Karate Girl

 
  • Original-Titel: Karateci kiz
  • Alternative Titel: Karate Girl |
  • Regie: Orhan Aksoy
  • Land: Türkei
  • Jahr: 1974
  • Darsteller:

    Filiz Akin (Zeynep), Ediz Hun (Murat Akdogan), Bülent Kayabas (Ferruh Durak), Hayati Hamzaoglu (Bekir Bulut), Kudret Karadag (Riza Cakoz), Nubar Terziyan (Zeyneps Vater), Necati Er (Cafer Durak), Ahmet Kostarika (Hasan Cetin), Oktay Yakuz (Kasim Arpaci)


Vorwort

Zeynep hat das Leben arg gestraft – das hübsche Mädel ist stumm, verdient aber ihren Teil zum Lebensunterhalt der kleinen Familie, indem sie für ihren Paps, der dem Handwerk der Gärtnerei fröhnt, in Istanbul auf den Straßen und in den Lokalen Blumen verscherbelt. Die Einnahmen werden für eine Operation, die Zeynep die Sprache wiedergeben soll, gespart.

Eines unschönen Abends bricht ein Quintett gar übel krimineller Gefangener aus dem Gefängnis aus und killt auf der Flucht auch den ein oder anderen Ordnungshüter (und man kann sagen, was man will – ihr kriminelles Gezücht als verabscheuungswürdige Untermenschen, die man am liebsten schon für’s Vorzeigen ihrer hässlichen Visagen lebenslang einknasteln will, darzustellen, das können die Türken wie kaum andere). Zur Überraschung von sheer nobody entern die fürchterlichen Fünf die Heimstatt von Zeynep. Es ist nur der Papa da, und der kann einer zünftigen Home Invasion trotz eigentlich vorhandener Offensivbewaffnung in Form von Garten- und Heckenscheren wenig entgegensetzen, weil er ungefähr so aussieht und so alt ist wie eine Mischung aus Meister Eder und spätem Peter Lustig. Als Zeynep von ihrer Blumenverkaufsschicht heimkommt, haben sich die Ganoven längst häuslich eingerichtet.

Dies vor allem, weil Paps sich unclevererweise insoweit verplappert hat, als die Gangster nun wissen, dass die von ihnen bereits eingesackte Knete für den Töchtling gedacht war, und den wollen die Fünf jetzt doch mal persönlich in Augenschein nehmen, im Knast kommt man ja zu nix.

Nachdem die Galgenvögel handgreiflich ausgemacht haben, wer über Zeynep drüber darf (im Zweifel: der Boss), wird vergewaltigt und weil das der liebe Papa darüber nicht erfreut ist, darf er die Vorzüge einer seiner Heckenscheren aus erster Hand überprüfen. Damit verpissen sich die Gangster und Zeynep erleidet einen dermaßen schweren Schock, dass sie die Sprache wiederfindet. So hat doch alles seine guten Seiten…

Andererseits ist Zeynep sehr undankbar, denn augenscheinlich steht ihr nach Rache der Sinn. Sogar eine Knarre hat sie sich organisiert. Unerwarteten Zuspruch erhält sie vom Cop Murat, dessen Bruder (?) von der bösen Gang gemeuchelt wurde (was eine erstklassig homoerotische Trauerszene er möglicht hat), und der sich mittlerweile einen schicken Bart hat stehen lassen (offenbar turkish movie shorthand für „dark and brooding“), und durch die polizeilichen Ermittlungen weiß, dass Zeynep durch die gleichen Nattern gepiesackt wurde. Zeynep wünscht zunächst keine Anbiederungen, doch schnell wird ihr klar, dass ihr Murat einiges beibringen kann und so beginnt konzentriertes Kraft- und Schießtraining.

