Kill Zombie!

 
  • Deutscher Titel: Kill Zombie!
  • Original-Titel: Zombibi
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  • Regie: Martijn Smits, Erwin van den Eshof
  • Land: Niederlande
  • Jahr: 2012
  • Darsteller:

    Yahya Gaier (Aziz), Mimoun Ouled Radi (Mo), Gigi Ravelli (Kim), Sergio Hasselbaink (Jeffrey), Uriah Arnhem (Nolan), Noel Deelen (Jooris), Nadia Poeschmann (Tess), Carlo Boszhard (Jan de Hoop), Yesser Roshdy (Barachi Brother, als Yes-R), Iliass Ojja (Barachi Brother), Ben Saunders (als er selbst)


Vorwort

Aziz ist ein langweiliger und gelangweilter Aktenschubser in einem Großraumbüro in Amsterdam – einziger Quell seiner Freude ist die Schwärmerei für seine attraktive Kollegin Tess, hinter deren Telefonnummer die gesamte Firma, soweit sie männliche Geschlechtsmerkmale aufweist, her ist. Gerade, als Tess den armen Aziz unvermittelt zu einem Date auffordert, wird er wegen exzessiver Privattelefonate mit seinem nichtsnutzigen Bruder Mo gefeuert. Mo, der sich gerade auf der Gartenparty eines Rappers o.ä. herumtreibt, sieht das locker – jetzt, wo Aziz beruflich frei ist, kann er ja in Mos neuesten Plan zum Reichwerden durch Geschäftseröffnung einsteigen. Aziz ist klar, dass solche Pläne nicht mal die Atemluft wert sind, mit der sie ausgesprochen werden, aber noch bevor er seinem Bruder vors Knie nageln kann, dass er mit Sicherheit bei keiner windigen Unternehmung mitmachen wird, hat Mo schon den Gastgeber der Party entscheidend verärgert und dessen Bodyguards am Hals. Ehe sie sich’s versehen, finden sich Mo, Aziz und die Schlägertypen Jeffrey und Nolan hinter holländischen Polizeigardinen wieder…

An diesem Abend, den unsere Protagonisten also in der Gastfreundschaft der königlich niederländischen Gesetzesmacht verbringen, knallt ein russischer Satellit auf Amsterdam – und genau in die obersten Etagen des einstmals von Aziz mit besetzten Bürotowers. Mit an Bord hat der Satellit einen grünlichen Schleim, der bei Berührung unglückselige Menschen in fleischfressende Zombies verwandelt. Als sich am nächsten Morgen automatisch die Zellentüren öffnen, ist Amsterdam längst ein Schlachtfeld – allerdings eins, das die Zombies längst erfolgreich als „Ihres“ reklamieren können. Die Armee hat Amsterdam wenigstens abriegeln können und fordert Überlebende auf, sich in Schutzzonen zu melden. Aziz und seine Gefährten stehen der Zombieinvasion allerdings recht hilflos gegenüber – auch ihr Mitgefangener, ein Investmentbanker namens Jooris, kann ihnen nicht unbedingt weiterhelfen, eher schon die taffe Polizistin Kim, die als einzige das Blutbad im Polizeirevier überlebt hat und es in einem unerwarteten Aufwallen von Verantwortungsbewusstsein für kriminelles Gezücht für ihre Pflicht hält, die Logiergäste solange am Leben zu halten, bis die Armee eintrifft und sie retten wird.

Prinz Ipiell würde das für einen ganz tauglichen Plan halten, aber da ereilt Aziz ein Anruf auf seinem Handy – es ist Tess, die noch immer im Bürogebäude von Zombies umzingelt ist und sich in die Luftschächte geflüchtet hat. Ob Aziz sie nicht vielleicht freundlicherweise ein bisschen retten könnte? Auf solch eine Gelegenheit hat der verhinderte Held ja nur gewartet… die Plünderung eines Sportgeschäfts bringt Waffen und Body-Armor, jedoch nicht unbedingt den Willen seiner Mitstreiter. So ist es am Ende nur Kim, die – wider besseres Wissen- mit Aziz aufbricht, während Mo, Nolan und Jeffrey von Jooris angestiftet werden, sich die dringend benötigte Finanzspritze zu beschaffen, in dem sie die Bank, in der Jooris beschäftigt ist, ausrauben. Dabei fängt sich Nolan einen Zombiebiss ein…

