dem Briefkasten holt und sich beim Reingehen humpelnd an den Hintern fasst. Am Frühstückstisch sitzt seine Frau Jette, der er die Schuld an seinen Arschschmerzen gibt, weil sie immer das billige Klopapier kauft. Seine schlechte Grundstimmung wird noch verstärkt, als seine Tochter Sarah und ihr Freund Lenny dazukommen. „Wer ist das denn?“, grummelt er über den ungebetenen Gast, der sich als Mathenachhilfe ausgibt und ungeschickt mit teilweise falschen Begriffen jongliert („Hypotenuse, Katheter…“). Nils durchschaut das dreiste Täuschungsmanöver folglich umgehend und schimpft, Sarah brauche Nachhilfe in Mathematik und nicht im Besteigen. Die reagiert, wie aufmüpfige Töchter nun mal reagieren, wenn sie blöd angeblafft werden: „Sag mal, brennt es bei dir im Dachstuhl?“ Sie beschimpft ihn als „Backblech“ und „Arschkermit“ und haut mit Lenny ab.

Gut, wir haben schon nach zwei Minuten festgestellt, dass Nils entweder ein herrischer Patriarch oder nur ein ätzender Griesgram ist. Damit könnte bereits alles gesagt sein, aber Schweiger reicht das nicht. Es gibt auch noch einen Sohn des Hauses, Oliver, der während des Frühstücks lieber auf seinem Handy rumdaddelt, was natürlich ebenso wenig geht, wie fremde Jungs mit nach Hause zu bringen. Aber nicht nur das stört ihn: Oliver sprayt sich auch noch seine Haare. Nach Ansicht von Nils ist das was für Mädchen, und wenn er bei einem solchen landen wolle, solle er vielleicht mal seinen Look entschwulisieren. „Hast du mal in den Spiegel geguckt? Als du das letzte Mal zum Stich gekommen bist, haben die Handys noch 20 Kilo gewogen“, erwidert der deutlich genervt. Ein intaktes Familienleben, fürwahr. Dass Mutter Jette während einer solchen Fehde schweigt, passt natürlich exakt in Schweigers Vorstellung, wie eine Ehefrau zu sein hat: bitte die Schnauze halten, wenn es um Erziehungsfragen geht, und Papa machen lassen. Sie ist dann auch so freundlich, Nils seine Post vorzulesen, weil der sich vehement weigert, eine Lesebrille zu tragen, obwohl er sie nötig hätte: Er ist zum 30-jährigen Klassentreffen eingeladen und soll dabei die Abschlussrede halten. Da hat er ja so gar keinen Bock drauf. Wieder ein Grund, selbstmitleidig zu jammern und sich über den noch nicht abbezahlten Bausparvertrag und mangelnde Autorität bei seinen Kindern zu beklagen, was ihm von Sohnemann ein berechtigtes „Vielleicht solltest du dein Selbstbewusstsein mal etwas entschwulisieren“ einbringt. Schweigers bewährte Taktik, die er mit Samuel Finzi bereits in den „Kokowääh“-Filmen betrieb: seine männlichen Mitstreiter so weit bis zur Unmännlichkeit abwerten, dass seine eigene Figur am Ende umso besser dasteht.

Schon in dieser Eröffnungssequenz kommt eines von den gefürchteten Markenzeichen in Schweigers Filmen sehr ausgeprägt zur Geltung: die überhektische Schnittarbeit. „Klassentreffen 1.0“ ist nicht sein erstes Werk, das er über seine volle Laufzeit fast wie die Duschszene in „Psycho“ zusammenflickt. Besonders die Reaction Shots haben es Schweiger angetan: Anstatt die Kamera mal für fünf bis zehn Sekunden dauerhaft auf den Sprecher zu richten, muss er ständig zeigen, wie sich die Zuhörer während einer getätigten Äußerung des aktuellen Sprechers verhalten. Lachen sie? Schütteln sie den Kopf? Verziehen sie das Gesicht? Damit mag Dynamik vorgegaukelt werden, doch das Resultat ist letztlich ein zunehmend genervterer Zuschauer mit Migräneanfällen, weil das Auge teilweise sekündlich eine neue Einstellung zu kauen kriegt. Und nun stelle man sich vor, der Film macht das durchgängig. Volle zwei Stunden lang. Da wirste bekloppt!

In der nächsten Szene sitzt Nils einem Autohändler gegenüber – mit Fahrradhelm auf dem Kopf, denn Fahrradhelm = unmännlich. Der Verkäufer will ihm zusätzlich zu einem neu gekauften Hyundai noch Vollkasko aufschwatzen, aber die 10 Euro zusätzlich kann er sich nicht leisten, weil Versager. „Wenn Sie da mal keinen Fehler machen…“, meint der Verkäufer. Na, wenn das mal nicht ein Vorbote auf kommende Ereignisse ist. Ich sehe ganze Zaunpfähle winken. Den Vertrag frisch abgeschlossen möchte Nils den Wagen gleich mitnehmen, muss sich vor dem Losfahren aber wegen seines schmerzenden Pos noch einen Schwimmring unterschieben – und der platzt. Da lacht der Verkäufer. Ihr auch?

Und der nächste Termin steht gleich an: Ein Urologe untersucht Nils‘ blanken Arsch. „Da braucht man ja einen Kamm bei dir“, flachst er ob der vermutlich imposanten Intimbehaarung und stellt Hämorrhoiden fest. Um aber ganz sicherzugehen, muss er das einer genaueren Untersuchung unterziehen und Nils einen Finger in seinen After stecken. Bitte nicht wundern, sagt der Arzt, eine Erektion wäre dabei ganz normal. Nach analer Prüfung kann sich der Onkel Doktor einen kecken Spruch nicht verkneifen: „War es auch so schön für dich wie für mich?“ Immer erfreulich, einen Menschen zu sehen, der so in seinem Beruf aufgeht und dabei seinen Humor nicht verliert. Nichts, wirklich gar nichts ist lustiger als subtile Zweideutigkeiten von Mann zu Mann rund um das männliche Arschloch.

Es hat quälend lange gedauert, bis wir den Liebling aller Frauen, ach was, den Liebling aller Menschen zu Gesicht bekommen haben, aber da ist er endlich: King Til betritt das Spielfeld. Und wie: Zu einer modernisierten Variante von „Supergirl“ heizt er als Superstar-DJ Tommy Schilling (man beachte die Initialen T. S. – Tommy ist der echte Til!) Tausenden von Leuten mitsamt gigantischer Lichtshow in einer großen Partyhalle ganz gewaltig ein. Da ist es nur gerecht, dass er sich nach dem Auftritt auch gleich einen wilden Backstage-Quickie mit einer heißen jungen Dame abholt, oder? King Til präsentiert uns dabei auch gleich mal seinen nackten Knackarsch, während er sie im Stehen erst von vorn und dann von hinten nimmt. Dabei trägt er einen gar affigen Hut, der ihm offenbar auf dem Kopf festgewachsen ist, denn er wird ihn bis zum Ende des Films nicht abnehmen. Im schönsten Liebesspiel wirft Tommy einen Blick auf sein Smartphone, wo er von der Video-Nachricht seiner eigentlichen Freundin Linda empfindlich gestört wird, die Klein-Tommy dann doch erschlaffen lässt, was seine Gespielin, die sich daran nicht weiter stört, mit einem Blowjob wieder richten möchte. Doch Tommy ist die Lust vergangen. Ja, sowas gibt’s. Selbst bei King Til.

In diese heikle Situation hinein platzt eine weitere Frau, die Tommy eigentlich zu seinem besten Auftritt überhaupt gratulieren will, aber nun mächtig sauer ist, dass sein Schwanz in einer anderen steckt oder zumindest steckte. Auftritt Simone, nebenberuflich immergeile Tommy-Stalkerin, gegen die der DJ gerichtlich eigentlich einen vorgeschriebenen 500-Meter-Abstand erwirkt hat, doch das ist ihr egal: Sie will ihn – mit Haut und Haaren. Da muss Tommy aber eine Sache klarstellen: „Du bist nicht meine Freundin. Wir waren Fuckbuddies!“ Das kann Simone schlichtweg nicht akzeptieren, zumal sie ihren Freund für ihn verlassen und ihren Job aufgegeben hat, um ihn fortan zu jedem Konzert zu begleiten. Doch auch die zuletzt von ihm Beglückte erhebt ihrerseits Besitzansprüche, und so gehen die Frauen nicht nur verbal („Mäusetitte!“) wie die Furien aufeinander los. Das kann nicht mal Tommy mit weisen Worten („Ladies! Relax, okay?“) unterbinden. Schließlich tun die Security-Leute endlich das, wofür sie bezahlt werden und zerren die kreischende Simone weg, nicht ohne dass diese vorher noch in Erfahrung bringt, dass der Friseur von Tommys neuem Fuckbuddy Udo Walz heißt. Hat keinen Sinn, ist einfach nur Namedropping, damit ein Real-Life-Freund von King Til namentlich auch in diesem Film Erwähnung findet. Tommys Matratze sieht nun wiederum sich freudestrahlend als seine neue Freundin an, doch der hadert damit.

Halten wir fest: Wir haben schon drei von Schweigers bevorzugten Frauentypen kennengelernt – das brave Hausmutterchen Jette, deren biestige Tochter und die notgeile Schlampe, die nur Tils großen Schwanz will, letzteren Typ in gleich zweifacher Anfertigung, wobei der einen auch noch das Attribut „durchgeknallte Psychopathin“ auf die Stirn tätowiert werden kann. Das wird ein schöner Film für die Ladies.

Halt, stopp – es kommt gleich der vierte Frauentyp hinterher, und der ist schon seit vielen Jahren exklusiv für seine eigenen Töchter reserviert: die schlagfertige junge Frau, die sich lustig gemeinte One-Liner mit unserem kleinen Schwerenöter King Til um die Ohren hauen kann und ihm wenigstens ansatzweise Paroli bieten darf. Früher durfte das bevorzugt Emma Tiger tun und verzückte Ooooh-Rufe beim Publikum abstauben, als sie noch im niedlichen Kindesalter war, heuer ist es Lilli, die der Einfachheit halber in diesem Film ebenfalls Lili (in einem Anfall von Kreativität aber nur mit einem „l“) heißt und die 17-jährige Tochter von Tommys aktueller Freundin Linda spielt.

Tommy kommt nachts in Lindas Heimstatt und trifft dort überraschend auf besagte Lili, die ihr Austauschjahr extra drei Monate zu früh abgebrochen hat, um ihre Mutter vor Typen wie ihm zu schützen, denn über das Internet konnte sie rasch ergoogeln, was für einen losen Vogel die sich da vor Kurzem angelacht hat. Das klingt ausgesprochen logisch, aber wenigstens noch nicht so befremdlich – gerade vor dem Hintergrund, dass hier Real-Life-Papa und Real-Life-Tochter miteinander sprechen – wie die allerersten Worte, die die beiden austauschen, ohne sich vorher jemals live gesehen zu haben:

Tommy: Oh, hi!
Lili: Hier riecht’s nach Fisch.
Tommy: Hä?
Lili: Dein Latz ist offen.

Sie ergänzt, dass sie über seinen Ruf bestens Bescheid wisse. Er sei der alternde Möchtegern-DJ, der jede Nacht ein anderes Groupie bumse, und ein Idiot, der seinen Schwanz nicht in der Hose behalten könne. Tommy, die Scheinheiligkeit in Person, bezeichnet das als Quatsch, aber wir sehen bereits jetzt: Oha, gegen so viel negative Energie wird es Tommy sehr schwer haben, Lili noch auf seine Seite zu ziehen.

Lili verabschiedet sich ins Bett, und Linda gesellt sich dazu. Zur Begrüßung holt sie ihm ein kühles Bier aus dem Kühlschrank und öffnet ihm das sogar, denn sie weiß, wie der Hase läuft: Als Partnerin hat sie das gefälligst zu machen, wenn sich Tommy spät nach Hause kommt und sich obendrein dazu herablässt, sich für sie zu entscheiden. Linda wäre nächtlichem Spontansex in der Küche sichtlich nicht abgeneigt (kein Wunder, den muss man doch nur ansehen, und schon werden die Knie weich), entdeckt dann aber einen Knutschfleck am Hals, den Tommy erst ausweichend als Wandfarbe und dann als Kopfhörer-Druckstelle bezeichnet. Am Notlügen muss er noch arbeiten. Linda lässt nicht locker und bringt aus ihm immerhin das Geständnis heraus, ein Groupie „ein bisschen“ gevögelt zu haben – das erste und einzige in der fünfmonatigen Beziehung mit Linda wohlgemerkt. Das macht es natürlich besser. Linda reagiert verletzt, doch sein einfühlsam vorgetragenes Versprechen, es nie wieder zu tun, reicht aus, und der Seitensprung ist vergeben und vergessen. Linda weiß: So einen Mann wie Tommy, den gibt man doch nicht weg.

Der neue Tag führt uns in ein Café. Dort treffen sich Nils und Tommy. Die beiden sind befreundet, und man kann sich denken, warum. Nils braucht jemanden, zu dem er aufschauen kann, Tommy hingegen jemanden, dem er seine Unmännlichkeit immer wieder aufs Butterbrot schmieren kann. Und das natürlich völlig zu Recht! Jetzt zum Beispiel stellt Tommy fest, Nils könne seinen Fahrradhelm in geschlossenen Räumen auch abnehmen. Wie es sich gehört, macht der das auch gleich. Tommy wiederum darf seinen affigen Hut aufbehalten. Sie wollen gerade bei der heißen Bedienung hinterm Tresen bestellen, da drängelt sich ein Typ vor und schubst Nils beiseite, um sich eine Torte abzuholen. Im Gegensatz zu Nils ist Tommy ein Macher und stellt dem Vordrängler beim Rausgehen ein Bein, woraufhin der hin- und mit dem Gesicht voran in seine Torte fällt. Yeah, so und nicht anders müssen Gags aussehen. Innovativ, neuartig, stilprägend. Ich bin mir sicher, dieser Gag macht Schule.

Tortenfresse möchte sich mit Fäusten revanchieren, doch dann fällt ihm auf, wen er da vor sich hat: den großen Star-DJ Thomas Schilling! Das ist dann natürlich was ganz anderes, und er zückt ganz aufgeregt sein Handy für ein Selfie. Vor zitternder Erregung kann er nicht mal den Knopf für den Auslöser finden, aber Tommy hilft gern. Auch die heiße Bedienung hinterm Cafétresen fragt vorsichtshalber nochmal nach, ob er dieser berühmte DJ ist. Tommy nutzt dies für einen kleinen Flirt auf leerem Magen. Die Bedienung bückt sich schließlich für seine bestellten Brötchen und streckt Tommy verzückt ihren eingepackten Po entgegen. Tommy kommentiert begeistert: „Das sind wirklich 1A knackfrische Brötchen.“ Versteht ihr? „Knackfrische Brötchen“. Damit sind gar nicht die richtigen Brötchen gemeint, zwinker, zwinker.

Mittlerweile haben wir also zwei Hauptfiguren: Versager Nils und Halbgott Tommy. Nun brauchen wir noch eine dritte. Wie wär’s mit einem Typen wie Nils, nur etwas anders? Zum Beispiel ein zweiter Versager? Damit könnte Halbgott Tommy endgültig seinen Gottstatus erlangen. Also her mit Andreas (Milan Peschel). Tommy möchte von Nils wissen, ob jener Andreas auch zum Klassentreffen kommt (30-jähriges Jubiläum – ihr erinnert euch?). Nils weiß es nicht. Er weiß nur, dass es Andreas echt mies geht. Warum, das erzählt uns nun Nils, was uns in Form einer kurzen Rückblende dargestellt wird. Andreas hat seine Frau Tanja vernachlässigt. Deshalb hat sie mit Yoga angefangen. „Yoga, der Sex der Frustrierten“, wirft Tommy ein, und wir brauchen nicht lange, um uns nur zu gut vorstellen zu können, dass das auch King Tils Meinung ist. Nun fühlte sich wiederum Andreas vernachlässigt und ging nicht etwa fremd (dafür ist er selbstverständlich ebenfalls zu unmännlich – Tommy sieht das genauso und fragt ungläubig: „Was? Er hat fremd gefickt?“, denn wenn schon jemand fremd fickt, dann ja wohl er), nein, er wurde pornosüchtig und schließlich von einer laut keifenden Tanja dabei ertappt, wie er sich unter der Dusche mit Laptop in der Hand zu einem Porno einen runterholte (und nebenbei noch den Laptop schrottete, weil er ihn beim Ertapptwerden versehentlich unters laufende Wasser hielt).