Die Fiesowatze haben sich dieweil in irgendeiner Ruine einquartiert und sind davon abhängig, dass einer von ihnen als „alte Frau“ getarnt rausschleicht und Happa organisiert. Ferruh, das besonders widerwärtig-eklige Schwein der Bande, leidet an heftigem Samenüberdruck und erinnert sich an Zeynep. Flugs ist er wieder bei ihr eingebrochen und attackiert sie sexuell. Murat, der in Zeyneps Scheune o.ä. nächtigt, kann den Vollzug nicht mehr verhindern. Ferruh geht ungestraft stiften.

Murat hat einen Geistesblitz – Zeynep mag jetzt zwar ballern können wie Dirty Harry, aber wenn mal keine Wumme zur Hand ist, mangelts am Selbstverteidigungskönnen. Also schleift er sie in die nächstbeste Turnhalle und bringt sie in einem Karatekurs unter.

Er selbst tritt wieder in den aktiven Dienst ein und bringt einen der Gauner zur Strecke. Zeynep erinnert sich daran, dass sie in ihrem Haus eine Autogrammpostkarte einer heißen Bauchtänzerin, Ferruh persönlich gewidmet, gefunden hat. Die Tänzerin ist schnell gefunden und Murat kann sie zwingen, Ferruh eine Falle zu stellen. Der kommt zum Treffpunkt allerdings nicht allein… Murat kann den mitgebrachten Gangster plätten, wird aber von Ferruhs Messer empfindlich gefällt – und das alles in feinster Zeitlupe. Als Zeynep ins Krankenhaus eilt, kann sie Murat nur noch beim Verröcheln zusehen.

Jetzt ist Schluss mit lustig – Zeynep tritt in den Polizeidienst ein und beschließt, die letzten drei Gangmitglieder (inkl. Ferruh) höchstpersönlich aus dem Verkehr zu ziehen.


Inhalt

Turksploitation! Ein immer wieder erfreuliches Thema, auch wenn die Filmemacher sich mit „Karate Girl“ mal nicht an einem spezifischen filmischen Vorbild abarbeiten, sondern eher generell das „rape’n’revenge“-Genre besuchen. „Karate Girl“ erlang dabei vor kurzer Zeit viralen Weltruhm, weil die Konfrontation von Zeynep und Ferruh als „BEST DEATH SCENE EVER“ zum YouTube-Hit wurde.

Wie beinahe zu befürchten war, kann der ganze Film ganz mit der geballten Insanity dieses Clips nicht mithalten. Im Gegentum – der Film macht, speziell im Vergleich mit Werken wie „Rampage“ oder „The Man Who Saved the World“ wirklich beinahe den Eindruck eines ernstzunehmenden, fast schon „mit Sorgfalt“ gemachten Films. Natürlich hat der Streifen schon viele Trademarks des Turkish action cinema – der Soundtrack ist beherzt zusammengeklaut (aber erstaunlicherweise fast schon effektiv), der Schnitt ist rumpelig, und die darstellerischen „Leistungen“ insbesondere der Schurkenfraktion geradezu haarsträubend over-the-top, aber im Kern steckt da schon ein einigermaßen plausibler Film drin (dass man in der Türkei offenbar Polizist werden konnte, weil man mit einem erschossenen Bullen befreundet war, kann ich ja jetzt erst mal nicht pauschal bestreiten, ne?).