Kim und Aziz kämpfen sich zum Bürogebäude durch, wo auf Aziz eine wenig erbauliche Feststellung wartet – Tess in ihrer Rolle als offizielle Büroschlampe, hat JEDEN angerufen, mit dem sie schon mal im Bett war, und das waren ’ne ganze Menge Kollegen, d.h. in Punkto Rettung müsste Aziz sich schon ganz weit hinten anstellen. Und mittlerweile ist Kim, die am Marokkaner durchaus Gefallen gefunden hat, auch ziemlich sauer auf Aziz, weil sie davon ausging, mit Tess wäre das eine richtige echte Beziehung und nicht nur Wunschdenken gewesen. Auch Jeffrey und Mo verirren sich zum Bürotower – und zudem haben die Russen noch einen Zombiebekämpfungsspezialisten nach Amsterdam geschickt, der mit Untoten, Infizierten und dem Satellitenschleim ausgesprochen endgültig aufräumen soll…


Inhalt

Und noch ’ne Zombiekomödie. Man hat das Gefühl, wenn irgendwo auf der Welt ein Filmemacher unbedingt was drehen will, aber nicht eine einzige Idee im Oberstübchen rumschwirrt, dann macht er eine Zombiekomödie. Da kann man sich am Ende immer drauf rausreden, dass alles ja lustig gemeint ist und jede Schwachmatigkeit im Zweifelsfall „Absicht“ war. Zwar ist sich die Konsumentenwelt weitgehend einig, dass das ZomCom-Genre schon längst über das Stadium hinaus ist, an dem man es mit einem Kopfschuss erlösen sollte, nur zu den Filmschaffenden der Welt hat sich das noch nicht durchgesprochen. Dann eben auch mal eine niederländische Zombiekomödie. Hatten wir da schon eine? Ich kann mich spontan nicht erinnern.

Dann also ins Land von Käse, Tulpen und Cannabis. Verantwortlich für den Untotenschwank sind die Regisseure Martijn Smits und Erwin van den Eshof. Während van den Eshof immerhin den auch international veröffentlichten Horrorfilm „Haus der toten Seelen“ auf dem Kerbholz hat, ist „Kill Zombie!“ für Smits der erste abendfüllende Spielfilm, nachdem er seinen Kurzfilm „The Wretched“ in der Horror-Anthologie „The Nightmare Collection Vol. 1“ unterbrachte. Die beiden Burschen verstanden sich offenbar gut genug, um später gemeinsam eine Cop-Sketch-Comedy-Show namens „Popoz“ für’s Fernsehen in Angriff zu nehmen, der mittlerweile auch ein Spielfilm folgte. Auch „Kill Zombie!“ wurde übrigens großzügig von der niederländischen Dependance des TV-Konglomerats RTL unterstützt, was offenbar auch die Mitwirkung des holländischen TV-Moderators und -komikers Carlo Boszhard ermöglichte.

