Julia X 3D

 
  • Original-Titel: Julia X 3D
  •  
  • Regie: P.J. Pettiette
  • Land: USA
  • Jahr: 2011
  • Darsteller:

    Valerie Azylnn (Julia), Kevin Sorbo (The Stranger), Alicia Leigh Willis (Jessica), Joel David Moore (Sam), Ving Rhames (The Man)


Vorwort

„The Stranger“, ein Serienkiller, der seinen weiblichen Opfern Brandzeichen (der Nummerierung halber) verpasst, staunt nicht schlecht – Julia, sein ausgekucktes zehntes Opfer, wie die Vorgängerinnen in Online-Dating-Chaträumen aufgetan, entkommt ihm nicht nur, sondern dreht nach Verfolgung durch Sümpfe und eine alte Schule den Spieß um. Am Ende des Tages liegt der Killer im Kofferraum und wird von Julia und ihrer jüngeren Schwester Jessica nach Hause gekarrt – dort wollen die beiden bekennenden Männerhasserinnen (man kennt das ja, schlimme Kindheit, Vater mißbrauchte sie usw. usf.) aus dem Killer Gyros machen. D.h. Julia will ausführen, Jessica nur zukucken. Dies deucht der jüngeren Schwester hochgradig unfair – also sucht sie sich ihr eigenes Spielzeug, den Nachbarn Sam, der in der Hoffnung auf ein wenig kinky sex treudoof Jessie nachdackelt und sich genau wie der Killersmann gefesselt in der Kochnische der Psycho-Sisters wiederfindet. Nun wird gefoltert! Die Uneinigkeit der Schwestern und die ungeahnten Nehmerfähigkeiten des Bösburschen verschaffen dem aber ein Opening zur Selbstbefreiung – und nun kann zum großen Psychopathenduell geblasen werden. Wer von den dreien ist der schmerzbefreiteste Wahnsinnige?


Inhalt

Es gibt sie doch immer wieder, die simplen Randalefilme, die kein Interesse an Tiefgang oder psychologischer Untersuchung der in den Mittelpunkt gestellten Probanden haben, sondern einzig und allein darum kreisen, möglichst viel plakative Gewalt in 90 Minuten zu packen. Das ist nicht zensorenfreundlich und erfreut auch nicht des Feuilletonisten künstlerisches Herz, aber es ist damn pleasing, wenn’s richtig gemacht wird. Vor ein paar Jahren hatten wir in der Hinsicht den großartigen The Tournament, der so auf die Kacke haute, dass der gemeine Durchschnittskonsument in Tschörmanie nur die gekürzte Version der gekürzten Version kaufen darf, dieses Jahr ist das offenkundig „Julia X 3D“ (und kann es ein Zufall sein, dass in beiden Filmen Ving Rhames, auch wenn’s hier eigentlich nur ein Cameo ist, mitspielt? Ich glaube nicht) – klar, das ist ein anderes Szenario, aber die gleiche Intention: violence for violence’s sake und das ist, auch wenn ich dafür meine Mitgliedskarte im Club der seriösen Filmkritiker vermutlich auf Lebenszeit abgeben muss (als ob ich auf den elitären Zirkel jemals Wert gelegt hätte, pöh), vollkommen in Ordnung so.

Regisseur P.J. Pettiette legt mit dieser Hommage an die mutwillige Körperverletzung zwar sein Regiedebüt vor, ist aber kein totaler Neuling. Pettiette verfasste schon 1988 die Story zum passablen Horrorstück „Vision der Dunkelheit“, produzierte und erdachte die Geschichte von Panic House und war auch bei der US-argentinischen Koproduktion „Jennifer’s Shadow“ in produzierender Funktion tätig – jemand, der nicht *viel* macht, aber wenn, dann zumeist im Horrorbereich (nebenher hospitierte er auch mal bei Tim Burton und „Ed Wood“). Sein Drehbuchautor Matt Cunningham ist auch keine unbekannte Größe – 1998 schrieb und inszenierte er den von Troma vertriebenen Splatterspaß „Schrei lauter!!!“ (ich weiß, dass ich einer von ungefähr drei Menschen auf der Welt bin, die den super finden, aber ich hatte noch nie ein Problem damit, Mindermeinungen lautstark zu vertretern), für „The Mangler Reborn“ verdient er sicherlich Prügel, immerhin half er aber auch bei den Visual FX von „Starship Troopers“ mit und jeder, der an dem Film beteiligt war, ist automatisch in meinem „Book of Cool“. Is‘ so.