Wer wie Andreas in einer Ehe Pornos guckt, wird halt zur Paartherapie geschleift. Der junge schöne Therapeut Karsten stellt klar, dass Pornos per se nichts Böses sind, aber dazu führen, dass man irgendwann immer größere Stimulanzien braucht: Nach harmlosen Schulmächenreporten endet man irgendwann bei Omas, die nackt und kopfüber von der Decke baumeln, und wenn man erst mal so weit ist, dann herrscht tote Hose. Tanja kann das bestätigen, sein Glied wird nicht mehr steif. Als Andreas Einspruch erhebt, erwidert sie: „Weil es zu kurz ist, um runterzuhängen.“ Haha, war doch nur ein Spaß, aber gesagt ist gesagt. Glückwunsch zu dieser Ehefrau, Andreas! Karsten schlägt daraufhin vor, für drei Monate auf Pornos zu verzichten und sich dem schönen Körper seiner Frau zu widmen. Und dann kommt es, wie es kommen muss: Tanja verliebt sich in Karsten und lässt sich scheiden. Frauentyp 5 also: die brüllende Ziege, die ihren Mann erst vor dem Therapeuten mit billigen Witzen erniedrigt und dann mit eben diesem durchbrennt. Seitdem schiebt Andreas einen Groll auf junge Männer, was dann noch mit einer weiteren Episode belegt wird, in der er sich mit dem Fahrrad überschlägt, weil ein junger Autofahrer just in dem Moment die Fahrertür öffnet, als er daran vorbeifährt, und daraufhin einen Tobsuchtsanfall erleidet. Diese ganze Story erzählt Nils Tommy für jedermann hörbar im Café, sodass alle mithören können, die hübsche Bedienung sogar amüsiert. Wer solche Freunde hat…

Eine Szene weiter sitzen die drei Freunde zu dritt in einem Restaurant zusammen und haben sich entschlossen, gemeinsam aufs Klassentreffen zu gehen. Andreas und Nils ergehen sich dabei in Selbstmitleid. Wenigstens das können sie gut. Nils macht Sahne auf seine Sahnetorte – „Das hält meinen Stuhl schön weich“ – und hat ständig Sahne an der Oberlippe kleben. Tommy ist bemüht, seine Jungs wieder aufzubauen: Um sich in Stimmung zu bringen, fahren sie einfach schon einen Tag vor dem Klassentreffen los und buchen Luxussuiten in einem Hotel, wo sie dann mal so richtig einen drauf machen können. Ja, tolle Idee, finden seine Freunde, aber das wird doch sauteuer. Doch wozu hat man einen reichen Sugardaddy wie Tommy? Der ist reich, der hat die Kohle, der lädt sie einfach ein. Na, wenn das so ist … „Wir klatschen uns eine Schlammpackung ins Gesicht, lassen es uns gut gehen, gehen ins Nightlife und gehen steil“, macht Tommy sie heiß. Andreas hat nicht richtig verstanden: „Wir klatschen uns eine Schlampe ins Gesicht?“ Bitte hör auf, King Til, jetzt habe ich mich vor Lachen eingenässt…

Til Schweigers Handschrift erkennt man in diesem frühen Stadium übrigens auch bereits daran, dass in nahezu jede einzelne verdammte Szene am Ende irgendein seichter Popsong platzt, mit dem dann direkt in die neue Szene übergeleitet wird. Ist ja gut, eine sofort erkennbare Handschrift zu haben, nur leider ist das keine sehr schöne Handschrift. In anderen Worten: Es ist eine absolut beschissene Handschrift!

In der nächsten Szene betrachtet Nils sein Arschloch mit einem Handspiegel. Gattin Jette kommt hinzu und fragt, ob sie nicht mal gucken soll. Nach anfänglichem Zögern erlaubt er ihr das. Sie beklagt sich über seine vielen Schamhaare. Normalerweise würde ich ja fragen, was es da Feines zu gucken geben soll. Ein Facharzt hat Nils Hämorrhoiden bescheinigt. Wenn ihr wissen wollt, wie die aussehen, schaut doch kurz bei Dr. Google vorbei. Doch grandiose Situationskomik ist im Anmarsch und lässt diese scheinbar unsinnige Aktion plötzlich in einem ganz anderen Licht erscheinen. Denn die Tochter und deren Freund kommen dazu und wundern sich über das seltsame Bild, das sich vor ihnen auftut. „Was macht ihr da?“, fragt die Tochter. Und Nils‘ Antwort – Achtung, jetzt kommt’s –: „Wir machen eine After-Show-Party!“

Es ist ja nicht so, als wäre ich nicht vorgewarnt gewesen. Vor „Klassentreffen 1.0“ habe ich JEDEN Schweiger-Film gesehen. Ich habe Szenen in Schweiger-Filmen gesehen, in denen Matthias Schweighöfer seinen Kot aus einer Toilette ohne Spülung pult, um keinen schlechten Eindruck bei seiner Bettbekanntschaft zu machen, Szenen, in denen Emma Tiger Schweiger zur Vortäuschung ihrer Periode Marmelade ins Toilettenbecken kippt, und Szenen, in denen Til Schweiger einem vom Wickeltisch gefallenen Baby gefrorene Fischstäbchen auf den Kopf klebt, nachdem er zuvor verzweifelt versucht hatte, Baby-Kacke von einem teuren Teppich zu entfernen, aber mit „Klassentreffen 1.0“ hat mich Schweiger doch wieder völlig kalt erwischt.

Tommy hat andere Probleme: Er möchte nämlich ab ins Luxushotel, aber Lili ist neugierig und entdeckt in seiner Reisetasche neben einer zwecks Product-Placement sichtbar in die Kamera gehaltene Whiskyflasche auch mehrere Kondome und stellt ihn zur Rede. Tommy bezeichnet diese als „Relikt aus alten Zeiten“. Ihre Anti-Haltung gegenüber dem neuen Lover ihrer Mutter ändert sich aber schlagartig, als sie hört, dass Tommy ins edle Lindenberger-Hotel aufbrechen will. Geil, Luxus, da will sie mit, bitte, bitte, bitte. Das nachlässige Drehbuch ist selbst für eine überdrehte Komödie jämmerlich: Man hat sich einen Tag vorher kennengelernt, Lili hat den neuen Stecher ihrer Mama für untauglich befunden und möchte nun mit diesem ihr noch so fremden Mann – und zwei weiteren ihr völlig fremden Männern – aufbrechen, die dreimal so alt sind wie sie. Das ist für mich nicht zu schlucken. Schweiger schafft es also, Lili in ihrer zweiten Szene bereits als oberflächliche Tussi hinzustellen, die sofort alles stehen und liegen lässt, wenn sie nur wie eine Königin auf fremde Kosten leben kann.

Wie dem auch sei: Tommy versucht sein Allermöglichstes, sie von ihrem Plan abzubringen. Das wäre doch langweilig für sie mit so alten Säcken. Nein, sagt sie, sie mag alte Menschen, und das wäre doch die Gelegenheit, sich besser kennenzulernen. Da Tommy immer noch abweisend reagiert, drückt sie fett auf die Tränendrüse und sagt zu ihrer ebenfalls anwesenden Mutter: „Ich dachte, er freut sich.“ Klar, alte Säcke, die mal ordentlich auf die Kacke hauen wollen, freuen sich immer, wenn ein halbes Kind – und dann noch Mädchen – als Anhängsel mit dabei ist. Da Til Schweiger hier aber natürlich wieder der Macho mit dem weichen Kern ist und seine Real-Life-Töchter ja eh die Tollsten und Besten sind, denen man nichts abschlagen kann, lässt er sich weichklopfen: „Natürlich freu‘ ich mich!“, was wir ihm wohl abnehmen sollen. Lili fällt dem Mann, den sie gerade erst noch als Idioten, der seinen Schwanz nicht in der Hose behalten kann, bezeichnet hat, dankbar um den Hals.

Bei dem Charakter, den Schweiger hier darstellt, würde ich normalerweise eher vermuten, dass er sich maximal deshalb darüber freut, dass sie mitkommt, damit er eine günstige Gelegenheit hat, sie ins Bett zu kriegen, aber eine Liebesbeziehung zwischen einer Minderjährigen und einem mittelalten Knacker, die im wirklichen Leben Lilli Schweiger und Til Schweiger sind, das traue ich nicht mal diesem Regisseur zu – und dem traue ich nun wirklich fast alles zu.

Eine Szene weiter treffen sich Lili und die drei Männer, um mit Nils‘ neuem Hyundai gemeinschaftlich auf die Reise zu gehen. Nils ist stolz auf seinen Wagen, aber Tommy ist skeptisch: „Nicht gerade ein Pussy-Magnet.“ Kurz darauf widerfährt dem Auto aber bereits der erste Makel, weil Trottel Andreas es fertig bringt, mit seinem Gepäck den Lack anzukratzen. Nils flippt aus, doch Andreas hat schon eine Idee und holt den schwarzen Edding raus, um die Schramme überzumalen. Das gefällt Nils noch weniger, und Andreas beschwert sich über seine Spießigkeit. Klar, Andreas, weil es ja auch total unverständlich ist, wenn ein brandneuer Wagen bereits vor dem ersten großen Trip einen Lackschaden hat. Vollidiot. Hier habe sogar ich als Nicht-Autobesitzer Verständnis für Nils‘ hochgehende Hutschnur. Als Nils und Andreas plötzlich Lili mit einer Eistüte in der Hand wahrnehmen, hält sich die Begeisterung bei den beiden in Grenzen. Die will doch nicht allen Ernstes mitkommen? Doch, will sie – und schlimmer noch: Sie sagt, sie will auf Tommy aufpassen und ihm dabei helfen, die „absolute totale Sexlosigkeit“ einzuhalten. Klar, die Aussicht auf das Luxushotel spielt natürlich gar keine Rolle. Andreas macht aus seinem Herzen keine Mördergrube: „Ich will aber ficken!“ Kannst du doch, sie passt ja nicht auf dich auf, Intelligenzbestie.

Die Männer ziehen sich kurz zu einer konspirativen Sitzung zurück. Nils und Andreas sagen: Nein, die Kleine darf nicht mit, basta. Tommy zieht aber den Schwanz ein, will er es sich mit Linda nicht verscherzen. Das wundert seine Kumpel aber sehr, weil sie immer glaubten, er und Linda wären nur Fuckbuddies. Da irren sie sich: seit gestern nicht mehr. Polygamie ade. Andreas kennt Thommy nur zu gut und glaubt ihm nicht, zumal DJs einfach ficken müssen. (Das ist übrigens die Wortwahl der Protagonisten.) Lili hat genug von der Diskussion und drückt auf die Hupe. Tja, ihnen bleibt wohl nichts anderes übrig, als das lästige Anhängsel mitzunehmen. Vorher nimmt sich Andreas aber noch schnell ein Eis mit, ohne den Eisverkäufer zu bezahlen. Entrüstet fordert der mit starkem Akzent sein Geld, aber das interessiert sie nicht, nicht mal Wohltäter Tommy. Kann man eigentlich aus diesen Zeilen lesen, dass ich jede unserer männlichen Hauptfiguren hasse?

Im Wagen entbrennt gleich der erste Streit, weil Lili und Andreas auf der Rückbank ihr Eis essen.

Nils: […] Im Auto wird kein Eis gelutscht.
Andreas: Bei dir wird schon gar nichts mehr gelutscht.

Prompt fallen den Eisessern ihre Eiskugeln quasi zeitgleich auf den Sitz. Zum Glück muss Nils nur kurz fluchen, denn er hat einen Staubsauger mit dabei: „Hab‘ ich von MediaMarkt. Geiz ist geil. Super Saugkraft.“ Das ist schon keine Schleichwerbung mehr, das ist Trampelwerbung. Nils versucht vom Fahrersitz aus sein Bestes mit dem Sauger, muss sich aber von Lili ein amüsiertes „Hey, du Pädobär“ anhören, als er das Eis zwischen ihren Beinen wegsaugt. Nun kann es aber wirklich losgehen.

Schnell fällt Lili auf, dass Nils auf einem Schwimmring sitzt. Andreas klärt sie über seine Hämorrhoiden auf. Da muss Lili erstmal Google checken: „hemiriede“. (Schön auch, die eigene Tochter besonders doof darzustellen.) Sie entdeckt ein paar echt unschöne Bilder, die King Til uns seltsamerweise vorenthält, und zeigt sie Nils: Sehen die etwa so aus? Nils erschrickt und tut, was jeder Mann tun würde, wenn ihm solche Bilder gezeigt werden: Er schmeißt ihr Handy kurzerhand aus dem Fenster des fahrenden Wagens. Lilis sich anschließende Hysterie macht eine sofortige gemeinschaftliche Suche im Maisfeld erforderlich. Tatsächlich findet Andreas die Nadel im Heuhaufen, allerdings mit zersprungenem Display. Nils verspricht, dafür aufzukommen, aber das reicht ihr nicht. Sie fordert ein besseres: „Nennen wir es Schmerzensgeld.“ Natürlich wird Waschlappen Nils darauf eingehen.

Nach dem kurzen Zwischenstopp wird der Hyundai weiter ins rechte Bild gerückt. Ja, King Til, du hast es geschafft: Ich werde mir den sofort kaufen. Lili hat die Männerzeitschrift GQ gefunden (ja, die werde ich mir auch kaufen) und darin auch die ultimativen Anmachsprüche, die bei ihr aber keine große Begeisterung auslösen: „Ich hoffe, du kannst lesen, weil in meiner Hose, da steht was.“ Oder: „Hey, du stinkst. Wollen wir zusammen duschen?“ Immerhin Andreas findet die lustig. Tommy möchte auch mal gucken und zeigt Nils erstmal begeistert das Cover, denn seine Adonisfresse ziert das Titelbild, weil Tommy halt einfach ein DJ von Weltruhm ist.

Andreas findet derweil ein merkwürdiges Gerät.

Andreas: Was ist das?
Nils: Ein Nasenhaarschneider.
Andreas: Sicher? Vibriert der zufällig? (lach) Hast du das nicht zufällig Jette geklaut? (lach)

Andreas probiert das Teil gleich mal an sich selbst aus (weil bekanntlich die Erfindung des Jahrhunderts), aber verheddert sich in seinen Nasenhaaren, sodass Tommy es ihm mit Gewalt aus der Nase ziehen muss.

Ich möchte mir an dieser Stelle noch mal die Zeit nehmen, um darauf hinzuweisen, dass Til Schweiger seit seiner ersten Szene diesen unendlich dämlichen Scheißhut trägt und sich für die Fahrt auch noch einen Zahnstocher in den Mund gesteckt hat, auf dem er obercool die ganze Zeit herumkaut. Tommy ist ein sympathischer und dufter Mensch, dem man ganz bestimmt kein Leid antun möchte, zum Beispiel eine Faust ins Gesicht donnern oder so.

