Kali-Yug

 
  • Deutscher Titel: Kali-Yug
  • Original-Titel: Kali-Yug, la dea della vendetta
  • Alternative Titel: Kali-Yug - Die Göttin der Rache | Kali-Yug - Aufruhr in Indien |
  • Regie: Mario Camerini
  • Land: BR Deutschland/Frankreich/Italien
  • Jahr: 1963
  • Darsteller:

    Paul Guers (Dr. Simon Palmer), Senta Berger (Catherine Talbot), Lex Barker (Major Ford), Sergio Fantoni (Ram Chand), Klaus Kinski (Saddhu), Ian Hunter (Gov. Robert Talbot), I.S. Johar (Gopal), Claudine Auger (Amrita), Joachim Hansen (Lt. Collins), Michael Medwin (Capt. Walsh), Ronaldo Lupi (Maharadscha von Hasnabad)


Vorwort

Indien 1880 – die Engländer haben den Großteil des Subkontinents in ihr Empire eingegliedert, nur einige lokale Fürsten haben – gegen hohe Abgabenzahlungen – ihre Unabhängigkeit bewahrt. In einem kleinen Dorf in einer von den Briten beherrschten Provinz arbeitet Arzt und Gutmensch Dr. Simon Palmer zum Wohle der einfachen Bevölkerung. Als eine von ihm ausgesandte Karawane, die dringend benötigte Pocken-Medikamente aus der Provinzhauptstadt holen sollte, verschwindet und niemand sich so wirklich bemüßigt fühlt, dem Mysterium auf den Grund zu gehen, platzt Palmer der Kragen. Seine energische Vorsprache bei Gouverneur Talbot bleibt spektakulär erfolglos – Talbot, der die wenigen Monate bis zum Ende seiner Amtszeit möglichst ohne irgendwelche Entscheidungen treffen zu müssen verbringen will, befiehlt den Doktor ultimativ aus der Stadt. Natürlich lässt Palmer sich nicht so leicht ins Bockshorn jagen und in Talbots Diener Gopal, der von Simons freundschaftlicher Einstellung dem indischen Volk gegenüber beeindruckt ist, findet er einen treuen Verbündeten. Tatsächlich entdeckt das Duo einen Überlebenden der Karawane, einen Mann aus der bewaffeneten Eskorte, der jedoch leicht paranoid wirkt – mit Recht, denn noch bevor der Knabe etwas sinnvolles aussagen kann, wird er auf offener Straße erstochen. Palmer erhofft sich Hilfe von Captain Walsh, einem Freund seiner Ex-Flamme Catherine, die inzwischen den alten Gouverneurssack geheiratet hat (Simon und Catherine halten aber ihre Bekanntschaft geheim, um einen Skandal zu vermeiden). Walsh jedoch ist besoffen, spekuliert zielstrebig in Richtung der Damenbekanntschaft des Doktors – Major Ford kann nur mit Müh und Not gröbere Handgreiflichkeiten verhindern. Palmer verarbeitet die Enttäuschung mit einer kleinen abendlichen (und vollkommen harmlosen) Soirée mit Catherine, Walsh wird ermordet und nahe Palmers Pferd abgelegt. Angesichts der Indizien spricht viel dafür, dass Palmer den Soldaten im Zorn abgemurkst hat, er soll verhaftet werden. Gopal warnt Palmer und geht mit ihm in den Untergrund. Palmer hofft, dass die indische Tänzerinnenberühmtheit Amrita, die mit Walsh bekannt war, weiß, wer der wirkliche Mörder ist (auf welcher Grundlage er dies vermutet, bleibt allerdings sein wohlgehütetes Geheimnis). Da trifft er unwillkürlich voll ins Schwarze, denn Amrita gehört zu dem gleichen Kult killfreudiger Kali-Anbeter, die schon Palmers Karawane angegriffen und Walsh auf dem Gewissen haben und die einen blutigen Aufstand gegen die Besatzer planen. Aus symbolischen Gründen brauchen die Kali-Jünger den Enkel des Maharadschas von Hasnabad und delegieren Amrita an dessen Hof. Palmer und Gopal, die eigentlich nur mit Amrita Kontakt aufnehmen wollen, stolpern in eine Versammlung des Kali-Kults, folgen denen in den Palast des Radschas und versuchen die Entführung zu verhindern. Vergeblich – und der grimmige Großvater hält den Briten und seinen einheimischen Freund sicherheitshalber für Mittäter. Amrita, hofft Palmer, könnte ihre Unschuld beweisen, aber hat sie wirklich ein Interesse daran? Zu allgemeiner Überraschung tatsächlich ja – aber nur deswegen, weil der Kali-Kult Palmer noch brauchen kann…