Trotzdem gibt’s natürlich einiges zum drüber kichern – die angesprochen so überzogene Darstellung der Kriminellen als auszurottendes Gesocks ist schon hysterisch, Zeyneps Wandlung vom bezopften Heidi-Klon zur ledertragenden Karate-Queen ist spaßig, die Trainingssequenzen (in denen sie u.a. eine Schnur aufrollen muss, an der ein bestimmt hundertfuffzich Gramm schwerer Stein hängt und Murat in der Gosche steckende Zigarette ausschießen soll) sind kurios, und die „Kampf“- und „Actionszenen“ schier großartig (ich bin mir da ziemlich sicher, dass die Zeitlupensequenzen nicht technisch verlangsamt wurden, if you catch my drift), aber es ist kein laugh-oder-wenigstens-ungläubig-staun-a-minute-Fest wie die oben zitierten Beispiele. Ganz interessant ist in einem kulturellen Kontext sicher, dass Zeynep in den „revenge“-Teil erst einsteigt, als sie offiziell legitimiertes Mitglied der hierfür zuständigen Behörden ist – sowas ist, glaub ich, ein ganz gutes Beispiel für die wenigen kreativen Beschränkungen, denen man im türkischen Exploiter unterlag. Es ging eigentlich alles – nur nicht, die türkischen Behörden, insbesondere Polizei und Militär, als ineffektiv hinzustellen. Deswegen darf Zeynep nicht einfach als Vigilantin rumturnen, das würde ja bedeuten, dass die Polizei ihre Aufgabe nicht erfüllen kann, und das geht eben nicht.

Wenn man zu einem anderen türkischen Werk Vergleiche ziehen will, dann am ehesten zu „Es begann um Mitternacht“ (auch „bekannt“ als „Mondo Brutale II“) – auch das ein sicher ernst gemeinter Film, der auf halbem Weg zu einem auch ernstnehmbaren Film durch die technischen, finanziellen und schauspielerischen Defizite stecken bliebt. Heck, die (praktisch gleichzeitig entstandenen) Filme teilen sich sogar einen Darsteller, in Person von Bülent Kayabas, der da wie dort den obersten (bzw.) untersten Untermenschen, dort „Teddy“, hier „Ferruh“ spielt – gehört schon was dazu, sich vor der Kamera derart zum auszumerzenden Pansen-Ekel zu stilisieren, wie uns Bülent das in beiden Filmen förmlich zelebriert. Man sollte dem leider jüngst verstorbenen Bülent posthum sämtliche Acting-Oscars der Welt verleihen. Method Acting pur.

Wo wir bei Schauspielern sind – den Murat gibt Ediz Hun, der nach einer längeren Schaffenspause mittlerweile wieder als Fernsehschauspieler aktiv ist. Hayati Hamzaoglu, einer der Gangster, tauchte 1975 in der Italo-Turk-Koproduktion „Prügel, bis die Fetzen fliegen“ auf – der Versuch, aus einem gewissen Don Backy und George Eastman (of all people!) ein Spencer/Hill-Klon-Duo zu züchten. Außerdem schaute er in der „Kara Murat“-Reihe vorbei, wie auch sein Gaunerkollege Kudret Karadag, der auch eine Italo-Turk-Zusammenarbeit auf dem Kerbholz hat: „Drei Teufelskerle m(l)achen alles nieder“ aus Ernst Hofbauers türkischer Periode.

Die Hauptrolle geht an Filiz Akin, ein durchaus hübscher Käfer (vor allem, wenn sie sich erst mal vom Heidi-Look emanzipiert hat), die zumindest auch die einfacheren Karate-Moves selbst macht (für die etwas flippity-dooigeren Szenen bedient sie sich dann doch eines Doubles). International ist ihr bedeutendster Auftritt der in der franko-türkischen (und hierzulande beschlagnahmten) Ko-Produktion „Der gnadenlose Vollstrecker“ mit Jess Hahn und Gordon Mitchell.

Die mir vorliegende Bootleg-DVD enthält einen ordentlichen ansehbaren VHS-Rip ohne jegliche Untertitel.

Insgesamt – die 83 Minuten gehen schon zünftig flott vorüber, und es ist auf jeden Fall fein, die berühmt-berüchtige Sterbeszene im Kontext des Restfilms zu sehen, der auch durchaus seine trashigen Werte hat, aber zur Entertainment-Oberliga der Turksploitation fehlt dann doch etwas der durchgängige Wahnsinn.


BOMBEN-Skala: 7

BIER-Skala: 7


mm
Subscribe
Benachrichtige mich zu:
guest
0 Comments
älteste
neuste beste Bewertung
Inline Feedbacks
View all comments