- Deutscher Titel: Katzenauge
- Original-Titel: Cat's Eye
- Regie: Lewis Teague
- Land: USA
- Jahr: 1985
- Darsteller:
Drew Barrymore (Amanda), James Woods (Richard „Dick“ Morrison), Alan King (Dr. Vinnie Donatti), Kenneth McMillan (Cressner), Robert Hays (Johnny Norris), Candy Clark (Sally Ann), James Naughton (Hugh), Tony Munafo (Junk), Mike Starr (Ducky)
Vorwort
CAT’S EYE handelt vom General, einer Miezekatze, die wegen schlechtem Karma oder so was eine echt schlechte Woche erwischt und sich mit folgenden drei barthaarsträubenden Abenteuern herumschlagen muss:
”Quitters Inc.”:
Unser feliner Protagonist geht (nachdem er grade einem unfreundlichen Köter entkommen ist) nichts Böses ahnend seiner Wege, als ihn plötzlich eine Art telepathischer Hilferuf eines kleinen Mädchens erreicht. Bevor er diesem aber zur Hilfe eilen kann, wird er eingefangen und landet in einem Spezialraum, dessen vergitterter Boden unter Strom gesetzt werden kann. Was für den Kater eine Tortur wird, ist eigentlich eine drastische Demonstration für Richard Morrison: Den hat es zu Quitters Inc. verschlagen, einer Firma, die Rauchern hilft, von ihrer Sucht loszukommen. Dies mittels einer radikalen Aversionstherapie: Richard wird von nun an ständig überwacht und sollte man ihn dabei erwischen, wie er sich eine Zigarette anzündet, so wird seine geliebte Frau vor seinen Augen in besagten Spezialraum gesteckt; die Folgen bei weiteren Rückfällen sind noch verheerender. Wird er den Entzug durchhalten?
„Der Mauervorsprung“:
Der General entkommt den Knalltüten von Quitters Inc., nur um wenig später in die dreckigen Griffel von Cressner zu geraten, einem widerlichen und skrupellosen, aber stinkreichen Geschäftsmann, der ständig alle möglichen und unmöglichen Wetten abschliesst (den General nimmt er zum Dank bei sich auf, weil der ihm zum Gewinn einer solchen verholfen hat). Dieser lässt den Tennislehrer Johnny Norris, Geliebter seiner Frau, in seine Wohnung im 43sten Stock eines Hochhauses bringen und stellt ihn vor die Wahl: Entweder wandert er wegen eines Drogenpäckchens, das Cressner ihm unterschieben liess, für Jahrzehnte ins Gefängnis, oder er geht auf eine Wette ein: Schafft er es, auf einem dünnen Mauervorsprung das Stockwerk zu umrunden, bekommt er Freiheit, Geld und Frau. Beim kleinsten Misstritt endet er allerdings als Belag auf dem Strassenpflaster…
„Der General“:
Schliesslich schafft es unser kätzischer Held in einen hübschen Vorort, wo er Amanda, das besagte hilfebedürftige Gör, findet. Dieses wird bedroht von einem bösartigen kleinen Troll, der versucht, ihm den Atem zu stehlen (zu welchem Zweck auch immer). Einzig der General kann es mit dem Zwerg aufnehmen, doch Mutter Sally Ann hat entschieden etwas gegen Katzen und der Troll lässt sich nicht einfach so vertreiben: Er tötet den Wellensittich des Mädchens, wofür Sally Ann den General verantwortlich macht und den Kater in ein Tierheim verfrachtet. Nun hat der Troll freie Bahn… Oder?
Inhalt
Mitte der 80er war Stephen King längst als Schriftsteller-Superstar etabliert, der einen Bestseller nach dem anderen in die Welt setzte und dessen Werke in schöner Regelmässigkeit (teils mehr, teils weniger erfolgreich, sowohl künstlerisch als auch finanziell) verfilmt wurden. Bei dem Episodenfilm KATZENAUGE war er nun gar für das Drehbuch verantwortlich (wie schon bei CREEPSHOW), wobei er für diesen zwei seiner Kurzgeschichten adaptierte („Quitters Inc.“ und „Der Mauervorsprung“) und eine zusätzliche Story verfasste („Der General“). Aber ausgerechnet das Drehbuch bereitet mir einiges an Kopfzerbrechen, was beispielsweise den telepathischen Hilferuf an den Kater anbelangt: Wieso muss es überhaupt eine Katze sein und wieso gerade diese? Wieso hat das Mädchen telepathische Kräfte? Wieso kann sie sich augenscheinlich aber nicht daran erinnern, den General auf diese Art herbeigerufen zu haben? (Dazu muss gesagt werden: Ursprünglich gab es einen Prolog, der dies erklären hätte sollen; dieser wurde aber auf Geheiss der Produktionsfirma entfernt.) Wenig nachvollziehbar ist auch das völlig unglaubwürdige Verhalten von Morrisons Frau in der ersten Episode (ich hätte mich an ihrer Stelle für die Ohrfeige entschieden, aber so was von!) oder das plötzliche Verschwinden von Cressners Helfer Ducky in der zweiten.