Inhalt

Ein Genre, das – sicherlich bedingt dadurch, dass es so etwas wie „exotische“ Reiseziele in einer Zeit, in der man in 12-16 Stunden praktisch an jeden beliebigen Winkel der Welt reisen kann, nicht mehr gibt – praktisch völlig ausgestorben ist, ist der in fremden Ländern angesiedelte große Abenteuerfilm. Wenn das Abenteuerfilmgenre heutzutage noch angepackt wird, beschränkt man sich heutzutage zumeist darauf, reale historische Begebenheiten zu fiktionalisieren (a la „Die vier Federn“), Literatur zu verfilmen oder gleich all-out zu gehen und phantastische Elemente draufzupacken (wie in der „Mumien“-Serie). Eine „aufregende“ Kulisse und ein klassisches adventure yarn allein sucht man im Kino anno 2011 vergebens. Vor fünfzig Jahren war das natürlich noch anders…

Und gerade Indien bot sich als pittoresker Background geradezu an – eine reichhaltige Mythologie, genügend Potential für dramatische Konflikte aufgrund der bewegten Geschichte des Landes, und vergleichsweise freie Zugänglichkeit, im Vergleich zu abgeschotteteten Regionen wie China. Fritz Langs letzte große Regiearbeit, der Doppelschlag „Der Tiger von Eschnapur/Das indische Grabmal“, war wohl das Paradebeispiel für die europäische Herangehensweise – eine vergleichsweise schlichte Geschichte, aufgebläht mit Pomp und Pathos, und die Kinogänger flockten in Scharen in die Lichtspielhäuser. Kein Wunder, dass bald findige Produzenten auf die Idee kamen, dieses Erfolgsrezept zu emulieren. Eichberg-Film, eine verhältnismäßig kleine Münchner Firma, die schon in der Stummfilmzeit ihren Betrieb aufgenommen hatte und in den 50ern mit den üblichen Schlager-, Operetten- und Heimatfilmen leidlich Geld verdiente, war die treibende Kraft hinter „Kali-Yug“, einer europäischen Ko-Produktion, die wie das Lang’sche Vorbild in zwei Teilen ins Kino kommen sollte; auch wenn der Streifen gewiss keinen popkulturellen Impact hatte wie der „Tiger“, muss sich die Angelegenheit für Eichberg wohl gerechnet haben, denn in der Folge sattelte das Unternehmen komplett auf die Abenteuer-/Action-Schiene um und produzierte „Sandokan“-Filme, Piratenepen, Thriller und Western – abgesehen von „Sandokan“ riecht nichts nach zeitüberdauernder Bedeutung und nach ein paar letzten trashigen Zuckungen in den 70ern („Dracula jagt Frangenstein“ mit einem abgewirtschafteten Klaatu Michael Rennie und Karin Dor nach einer Paul-Naschy-Geschichte, der heutzutage als minor cult classic gefeierte „Der flüsternde Tod“ mti dem elitären Cast Christopher Lee, Sybil Danning, Sascha Hehn und Horst Frank als Albino, und dem von Ted V. Mikels -!- geschriebenen „Missile X: Geheimauftrag Neutronenbombe“ mit Peter Graves, Karin Schubert, Curd Jürgens und John Carradine) war der Ofen dann auch aus. Noch aber befinden wir uns im Jahr 1963 und Eichbergs erstem richtigen Versuch, auf dem internationalen Markt seßhaft zu werden. Die Co-Produzenten, die italienische Serena-Film, die immerhin auch schon über 40 Jahre im Business tätig war und später zumindest noch an „Old Shatterhand“ und „Die Todesstrahlen des Dr. Mabuse“ beteiligt war, und die französische Critérion (immerhin schon vier Jahre zuvor bei Langs Indien-Ausflug mit von der Partie), booteten Eichberg nach der Produktion von „Kali-Yug“ umgehend aus, um sich an Constantin (die die May- und Mabuse-Filme produzierten) heranzuschmeißen… Undank ist der Welten Lohn.

