Jinn

 
  • Deutscher Titel: Jinn
  • Original-Titel: Jinn
  •  
  • Regie: Ajmal Zaheer Ahmad
  • Land: USA
  • Jahr: 2014
  • Darsteller:

    Dominic Rains (Shawn/Jehagir), Ray Park (Gabriel), William Atherton (Father Westhoff), Serinda Swan (Jasmine), Faran Tahir (Ali), Walter Phelan (Jinn)


Vorwort

Shawn lebt als erfolgreicher Auto-Designer in den USA und hätte eigentlich allen Grund, mit sich und seinem Leben zufrieden zu sein. Beruflich läuft’s ersichtlich, er ist glücklich mit Jasmine verheiratet und wäre geneigt, den nächsten logischen Schritt im Eheleben anzugehen, nämlich mit der Vermehrung anzufangen. Da geht’s dann aber schon los, denn Jasmine eröffnet ihm, keine Kinder bekommen zu können. Weil sie das schon erheblich länger weiß, gibt’s Streit (was auch daran liegt, dass Shawns leibliche Eltern ums Leben kamen, als er fünf war und er deswegen begreiflicherweise noch ein mittleres Trauma mit sich herumträgt). Wutig macht sich Shawn vom Acker und hält es für einen guten Zeitpunkt, das rätselhafte VHS-Band, das ihm kurz zuvor in adretter Geschenkverpackung geliefert wurde, anzusehen. Zu seiner gelinden Überraschung handelt es sich um eine Grußbotschaft seines verstorbenen Daddys (was das leicht veraltete Medium erklärt), der seinen Junior auf mysteriöse Ereignisse, die sich demnächst in seinem Leben einstellen sollen, einstimmt. Shawn hält das freilich erstmal für Humbug erster Kajüte, doch kaum ist er wieder in seiner Wohnung, ändert sich das schnell – irgendetwas verwüstet erst die Bude und dekoriert sie anschließend um und wer zum Geier ist eigentlich die geheimnisvolle Gestalt gegenüber, die den ganzen Tag unbeweglich in die Wohnung starrt?

Ein unbekannter Anrufer lotst ihn und Jasmine in eine Kirche, wo die beiden von Pfarrer Westhoff und einem gewissen Gabriel empfangen werden. Die Herrschaften tischen eine nahezu unglaubliche Story auf: neben den Menschen gäbe es noch zwei weitere „Rassen“ – die Engel und die Jinn, Feuerwesen, einst Herrscher der Welt, deren Restbestände geringfügig angepasst über den gegenwärtigen Zustand, der den Menschen die Vorherrschaft einräumt, sind und den früheren status quo wieder herstellen wollen. Shawn entstamme einer Familie, die mit einer alten Prophezeihung verknüpft ist und einmal einen männlichen Abkömmling hervorbringen soll, der es mit den Jinn aufnehmen kann. Westhoff und Gabriel sind überzeugt, dass Shawn dieser Auserwählte ist. Shawns bescheidener Meinung nach gehört die Geschichte bestenfalls in Onkel Hottes Märchenstunde, aber als wenig später Jasmine auf spektakulär-übernatürliche Weise entführt wird und er selbst ein erstes Kränzchen mit einem mordgierigen Jinn auszutragen hat, sieht er sich gezwungen, seinen Standpunkt mal grundsätzlich zu überdenken.

Gabriel bringt ihn in die Klapsmühle – zu Ali, einem Shawn unbekannten Onkel, der unseren wackeren Kämpen mit der notwendigen Exposition versorgt und außerdem dringlich anrät, er möge doch bitte die „Jilla“, eine Art multidimensionalen Charaktertest, dem sich auch Ali einst unterzogen hat, jedoch scheiterte, was ihn auf direktem Weg ins Irrenhaus beförderte. In der Jilla wird sich Shawn seinen innersten Ängsten stellen müssen – aber das macht ihn freilich auch verwundbar für einen frontalen Angriff der Jinn…


Inhalt

Es mag viele Leser überraschen, aber ich halte mich eigentlich nicht sonderlich gezielt über neue (Genre-)Filme auf dem Laufenden, lese keine zwanzig Websites oder kucke religiös die Trailer-Channel auf YouTube. Normalerweise gehe ich davon aus, dass das, was mich interessieren, begeistern oder auf die Palme bringen wird, mir mehr oder weniger automatisch früher oder später von selbst über den Weg läuft. So gesehen ist’s kein Wunder, dass „Jinn“ bei mir völlig unter dem Radar durchflog, obwohl ich ja prinzipiell immer dafür bin, wenn nicht nur Zombies, Vampire und Werwölfe meinen Fernsehschirm heimsuchen, sondern auch etwas exotischere Kreaturen und gerade Dschinne sind im Horror-Genre trotz ihres Potentials furchtbar unterrepräsentiert (mir fielen gerade mal drei Filme bzw. Filmreihen ein – der französische Djinns, Tobe Hoopers unveröffentlichter „Djinn“ und die „Wishmaster“-Reihe). So, I’m all for it, erst mal.