In aller Fairness muss man allerdings sagen – es ist jetzt nicht so, dass man Shakespeare, Hemingway oder auch nur John Grisham sein muss, um „Julia X“ zu schreiben; ein Drehbuch, das vermutlich ungefähr drei Seiten lang war und aus „1. Wir spielen ein bissl Serienkiller- und Slasherkram, 2. Dann tun wir mal so, als wären wir ‚Hostel‘ und 3. Die letzte halbe Stunde ist nur Kloppe“ bestand, aufgepeppt mit ein paar Dialogen. Hier wird nicht die feine Klinge besonnenen Storytellings geschwungen, hier gibt’s mit der groben Kelle, und die grobe Kelle hat oben drauf noch ein paar Reißzähne, Nägel und Messerklingen. Wen interessiert da Psychologie? Okay, klar, für die Mädels wird die im Zweifelsfall immer brauchbare „der Papa war’s“-Karte ausgespielt (in Form einiger kurzer Flashback-Sequenzen), und ein wenig Konflikt zwischen den Girls wird etabliert (Julia sieht sich in einer Art Ersatzmutter-Funktion und will Jessica daher vor den gröbsten Abgefeimtheiten bewahren; Jessica ist eifersüchtig; und eine kurze Fantasie-Sequenz, in der Julia vom harten Sex mit ihrem „Date“ träumt, stellt auch in den Raum, dass die „Männerhasserei“ zumindest bei ihr kein unverrückbares Dogma sein könnte), der Killer dagegen hat null Background, keinerlei Motivation außer, dass er ganz offensichtlich auf Gewalt (gegen Frauen) steht. Das ist das komplette „psychologische“ Framework des Streifens und das reicht locker…

… auch weil „Julia X“ seine Drei-Akt-Struktur konsequent durchzieht. Wie schon oben geschildert, besteht der Film aus drei handlichen Teilen, quasi „mini-movies“ für sich mit dem Serienkiller-stalk’n’slash-Teil, dem torture porn und dem schlichten „auf die Omme“ des ausschweifenden Finales, in dem alle drei Beteiligten jeder für sich mehr einstecken als eine durchschnittliche Spartaner-Armee im Kampf gegen die Perser. Das ist fraglos ungefähr so realistisch wie die Wahl von Guido Westerwelle zum Gottkaiser des Universums, aber für kranke Geister (denen sich der Doc einfach mal zugehörig fühlt) ausgesprochen unterhaltsam.

Pettiette inszeniert die Chose flott und mit einem netten Sinn für fiese Boshaftigkeit (und natürlich auch gerne mal einen amüsanten one-liner). Es wäre nicht unbedingt nötig gewesen, auf Teufel komm raus einen 3D-Film draus zu machen (es gibt nicht gerade sonderlich viele in-your-face-3D-Effekte) – das 3D ist zwar technisch sehr sauber, die räumliche Tiefe hervorragend, aber eine wirklich zusätzliche „Dimension“ verleiht’s dem Film nicht, der dürfte „flat“ kaum schlechter funktionieren (Kameramann Jason Goodman ist allerdings ein reinrassiger 3D-Experte, der macht schlicht nix anderes und darf sogar beim „Spider-Man“-Reboot das Second Unit beaufsichtigen). Aber egal – es ist auch kein Nachteil. Natürlich ist die Nummer knüppelhart – nicht over-the-top-„extrem“ (die objektiv härteste Szene dürfte die sein, in der Julia dem Killer Nägel durch die Quanten treibt), aber auf alle Fälle sehr sehr heftig, zumal in der Quantität, die letzten 30 Minuten sind ja, wie gesagt, nix anderes als ein zwe-gegen-einen-Handicap-Match der brutalstmöglichen Sorte, in der wirklich jedes mögliche Werkzeug, jeder Haushalts- oder Einrichtungsgegenstand auf seine Waffentauglichkeit hin ausgiebig untersucht wird (und Stuntman bzw -girl möchte man bei diesem Film sicher nicht gewesen sein… hier ist noch viel viel handgemachte Knochenarbeit dabei); es könnte für meine Begriffe knapp mit ’ner KJ durchgehen, wundern würd’s mich allerdings nicht, wenn die FSK eine Freigabe komplett verweigert, schließlich gibt’s hier keine positiven Figuren (wenn man mal von Sam absieht, der unschuldig in das ganze Schlamassel reingezogen wird), demzufolge ist die Nummer natürlich reichlich zynisch und nihilistisch…