Immerhin – die multinationale Produktion konnte sich dadurch einen internationalen Cast leisten. Die deutsche Seite brachte Senta Berger, Lex Barker und Klaus Kinski (in seiner ersten italienischen Co-Produktion) ein, die Franzosen Paul Guers und Claudine Auger, die Italiener Sergio Fantoni und Roldano Lupi, und irgendwo unterwegs hüpften noch der verdiente britische Mime Ian Hunter und der damals aufstrebende Bollywood-Akteur I.S. Johar ins Boot. Den zugrundeliegenden Roman von Robert Westerby adaptierten die Italiener Leonardo Benvenuti (tätig zuvor in der „Don Camillo“-Reihe, „Dr. Jekyll’s unheimlicher Horrortrip“, also zweifellos ein Mann für den feinsinnigen Humor) und sein langjähriger Schreibpartner Piero de Bernardi (unbegreiflicherweise gehörten beide auch zu Sergio Leones vielköpfigem Autorenteam für „Es war einmal in Amerika“) und ihr britischer Kollege Guy Elwes („Die Brücke der Vergeltung“, „Jack Londons Wolfsblut“). Die Regie übernahm mit Mario Camerini ein routinierter Veteran aus Stummfilmtagen (Die Fahrten des Odysseus mit Kirk Douglas dürfte sein größter Erfolg sein, der traurige Schwanengesang seiner Karriere war der Fernandel- und Gino-Cervi-freie letzte „klassische“ Don-Camillo-Film, der heute nur zu gerne unterschlagen wird). Da die indischen Behörden sich an der für ihren Geschmack zu pro-britischen Einstellung des Scripts störten, musste in Pakistan gedreht werden (was vielleicht Johar freute, wurde der doch im späteren pakistanischen Indien geboren, auch wenn er seine Karriere in Bollywood fortsetzte), wo sich aber auch die passenden authentischen Kulissen und Landschaften anboten.

Ob das nun gute Voraussetzungen waren, hm, darüber kann man sicherlich streiten, zweifellos hätt’s schlimmer sein können. Nicht wegzudiskutieren ist allerdings, dass „Kali-Yug“ für ein Großes Exotisches Abenteuerepos so rein plotmäßig ein wenig dünn daherkommt – drei Stunden (gut 10 Minuten müssen wir für eine langwierige Rekapitulation des bisher Gezeigten zu Beginn von Teil 2 abziehen) ist eine ganze Menge Holz und bei aller Dramatik der Geschichte, die natürlich auf eine Entscheidungsschlacht zwischen tapferen Briten und erzbösen Kali-Fans hinausläuft, trägt die Story einfach nicht die gesamte Laufzeit (die Briten, also die echten jetzt, machten’s demzufolge auch richtig, brachten das Ding als einen Film ins Kino und kürzten dabei ’ne gute Stunde raus. Etwas wesentliches gefehlt haben dürfte dabei nicht). Im Endeffekt ist praktisch der gesamte erste Teil überflüssig (weswegen das französische Fernsehen z.B. nur Teil 2 ausstrahlt) – die oberflächliche „Krimihandlung“ der falschen Beschuldigung Palmers ist nichts als ein unnötiger MacGuffin; genauso gut hätte Palmer die Idee, auf eigene Faust nach den Meuchlern seiner Karawane zu suchen, weiterverfolgen können; eine dramaturgische Notwendigkeit dafür, ihn von den britischen Kolonialbehörden verfolgen und, um seine Häscher loszuwerden, seinen Tod vorzutäuschen, gibt’s nicht (Catherine glaubt eh nicht, dass er, wie er’s inszeniert hat, vom wilden Tiger gefressen wurde). Der gesamte erste Teil dient nur dazu, Palmer irgendwie an den Hof von Hasnabad und in den dortigen Kerker zu schaffen, damit wir uns die bange Frage stellen können – wird Amrita, obwohl sie aus ihrer Sicht keinen plausiblen Grund dafür hat und es daher arg rätselhaft bleibt, warum Palmer und Gopal darauf zählen, für sie aussagen oder wie?).