Freuen wir uns auf die nächste Episode. Der tolle Hyundai kommt an einem Bahnübergang zum Stehen. Die Wartezeit an der roten Ampel könnte man sich doch mit einem Gag vertreiben, findet Tommy. Und wie irre stark der ist: Neben ihnen verkaufen zwei Frauen Kürbisse. Geistesgegenwärtig kippt er seinen Beifahrersitz nach unten, sodass er und Andreas hinter ihm aufgrund des Schwungs in der Waagerechten landen und es für die beiden Damen so aussieht, als säßen Nils und Lili allein im Wagen. So verlagert sich ihre Aufmerksamkeit ganz auf den armen Nils, als Tommy kurz auf die Hupe drückt. Die eine keift: „Mann, du Assi! Es ist rot!“ Anstatt nun einfach mit dem Finger auf Tommy zu zeigen, sagt er nur, er sei das nicht gewesen, weshalb Tommy seinen Scherz weiter treiben kann. Mit verstellter Stimme ruft er: „Hey, Ladies, ich bin vom ADAC und will euch abschleppen!“ Weil in diesem Filmuniversum einer blöder ist als der andere, glauben die „Ladies“, dass Nils das gesagt hat, was allerdings auch daran liegen mag, dass er synchron zu Tommys Worten seine Lippen bewegt. Hä? Spielt er bei Tommys Spiel mit, oder wie? Tommy geht noch weiter: „Nein, nein, das war ein Spaß. Eigentlich bin ich vom TÜV und wollte eure Hupen testen.“ Gleichzeitig rüttelt Andreas aus seiner Liegehaltung aus nie erklärten Gründen wie ein Wahnsinniger an Nils‘ Fahrersitz und sorgt dafür, dass der versehentlich aufs Gaspedal tritt – und mit Vollgas in die vor ihm stehende Karre des genüsslich Brötchen mampfenden Ralf Moeller reinfährt!

Ich habe in meinem Leben ja schon viele Komödien gesehen, aber noch nie, nie, nie ist mir eine so mies geskriptete, getimte und geschnittene „Comedy“-Szene untergekommen wie diese hier. Die Plumpheit dieses Scherzes, die das alles nicht checkenden Frauen, Nils‘ Lippenbewegungen, Andreas‘ rabiate Sitzruckelei – was, verdammt nochmal, war das gerade? Was sollte das? Wie konnte das so durch den Schneideraum kommen? Wie in die finale Fassung? Ich kann mit Worten gar nicht ausdrücken, wie unfassbar schlecht diese Szene inszeniert wurde.

Nils‘ Entsetzen ist entsprechend groß. Andreas bittet aber nicht etwa für seinen Totalaussetzer um Entschuldigung, sondern nimmt’s locker: Scheiß auf den kaputten Wagen, das übernimmt die Vollkasko. Haha, wer hätte auch gedacht, dass die Teilkasko-Vollkasko-Diskussion beim Autokauf von vorhin noch eine Rolle spielen würde? Nils schimpft, für den Schaden werde Andreas aufkommen, aber haha, das hätte er wohl gern. Wer ist denn wohl gefahren? Tommy und Lili scheinen das auch eher mit einem imaginären Schulterzucken zur Kenntnis zu nehmen. Das Drehbuch will an dieser Stelle einmal mehr Nils als Spießer darstellen nach dem Motto, er solle sich mal nicht so haben, obwohl er ja nun allen Grund hat, so richtig auszuflippen. Boah, was für hassenswerte Figuren. Sagte ich das schon?

Lange Zeit zum Streiten bleibt ihnen nicht, denn im Wagen vor ihnen saß Ralf Moeller, und der ist nun richtig sauer. Aus Angst vor diesem Kampfkoloss traut sich Nils nicht raus und bringt auch erst einen Entschuldigungsversuch zustande, als German Terminator in rasender Wut die Autotür mit seinen bloßen Pranken aus der Verankerung reißt, Nils aus dem Wagen zerrt und ihm eine Tracht Prügel ankündigt: „Hasta la vista, Baby!“ Tommy versucht, seinem Freund zu helfen (wie selbstlos von ihm) und schlägt vor, das anders zu regeln, doch Ralle ist nicht zu bremsen und knöpft sich auch ihn vor. Zwar versucht sich Tommy mit dem „Aber er ist gefahren“-Argument herauszuwinden, aber das zählt nicht: „Dein Hut sieht scheiße aus!“ Endlich sagt’s mal einer. Ist das etwa… Selbstironie? Schwer zu glauben.

Andreas hat eigentlich keinen Bock sich einzumischen, schreitet dann aber doch entschlossen zur Tat, als Lili ihn anschreit, was zu tun, weil Frauen ja ohne Männer hilflos sind, und sei es ein noch so schwächlicher kleiner Mann wie Andreas. Er schnappt sich einen Feuerlöscher, steigt aus und drischt auf den ohnehin schon restlos demolierten Wagen des groben Giganten ein. Mit gleichzeitigem Gebrülle lenkt er so die Aufmerksamkeit auf sich: „Komm her, Arnold!“ Und: „Hasta la vista, Baby! I’ll be back, motherfucker!“ Ja, ich weiß, „I’ll be back“ passt in dem Zusammenhang gar nicht, aber King Til wollte halt zeigen, dass er seine „Terminator“-Zitate kennt. So lässt Ralle von seinen Opfern ab und setzt seine Muskelmasse in Bewegung, um Andreas in seine Finger zu kriegen. Dessen Glück ist, dass der Fleischberg vor lauter Kraft kaum laufen und Andreas schnell zurück zu Nils‘ Wagen sprinten kann, mit dem die Freunde die Flucht antreten. Im Rückwärtsgang noch schnell den Kürbisstand zerstört geht’s los, mit abgerissener Fahrertür in einer Hand, die Nils über den Straßenasphalt schleifen lässt. Ralle versucht vergeblich, seine Karre wieder in Gang zu bringen. Der Hyundai hat sich hingegen trotz des Totalcrashs eben für den Rest des Films wieder wundersamerweise fast in seinen werkfrischen Zustand zurückverwandelt.

Bei der Flucht fahren die Vier an einem Plakat mit Werbung einer Versicherungsfirma vorbei, auf dem groß Tommys Antlitz prangt. Das kriegt auch nur King Til hin: Schleichwerbung für eine Versicherung und für sich selbst zu machen. Wenigstens spielt seit Andreas‘ Angriff auf Ralles Wagen „Take on Me“ von a-ha, und das so laut, dass man die Dialoge kaum versteht, was den Schmerz über Gags aus der Mottenkiste und „Terminator“-Anleihen, die schon vor 35 Jahren veraltet gewesen wären, zumindest vorübergehend lindert, wenn auch nicht viel.

Schließlich erreicht man mit dem Hyundai – mit inzwischen mit Paketband angeklebter Autotür – das Luxushotel und kann einchecken: alle vier Zimmer auf den Namen Schilling selbstverständlich, wofür Tommy ein ganz besonders freundliches Strahlen der Rezeptionistin erntet. Lili hätte gern die Terrassensuite mit Seeblick und Whirlpool für 1.800 Euro. Logo, kein Problem, Tommy hat’s ja. Andreas ärgert sich in der Zwischenzeit mit seiner Ex Tanja herum, die es gewagt hat, ebenfalls zum Klassentreffen zu erscheinen. Sie möchte ein ernsthaftes Gespräch mit ihm führen, aber Andreas macht einen auf cool und meint, er müsse nur mit dem Finger schnippen, dann stünde die Frauenwelt Kopf. Natürlich scheitert er gleich im ersten Versuch, bei einer vorbeigehenden Schönheit zu landen. Er ist ja nicht Tommy.

Auf Vorschlag von Tommy geht es als Erstes ins Fitnessstudio, schließlich kann man nur dort so richtig Mann werden – und das sind Nils und Andreas ja zweifelsohne nicht, was man auch daran erkennt, dass sie im Gegensatz zu Tommy nur gemeinschaftlich die Hantel stemmen können. Lili hat weniger Interesse an Sport und fordert von Tommy seine VISA-Card mitsamt PIN, um etwas Wellness machen zu können. Klar, kriegt sie. Andreas schäkert später mit einer sportlichen Blondine auf einem Laufband mithilfe der vorhin aus der GQ gelernten Anmachsprüche (weil sie so gut waren, hier noch mal: „Ich hoffe, du kannst lesen, weil in meiner Hose, da steht was.“ Und: „Du stinkst. Wollen wir zusammen duschen gehen?“). Zur allgemeinen Überraschung sagt sie beim zweiten Spruch „Ja“, aber nur um ihn so aus dem Konzept zu bringen, dass er auf dem Laufband die Kontrolle über seine Motorik verliert und auf die Fresse fliegt. Es sind Gags wie diese, die das Leben einfach schöner machen.

Nach dem Sport kommt die Dusche. Gelegenheit für drei nackte Männerärsche und ein paar weitere prächtige Zoten. Tommy, der seinen dummen bekackten Mistdreckhut sogar hier trägt, stellt mit Blick auf die Intimzone von Andreas fest: „Du hast ja wirklich einen Nikolaus da unten.“ Nils wiederum stellt bei Tommy wunderschön sichtbare Hoden fest. Klar, so gehört sich das auch. Das macht Andreas nachdenklich: Ob Tanjas Neuer sich auch die Eier rasiert? Und ob sie sie vielleicht auch in den Mund nimmt? Bei ihm hätte Tanja das nämlich nie gemacht. Das verwundert Tommy bei dem Busch da unten nicht, und bei Nils würde er auch bezweifeln, dass seine Jette das schon mal gemacht hätte, ist er doch ähnlich haarig. Tommy ordnet strikte Intimrasur an, denn nur so kann man bei der Damenwelt landen. Schamhaargags werden wirklich nie alt.

Also ab damit. Tommy kontrolliert, ob seine Freunde das auch ordentlich machen (immer nur mit dem Rücken zur Kamera oder, wenn von vorn gefilmt, dann nur oberhalb der kritischen Zone – nackte 50-jährige Männerärsche sind in diesem Film das Höchste der Gefühle). Nils tut sich schwer damit und schneidet sich böse in den Sack. Andreas und Tommy finden das lustig und simulieren einen Anruf bei der 112, weil er sich so anstellt. Nils desinfiziert sich unter der Dusche, aber das Zeug brennt wie Feuer, und er springt wild umher. Andreas fühlt sich hingegen mit kahl rasierten Eiern wie neugeboren und fragt überschwenglich: „Na Tommy, willst sie mal in den Mund nehmen?“ „Später, Baby“, antwortet Tommy und amüsiert sich sehr, weil zeitgleich ein sichtlich verunsicherter Typ den Duschraum betreten hat und vor Schreck über das merkwürdige Schauspiel, das die Männer dort aufführen, versehentlich sein Handtuch fallen lässt, was Tommy dazu verleitet, einen Blick auf dessen Gemächt zu werfen. Ja, auch Schwulengags werden nie alt.

Von der Dusche in die Sauna. Ich hätte es eher anders herum gemacht. Andreas und Nils sitzen bereits drin, Tommy kommt mit einem Essenswagen nach und bringt ein paar Flaschen Bier mit. Und zisch und klack und weg. Der andere Typ, der eben schon unangenehm berührt war, weil ihm das zu viel der Schwulereien war, gesellt sich eher widerwillig dazu. Plötzlich lässt jemand einen lauten Furz los. Furzgags hatte ich bislang ehrlich gesagt sehr vermisst. Schön, dass King Til so zuverlässig liefert. Andreas behauptet, das sei der namenlose Typ neben ihm gewesen. Tommy wiederum sagt, dass das Andreas selbst gewesen sei. Beide streiten es vehement ab, und weil der namenlose Typ so entschieden Andreas den Schwarzen Peter zuschiebt, brüllt der ihn gewohnt souverän nieder: „Ich hau‘ dir gleich ein paar auf die Fresse!“ Diese Reaktion hinterlässt auch deshalb Fragezeichen, weil Andreas gleich darauf zugibt, doch der Übeltäter gewesen zu sein: „Ich kann es in letzter Zeit einfach nicht mehr so gut halten, wenn ich mich bücke.“ Dabei streichelt er dem namenlosen Typen über das Bein. Und wie vorhin bei der Szene am Bahnübergang frage ich mich, ob unsere Freunde ihr Gegenüber mit debilsten Scherzchen foppen wollen oder was das jetzt soll. Ich würde mich freuen, wenn King Til zukünftig immer „Vorsicht! Jetzt kommt ein Gag!“ einblenden würde, weil ich seine „Comedy“-Szenen sonst einfach nicht kapiere.

Die ganze Situation ist Tommy zu deprimierend, und er verlässt die Sauna. Andreas und Nils wollen ihrem großen Vorbild wie Dackel hinterherlaufen, doch Hilfe, zu Hilfe: Nils hängt mit seinem Hodensack zwischen den Brettern der Holzbank fest und kann nicht aufstehen. Scheiße. Andreas schaut sich das genauer an, und tatsächlich sehen wir in den kommenden Minuten in mehreren Einstellungen eine Nahaufnahme des geröteten Hodensacks. Das seien ja Auberginen, ruft er entsetzt aus, und zupft Nils bei der Gelegenheit gleich noch ein Sackhaar ab, das der vorhin beim Rasieren vergessen hat. Vom Geschrei aufmerksam geworden checkt auch Tommy mal die Lage und zupft Nils ebenfalls ein Sackhaar ab. Davon allein kriegen sie die eingeklemmten Eier aber noch lange nicht raus. Sie müssen eingecremt werden, damit sie schön flutschen. Die ehrenvolle Aufgabe des Eincremens wird Tommy zuteil, der das Schnick-Schnack-Schnuck-Spiel gegen Andreas verliert. Als auch das nicht gut genug flutscht, teilen sich Andreas und Tommy die Arbeit: Andreas legt sich unter die Bank und drückt von unten, Tommy wiederum stellt sich vor Nils hin und zieht nach oben, auf und ab. Auch das klappt nicht.

Dann kommt Ilka Bessin (geschminkt bekannter als Cindy aus Marzahn) in der Rolle der Hausmeisterin just in dem Moment unangemeldet rein, um ein Rohr zu verlegen. Ja wirklich, mit genau dem Spruch kommt sie hereingepoltert und zieht auf Anhieb erstmal die falschen Schlüsse: Holt Nils Tommy da etwa gerade einen runter? Und was macht Andreas da unter der Holzbank? Sie entdeckt die auf der Holzbank halb verschüttete Creme. Ist das Sperma? Als hätte es noch eines weiteren Beweises der unvorstellbaren Plattheit dieser Szene bedurft, muss Ilka das Offensichtliche ausbuchstabieren: „Jungs, das ist doch keine Schwulensauna.“ Könnte ja sein, dass irgendeiner aus dem Publikum nicht kapiert, dass das ein weiterer Schwulengag ist. Spätestens zu diesem Zeitpunkt habe ich alle Hoffnung fahren lassen und den Glauben an das Gute im Menschen Til Schweiger verloren. Zum Glück aber hat die Hausmeisterin immer eine Stichsäge dabei und kann den angstvoll schreienden Nils aus seiner Notlage befreien.