Aus der Inhaltsangabe wird klar -“ Kill Zombie!“ wäre herzlich gern „Shaun of the Dead“, die Geschichte eines „loveable losers“, der im Angesicht der Katastrophe für die Liebe über sich hinaus wächst. Nun sagte „Shaun“ zu dem Thema alles, was gesagt werden musste, und das auch noch in Perfektion, womit „Kill Zombie!“ schon mal seiner Existenzgrundlage beraubt wäre. Aber tun wir mal so, als gäbe es „Shaun“ nicht. Auf den ersten Blick machen Smits und van den Eshof gar nicht viel falsch – sie vergessen bei allem Spaß-haben-wollen nicht, dass die Geschichte an sich nicht lustig ist, sondern ihren Humor aus Situation und Charakteren heraus entwickeln muss (ich erinnere an meine Theorie, dass die wirklich *guten* Horror-Komödien deswegen funktionieren, weil sie im Grunde grimmige Geschichten erzählen und diesen Umstand nicht vergessen, siehe „Shaun“, siehe „Tanz der Vampire“). Der Haufen, den die Regisseure zusammenwürfeln, ist in seiner Heterogenität auch ganz gut getroffen – der langweilige Aziz, sein Slacker-Bruder Mo, die pseudocoolen und -harten Nolan und Jeffrey, der schmierige Banker Jooris und die die Polizistin Kim, die als einzige der Situation mit gewisser Kompetenz und Ratio gegenübersteht, das kann durchaus funktionieren. Woran’s mangelt, ist die Identifikationsfähigkeit mit den Charakteren, etwas, was „Shaun“ (ich entschuldige mich für den inflationären Verweis auf „Shaun“, aber so eng, wie „Kill Zombie!“ sich an Edgar Wrights modernen Klassiker anlehnt, kann man gar nicht anders) im Handumdrehen schaffte. Jemanden wie Shaun kennt jeder (oder ist es sogar), kann sich in dessen Lage versetzen und tut dies auch gerne, weil man erkennt, dass Shaun hinter seiner Loser-Attitüde ein netter Kerl ist, mit dem man gern im Winchester ein Bier oder fünf trinken würde. Aziz dagegen IST nichts anderes als langweilig, er hat keine Eigenschaften, die ihn wirklich menschlich, dreidimensional werden lassen (und wenn man sich die „Bier“-Frage stellt… kommt man zu dem Schluss, dass Aziz einen in der Kneipe mit furchtbaren Anekdoten aus seinem Büro zu Tode langweilen würde). Mo wäre sicher gerne eine Nick-Frost-Figur, aber auch ihm geht die menschliche Wärme, die Frost immer in seine gerne auch mal auf Anhieb eher unsympatischen Charaktere steckt, völlig ab. Über Nolan und Jeffrey erfahren wir viel zu wenig, als dass wir mit ihnen mitleiden und -lachen könnten, und Jooris ist eh nur dabei, um als Katalysator für die hirnige Idee des Bankraubs zu fungieren. Bleibt eigentlich nur Kim und bei ihr muss man sich dann halt schon fragen, welchen Narren sie an dem doofen Aziz gefressen hat… Ich verteile einen Anerkenntnispunkt für den diversen Cast mit den marokkanischen und surinam’schen Einwanderern (die’s in Holland seit Gert Wilders ja auch nicht mehr leicht haben), aber auch daraus entwickelt das Script nicht mehr als ein paar laue gegenseitige Rassismus-Gags.

Das Tempo ist zweifellos hoch, ohne dabei zu vergessen, für ein paar Charaktermomente auch mal die Geschwindigkeit rauszunehmen, aber so richtig will das alles nicht zünden. Die Slapstick- und Dialoggags sind nur selten von der Qualität, um mehr als nur ein müdes Grinsen zu entlocken, und manchmal sogar brutal fehlgeleitet. Ein Beispiel: als Nolan vom Zombie gebissen wird, stellt sich für das genreübliche Problem, dass er demnächst turnen wird und man ihn daher vorher töten sollte. Das *kann* man schon mal auf den Lacher hin inszenieren, und das versuchen Smits und van den Eshof, doch leider entgleitet ihnen diese Szene völlig. Der „Gag“ ist, dass Nolan irgendwie, obwohl noch nicht zombifiziert, nicht umzubringen ist, egal, welche Mittel und Geschütze Jeffrey und Mo auffahren. Wir erleben diese Szene komplett aus Nolans POV – mit all seinen Schmerzenslauten – und dadurch verwandelt sich die Szene vom „lustig“ gemeinten Gnadenakt zu einer Orgie zynischen Sadismus (verstärkt dadurch, dass Jeffrey und Mo schließlich und endlich aufgeben und Nolan die „Erlösung“ verweigern, sie sind in diesem Moment nichts mehr anderes als Sadisten, die sich von ihrem Opfer gelangweilt abwenden). Solche geschmacklichen Fehlleistungen leistet sich „Kill Zombie!“ nicht oft, aber oft genug, um seinen Ton als Funsplatterspaß aus dem Fokus zu verlieren. Technische Gimmicks wie Splitscreens oder eine „Videospiel“-Sequenz lockern den Film visuell durchaus auf.