Teil 1 ist dann auch ungeheuer geschwätzig – irgendwie muss man ja die 90 Minuten füllen, wenn man sich den „good stuff“ für Teil 2 aufheben will, also erledigt man das mit ausschweifenden Dialogsequenzen bedeutungsloser Natur – und zwei, hüstel, aufregenden Tänzen Amritas (nicht übel und immer wieder gern genommen, aber Debra Paget hat keine Konkurrenz). An Actionszenen haben wir im ersten Film den Angriff auf die Karawane, eine Sequenz, in der Gopal und Palmer das „Haus der Tänzerinnen“ anzünden, um vor heranrückenden Briten fliehen zu können und die Entführung des kleinen Prinzen durch die Kalimeros. Haut nicht vom Hocker (immerhin aber dürfen wir einer Hinrichtung per Elefant beiwohnen. Natürlich nicht graphisch oder ansatzweise explizit, aber wir nehmen, was wir kriegen). Sowohl Plotentwicklung als auch Action finden sich dann hauptsächlich im zweiten Teil, in dem wir nun endlich erfahren, was die Kalimaten eigentlich vor haben, in dem Amrita ihre Loyalitäten wesentlich öfter wechselt als ihre Klamotten. Zwar erreicht Camerini nie wirklich das große epische Flair, das man vielleicht hätte erwarten können, aber zumindest entwickelt der Film Tempo, eine gewisse Dringlichkeit und stellt etwas mehr mit seinen Charakteren an – schließlich ist ja auch die dringliche Frage zu klären, ob Palmer bei Amrita oder Catherine landen wird (SPOILER: der Film biegt sich ein ein „anständiges“ Happy End hin, in dem er die beiden Figuren, die dem klassischen glücklich-bis-ans-Lebensende-Finale im Weg stehen, abmurkst).

Der betriebene Aufwand ist achtbar, aber auch nicht übermäßig epochal – ein richtiges Statistenheer wird lediglich für die Schluss-Schlacht aufgefahren, ansonsten bleiben die Actionszenen überschaubar. Der Pakistan-Dreh sorgt dafür, dass zumindest eindrucksvolle, echte Kulissen geboten werden können (und wo Pakistan nicht bieten kann, was gebraucht wird, gibt’s ja immer noch Kamerad Stock Footage, der aushelfen kann. Camerinis Regie ist solide, ihm fehlt aber das Gespür für gewisse Grandezza, für gewissen Scope, den eine Produktion dieser Intention aufweisen sollte. Er zitiert die zu erwartenden Vorbilder, hat aber kein eigenes Flair, macht nichts, was man in der Form nicht schon gesehen hätte und hofft wohl, dass die exotischen Schauplätze und Landschaften ausreichen, um den Zuschauer zu fesseln – was 1963 noch hingehauen haben mag, fünfzig Jahre später halt nur noch über den Nostalgiefaktor funktioniert (oder auch nicht).