Lili hat derweil gar nicht ein Wellness-Programm genossen, sondern stattdessen voll fett bei Gucci und Prada einkaufen und hat zudem zwei Freundinnen mit ihren Chihuahuas mittels einer Stretchlimouisine zu sich ins Lindenberger vorfahren lassen, die sich in der Hotellobby ob der wahnsinnig teuren Location gar nicht einkriegen: „Ey, das ist hier ja megakrass fresh, Mann! Alter, scheiß einer die Wand an! Wie geil ist das denn?“ Man kann ihren einstelligen IQ regelrecht riechen. Natürlich folgt umgehend die Frage, wie sich Lili das alles leisten kann. Die braucht nur mit der VISA-Card zu wedeln: „Thomas Schilling zahlt.“ Wenn man vom Teufel spricht, kommt er auch schon. Gerade noch gelingt es Lili, ihren Freundinnen die Einkaufstaschen in die Hand zu drücken und ihm mehr schlecht als recht (also deutlich mehr schlecht als recht) vorzutäuschen, sie hätte die beiden jungen Frauen gerade erst kennengelernt und wäre mit ihnen einkaufen gewesen. Ihm fallen sofort die Einkaufstaschen mit den Gucci- und Prada-Aufdrucken auf. Seine Skepsis über das schlechte Schauspiel kann Lili jedoch wegwischen, indem sie ihm auf die Nase bindet, der Vater der einen sei Oligarch. Kennt das Wort Hämorrhoiden nicht, weiß aber, was ein Oligarch ist. Das hat sie ihren Freundinnen voraus. „Oli-was?“, verrät mit ihrer Nachfrage die eine fast das mühsam aufgebaute Lügengerüst. Schnell noch den Vorwand vorgeschoben, Ponyreiten gehen zu wollen (typischer Mädchenkrams also), können sich Lili und ihre Freundinnen herauswinden. Doch die gehen in Wirklichkeit gar nicht Ponyreiten (sag bloß!), sondern lassen es in Lilis Luxussuite so richtig krachen. Wie es Frauen tun, wenn sie dank eines wohlhabenden Provinz-DJs plötzlich massenhaft Geld zum Ausgeben haben, bestellt Lili gleich mal beim Hotelservice ein Dutzend Sandwichs, Pfannkuchen, Filetsteaks usw. Die eine meint, sie wäre Veganerin, aber keine Sorge, das ist doch bloß die Bestellung für die Hunde. Also, diese Jugend von heute…

Nils hat in der Zwischenzeit ein weiteres lustiges Erlebnis: Er bietet selbstlos seine Hilfe an, der verzweifelten Rezeptionistin die Druckerkartusche zu wechseln, und kriegt es dann aber doch nicht hin. Resultat: Ihm spritzt Druckerfarbe ins Gesicht. Gut, er selbst findet das weniger lustig, aber die Zuschauer natürlich. Ich habe schon kaputte Beine vom Schenkelklopfen. Noch lustiger ist, dass Nils die Druckerfarbe kurz darauf im Hotelzimmer nicht abwaschen kann. Und noch viel lustiger sind Tommy und Andreas, die sich im selben Hotelzimmer versammelt haben und sich die Zeit damit vertreiben, Luftballons mit Helium zu füllen und nach dem Einatmen des Heliums mit Donald-Duck-Stimme zu sprechen. Dabei machen sie sich einen Spaß daraus, Nils wegen seines Erlebnisses in der Sauna aufzuziehen und bei Betrachtung ihres Kumpels mit dem Tintenfleck auf der Stirn den längst erwarteten Michail-Gorbatschow-Spruch rauszuhauen. Wahre Freunde sind das. Aber Nils macht es ihnen auch sehr leicht. Als Nächstes putzt er sich die Zähne aus Versehen mit Hämorrhoiden-Creme. „Das falsche Loch, Nils“, lacht Andreas.

Nils hat verständlicherweise Bedenken, in der Form vor die Tür zu gehen. Da Tommy die Meinung vertritt, entweder gehen sie alle oder sie gehen gar nicht, ist Andreas beleidigt, weil er die große Chance gesehen hat, heute Nacht eine Frau aufzureißen. Man möchte ihm zurufen: „Dann geh doch trotzdem. Ist ja nicht so, als müsstest du das machen, was Tommy sagt.“ Dann erinnert man sich allerdings daran, dass er ein Typ ohne Rückgrat ist und zudem absolut Tommy-hörig, dann wird das schon logischer. Nils bekommt daraufhin mal wieder seinen Depressiven, Tommy seinen Philosophischen: „Älter werden ist der einzige Weg, um länger zu leben.“ Danach kriegen alle Männer ihren Nachdenklichen und stellen traurig fest, dass nicht jeder das Glück hat, 48 wie sie zu werden, zumal es auch schon Tote im Ehemaligenjahrgang zu verzeichnen gibt.

Diese Phase dauert bei Tommy und in diesem speziellen Fall auch Andreas aber nicht lange an. Schon füllen sie sich weiter mit Helium ab, um wie Donald Duck zu schnattern. Bloß nicht zu lange zu viele Gefühle zeigen, denn das wäre ja unmännlich. Nils hingegen zieht sich ins Badezimmer zurück und ruft seine Frau an, die mit ihrer schlafenden Tochter vorm Fernseher sitzt. Ein feiner Zug, über den sich Jette sehr freut, und zunächst läuft das Gespräch auch in durchaus zärtlichen Bahnen – zumindest bis er sich Tipps von seiner Frau für die Rede am morgigen Tag erhofft, die er ja halten soll. Ein bisschen übertrieben finde ich es schon, das Jette ausgerechnet das zum Ausgangspunkt nimmt, um Nils rund zu machen und des Egozentrismus zu bezichtigen, aber es gab in der Vergangenheit ja bereits diverse Anlässe, wo er das verdient gehabt hätte. Nils gefällt sich aufgrund dieser Unterstellung einmal mehr in seiner Jammerlappigkeit und verlangt Mitleid von Jette nach diesem beschissenen Tag. Davon will sie nichts hören und legt auf. Ihre Tochter wird wach und fragt, ob sich ihre Mutter und ihr Vater nun scheiden lassen, aber Jette schüttelt den Kopf. Stand by your man, so das Motto, Familie über alles, so unglücklich frau auch sein mag.

Ich weiß nicht, ob der Film erträglicher wäre, wenn er wenigstens konsequent die derbe Wir-sind-homophob-misogyn-und-bringen-schon-seit-Jahrzehnten-verbotene-Uraltgags-Schiene fahren würde. Zumindest wäre er ehrlicher, wenn er nicht in unregelmäßigen Abständen immer mal wieder für drei Minuten ernst werden würde.

Als Nils nachdenklich zurück zu seinen Freunden geht, sind Tommy und Andreas beim nächsten tiefgründigen Gesprächsthema angekommen. Andreas fragt Tommy, was der denn lieber tun würde, wenn er die Wahl hätte: zehn Minuten lang einen Typen knutschen (mit Zunge!) oder eine Minute lang den Schwanz eines Typen in den Mund nehmen und dran lutschen? Tommy entscheidet sich für a), Andreas für b). Die Penetranz, mit der King Til praktisch nicht eine Szene verstreichen lässt, in der nicht irgendwelche Schwanz-und-Hoden-Sprüche vorkommen, gibt dem ganzen Film schon längst den Anstrich eines schmierigen Männerfilms. Nils ist das jedenfalls einerlei, er will jetzt auf die Pauke hauen, ob mit oder ohne Tinte im Gesicht. Das finden die anderen Jungs klasse, aber vorher möchte Tommy Lili noch ins Bett bringen. Warum? Na, weil er doch so ein lieber toller Mensch ist, der sich voll gut um seine vielleicht baldige Stieftochter kümmern möchte, und wenn es nur fünf Minuten sind.

In Lilis Suite angekommen, trifft ihn fast der Schlag. Alles ist verwüstet, Bettfedern fliegen quer durch die Luft. „What the fucking fuck?“, ist die einzige angemessene Reaktion, die dieser obendrein noch jugendlich freshe Endvierziger herausbekommen kann. Wie schon in „Kokowääh“ und quasi jedem anderen Film, in dem Schweiger mit seinen eigenen Töchtern zu tun hat, verzichtet seine Figur auf die fällige Standpauke. Ich meine, die ist keine 10 mehr, sondern 17 und damit zwar noch nicht erwachsen, aber sollte eigentlich schon wissen, wie man sich an Orten benimmt, wo sie zu Gast ist. Einfühlsam fragt er die schläfrige Lili, was sie denn gemacht hätte. Naja, ein bisschen was intus hätte sie zwar, ihre Freundinnen hätten aber viel mehr getrunken. Sie deutet auf das Bett, in dem diese liegen. Eine rülpst laut im Schlaf. Hihi, ein rülpsendes Mädel. Lustig. Tommy fragt sich verzweifelt, wie er das Linda erklären soll. (Äh. Gar nicht? Oder ist sie hier?) Lili hat andere Probleme: Ihr ist schlecht, und sie schafft es zum Kotzen gerade noch ins Bad. Ah, Kotze. Das Schlüsselelement einer guten Komödie, das bisher noch fehlte.

Linda meldet sich per Video-Nachricht auf Tommys Handy, um zu fragen, wie es den beiden geht. Sie selbst fühlt sich allein und vermisst sie. Hach ja, die treue und fürsorgliche Partnerin und Mutter, die sehnsüchtig auf die Heimkehr ihrer Lieben wartet, weil sie ohne sie nichts mit sich anzufangen weiß. Tommy sammelt fette Pluspunkte bei Lili, als er seinerseits ein kleines Video von sich dreht und darin nichts von den Missetaten des Kindes berichtet, sondern ihm vielmehr ein gutes Benehmen und Bescheidenheit bescheinigt. Ich glaube kaum, dass Linda das glauben wird. Obwohl: die leichtgläubige Partnerin und Mutter? Doch, das würde in Schweigers Frauendefinition durchaus auch noch reinpassen. Er vergisst aber nicht zu erwähnen, gleich noch eine Runde abschwofen zu gehen, denn nichts wäre unmännlicher, als als Mann zu früh ins Bett zu gehen.

Lili fragt Tommy nach seinem Sexualleben aus, und er gibt ihr geduldig Antwort. Vielleicht hätte er mit so vielen Frauen geschlafen, weil er Angst hätte, nicht mehr mit Typen mithalten zu können, die 20 Jahre jünger sind als er. Er offenbart sein tiefstes Inneres, wenn er sagt, dass es kein schönes Gefühl sei, bereits die Hälfte seines Lebens hinter sich zu haben. Vögeln sei halt das Einzige, was immer geht, ergänzt er. Ab sofort will er es aber versuchen, der beste Freund im Leben von Lilis Mutter zu sein. Versuchen? Klingt für mich nicht sehr überzeugend. Und warum will er es versuchen, will Lili wissen. „Weil sie mich besser macht.“ Das war das zweite Gespräch unter vier Augen, das Tommy mit der Tochter seiner Freundin geführt hat, seitdem sie sich kennen, und mit dem hat er sie auf seine Seite gezogen. Sie bezeichnet ihn als Lauch, weil er zuerst so doof war und jetzt plötzlich so nett. Süßholz raspeln, das kann Tommy einfach.

So, und damit auf in die lange Disco-Party-Nacht. Na ja, Andreas und Nils, letzterer mit einer Schirmmütze den Tintenfleck zumindest halbwegs verdeckend, würden schon gern, scheitern aber am Türsteher, weil das hier keine Ü60-Party sei. Als auch Andreas‘ Versuch einer Bestechung (5 Euro) nicht funktioniert, flippt er aus, weil es in einer Krawall-Komödie von Til Schweiger nicht möglich ist, in ruhiger Form Meinungsverschiedenheiten auszutauschen: „Was ist das hier für ein Puff? Willst du was auf die Fresse haben, oder was?!“ Das macht die Figuren immer so lebensnah und unendlich sympathisch. Erst dank tatkräftiger Unterstützung von Super-Tommy, der ganz dicke mit dem Türsteher ist, dürfen die beiden Warmduscher eintreten.

An der Bar ordert Tommy gleich erstmal eine ganze Flasche Alkohol. „Geht klar, Tommy“, sagt der Barmann. Ist es nicht schön zu sehen, dass Tommy nicht nur bekannt ist, sondern auch von jedermann geschätzt und geliebt wird? Wer möchte keinen Tommy in seinem Freundeskreis haben, seine Schulter zum Anlehnen, seine Faust zum Beschützen, sein loses Mundwerk zum Sprücheklopfen? Neben ihm stehen zwei besoffene Tussis, die ihn von der Seite anquatschen:

Tussi 1: Bist du nicht der DJ?
Tommy: Nee, ich bin Brad Pitt.
Tussi 1: Echt jetzt? Krass! Your Deutsch is very nice. You have zero Akzent.
Tommy: Das ist, weil ich eine deutsche Mutter habe.
Tussi 1: Echt? Wie von [sic!] Leonardo diCaprio?
Tommy: Wir haben dieselbe Mutter.
Tussi 1: Wooohooo!
Tussi 2: Boah, voll krass!
Tussi 1: Oh mein Gott!

Es fällt auf: King Til hat nicht nur eine hohe Meinung von der Frauenwelt, sondern von der weiblichen Jugend im Besonderen: dumm wie Brot, das Geld aus dem Fenster werfend, wenn ein reicher Kerl ihnen nur eine Kreditkarte in die Hand drückt, und generell einfach ziemlich scheiße. Wie jämmerlich.

Und er macht immer weiter: Kaum von der Bar wegbewegt, steht Tommy inmitten der Tanzfläche zwei jungen Damen gegenüber, zwei seiner zahlreichen Eroberungen (ergo: Fuckbuddies), die ihn daran erinnern, dass er noch ihre Höschen hat. Die hätten sie gern wieder zurück. Andererseits: Wenn sie dafür im Austausch sein Höschen kriegen könnten, dürfte er sie behalten. Er lehnt angewidert ab und stellt klar, dass er mittlerweile monogam lebe. Dieses resolute Nein können sie allerdings nicht einfach so akzeptieren. Sie glauben ihm kein Wort. „Wir machen dich wieder ganz gesund“, meint eine von ihnen und steckt Tommy angetörnt ihre Finger in die Mund, während sie seine Finger in ihren Mund zieht. Letztlich kann er sich ihrer erst mit einem beherzten Biss entledigen. Eigentlich könnte ich an dieser Stelle einfach noch mal die letzten zwei Worte des vorigen Absatzes wiederholen.

Für Andreas läuft es anders herum: Er würde gern bei der heißen Frauenwelt landen, tut sich aber schwer damit. Bei einer Frau fragt er nach der Körpergröße, weil sie so groß ist, was total lustig ist, weil er so klein ist. Entsprechend nimmt sie ihn auch nicht ernst, weil kleine Männer ja unmännlich sind. Eine andere Frau ergreift – das aber auch verständlicherweise – die Flucht, weil er sie mit der Frage „Und? Wollen wir zusammen steil gehen?“ rumzukriegen versucht.

Nils ist erfolgreicher und hilft einer jungen Frau namens Sanne, die von zwei Typen bedrängt wird („Du musst freundlicher sein, sonst fick‘ ich dich nicht“), indem er sich als ihr Vater ausgibt. Er stellt sie auch gleich dem allein dasitzenden Andreas vor und parkt sie erstmal dort, während er einen Drink besorgen will. Die Gelegenheit ist also günstig für etwas Smalltalk. „Und sonst noch alles fit im Schritt?“, fragt Andreas Sanne. Andere würden jetzt wahlweise empört aufstehen und gehen oder zur Backpfeife ausholen, Sanne aber findet den Spruch süß. Ernsthaft, King Til? Mit so einem Spruch können in deinen Augen sogar Versagertypen hübsche Frauen verzücken? Nils fällt an der Bar unangenehm bei den beiden Tussis auf, die eben noch Tommy für Brad Pitt hielten, denn wie kann so ein alter Sack in so einer hippen Disco Einlass bekommen? Und dann gibt er auch nur 50 Cent Trinkgeld für das gekaufte Tonic-Water. „Geizhals“, fällt Tussi 1 da nur ein.

Mitten im schönsten Flirt mit Sanne entdeckt Andreas seine Gattin Tanja mit Lover Karsten. Er hätte nun mehrere Möglichkeiten:

a) Einfach ignorieren. Was will er denn noch machen? Tanja hat sich nun mal für Karsten entschieden, so unverständlich das auch sein mag.

b) Mit Sanne weiter flirten und Tanja eifersüchtig machen.

c) Mit Sanne weiter flirten und im Idealfall feststellen, dass sie eine echt dufte Frau ist. Das würde vielleicht Nils nicht so gefallen, der sie entdeckt hat, aber der Start war – warum auch immer – doch ganz erfolgversprechend.

d) Wie ein Bekloppter über Tische steigen, laut rumbrüllen und Karsten ins Frauenklo verfolgen.

Andreas entscheidet sich natürlich zielsicher für d).

Ich frage nochmal: Sollen das hier wirklich Figuren sein, für die man Mitleid empfinden soll? Und das, obwohl sie sich in jeder Szene wie die letzten Vollidioten aufführen?