Aber was soll’s. Das sind vernachlässigbare Unstimmigkeiten, die den Gesamteindruck des von Lewis Teague (DER HORROR-ALLIGATOR, CUJO, WEDLOCK) inszenierten (und an der Kasse leider gefloppten) Filmes nicht wirklich zu trüben vermögen. „Quitters Inc.“, die erste Story, überzeugt durch die Schilderung einer Firma, die an die geistigen Ausgeburten eines Orwells oder Kafkas erinnert und die mit ihren radikalen Methoden eine herrlich böse Satire auf die fanatischen Gutmenschen darstellt, die gerade heute, in der Zeit des Gesundheitswahns, wieder ihr hässliches Haupt erheben. Eine äusserst kaltschnäuzige (und spassige) Vorstellung liefert hier der 2004 verstorbene Komödiant und Gelegenheitsschauspieler (CASINO, RUSH HOUR 2) Alan King als Firmenleiter Donatti. Ebenso überzeugend, allerdings weitaus sympathischer, ist James Woods (VIDEODROME, ONCE UPON A TIME IN AMERICA, GHOSTS OF MISSISSIPPI) als Richard, der kaum fassen kann, in was er da hineingeraten ist, und mit seiner Nervosität so mitleiderregend wie komisch wirkt.
Während „Quitters Inc.“ teils ziemlich überdreht daherkommt (wenn beispielsweise Donatti voller Hass auf ein Päckchen Zigaretten einschlägt oder Richard während einer Party die wildesten Halluzinationen hat), so setzt „Der Mauervorsprung“ auf einen bodenständigeren, aber sehr grimmigen Humor, der sich vor allem aus dem widerwärtigen Charakter Cressners ergibt. Gespielt wird dieser von Kenneth McMillian (unvergesslich als Baron Harkonnen in Davind Lynchs DUNE, gestorben 1989), der einen wahrhaft hassenswerten Bösewicht abgibt, wenn er sich wie ein mieses kleines sadistisches Rotzgör an Norris’ Leid erfreut.
Und Robert Hays (AIRPLANE! Teil 1 und 2, DEADLY INVASION) ist in der Rolle des Norris, wie Woods als Morrison, ein Held, mit dem man heftig mitfiebert: Sein Kampf gegen Cressners „Spässe“, aggressive Tauben und den Wind ist ausnehmend spannend, auch deshalb, weil diese Episode, ebenso wie die vorhergehende, von der kurzen Laufzeit profitiert, sorgt diese doch für eine steile Spannungskurve und eine Konzentration auf das Nötigste, die keinen Leerlauf zulässt (wobei „Der Mauersprung“ aufgrund der räumlichen und zeitlichen Enge, die hinzukommt, noch einen Tick dramatischer wirkt; die beste der drei Episoden).
Die letzte Geschichte kommt im Vergleich zu den anderen beiden doch etwas warmherziger rüber, allein schon wegen der anrührenden Freundschaft zwischen Drew Barrymore (mit FIRESTARTER bereits in einen anderen King-Verfilmung zu sehen, ferner in E.T. oder – als Erwachsene – in Zeugs wie CHARLIE’S ANGELS) in der Rolle der Amanda und dem tapferen Kater (ein grosses Lob übrigens an die Tiertrainer, die hier einen hervorragenden Job abliefern). Der Troll ist aber ein wunderbar gemeines Monster mit einem herrlich abstossenden Äusseren (die fiese Fresse vergisst man nicht so schnell); ein Hoch auf die Effektspezialisten. Beeindruckend auch das Set mit seinen Möbelstücken in Übergrösse (beim Bett hat’s damals sogar zu einem Eintrag in Guinness Buch der Rekorde gereicht). Die Interaktion von Troll und Barrymore sowie der Katze ist manchmal etwas durchschaubar, aber dennoch zufrieden stellend gelöst. Auf der tricktechnischen Seite einwandfrei sind übrigens auch die anderen Episoden (besonders beeindruckend ist die Verbindung von Studiobauten und echtem Abgrund in der zweiten, die eine besonders hohenängstigenden Wirkung ergibt). Allzu blutig ist der eher humoristisch angelegte Streifen übrigens nicht (es gibt nur in einer Szene ein wenig harmlosen Splatter), die FSK16-Freigabe erklärt sich wohl eher aus der teils doch sehr grimmigen Stimmung.
Apropos Humor: Für Insider gibt’s einige mehr oder weniger (eher weniger) versteckte Anspielungen auf Kings Werk: Da wird der General zu Anfang von einem Hund verfolgt, der dem Killer-Bernhardiner aus CUJO verdammt ähnlich sieht, und gerät fast unter einen Plymouth Fury, der Christine heisst; da schaut Morrison im Fernsehen DEAD ZONE oder liest Sally Ann im Bett PET SEMATARY. Spassig ist der Score von Komponist Alan Silvestri (BACK TO THE FUTURE, PREDATOR, THE ABYSS, FORREST GUMP), der mit seinen Synthie-Klängen und dem ziemlich plakative Leitmotiv zauberhaft 80er-Jahre-mässig rüberkommt.
CAT’S EYE ist, von einigen kleinen Misstönen im Plot abgesehen, ein äusserst gelungener kleiner Episoden-Horrorfilm, der zu den besseren King-Adaptionen gezählt werden darf und so spassig wie spannend ist. Einer der Streifen, dich ich mir immer wieder mal ansehe und die ich ohne jedes Bedenken jedem weiterempfehlen würde.
(c) 2008 Gregor Schenker