Nicht vergessen wollen wir an der Stelle noch die politischen Aspekte – wie ich oben schon schrieb, waren die indischen Behörden nicht sehr angetan vom Drehbuch, und ich kann’s verstehen. Auch wenn „Kali-Yug“ für eine europäische Produktion aus den 60ern noch vergleichsweise freundlich mit dem indischen Volk umgeht, so bleibt unübesehbar, dass das Script *grundsätzlich* die europäisch-imperialistische Einmischung für so verkehrt nicht hält. Auch Palmer, durchaus als Advokat des armen indischen Bauern o.ä. konzipiert, bemängelt nicht die britische Besatzung per se, sondern nur, dass sie ineffektiv ist und falsche Prioritäten setzt (was aber faktisch das Wesen jeglicher Besatzung, jeglicher Kolonisierung sein muss, da dies stets aus schierem Eigeninteresse des Besatzers und nicht zum Wohle der einheimischen Bevölkerung geschieht), sprich, die Moral von der Geschicht: „Dass die Briten herrsch(t)en, ist schon okay, sie sollten halt nur ein bissl mehr auf die Inder hören“. Klare Sache, dass die nicht wegzuleugende Tatsache, „dass in Indien schon Fürsten herrschten, als ihr (gem. die Briten) noch in Höhlen hausten“, dem offiziösen Schurken in den Mund gelegt wurde. Dass der junge indische Staat davon nicht so wahnsinnig viel hielt, ist nachvollziehbar.

Der Streifen ist FSK-16-freigegeben, was wohl die ursprüngliche Freigabe sein dürfte, bei einer hypothetischen Neuprüfung dürfte angesichts der Tatsache, dass sich „Kali-Yug“ sowohl in Sachen Gewalt als auch „exotischer Erotik“ vornehm zurückhält, einer FSK 12 nichts im Wege stehen.

Noch zu den Darstellern – der Schwachpunkt ist sicherlich Paul Guers, ein indistinguierter französischer Charakterdarsteller (zu sehen in „Die Katze lässt das Mausen nicht“, „Die schöne Lügnerin“, „Die blonde Sünderin“ und „Allein gegen die Mafia“) mit verhältnismäßig wenig Haputrollenerfahrung – er ist zu blass, zu wenig charismatisch, trotz allen sichtlichen Bemühens einfach nicht in der Lage, den Film zu tragen (ihm hilft natürlich auch nicht weiter, dass das Script ihm wenig „heldenhaftes“ zubilligt. Wenn er in eine lebensbedrohliche Bredouille gerät, muss ihm eigentlich stets Gopal oder Amrita aus der Patsche helfen; ohne fremde Hilfe für seinen Palmer wäre der Film nach 30 Minuten aus…); I.S. Johar, der Bollywood-Akteur, der in den 60ern und 70ern immer wieder als „generisch ethnisch“ in internationalen Produktionen wie „Lawrence von Arabien“ oder „Tod auf dem Nil“ gebucht wurde und in Indien eine solide Karriere, auch als Regisseur, hinlegte, ist da wesentlich lebhafter und schauspielerisch sicherlich der Höhepunkt des Films (er bekommt dafür tatsächlich auch eine eigene Titelkarte, während die vier „westlichen“ Hauptdarsteller sich eine teilen müssen). Lex Barker, der ewige Old Shatterhand, ist in der Rolle eines steifen britischen Soldaten völlig verschwendet (man ist sich auch einig, dass Barker einzig verpflichtet wurde, um noch einen kassenträchtigen Namen im Cast zu haben; dass der dann auch was zu tun hat, war keine hohe Priorität), und auch Senta Berger (Als die Frauen noch Schwänze hatten, sehr süß anzusehen (aber auch sehr zugeknöpft) kann man trotz zweiten Billings nur wünschen, dass sie nicht nach Zeilen bezahlt wurde (drei Szenen in Teil 1 und auch nicht viel mehr Arbeit im zweiten Teil sind nicht die Welt). Der routinierte Ian Hunter („Brennendes Indien“, „Das Geheimnis von Monte Christo“, „Panzerschiff Graf Spee“) spielt eine Rolle wie den Gouverneur vermutlich im Schlaf, Roldano Lupi (Der Untergang von Metropolis, Frauen für die Teufelsinsel) bringt als Maharadscha von Hasnabad überraschenderweise ein wenig Gravitas und Verve ein, ähnlich wie Sergio Fantini („Atom Age Vampire“, „Eine Leiche für die Dame“, „Der Bauch des Architekten“) in der verhältnismäßig kleinen, aber sehr wichtigen Rolle des Ram Chand. Womit sich Joachim Hansen („Hunde, wollt ihr ewig leben“, „The Boys from Brazil“) eine eigene Titelkarte verdient hat, ist mir schleierhaft – mehr als „Ja, Sir“ oder „Nein, Sir“ sagt er den ganzen Film über nicht…