Karsten entpuppt sich als wimmernder Feigling (so sind sie, die jungen Leute von heute), der Andreas‘ Wut nicht gewachsen ist, und sperrt sich in eine Toilettenkabine ein. Andreas tritt eine Tür ein, hinter der er seinen Nebenbuhler vermutet, aber dort sitzt nur eine Joint rauchende Frau, die sich wiederum beschwert, dass er in der falschen Toilette gelandet sei. Allerdings kann sie ihn auch nicht bremsen, und er steigt auf eine Toilette, um über die Abtrennung hinweg mit der Klobürste auf Karsten in der Nebenkabine einzukloppen. Der versucht ihn mit dummen Therapeuten-Sprüchen zur Räson zu bringen („Die Wut ist nur ein Symptom“) und erreicht damit immerhin, dass er nach seinem Ausbruch wie ein Häufchen Elend zusammenbricht. Zum Glück kommt Tommy dazu, um ihn aus dem Frauenklo zu führen – und das ohne mit der Joint rauchenden Frau zu flirten, was ich als eine entsetzlich schwache Leistung von diesem Manngott empfinde, aber vielleicht sind Joints für ihn auch Drogen und damit buh-buh. Andreas sieht sich vor seinem geistigen Auge bereits einsam und allein heute Nacht in seinem Bett landen, während Tanja es sich von Karsten in allen Stellungen besorgen lässt. Nein, das wird nicht passieren, ist Tommy sich sicher.

Die Joint-Frau redet übrigens auch noch auf Karsten ein und wirft ihm vor, mit seinen Kalendersprüchen eben keine Psychotherapie betrieben zu haben, sondern Quacksalberei, und das werde sie morgen der Ärztekammer melden. Das wird für den weiteren Verlauf so absolut keine Rolle mehr spielen, weshalb man sich schon die Frage stellen darf, warum Schweiger diesen Satz drin gelassen hat. Meine Vermutung ist, dass er damit einfach dem – Frechheit aber auch – etwa halb so alten Karsten eins mitgeben wollte, weil er junge Männer generell als Affront gegen seine eigene Männlichkeit sieht.

Für die nächste Szene bringt Schweiger den einzigen Farbigen dieses Films für einen ganz billigen Joke ins Spiel. Sanne hat nämlich in der Zwischenzeit den Tintenfleck auf Nils‘ Stirn entdeckt und fragt ihn danach. Anstatt nun einfach die Story rund um die Druckerkartusche zu erzählen und sich in Selbstironie zu üben, lügt Nils krampfhaft eine Pigmentstörung daher. Zuzugeben, dass er nicht in der Lage war, eine Patrone zu wechseln, wäre natürlich ein Zeichen von Schwäche gewesen, was es im Leben eines Til Schweiger unter keinen Umständen geben darf. Pigmentstörung ist das Stichwort für einen zufällig zuhörenden Schwarzen, der darauf nur erwidert: „Not good.“ Äh … Ja. Ich habe ja angekündigt, das wird ’n ganz billiger Joke.

Sanne schlägt vor, doch zu Nils zu gehen, sie hätte auch einen Make-up-Entferner. Dabei habe ich mir die Frage gestellt, warum sie dann nicht zu ihr, sondern zu Nils gehen. Und was so schlimm an einer Pigmentstörung wäre, dass sie nun sofort retuschiert gehört, wenn der Mensch, der diese hat, doch ganz okay ist, will mir auch nicht einleuchten. Pigmentstörung = unmännlich, nehme ich an.

Im nächsten Moment sind sie auch schon in Nils‘ Hotelzimmer, und der Fleck ist weg. Jetzt, da sie allein sind – vielleicht geht da ja was? Sanne schmeißt sich ganz schön an Nils ran und sagt ihm, dass er liebe Augen hätte. Sie schüttet ihm ihr Herz aus: Freund mit bester Freundin abgehauen, alle kriegen Kinder, und sie hat nicht mal eine Katze zu Hause, Vater bumst die Nachhilfelehrerin ihrer kleinen Schwester. Herzschmerz verbindet. Zur Entspannung bietet sie ihm eine Ecstasy an, doch er zieht den Schwanz ein und steckt sie lieber für spätere Fälle ein. Sanne ist’s egal, sie nimmt jedenfalls eine und wird gleich rollig. Nils‘ zumindest mal kurz hingeworfener Verheiratet-Einspruch ficht sie nicht an, und so küsst sie ihn gleich mal rücklings aufs Bett, bereit, ihm umgehend einen zu blasen – doch als sie ihm die Hose runterzieht, pfui Teufel, was quillt da aus Nils‘ Unterhose? Der hochrot geschwollene Hodensack! So etwas Widerliches hat Sanne vermutlich noch nie gesehen, sie stürmt kotzend ins Badezimmer. Nils resigniert derweil und stürmt aus dem Zimmer. Haarscharf am Ehebruch vorbei, würde ich mal sagen.

Andreas hat andere Sorgen und muss beobachten, wie sich Karsten und seine Ex bereits jetzt schon kreuz und quer durch den Hotelflur knutschen. Das schmerzt und darf natürlich nicht sein. Auftritt Tommy, der Andreas eine Tüte in die Hand drückt, in die er reingeschissen hat. Stimmt, Kot hatten wir auch noch nicht. Die Kacktüte soll Andreas jetzt bitte schön vors Hotelzimmer legen, anzünden, klingeln und dann, hihi, wird Karsten sie austreten. Genialer Plan. Wundert mich nicht, dass der von Tommy kommt. Was sich vor allem Andreas von dieser asozialen Aktion erhofft, außer auf ewig den blanken Hass von Tanja auf sich zu ziehen und sich noch weiter von ihr zu entfremden, bleibt im Unklaren.

Nach einigem Zögern beabsichtigt Andreas trotzdem, den Plan in die Tat umzusetzen, stolpert dann aber direkt vor der Zimmertür und landet fast mit der Nase in der Tüte. Unerwartet schnell kommen Tanja und Karsten, nachdem sie doch eben bereit für eine zünftige Knatterei im Hotelbett schienen, wieder aus ihrem Zimmer und wundern sich, Andreas hier zu treffen. Der kann sich gerade noch rechtzeitig die Tüte in seine Jackentasche stecken, bevor es jemand merkt. Andreas täuscht vor, sich bei ihr entschuldigen zu wollen, wozu es aber nicht kommt, weil Tanja einen ekligen Geruch wahrnimmt. Hat Andreas etwa Kacke am Schuh? „Menschenkacke oder Hundekacke?“, fragt er sie. Weil er nichts davon an seinen Sohlen hat, geht sie in die Hocke und schnüffelt wie ein Hund an seiner Jacke. Eindeutig, der Geruch kommt aus seiner Jacke.

Andreas: Wieso soll ich denn einen Beutel mit Menschenkacke in meiner Tasche haben?
Tanja: Was denn für einen Beutel?

Andreas macht die Probe aufs Exempel und schnüffelt selbst an sich, nicht ohne sein Gesicht zu verziehen. „Nee, ich riech‘ da nichts“, lügt er. Womit das zu aller Zufriedenheit geklärt wäre und Tanja und Karsten wieder zurück ins Hotelzimmer gehen.

Wer nach dieser halben Pleite vermutete, damit würde Andreas die Kackenummer nun bei sich bewenden lassen, kennt ihn aber schlecht. Es war schließlich nur eine halbe Pleite, und Tommys Plan ist noch immer durchführbar. Also zweiter Versuch: Andreas stellt die Kacke vor der Tür ab, aber sein Feuerzeug funktioniert nicht. Daher muss Tommy aus seinem Versteck hervorkommen und helfen. Klingeln, schnell verstecken und gucken, was passiert. Tatsächlich öffnet sich die Tür wieder, doch anstatt wie erhofft Karsten versucht Tanja das Feuer auszutreten, stellt sich dabei aber so dämlich an, dass sie mit großem Schwung ausrutscht und auf den Rücken knallt. Findet Andreas nicht so lustig: „Lieber Gott, vergib mir.“

Es ist natürlich vergebliche Lebensmüh‘, aber ich habe ein paar Fragen. Wieso sind die Trottel davon ausgegangen, dass Karsten das Feuer austritt? Weil Frauen nicht so mutig sind und Männern den Vortritt lassen? Und selbst wenn er es ausgetreten hätte – was wäre gewonnen? Hätte Tanja dann eingesehen, dass Andreas doch der bessere Mann ist? Warum haben Tommy und Andreas den Plan überhaupt noch durchgeführt? Spätestens durch Tanjas Schnüffelei eben – im wahrsten Sinne des Wortes – ist doch klar, dass Andreas derjenige war, der ihr diesen Streich gespielt hat. Was haben sie jetzt davon? Können sie sich sicher sein, dass Tanja ihre Lust auf Sex mit Karsten nun vergangen ist? Der Film setzt auf eine Aneinanderreihung von hochnotpeinlichen Szenen. Das ist schön und gut (naja, eher unschön und bescheuert), aber kann man nicht wenigstens ansatzweise darauf achten, dass das Ganze etwas Sinn macht? Wenigstens ein klitzekleines Bisschen?

Und noch etwas kommt dazu: Der ganze Film ist bekanntlich so hektisch geschnitten, dass Schweiger an dieser Stelle im Schnittraum selbst durcheinander gekommen ist. Eine Einstellung auf die schlafende Sanne deutet den Szenenwechsel an, aber als Nächstes sieht man noch mal Tanja, wie sie aufsteht und zurück ins Hotelzimmer geht, ehe dann wieder zurück auf Sanne geschnitten wird. Zu Sanne ins Bett gesellt sich der aufgelöste Andreas, der ihr sein Leid klagt, dass er es sich jetzt wohl auf ewig mit Tanja verschissen hätte, davon ausgehend, dass es Nils ist, der da neben ihm liegt und schnarcht. Eine schnarchende Frau, hihi. Andreas schlägt mit seinem Arm nach dem vermeintlichen Nils, weil er nicht reagiert, landet aber an Sannes linker Brust. Warum ist das so weich? Verwundert tastet und drückt er daran herum und stellt fest: „Sag mal, du hast ja ganz schöne Specktitten gekriegt.“ Sanne wird wach und fühlt sich, ihrem Gesichtsausdruck nach zu erteilen, eher geschmeichelt ob der Belästigung und setzt sich auf den perplexen Andreas. Klar, Nils ist nicht mehr da, muss sie sich ihre Befriedigung halt bei Andreas holen. Dieser Film kann sich vor Frauenfeindlichkeit kaum retten.

Nach diesem aufregenden Abend mit noch aufregenderer Nacht kommt Tommy in die Suite zurück, in der Lili mit einer Gesichtsmaske aus Creme liegt. Hm, übernachtet Tommy hier auch? Also hat er am Ende nur zwei statt vier Zimmer gebucht (Lili und er einerseits, Andreas und Nils andererseits), der olle Geizkragen. Er trägt Lili liebevoll ins Bett zu ihren halbwachen Freundinnen. Eine davon bestätigt nochmal, wie toll sie alles findet: „Mega nice hier!“ Ja, nur das Beste vom Besten vom Star-DJ. Von draußen erklingt eine Stimme: „Zimmerservice!“ Thomas schlendert zur Tür und öffnet sie, doch der Zimmerservice ist gar nicht der Zimmerservice, sondern seine Stalkerin Simone. Oh Schreck! Sie schubst ihn ins Zimmer, gibt ihm eine Backpfeife und fragt erregt nach dem Aufenthalt der Nutte, für die er sie hat sitzen lassen. Die Stimme von einer von Lilis Freundinnen aus dem Schlafzimmer macht sie hellhörig. Sie will es wutentbrannt stürmen, doch Tommy weiß dies zu verhindern, indem er sie von hinten packt (wenigstens kann sie einmal kraftvoll zubeißen) und unter lautem Geschepper über den günstig rumstehenden Essenswagen schleudert, woraufhin sie auf den Boden kracht und bewusstlos liegen bleibt.

„What is love, baby, don’t hurt me, don’t hurt me, no more“, plärrt Haddaway laut in die Lautsprecherboxen, und liebevoll ist das wahrlich nicht, wie Tommy mit der bewusstlosen Psychopathin umgeht, um sie schnell wieder loszuwerden, bevor die Mädels nebenan richtig wach werden. Gerade als er Simone wegtragen möchte, steht Lili für einen Toilettengang auf, aber er hat wahnsinniges Glück: Sie ist zu schlaftrunken, um wahrzunehmen, was der Stecher seiner Mama da gerade tut. Vor Schreck lässt er Simone aber gleich zweimal wie einen Stein auf den Boden plumpsen. Na, wenn da mal nicht ihre Knochen splittern. Kaum liegt Lili wieder im Bett, nutzt Tommy den Essenswagen, um Simones Körper hastig aus dem Zimmer durch den Flur zu schieben und sie rabiat über die Wäscheklappe zu entsorgen, die direkt in einen Wäschewagen führt, wo Simone weich auf Schmutzwäsche landet. Eine Frau beobachtet Tommy zwar erschrocken bei der Entsorgung der etwas anderen Art und stellt ihn auch zur Rede, aber offenkundig reicht ihr sein Schulterzucken aus. Konsequenzen für ihn hat der Vorgang nämlich natürlich keine. Mit durchgeknallten Stalkerinnen kann man’s ja machen.

Sanne und Andreas haben von all dem nichts mitbekommen und offensichtlich erfolgreich den Geschlechtsakt vollzogen. Andreas klagt sein Leid von wegen viel Stress, was seine Bettgefährtin wenig interessiert, denn sie schaut grenzdebil grinsend eine Gorilla-Doku im Fernsehen. Andreas‘ Wunsch nach was Erotischem wird abschlägig beschieden, denn sie liebt Gorillas. Wenn alle Menschen so wie sie wären, gäbe es keine Kriege mehr. Ihr mangelhaftes Interesse für anderer Leute Befinden zeigt sich am nächsten Morgen. Da kehrt Nils nämlich, gerade als sie das Zimmer auf leisen Sohlen verlassen will, nach einer Nacht in seinem Wagen mit Dutzenden von geleerten Flachmännern in sein Zimmer zurück und fällt wie ein nasser Sack vor Erschöpfung auf den Boden. Sie, die mit ihrer hysterischen Reaktion heute Nacht zu diesem Vollrausch beigetragen hat, blickt einmal kurz zurück und geht dann – und verschwindet damit auch aus der Geschichte.

Um zu zeigen, was für ein guter, großherziger, geiler Mensch Tommy ist, sehen wir noch dabei zu, wie er Lilis Freundinnen am nächsten Morgen nach Hause schickt. Ihren Eltern hätte er gesagt, weil sie nachts nicht heimgekommen sind, sie hätten halt zu viel Torte gegessen. Bitte habt Nachsicht: Eine bessere Lüge ist ihm so früh am Tag nicht eingefallen. Und er drückt auch beide Augen zu, als er feststellt, dass sie offenbar ein paar Sachen aus dem Hotelzimmer in ihrer Tasche mitgehen lassen. Wir sind doch alle mal jung gewesen. Diebstahl? Ach, scheiß doch drauf.

Größtenteils verkatert und eher schweigsam verbringen unsere Helden ihr Frühstück auf der Hotelterrasse. Es ist das erste Mal in diesem Film, dass sich die Figuren wie echte Menschen verhalten. Das wird sich aber gleich wieder ändern, als ein fettes dummes Kind mit dummem Vater und fetter dummer Mutter (Kelly-Family-Mitglied Angelo Kelly und Kabarettistin Gisa Flake) am Nachbarstisch sitzt und lautstark Pfannkuchen haben will. Das Kind heißt Horst Kilian, womit uns Schweiger den asozialen Status dieser Familie mit einem Schürhaken ins Fleisch donnert. Trotz mehrfacher Ermahnungen durch die Eltern besteht dieses wahrhaft prügelbedürftige Arschloch-Kind penetrant und schließlich sogar mit den Fäusten auf den Tisch schlagend auf Pfannkuchen und weigert sich, die bestellte Weißwurst aufzuessen. Das geht Nils auf die Nerven, der gerade seine geplante Rede durchgeht, insbesondere aber Andreas, der mal wieder wie ein China-Böller explodiert. Er vergleicht Horst Kilian nacheinander lautstark mit Moby Dick, einem Pfannkuchen und einer Hüpfburg und droht damit, ihn in den See zu schubsen, wenn er nicht Ruhe gibt. Und die Eltern kriegen auch ihr Fett weg. Die sollen mal aufhören, auf ihren Handys rumzudaddeln und dem Kind mehr Vitamine zuführen. Lili findet Andreas‘ Reaktion völlig unangebracht und schimpft, der Junge könne doch auch nichts für seine Eltern. Das schon, aber Arschloch-Kind bleibt Arschloch-Kind, finde ich.