Es ist erstaunlich genug in einem reinen Randalefilm, aber einen Löwenanteil dazu, dass „Julia X“ nicht nur eine, hihi, x-beliebige Schlachtplatte ist, sondern trotz der Tatsache, dass von Haus aus keine Identifikationsfigur angeboten wird, den Zuschauer mitreißt, tragen die Schauspieler bei. Valerie Azylinn („Tropic Thunder“, „Surrogates – Mein zweites Ich“ und Alicia Leigh Willis („Eine himmlische Familie“ – DAS ist mal ein Seitenwechsel…, „General Hospital“) sind ein ebenso attraktives wie arsch-tretendendes Psycho-Duo, das wirklich auch glaubhaft als Schwestern durchgeht; Kevin Sorbo… ach, auf meine (oder seine) alten Tage werd‘ ich echt noch Fan des „Herkules“. Er ist sicher kein Oscar-ambitionierter Mime, aber, das fällt mir in letzter Zeit verstärkt auf, das ist ein Bursche, der schlicht und ergreifend Spaß an dem hat, was er tut – und hier, wo er den durchgeknallten Frauenkiller geben kann, scheint er die Zeit seines Lebens zu haben. Es ist vielleicht im Sinne der, ähm, „Aussage“ des Films kontraproduktiv, aber Sorbo schafft’s, die Sympathien des Zuschauers auf sich zu ziehen, obwohl er ja mindestens eine genau so große Drecksau ist wie die Killerbienen; man nimmt seiner Figur einfach ab, dass sie an der extrem gewalttätigen Auseinandersetzung eine schiere Freude hat. Man gewinnt so keine Kritikerpreise, aber auf jeden Fall die Anerkennung dieses Eures Docs. Joel David Moore in der vierten wichtigen Rolle des Sam (auch zu sehen in Chillerama, „Shark Night 3D“ [der sich zu einem veritablen FFF-Veteranentreffen entwickelt], „Bones“, „Medium“, „Avatar“, „Hatchet“) macht seine Sache auch gut – ein wenig bibbert man tatsächlich um seinen armen, von seinem Penis in die Bredouille gebrachten Naivling. Ving Rhames absolviert, wie erwähnt, einen kleinen, aber durchaus memorablen Cameo im Epilog.

Fazit: Als ethisch-sozial nicht desorientierter Mensch darf man „Julia X“ vermutlich nicht gut finden. Ich tu’s trotzdem, ob ich mich dadurch aus der zivilisierten Menschheit subtrahiere oder nicht (wenn man so sieht, was als „Zivilisation“ durchgeht, ist das eh auch kein Klub, dem man auf Teufel komm raus angehören muss). Beinhartes, konsequent durchgezogenes Randalekino für Hartgesottene – ich gebe zu, ich hatte im Vorfeld nicht erwartet, dass mich „Julia X“ begeistern könnte, doch „Julia X“ ist einer der Top-5-Filme dieses Festivaljahrgangs. Nix für Frauenfreunde, Schattenparker oder andere Turnbeutelvergesser.

tl’dr: GROAR! ZONK! KLUDD!

4/5

(c) 2011 Dr. Acula


mm
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