Ausgelassen habe ich bislang noch zwei Namen – Claudine Auger und Klaus Kinski. Sowohl unser aller Lieblingspsychopath als auch das spätere Bond-Girl werden nicht wirklich überzeugend per dunklem make-up auf „indisch“ geschminkt (wer also schon immer Kinski in sort-of-blackface sehen wollte…). Kinskis Rolle ist klein und nicht sonderlich gehaltvoll, der Maestro wirkt auch nicht sonderlich motiviert (und wenn mich nicht alles täuscht, hatte er nicht mal Lust darauf, sich selbst zu synchronisieren). Auch Auger ist dem make-up sei Dank eher gewöhnungsbedürftig, gewinnt den Zuschauer aber im Laufe der Zeit durch lebendiges Spiel – dass sie mit einem Holzpfosten wie Guers keine echte chemistry entwickelt, ist nicht wirklich ihr Problem.

Bildqualität: „Kali-Yug“ kommt als Doppel-DVD aus dem Hause Pidax. Die digitale Bild- und Tonrestauration hat einiges aus dem alten Schinken herausgeholt, der Print ist farbenprächtig, ordentlich scharf und bietet soliden Kontrast, Defekte und/oder Verschmutzungen sind kaum zu vermelden. Man hat sich offensichtlich publisherseits in unterschiedlichen Master-Quellen bedient (Teil 1 meldet sich mit englischem Vorspann, Teil 2 mit deutschem) und die jeweils besten Materialien kombiniert; die Qualität ist demzufolge nicht ganz einheitlich, aber durchaus überdurchschnittlich für einen Film dieses Baujahrs. Ob das Aspect Ratio (1.66:1) hinkommt, ist mir nicht ganz klar – die IMDb gibt 2.35:1 an, ist aber in solchen Dingen nicht immer zuverlässig, Bildinformationen scheinen mir nicht zu fehlen, andererseits ist 1.66:1 halt für einen epischen Abenteuerfilm etwas „schmal“.

Tonqualität: Deutscher Ton in Dolby 2.0. Minimales Grundrauschen ist zu verzeichnen und der Dialogtgon kann schon mal etwas knarzen, Score und Effekte sind keine Ausbünde an Dynamik – solide.

Extras: Zwei informative Booklets.

Fazit: Einen zweiten „Tiger von Eschnapur“ darf man bei „Kali-Yug“ nicht erwarten – trotz prominenter, aber gerne unterforderter Besetzung und exotisch-authentischem Backdrop fehlt dem Streifen einfach etwas Schwung, etwas mehr „scope“ und vor allem ein charismatischerer Hauptdarsteller. Teil 2 ist sicherlich etwas „besser“ als der eigentlich überflüssige erste Teil (wie gesagt, dank der 10-minütigen „was-bisher-geschaht“-Sequenz zu Beginn des zweiten Teils ist man über alle wesentlichen Entwicklungen im Bilde und kann sich die ersten 90 Minuten durchaus sparen). Wer ein Faible für altmodischen Abenteuerkintopp hat, kommt wohl auf seine Kosten, aber es gibt im Genre auch mitreißenderes, abenteuerlicheres, spannenderes… Knappe 3 von 5 Punkten.

3/5
(c) 2011 Dr. Acula


mm
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