Im weiteren Gesprächsverlauf unserer Freunde erfahren wir erstaunt, dass Andreas mit Sanne gar keinen Sex hatte, denn die Gorilla-Doku ging einfach vor. Puh, da bin ich ja erleichtert. Wäre ja noch schöner, wenn jemand anderes als Tommy das Anrecht gehabt hätte, in diesem Film Sex zu haben. Aus heiterem Himmel – oder wahrscheinlich eher, weil King Til feststellte, dass die Geschichte schon viel zu lange keine Arsch- und Pimmelwitze mehr hatte – stellt Andreas fest, dass ihm sein Sack vom gestrigen Rasieren juckt. Huch, Nils auch. Da hilft nur kratzen, kratzen, kratzen, und das so auffällig, dass alle um sie herum denken, sie würden sich einen auf die gegenübersitzende Lili runterholen. Der Unmut wächst, und das Personal bittet die Herren mitzukommen. Lili stellt – weil in diesem Film ja niemand ein Blatt vor den Mund nimmt – vor allen anderen Gästen klar, dass es nicht so ist, wie es aussieht, die beiden hätten sich nur am Sack rasiert, und nun juckt es halt. Horst Kilian amüsiert sich, seine Mama schlägt ihrem Mann vor: „Das könntest du auch mal machen.“ Traum-Cameos für Angelo Kelly und Gisa Flake. Dafür tritt man gern in Filmen vor.

Trotz dieser Klarstellung werden Andreas und Nils dazu aufgefordert zu gehen. Dieses Hotel duldet zwar schreiende Arschloch-Kinder, aber keine beharrlichen Sackkratzer. Während Nils seine Ecstasy-Pille einfällt, die er noch vom Vorabend von Sanne hat, und er sie schluckt (warum auch immer jetzt und nicht nachher vor seiner Rede; ich freue mich jedenfalls schon auf die weiteren Auswirkungen), nutzt Andreas diese Ungerechtigkeit für eine seiner patentierten Kreischereien und beschwert sich über mangelnden Respekt vor dem Alter. Er könnte zur Abwechslung zwar auch mal sich hinterfragen, aber lassen wir das so stehen. Er stellt eine Analogie zur Gorillawelt her, in der die Affen ihrem alten grauhaarigen Anführer folgen, weil sie Respekt vor ihm haben (daher übrigens auch der Nebentitel des Films: „Die unglaubliche Reise der Silberrücken“, denn die Jungs fühlen sich als weise alte Männer und Anführer, die allen unter 50 haushoch überlegen sind). Damit es auch der Letzte versteht, springt er auf den Tisch und imitiert einen Gorilla, macht Affenlaute, kratzt sich unterm Arm und grabbelt der Bedienung im Gesicht rum. Dann kommt endlich die Security und trägt ihn, immer noch den Affen spielend, davon. Hotelgäste lachen, und ich wende mich vor Fremdscham ab. Also wie den ganzen Film schon.

Diese Aktion hat Andreas und seine Begleiter beim Hotelpersonal natürlich nicht beliebter gemacht. Ihnen wird Hausverbot erteilt, und so reisen sie in der nächsten Szene auch schon ab. Andreas hat eh nichts mehr zu verlieren und provoziert die Security-Leute um ihn herum mit dem Mittelfinger. Ich wünschte ja, Andreas würde einmal irgendwas machen, was ich sympathisch finden könnte. Bei der Abfahrt ruft sich völlig aufgelöst Simone in Erinnerung, die aus ihrem Dämmerschlaf im Wäschewagen erwacht ist und nun Fahrer Tommy hysterisch kreischend vor den Wagen läuft. Für einen kurzen Schreckmoment – denn das hat Tommy nun auch nicht gewollt – sieht es so aus, als wäre sie hin, aber die Alte ist zäh wie Leder und springt wie ein Zombie, der Menschenfleisch wittert, auf die Motorhaube. Dabei schreit sie unentwegt nach ihrem absoluten One-and-Only-Traummann Tommy und leckt die Frontscheibe ab. Selbst im schnellen Rückwärtsgang kriegt er sie nicht abgeschüttelt. Erst in einer scharfen Kurvendrehung rutscht sie ab und fliegt in den nahen See. Haben Lili und die Jungs Simone auch mal kennengelernt. Ist doch schön. Eine sympathische bodenständige Frau. Wenn Linda nicht wäre, wer weiß?

Und somit kommen wir schließlich und endlich zum titelgebenden Klassentreffen, das unter freiem Himmel auf einer Wiese stattfindet. Tommy stellt bei der Ankunft gleich mal fest, dass das Treffen so wirkt, als wären alle Kinder krank geworden, und sie hatten dafür die Eltern geschickt. Es kann ja auch nur eine langweilige Party sein, auf der bislang eine so entscheidende Fehlmenge an Tommy-DJ-Action herrscht. Das Klassentreffen hat auch einen Moderator, der auf einer Rollbühne durch den Tag führt und sich in den nächsten Minuten durch das Präsentieren dümmster Wortspiele und Flachwitze auszeichnen wird, über die er sich selbst halb tot lacht. Beispiele gefällig? Aber sicher doch. Für weitere Auftrittswillige hat er folgenden Tipp parat: „Wer von euch noch keinen Ständer hat, kommt jetzt hier hoch und holt sich einen runter.“ Oder wie wär’s damit: „Warum trinken eigentlich Mäuse keinen Alkohol? – Weil sie Angst vorm Kater haben.“ Eine echte Stimmungskanone, die es aber nicht duldet, dass der Schlagzeugspieler neben ihm jedem dieser Witzchen einen Tusch gibt. Da geht ihm nämlich die Hutschnur hoch, und er staucht ihn auf offener Bühne zusammen. Grelle Lautstärke ist bei King Til halt Humor.

Generell gilt: Tommy ist wie die meisten anderen paralysiert. Ich bin mir sicher: Würde Tommy da vorn stehen und diese Witze vortragen, das Publikum wäre völlig aus dem Häuschen, und alle lägen bereits besoffen unterm Tisch. Außerdem ist es schon etwas merkwürdig, dass Tommy darüber nicht lachen kann – und das von einem, für den das Sprechen mit piepsiger Heliumstimme sowie anzügliche Frauen- und Homo-Witzchen den Gipfel der Komik darstellen. Noch merkwürdiger ist nur, dass Andreas, nach allem, was er heute Nacht mit dem angezündeten Kackebeutel angerichtet hat, sich plötzlich mit Tanja konfrontiert sieht, die das Gespräch mit ihm sucht. Naja, andererseits: Die verletzten Gefühle eines Mannes gehen gegenüber den Gefühlen einer Frau immer vor. Also schon verständlich, dass sie es ist, die angekrochen kommt, und nicht Andreas. Der dreht sich aber wie eine beleidigte Leberwurst demonstrativ weg und weigert sich, auch nur ein Wort mit ihr zu wechseln. Nachts noch verzweifelt, was er angerichtet hat, und nun, wo vielleicht doch noch eine Chance auf Versöhnung besteht (warum auch immer), ein trotziges Kleinkind – Andreas ist ein lächerlicher Wurm.

Einzig Nils hat seinen Spaß: Er lacht über jeden noch so platten Witz, denn bei ihm zeigt sich endlich die Wirkung der geschluckten Pille, und er springt zur Verwunderung aller wie ein infantiler Dreijähriger durch die Gegend, der sich nach dem Klogang zum ersten Mal eigenständig seinen Hintern abgewischt hat. Als F. R. Davids „Words“ ertönt, stürmt Nils sofort die Tanzbühne, greift sich eine fette Blonde, der er im Überschwang erst von hinten an die Titten langt, was sie nicht stört, um sie anschließend mit viel Schwung in einen Popcorn-Stand zu schleudern, weil es witzig ist, wenn fette Frauen irgendwo reinkrachen. Mit jeder weiteren Szene macht es King Til schlimmer und schlimmer.

Gleich darauf rennt Nils in einem nahen Gebäude, in dem die Toiletten sind, gegen die Tür und begegnet seiner ehemaligen Mitschülerin Eva (Sonja Kirchberger). Zur Begrüßung drückt er sie an sich und leckt wild ihre Lippen ab, womit er aber nicht bei ihr landen kann, aber egal: Die Wirkung der Pille lässt auch solche Tiefschläge lachhaft erscheinen und Nils läuft gut gelaunt beim stürmischen Rausgehen wieder gegen die Tür. Es gibt langsam keine Worte mehr, mit denen ich meine Verachtung angemessen ausdrücken könnte, die ich für diesen Film und seinen Macher empfinde.

Da bei diesem Treffen mehrere Programmpunkte abgeklappert werden, steht aktuell eine Frau auf der Bühne, die eine selbst geschriebene Kurzgeschichte über ihre mit Schuppenflechte geplagte Katze zum Besten gibt. Das findet selbst die Moderatoren-Stimmungskanone zu lahm und zerrt sie trotz ihrer Proteste kurzerhand einfach von der Bühne. Tommy solle doch jetzt bitte endlich nach vorn kommen und seine geilen Beats auflegen. Zur Überbrückung erzählt er noch kurz ein paar Witze: „Wie schwängert man eine Nonne? – Man verkleidet sich als Messdiener.“ Und: „Was sagt man zu einem Inder, der stolpert? – Fall nicht hin, du!“ Das sprengt jede Fips-Asmussen-Skala.

Hinter der Bühne steht Tommy plötzlich einem neuen Problem gegenüber, und das Problem heißt einmal mehr Simone. Die hat sich unbemerkt mit schwarzer Perücke auf die laue Party geschummelt und fährt nun die Devise „Und bist du nicht willig, so brauch‘ ich Gewalt“. Sie zieht einen Taser und schießt damit auf ihn. Elektrogeschockt landet er auf dem harten Boden und muss tatenlos über sich ergehen lassen, wie sie ihren Mantel öffnet und abgelegt, ihre Reizwäsche enthüllt und sich auf ihn setzt. Zu allem Überfluss ist Lili auch noch Tommy hinter die Bühne gefolgt und missinterpretiert die heikle Situation so, dass der dauerspitze Star-DJ einen akuten Rückfall von Sexnot erleidet und sich nun mal eben Reiter-Style von der nächstbesten Frau durchnehmen lässt. Lili rennt schwer enttäuscht davon. Das bringt den benommenen Tommy wieder auf Touren: Er schnappt sich ein neben ihm liegendes Seil, zieht daran, und im nächsten Moment baumelt seine durchgeknallte Stalkerin mit dem Fuß in einer Seilschlinge kopfüber keifend an einem Querbalken.

So konfus, wie sich das liest, ist die Szene auch geschnitten. Es wurde nie bildlich etabliert, dass sich Simone beim Sit-in auf Tommy mit einem ihrer Füße in besagter Seilschlinge verheddert. Wie das technisch überhaupt alles funktionieren soll, geht im Stakkatoschnittgewitter unter. Verlierer ist der Zuschauer, der mal wieder wie ein Auto guckt. Damit wäre aber Simone außer Gefecht gesetzt und für den Film von keinerlei Interesse mehr. Und wenn sie nicht gestorben ist, so baumelt sie noch heute.

In anderen Filmen hätte das zwischen Lili und Tommy stehende Missverständnis die Handlung noch mindestens eine halbe Stunde auf Trab gehalten, bis der unfreiwillig Bestiegene sich der so böse verletzten Person endlich erklären und alle Unklarheiten ausräumen kann. Da kennt man aber Schweiger schlecht: Er stürmt auf die Bühne, schnappt sich das Mikro und klärt die die Party bereits verlassen wollende Lili nicht nur darüber auf, dass die Frau, die Lili da eben gesehen hätte, Simone mit Perücke gewesen sei („Stalker sind hart im Nehmen, die kommen immer wieder“). Nein, er macht Lilis Mutter in deren Abwesenheit ein herzzerreißendes Liebesgeständnis und lobt sie über alle Maßen als verdammt tolle Mutter für ein verdammt tolles Mädchen. „Sorry, Ladies, ich bin ab jetzt vergeben“, schließt er seine Rede und zieht damit ein enttäuschtes langgezogenes „Oooooh“ von der dort anwesenden Frauenwelt nach sich. Tommy schafft es in nicht einmal einer Minute, Lilis Bedenken zu zerstreuen, und Lili hält ihn fortan wieder für den besten Mann, der jemals auf diesem Planeten wandelte. Wäre Tommy ein Gorilla – oder Andreas –, würde er sich jetzt selbst mehrfach mit seinen Fäusten auf die Brust klopfen und triumphierendes Affengebrüll veranstalten.

Leider muss ich aber King Til ins Zeugnis schreiben, dass zu Lilis negativen Eigenschaften neben der Verschwendungssucht nun auch noch ein deutlicher Anflug von Dummheit hinzukommt, denn sie fällt während Tommys Ansprache mit einigen wirklich dämlichen zweifelnden Zwischenbemerkungen auf: Aber die Stalkerin, das kann die Frau doch gar nicht sein, die haben sie doch überfahren. Ja, Mädel, habt ihr, aber sie war ja noch nicht tot, oder? Hm, aber wenn sie es vielleicht doch war, muss sie doch 500 Meter Abstand halten. Ja, Mädel, das mag ja alles sein, aber du weißt schon, dass eine 500-Meter-Abstandsregel nicht unbedingt bedeutet, dass sich durchgeknallte Frauen, die sich auf Motorhauben von wegfahrenden Autos schmeißen, daran halten? Ein bisschen logisches Denken sollte man auch bei einer 17-jährigen schon voraussetzen können.

Diese schöne Rede hat wiederum Andreas, der sich auf dem Klassentreffen bisher sehr zurückgehalten hat, nachdenklich gemacht, und er nimmt all seinen Mut zusammen, um es Tommy, seinem großen Anführer, gleichzutun. Er betritt seinerseits die Bühne und erzählt von der der Rede ebenfalls beiwohnenden Tanja und den vielen tollen Ehejahren mit ihr. Er erzählt, dass er mit ihr befreundet sein möchte, wenn es schon mit der Ehe nicht klappt. Und wenn sie nun auch einen neuen Freund haben mag, der ihm nicht passt – „ich muss mir auch nicht seine hochglanzpolierten Eier in den Mund stecken, das musst du, Tanja.“ Und er stellt für sie klar: „Der Nikolaus ist ab, aber die Stoppeln jucken wie Sau.“ Zutiefst bewegend und Tommys Rede in nichts nachstehend.

Das hätte doch einen kräftigen Applaus verdient – in der Theorie zumindest, aber es gibt noch Nils, der diese Ansprache abrupt unterbricht. Der hat es im Drogenrausch mittlerweile ganz nach oben auf das Bühnengerüst geschafft, von wo aus er nun seinerseits seine Jahrgangsrede halten möchte. Und wie könnte er die besser beginnen als mit einer Ode an den besten Frauenarsch des Jahrgangs, und den hat Eva. Die ruft ablehnend rein: „Ich bin lesbisch!“ Äh… ja und? Schließen sich „lesbisch“ und „bester Jahrgangsarsch“ etwa aus? In King Tils Gedankenwelt vielleicht. Lesben mit schönen Hintern – wo kämen wir da nur hin? Nils gesteht, sich 30 Jahre lang einen auf sie runtergeholt zu haben und macht die entsprechenden Wichs-Handbewegungen, rutscht dabei aber ab. Zum Glück (oder leider) kann er sich an einem aufgehängten Spruchband festhalten und landet dadurch vergleichsweise weich, als er den Moderator mit seinen Füßen voran von der Bühne in eine neben der Bühne stehende Tischreihe tritt. Er selbst landet auch neben der Bühne und lacht sich darüber halb tot.