Dennoch überlegte ich schon während des Films, warum er bei mir einfach nicht funktionieren wollte, obwohl ich schon mit anderen Zombiefilmen, komisch oder nicht, meinen Spaß haben kann, auch wenn sie sich mal verzetteln, „grausam“ mit „lustig“ verwechseln oder sich bei den Charakteren vertun, wo „Kill Zombie!“ doch durchaus rasant, handwerklich allemal ordentlich und mit genügend Action inszeniert ist. Nach einer Weile fiel es mir wie Schuppen aus dem Haupthaar – das ganz große Problem von „Kill Zombie!“ ist sein Score. Man entschied sich nämlich für einen reinrassig symphonischen (natürlich synthi-symphonischen) Score und dann noch für einen „dramatischen“ solchen. D.h. es stellt sich sofort das Missverhältnis ein, dass der Film uns visuell erzählen will, dass das alles total lustig und Zeuch ist, die Musikspur allerdings das blanke Gegenteil behauptet – dann aber auch mal wieder viel zu weit in den Hintergrund gesmicht wird, um effektiv zu sein oder stellenweise komplett durch Abwesenheit zu glänzen, wo ein akustischer Cue, selbst tonal danebeliegend, gebraucht würde. Ich muss noch mal auf „Shaun“ zurückkommen – wie Wright die Musik quasi als eigenen Charakter einsetzte, war genial („If you leave me now“ oder „Don’t stop me now“ wird man nie wieder mit den gleichen Ohren hören). Klar, das kann ein kleiner Indie-Film aus Holland, der sich nicht die Musikrechte für einige der größten Bands des 20. Jahrhunderts leisten kann, nicht auf die gleiche Weise tun, aber Herrgott, es wird doch in Amsterdam und Umgebung ein paar Punk- oder Rockbands geben, und auf alle Fälle ein paar Rapper, die ein paar energische Arschtreter-Songs oder was lustig-unterhaltsames hätten beisteuern können. Am Ende des Tages zerstört der gleichermaßen deplazierte wie lasche Score jeglichen emotionalen und/oder humoristischen Impact, den der Film vielleicht haben könnte.

Die Splatter-Effekte sind nicht der Rede wert – das ist technisch durchaus routiniert, da und dort mit CGI aufgepeppt und sieht durchaus praktikabel aus, haut aber niemandem vom Hocker, schon gar nicht in einer Zeit, in der abgerissene Köpfe und zertrennte Körper FSK-16-taugliche Familienunterhaltung geworden sind…

Auch die Darsteller reißen niemanden vom Hocker. Yahya Gaier („Schnitzelparadies“) und Mimoun Ouled Radi („Kicks“, „Gangsterboys“) haben als Brüderpaar kaum Chemistry, Sergio Hasselbaink („Popoz“) und Uriah Arnhem („Popoz“) sind zumindest engagiert bei der Sache, könnten aber ebenfalls von lustigerem Material profitieren. Gigi Ravelli (lange Jahre in der holländischen Version von „GZSZ“) ist das darstellerische Highlight als Polizistin Kim. Neben Carlo Boszhard gibt’s noch einige weitere Gaststars – die holländischen Rapper (sag ich doch, sowas gibt’s) Yes-R und Iliass Ojja spielen die coolen Barachi-Brothers, die als personifizierte deus-ex-machinas ab und zu auf unsere Helden treffen (aber auch ein riesiges Plothole aufreißen – wir erfahren beiläufig, dass es in einem von den Barachis betriebenen Lokal SCHON MAL einen Zombie-Outbreak gab!) und die sogar einen halbwegs domestizierten Kampfzombie haben, dem holländischen Sänger und „The Voice“-Sieger Ben Saunders klauen Jeffrey und Mo ein Auto (und erschießen ihn versehentlich), und die Kickbox-Legende Remy Bojansky gibt sich als Gastgeber der Gartenparty, in der Mo und Aziz zu Filmbeginn unangenehm auffallen, die Ehre.

Die Blu-Ray kommt aus dem Haus Falcon New Media und ist okay – bei einem 2012er-Film darf man gute Bildqualität voraussetzen und die deutsche Synchro ist passabel. Extras gibt’s keine.

Fazit: Der holländische Zombie-Film spielt, wenn man nach „Kill Zombie!“ geht, sicher nicht auf internationalem Niveau. Selbst eher mittelprächtige ZomComs wie „DeadHeads“ und Konsorten schlagen diesen uninspirierten „Shaun-„Rip-off mühelos k.o. – „Kill Zombie!“ fehlt es an guten Gags, besseren Schauspielern und ganz besonders an Substanz und Verständnis an bzw. für komisches Material. Den kann man getrost liegen lassen…

(c) 2017 Dr. Acula


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