Auf die Bühne zurückkehrend beginnt Nils mit dem eigentlichen Teil seiner Rede. Er hätte eine Woche über seine Rede gegrübelt, doch warum eigentlich? Seine Zuhörer seien ihm schließlich alle egal, er sei ihnen auch egal. Wichtig seien die Menschen, mit denen er täglich zu tun habe. Wenn er mal alt sei, wolle er nicht jung aussehen, sondern glücklich. Und er habe doch eigentlich bisher verdammt viel Glück gehabt, weil er eine verdammt tolle Familie und verdammt tolle Freunde hat. Kurzum: Unter Drogeneinfluss hat er endlich festgestellt, dass sein Leben einfach supergeil ist, und auch seine Hämorrhoiden gehören dazu – woraufhin er die Hose öffnet und allen Anwesenden seinen nackten Arsch und durch Auseinanderreißen der Pobacken der gesamten Zuhörerschaft auch seine Hämorrhoiden präsentiert. Die Krönung wäre es nun noch gewesen, wenn Nils noch einen saftigen Stinkefurz hinterhergeschickt hätte, aber irritierenderweise verzichtet King Til auf diese doch so naheliegende Vorlage. Ich habe viel von Verachtung gesprochen in dieser Kritik. Vielleicht braucht der Mann aber auch einfach… unser Mitleid? Da ist ein pubertäres Kleinkind im Körper eines Mittfünfzigers gefangen, das endlich raus will, aber es kommt einfach nicht raus.

Damit hätte nun jeder von den Kerlen seinen ganz persönlichen Moment der Klarheit gehabt, und wir können das Klassentreffen auch schon wieder verlassen. Alle Teilnehmer sind ja eh alle doof, wie wir eben gehört und gesehen haben – ein nerviger Klassenclown als Moderator, eine Lesbe, die nichts von Nils wollte, eine fette Tanztonne, die in irgendwas reinfliegt. Langweilige Menschen, die keine weitere Aufmerksamkeit verdienen.

Nils lässt auf der Rückfahrt die kurze Reise noch einmal Revue passieren und erklärt der abwesenden Sanne seine ewige Dankbarkeit dafür, dass sie ihm eine Pille gegeben hätte, die sein Bewusstheit erweitert hätte. Und nicht zu vergessen, Nils: ewige Dankbarkeit der Frau gegenüber, die dich sofort wie eine kalte Kartoffel hat fallen lassen, als sie deinen geschwollenen Hodensack gesehen hat. „Und ich dachte, Drogen sind scheiße“, sinnt Andreas nach, und Tommy ergänzt weise: „Drogen sind auch scheiße, aber für dich machen wir mal eine gepflegte Ausnahme.“ Eine schöne Botschaft: Manche Menschen sind halt nur unter Drogeneinfluss zu ertragen. Nils fühlt sich tatsächlich wie ein neuer Mensch. Zwar blafft er Andreas gleich darauf schroff an, weil der beim Essen kleine Waffeln aus der Tüte verschüttet. Zum Glück gibt es ja aber noch den Staubsauger von MediaMarkt. „Hier, Geiz ist geil. Das ist echt der beschissenste Spruch, den ich je gelesen habe. Geiz ist nämlich scheiße“, sagt unser kluger Kopf mit dem beschissenen Hut, und wir verstehen ihn: Warum knausern, wenn man ein stinkend reicher Supermann ist?

Auf dem Rückweg machen die Jungs noch einen Abstecher ans uns aufs Wasser. Man fährt Wasserski, hat Spaß, toll. Ich finde, wir könnten nun auch mal zum Ende kommen. Abends versammeln sie sich am Strand an einem Lagerfeuer und genießen das schöne warme Wetter. Lili nimmt Nils zur Seite und bestätigt ihm, dass sie seine Rede abgesehen vom übertriebenen Schluss richtig gut fand. Unser Quartett ist nun wirklich ein Herz und eine Seele, und Tommy würde solche Ausflüge zukünftig gern häufiger machen, gern auch mit Lili, die sich ja gar nicht mal so sehr als Störfaktor entpuppt hat. Sie entscheiden, heute nicht mehr nach Hause zurückzukehren, sondern noch eine Runde am Lagerfeuer zu pennen.

Andreas: Gute Nacht, Nils!
Nils: Gute Nacht, Andreas! Gute Nacht, Lili!
Lili: Gute Nacht, Silberrücken!
Nils: Gute Nacht, Tommy!
Tommy: Gute Nacht, John-Boy!
Andreas: Ha! Tommy, du bist der Geilste!

So ist es, Tommy. Du bist der Geilste und Schönste und Beste im ganzen Land. Vielleicht sogar auf dem Kontinent. Oder auf der Welt. Es ist schön, dass es dich gibt. Damit ist selbstverständlich King Til mitgemeint.

Am nächsten Tag kommen Lili und Tommy heim zur liebenden Mutter und Partnerin, die schon brav in der Küche gestanden und den Tisch gedeckt hat. Linda fallen gleich die Einkaufstüten von Gucci und Prada ins Auge. Tommy stellt klar, dass eine ihrer Freundinnen einen Oligarchen-Vater hat, aber Linda weiß es besser und stellt klar, dass der in Wirklichkeit Landschaftsgärtner ist. Oha, gibt es jetzt etwa Streit? Nicht doch, Lili und Tommy schenken sich im Lügen schließlich nichts. Das verbindet. Lili betont, wie toll sie die letzten Tage fand und schmiegt sich an ihren vielleicht schon baldigen Stiefvater. Willkommen in der Familie, Tommy. Würg.

Auch für Nils gibt es ein Happy-End. Kaum zu Hause bemerkt er einen heißen roten Schlitten mit Schleife in der Einfahrt. Er findet einen Zettel, auf dem in Großbuchstaben geschrieben steht: „Hey Silberrücken! Danke für die geile Zeit! Let’s do it again soon!!! Tommy. P.S. Andi hat auch etwas dazu beigetan :-)“ Also, dieser Schlingel Tommy. Da hat er offenbar noch vom Hotel aus ihm einen schönen Wagen bestellt und gleich vorfahren lassen, einfach weil er es kann. Nils ist auf geradezu ekelhafte Weise bester Dinge, umarmt und küsst gleich den gerade heimlich ins Fenster seiner Tochter einsteigen wollenden Freund Lenny, umarmt beim Betreten des Wohnzimmers auch noch seine Tochter und bittet sie um Entschuldigung. Ach, und Sohnemann ist auch noch da und sprayt sich die Haare. Nils nimmt die Dose an sich und sprayt sich selbst die kurzgeschorenen Haare, nicht ohne zu vergessen, noch ein „Ich liebe dich, mein Junge“ anzufügen, worüber sich der Junge freut: „Das hast du noch nie zu mir gesagt but I like.“ Und zum Schluss setzt er sich ganz uneitel seine Lesebrille auf und knuddelt auch noch seine Jette. Alles ist gut, Nils dank Ecstasy ein besserer Mensch, und er hat endlich gelernt, mit seinen Hämorrhoiden zu leben. Danke, ich kotze.

So richtig ergießt sich der Kotzschwall aber erst über meine Tastatur, als auch Andreas heimkommt und gerade die Wohnung aufschließen will. Doch, huch, wer sitzt denn da auf der Treppe? Andreas‘ putziger Sohn mitsamt der reumütigen Tanja, die in der Zwischenzeit wohl eingesehen hat, dass ihr Therapeut doch zu jung für sie ist und sie doch lieber wieder ihren cholerischen Versager zurück hätte, der ihr gefüllte Kotbeutel vor Hotelzimmertüren legt. Vielleicht hat sie aber auch die Aussicht auf ein Paar frisch rasierte, unbehaarte Eier zurück zu ihrem Ex-Mann getrieben.

Die letzte Szene gehört aber Tommy und seiner neuen Familie: Tommy guckt zahnstocherkauend – er ist so cool, so geil, so all das, was jeder Mann sein sollte – die Post durch und findet die VISA-Rechnung. Lili pustet sich dabei vor Schreck Milch ins Gesicht – und das zu Recht: Die Rechnung beträgt satte 50.000 Euro.

Tommy: What the fucking fuck?
Linda: Alles okay?
Tommy (mit nachsichtigem Blick auf Lili): Alles okay.

Lili bedankt sich leise und formt für unseren geilen Superhengst mit ihren Händen ein Herz.

ENDE.

Willkommen zurück aus der Humor-Hölle! Ich glaube, wer den Werdegang der Person Til Schweiger als Regisseur ein bisschen verfolgt hat (gut, wer würde das nach Werken wie „Kokowääh“ ernsthaft wollen?), wird mit mir übereinstimmen, dass er mit „Klassentreffen 1.0“ nun tatsächlich ganz unten angekommen ist. Mit dem Niveau-Begriff konnte Schweiger ja eh noch nie wirklich was anfangen und würde ihn vermutlich für eine Hautcreme halten (um jetzt auch mal einen Uraltgag aufzuwärmen – was der kann, kann ich schon lange), aber mit diesen insgesamt 127 Minuten hat er selbst meine niedrigen Erwartungen noch unterboten. Mit diesem Film hat er sich nicht nur einmal mehr als pubertäres Kind im Körper eines immerhin sich auch schon mit großen Schritten dem Rentenalter nähernden Mannes (nimm das, Schweiger!) präsentiert, dem keine noch so abgedroschene Zote zu billig wäre, um sie nicht irgendwie im Drehbuch unterzubringen, sondern auch endgültig als Mensch mit einem äußerst hinterfragenswerten Weltbild: „Klassentreffen 1.0“ haut pausenlos auf alles ein, was nicht Til Schweiger ist: auf das weibliche Geschlecht, auf schwache Männer (also alle außer ihm), auf jüngere Männer (also fast alle außer ihm), auf Übergewichtige und auch auf das Spießertum, dem er sich natürlich niemals zugehörig fühlen würde, was aber deshalb lustig ist, weil er in diesem Film das traditionelle Familienleben hochleben lässt, zu dem auf alle Fälle eine fürsorgliche Hausfrau gehört, aber auch Kinder, die sich mal daneben benehmen dürfen, aber gleichzeitig zu schätzen wissen, was sie an ihrer Familie haben.

Schweiger gibt sich inzwischen schon gar keine Mühe mehr, Figuren in seine Skripte zu schreiben, die ihm das Wasser reichen können. Jeder Mensch um die von ihm gespielte Figur herum wird abgewertet – und wenn ausnahmsweise doch mal ein anderer als Tommy eine Pointe erhält, muss spätestens in der nächsten Szene klargestellt werden, dass es mit dem Star-DJ da aber noch jemanden gibt, der einfach besser ist als er. Und wenn sich dann doch vorübergehend mal Sentimentalitäten oder – Gott bewahre – eine Schwäche in Tommy wiederfinden, muss die Scharte gleich wieder ausgewetzt werden, indem er einen (vermeintlich) flotten Spruch reißt und zeigt, was für ein toller Typ er doch ist. Es ist geradezu peinlich mitanzusehen, wie sehr sich Til Schweiger in seiner Rolle selbst zum Obermacker hochstilisiert: Er ist reich. Er sieht gut aus. Er kriegt jede Frau, die die Ehre hat, diesen Mann nur kurz anzusehen (außer die fetten, aber die will er ja eh nicht). Er weiß immer Rat. Jeder sieht zu ihm hinauf und hält ihn für den Geilsten. Er klopft Sprüche, die alle lustig finden. Kurzum: Er ist die personifizierte Geilheit auf zwei Beinen. Die ganze Zeit habe ich darauf gewartet, dass Schweiger den verkörperten Macho-Typen, den er spielt, selbstironisch bricht, um zu zeigen, hey, schaut mal, ich weiß, dass meine Figur ein Übermensch ist, aber nehmt das bloß nicht so ernst, aber ein solcher Moment kommt nicht. Schweiger glaubt an seine eigene Unwiderstehlichkeit. Die einzige wirkliche Schwäche ist seine Potenz, die dafür sorgt, dass alle Frauen auf ihn fliegen, insofern habt doch bitte Verständnis, dass er sich nur schwer dagegen wehren und der Versuchung vielleicht nicht immer widerstehen kann. Versteht es doch, dass ich nicht immer meinen Schwanz in der Hose behalten kann, meint man ihn dem Publikum zurufen hören.

Das fällt auch deshalb besonders auf, weil er neben sich mit Nils und Andreas zwei Männer versammelt, die das genaue Gegenteil sind. Sie sind Loser aus dem Lehrbuch. Alles, was sie anpacken, geht in die Hose oder führt zu peinlichen Situationen. Nils ist schwer geplagt: Midlife-Crisis, Depressionen und vor allem Hämorrhoiden. Und wenn er mal nicht im Selbstmitleid schwimmt, klemmt er sich seinen Sack in einer Holzbank ein oder spritzt sich Druckertinte ins Gesicht. Zudem hat er zwei aufmüpfige Kinder, die ihn nicht ernst nehmen, vermutlich auch, weil er alles dafür tut, mit seinen Tiraden und Jammerattacken über seine Wehwehchen den Familienfrieden zu zerstören. Andreas dagegen ist klein, trägt eine dicke Brille, ist pornosüchtig, wird von seiner Frau für einen Jüngeren verlassen und neigt zu zahllosen cholerischen Ausbrüchen, die er schon bei absoluten Nichtigkeiten nicht zurückhalten kann. Nils und Andreas sind also derartige Luschen, dass sie bis zum Schluss weit davon entfernt bleiben, Sympathieträger zu werden (eher noch Nils als Andreas).

Bei so viel Versagertriefe auf einen Haufen kann Tommy natürlich nur größer erscheinen, als er in Wirklichkeit ist. In „Keinohrhasen“ hatte er wenigstens noch versucht, mit Nora Tschirner eine Figur als seine anfängliche Gegenspielerin zu platzieren, die nicht auf den Mund gefallen ist und ihm flotte Sprüche entgegensetzen konnte. Die Wortgefechte konnte er zwar meistens für sich entscheiden, aber da war wenigstens jemand, der mal gegenan ging. Auch in „Kokowääh“ gestand er wenigstens seiner Tochter ein paar Punkte zu – und Emma Tiger Schweiger war ja auch einfach sooo süß. Fand ich zwar nie, zumal ihr mangelndes schauspielerisches Talent viele Pointen zunichte machte, aber das ist eine andere Geschichte. In „Klassentreffen 1.0“ sieht nicht einmal Lilli Schweiger einen Stich gegen ihn, sondern geht einfach im weiteren Verlauf farblos unter. Mehr noch: Phasenweise kommt sie gar nicht gut weg. In den Inhaltsangaben zum Film mag immer betont werden, dass sie als Aufpasserin für den polygamen Freund ihrer Mutter mitkommt. Dabei ist es jedoch eher die Aussicht auf die kostenlose Übernachtung in einem Luxushotel, die sie lockt. Das mag ja nichts Verdammenswertes sein (auch wenn ich es als realitätsfern ansehe, einen Typen, mit dem man vorher zwei Minuten gesprochen hat, mit seinen gleichaltrigen Kumpels begleiten zu wollen), aber spätestens wenn sie nach der Ankunft im Hotel mehr damit beschäftigt ist, Tommys VISA-Karte leerzuräumen und mit ihrern Freundinnen Chaos anzurichten, als ihr vorgeschobenes Ziel zu erreichen, zeichnet das nicht gerade ein sympathisches Licht von ihr.

Aber – ich sagte es bereits deutlich – immer noch besser als alles andere, was hier so an Weibsvolk aufgeführt wird: Jette und Linda brave Hausmütterchen, die es vielleicht nicht stillschweigend hinnehmen, wenn sich ihre Partner wie die Axt im Walde aufführen oder fremdgehen, aber es letztlich doch dulden und verzeihen, wenn sich ihre Kerle mal zwei Minuten zusammenreißen und lieb zu ihnen sind; Tanja unsensibel, indem sie ihren neuen Macker mit zum Klassentreffen bringt, obwohl der der Auslöser für die Trennung war, und in der Rückblende keifend und ihren Mann vorm Therapeuten demütigend; Lilis Freundinnen dumm wie an der Milchschüssel festklebende Haferflocken, die man nicht gegessen hat; Simone eine fanatische Stalkerin, mit der Tommy brutal umgehen darf, weil sie halt ’ne Irre ist – tja, und dann noch das halbe Dutzend notgeile Schlampen, die Tommy nur sehen müssen, um sofort an Ort und Stelle mit feuchten Schlüpfern dazustehen, und den Geschlechtsakt entweder offensiv einfordern (die Mädels auf der Tanzfläche, die wenigstens schon das Glück hatten, von seinem Schwanz penetriert zu werden) oder gedanklich durchspielen (die Bäckerin im Café, die Tommy und Nils – wahrscheinlich doch eher Tommy, der trägt immerhin Hut statt Fahrradhelm – provokant ihren Hintern entgegenstreckt).

Und dann die Homophobie. Junge, Junge, Schweiger, da magst du in der Presse noch so offen für eine tolerante Gesellschaft eintreten, in deinen Filmen ist davon nichts zu sehen. Schwulenwitze, die schon seit Jahrzehnten ein alter Hut sind, fürs 21. Jahrhundert neu aufbereitet: Nils rät von Haarspray ab, sonst könnte sein Sohn am Ende noch für schwul gehalten werden. Ein Urologe steckt seinem Patienten den Finger in den Po und klopft dumme Sprüche. Dazu kommt die primitive und endlos in die Länge gezogene Szene in Dusche und Sauna, wo ein weiterer Gast sich allerlei vermeintlicher homosexueller Anzüglichkeiten ausgesetzt wird und die Hausmeisterin doch glatt zuerst glaubt, die Jungs würden wilde Sexspiele treiben. Dabei schockiert mich weniger, derartige Eskapaden in einem Schweiger-Film zu sehen, denn er fiel ja in der Hinsicht in der Vergangenheit schon negativ auf. Mich schockiert vor allem, dass als Co-Autor der Kabarettist Lo Malinke aufgeführt ist, der seit Jahren offen homosexuell ist. Welcher Teufel hat ihn geritten, seinem Regisseur all diese ultraprimitiven Anzüglichkeiten aus der Mottenkiste durchgehen zu lassen und, wenn das alles Schweigers Ideen waren, sich nicht von diesem Werk zu distanzieren?

Überhaupt: das Drehbuch. Falls das oben nicht deutlich genug geworden ist: eine einzige Katastrophe. Selbst wenn ich die grausamen Gags – tatsächlich überlege ich fieberhaft, ob es auch nur einen einzigen guten gibt – ausklammere und selbst wenn ich generell jemand bin, der derben Komödien keinen Strick daraus drehen möchte, wenn sie zur reinen Nummernrevue verkommen, ohne akribisch auf sinnvolle Szenenanschlüsse zu achten, und gewisse Aktionen von Figuren darin hoffnungslos überzeichnet dargestellt werden, selbst dann möchte ich diesen Mist, den Schweiger und Malinke mir hier vor die Füße scheißen, nicht akzeptieren. Das liegt auch daran, dass „Klassentreffen 1.0“ kein „Airplane“ ist, in dem absurde Situationen über absurde Situationen kreiert werden mit Gags über Gags über Gags, sondern zwischendrin und besonders am Ende nachdenkenswerte Passagen mit dicker Moral beimengt, also schon möchte, dass man sich für die darin vorkommenden Menschen interessiert. Das hier soll schon eine Komödie sein, aber eine Komödie mit dramatischen Elementen. Deshalb wirkt es auch einfach falsch, wenn vor allem Nils und Andreas nie ernsthafte Konsequenzen befürchten müssen, weil ihre Mitmenschen in der nächsten Szene sowieso wieder vergessen haben, wie arschig diese sich eben noch benommen haben. Andreas spielt mit seiner Ex und ihrem Freund, die bei allem verständlichen Frust mit ihrer Beziehung nichts Verbotenes tun, einen wirklich widerlichen Scherz, und Tanja ist es so egal, dass sie schon zwei Tage später bei ihm auf der Matte steht – reumütig, weil nicht er den Fehler gemacht hat, sondern sie. Alles für das Super-duper-Mega-Dreifach-Happy-End, und ist es auch noch so erzwungen. Oder Sanne, die vermutlich merkwürdigste Frau im gesamten Film, die sich vor dem Fast-Blowjob bei Nils im Bad erbricht, dann aber wie selbstverständlich in seinem Hotelbett pennt, obwohl er gerade geknickt das Zimmer verlassen hat, um noch eine Szene weiter dann halt mit Andreas vögeln zu wollen, um eine weitere Szene später dann doch nicht mit ihm gevögelt zu haben. Das ist so nachlässig aneinandergetackert und kommt in einem so ausgeprägten Maße vor, dass es fast wütend macht. Ich finde, ein bisschen Kohärenz wird man doch wohl erwarten dürfen, und man sollte das Publikum nicht ganz für dumm verkaufen, nur weil man der Meinung ist, die werden’s schon schlucken. Das werde ich bestimmt nicht, Schweiger.

Zu dem katastrophalen Drehbuch kommen auch handwerklich gravierende Schwächen, und damit meine ich vor allem den haarsträubend konfusen Schnitt, der auch noch den letzten Funken Qualität erlischen lässt. Wer auch immer Schweiger, der hier gemeinsam mit Robert Kummer am Werk war, ans Schnittpult gelassen hat, schließe das bitte zukünftig endlich ordentlich ab. Jede einzelne Szene ist hoffnungslos zerschnitten, selbst die Dialoge verkommen so zu einem unübersichtlichen Schnittsammelsurium, das vielleicht in Actionfilmen aus Gründen der Dynamik angebracht ist, aber doch nicht in einer dialoglastigen Komödie. Nie lassen die Verantwortlichen mal eine Einstellung auf sich wirken, weil sie offenbar der Meinung sind, mehr als fünf Sekunden ruhendes Bild sind langweilig. Die zahllosen Reaction Shots erwähnte ich oben ja schon: Wenn beispielsweise Tommy einen seiner geilen Sprüche reißt, muss natürlich bruchteilsekundenhaft noch kurz gezeigt werden, wie Lili darüber schmunzelt. Es reicht nicht zu zeigen, dass Tommy gerade verdammt lustig ist. Es muss gezeigt werden, dass Tommy gerade verdammt lustig ist UND dass andere das auch verdammt lustig finden. Oder anders herum: Nils heult mal wieder wegen seiner Hämorrhoiden rum. Dann wird halt nicht nur gezeigt, wie er sich beklagt, sondern wie er sich beklagt UND wie andere mit den Augen rollen. Als wüssten wir nicht, dass die anderen das sowieso tun. Das ist in der Masse einfach überflüssig und geht nebenbei bemerkt auch auf Kosten der an sich fähigen Schauspieler, weil ihnen ja nie die Chance gegeben wird, sich zu profilieren, da die Kamera nie lange auf einem Gesicht verharrt. Und es würde auch auf Kosten guter Gags gehen, wenn sich denn einer davon ins Skript verirrt hätte. Tommys Gag mit den Kürbisverkäuferinnen mit anschließendem Auffahrunfall bei Ralf Moeller und der Flucht erreicht so beispielhaft schon eine regelrecht bizarre Qualität, weil die Szene so miserabel geschnitten und erbärmlich getimt ist – und weil unvermittelt „Take on Me“ von a-ha über uns hereinbricht.

Das ist übrigens auch so ein erfreuliches Thema: die Musik. Das ist – wie die hyperaktive Schnittarbeit – nicht exklusiv in „Klassentreffen 1.0“ zu beobachten, sondern bereits in Schweigers früheren Regiearbeiten. Es vergeht praktisch nicht eine Szene, die nicht damit endet, dass irgendein Popsong hereinplatzt und in die nächste Szene überleitet. Das darf Schweiger ja, wenn er will, auch gerne machen – und ich finde es ja durchaus schön, a-ha oder Haddaway in Filmen von 2018 aus nostalgischen Gründen einmal wiederzuhören –, aber doch bitte in Maßen und nicht aus Prinzip. Und ein netter Nebeneffekt wäre es auch, wenn ein Musikstück nicht einfach willkürlich in den Film geschissen werden, sondern auch eine Stimmung transportieren würde. Es einfach nur zu verwenden, weil der Regisseur es toll findet, ist relativ sinnfrei. Oder was für einen Sinn hat es, laut „What is Love?“ einzuspielen, wenn wir Tommy gerade dabei zusehen, wie er versucht, seine Stalkerin loszuwerden? So kommen dann halt laut Abspann 25 angespielte Songs in rund zwei Stunden zusammen, was prozentual dann mal eben einen Song alle fünf Minuten macht.

Punkten kann Schweiger wie gewohnt bei den mittlerweile möglicherweise auch schon zu oft gesehenen, aber an sich hübschen sepiafarbenen Bildern. Die Optik hat nach wie vor Kinoqualität und ist nicht zu vergleichen mit TV-Produktionen, leidet allerdings auch merklich darunter, dass hektischer Schnitt Trumpf ist und wenig Raum bleibt, in die schöne Umgebung einzutauchen.

Auch schauspielerisch kann man sich nicht beschweren: Samuel Finzi (Nils) und Milan Peschel (Andreas) haben Spaß an ihren Volldeppen-Rollen im Schatten ihres weisen Freundes. Nur leider kann ich das zumindest bei Finzi nicht im Geringsten verstehen. (Halt, falsch! Eigentlich kann ich es bei niemandem verstehen, der nach Lesen des Drehbuchs sagte: Oh ja, da will ich mitspielen.) Ich meine, einen Versagertypen zu spielen ist eine Sache, aber einen Versagertypen, der zum Punchingball für allerlei unter der Gürtellinie angesiedelte Primitivstgags wird, bei denen Schweiger nicht mal davor zurückschreckt, ihn im Finale vor versammelter Gästeschar sein geschundenes Arschloch präsentieren zu lassen? Nein, beim besten Willen, nein: Ich kann und werde das nicht verstehen. Peschel kommt als wandelnder Choleriker fast durchgängig wie der letzte Vollarsch rüber, was garantiert nicht beabsichtigt war, aber wofür er letztlich nichts kann, außer eben dass er Ja zu dieser Rolle gesagt hat. Til Schweiger (Tommy) spielt halt das, was er als Einziges kann, den lustig-klug-potent-reichen Vollblutmacho-Gott mit dem weichen Herzen. Sympathisch kann ich an dem so gar nichts finden, auch wenn er so erscheinen will. Letztlich ist seine Stilisierung zum notorischen Frauenhelden mit dem Hang zu Seitensprüngen und schlagfertig gemeinten, aber in Wirklichkeit einfach nur höhlenmenschendummen Sprüchen jedoch hochgradig lächerlich, von seinem dauerpräsenten affigen Hut und dem hin und wieder zelebrierten Zahnstochergekaue mal ganz abgesehen. So einen Mann kann keine Frau ernsthaft dauerhaft haben wollen. Lilli Schweiger (Lili) leidet darunter, nach der Ankunft im Hotel schnell ins zweite Glied zu rutschen und als oberflächliche Luxusgöre zu erscheinen, bringt aber immerhin im Gegensatz zu ihrer talentfreien Schwester Emma Tiger eine gewisse Natürlichkeit ein und stört nicht weiter.

Noch weniger fallen die altgedienten Katharina Schüttler (Jette) und Stefanie Stappenbeck (Linda) auf, Gleiches gilt für Jeanette Hain als Andreas‘ Ex Tanja, die Staffage bleibt, nachdem sie in der Rückblende sich noch als Schreckschraube präsentierte. Wenigstens bewahren sie alle ihre Würde, wobei ich Hains Dialog mit Peschel über den Kackgeruch schon grenzwertig finde. Sich zum Affen machen muss Marie Burchard als Simone, die sich im grellen Overacting verliert (und offenbar auch Spaß daran hat), Eva Luca Klemmt (Sanne) kommt ziemlich debil rüber, Sonja Kirchberger (Eva) verschleißt sich in einer kleiner Nebenrolle, ist mittlerweile aber vermutlich für jede Rolle dankbar, die man ihr anbietet. Andererseits hat sie wahrscheinlich eh genug mit ihrem Restaurant auf Mallorca zu tun, dass sie keine Ambitionen für mehr hat. Hinzu kommen einige Gastauftritte: Ilka Bessin als Hausmeisterin, Steffen Wink als Urologe sowie Angelo Kelly und Gisa Flake als die tumben Eltern von Horst Kilian.

Die Spielfreude der meisten Beteiligten kann und darf allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass in „Klassentreffen 1.0“ nicht bloß ein erschreckend witzloser Ego-Film mit geschmacklosen Witzchen steckt, der sich selbst für schweigersche Verhältnisse entsetzlich häufig, nämlich fast ausschließlich, um alles rund um Schwänze, Ärsche und Scheiße dreht, nur um das Platteste vom Platten direkt vom 50-Cent-Grabbeltisch in der hintersten Kloake des Comedy-Ladens. Er transportiert darüber hinaus ein äußerst bedenkliches Menschenbild, das mehr über Schweigers eigene Gedankenwelt verrät, als eine Dokumentation über ihn jemals vermitteln könnte. Dieser gesellschaftlich durchaus engagierte Mann, der sich gegen Kinderarmut stark macht und sich mit seiner Stiftung für die Verbesserung der Chancen benachteiligter Kinder und Jugendlicher egal welcher Herkunft einsetzt, der sich für die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare in Deutschland ausspricht, zeigt nichts, aber auch gar nichts davon in seinen Filmen, vor allem aber nicht in diesem, wo die meisten Frauen nur dumm und/oder Bückstücke sind und männliche Homosexualität eine Laune der Natur ist, der man nur mit schlechten Witzen beikommen kann. Ob er damit Teile seines Publikums verletzt? Interessiert ihn offenbar nicht, ist doch alles nur eine Riesengaudi. Nein, Herr Schweiger, das ist es nicht. Peinlich, abstoßend und mit Gewissheit die in allen Belangen schlimmste Komödie, die ich seit langer, langer Zeit gesehen habe.


BOMBEN-Skala: 8

BIER-Skala: 1


mm
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Thorsten
Thorsten
20. April 2020 20:10

Was ein episches Review! Hab mich ordentlich amüsiert. 10000 x besser als sich diese Schmach anzusehen.

mm
Webmaster
Doc Acula
21. April 2020 20:52
Reply to  Thorsten

Das ist der Sinn. Besser einer von uns leidet als unschuldige Zuschauer 🙂

DMJ
DMJ
5. Mai 2020 15:44

Himmel! … Also … ich meine … HIMMEL!!!

Ich habe ja durchaus auch einige Schweiger-Filme durchlitten und als ich den Trailer sah, auch grimmig mit den Zähnen geknirscht, aber dass dieser hier SO schlimm wäre, hätte ich auch nicht gedacht. Das klingt wirklich nach einer epischen Komplettkatastrophe, die nicht einfach nur schlecht, nicht einfach nur aktiv scheiße (um es mit dem Wortvogel zu sagen) ist, sondern so geballt UNSYMPATHISCH, dass es einen umhaut, wie irgendwer anderes, als das bizarre Ego, das ihn erschaffen hat, es für okay gehalten haben kann.

michael zunk
michael zunk
22. März 2021 21:39

wie heißt die tietelmusik (erster Song des Films ??) und der interpret ??