Nun hat „Jinn“ bzw. die ihn bevölkernden Kreaturen nicht wirklich viel mit dem klassischen Djinn, wie wir ihn uns mit unseren bescheidenen „Tausendundeine Nacht“-Kenntnissen vorstellen, zu tun, sondern baut eine komplett eigene Mythologie auf. Das kann man nun so oder so sehen – entweder man ärgert sich, weil der Streifen eben weitgehend ignoriert, was an Folklore und Überlieferungen existiert, oder man sieht’s positiv, weil sich die Geschichte so entspannt von jeglichem Ballast, den eben Folklore & Co. mitbringen, befreit. Letztendlich ist’s aber hauptsächlich dem Umstand geschuldet, dass Writer/Director Ajmal Zaheer Ahmad (soweit ich eruiren konnte, wohl ein Genosse mit indisch-muslimischem Hintergrund) eine recht konkrete Message im Gepäck hat, die mit „klassischen“ Monsterfiguren so nicht hinzukonstruieren wäre.

Die grundsätzliche Story ist alles andere als erzählerisches Neuland – es ist mal wieder die Geschichte vom „Auserwählten“, der aufgrund einer Prophezeihung dazu bestimmt ist, den Kampf gegen das Böse aufzunehmen, ob er nun will oder nicht (und wie üblich weiß der Auserwählte bis Ultimo nicht, dass er auserwählt ist. Da die Bösewichter sowieso normalerweise wissen, wer der Auserwählte ist, wäre es da nicht clever, dem Betroffenen frühzeitig Bescheid zu geben, damit er sich vorbereiten kann?). Als solche kupfert die Story frisch-fromm-fröhlich-frei bei praktisch allen anderen gleichgelagerten Geschichten ab, ohne sich sonderlich um neue Ideen, neue Beats, neue Plotpoints zu kümmern, die man so noch nicht gesehen hat (mit etwas gutem Willen kann man die Entführung Jasmins, deren Hintergründe etwas anders gestaltet sind als wir – und auch unser Herr Protagonist – es uns vorstellen, als semi-demi-hemioriginelle Idee werten). Ganz besonders frech zitiert „Jinn“ allerdings ausgerechnet beim „Krieg der Sterne“ und das nicht nur, weil Luke Skywalkers Heldenreise selbst ja nur althergebrachte Archetypen aufarbeitet, nein, „Jinn“ klaut mehrfach direkt bei George Lucas – die „Jilla“ ist letztlich nichts anderes als die Prüfung, die Luke auf Yodas Geheiß auf Dagobah absolviert und wenn Shawn im Showdown seinen magischen Dolch telekinetisch herbeiruft, braucht man schon sehr viel Kool-Aid, um das als „Hommage“ und nicht dreisten Rip-off des Kampfs von Luke gegen den Imperator in „Rückkehr der Jedi-Ritter“ betrachten zu können…

Gut möglich aber, um nicht zu sagen sogar hoch wahrscheinlich, dass für Ahmad die Plotte nachrangig war, nicht mehr als Mittel zum Zweck, um seine Botschaft zu verkünden. „Jinn“ wirft mit vielerlei religiöser Symbolik und Begrifflichkeit um sich (das aber nicht in einem plumpen missionierenden Kontext, sondern eingepasst in die eigenständige Mythologie des Film-Universums) und verkündet letztendlich die Botschaft, dass es nicht der Feindschaft, sondern der Zusammenarbeit der Religionen bedarf, um das „Böse“ zu besiegen. Ein hehres Anliegen, das zwar von der Geschichte so ziemlich sämtlicher Religionsgemeinschaften konterkariert wird (dass die Menschheit ohne organisierte Religionen besser dran wäre, ist ein fixes Mantra meiner „Philosophie“), aber es ist schon in gewisser Weise tröstlich, dass es diese Stimmen *gibt*, die daran erinnern, dass Juden, Christen und Muslime technisch gesehen den gleichen Gott anbeten. Der Zusammenhalt der drei großen abrahamitischen Religionen ist letztlich der Punkt, den Ahmad zu machen gedenkt (und für den er sich sogar ein CGI-animiertes Logo hat einfallen lassen). Man kann nun wieder aufgeregt darüber diskutieren, warum Ahmad Hinduismus und Buddhismus außen vor lässt (von den kleineren Religionsgemeinschaften mal ganz abgesehen), aber die lassen sich wohl schlecht in die Filmmythologie einpassen (oder sie sind Ahmad suspekt, weil sie eben nicht Verästelungen der gleichen Wurzel sind wie das halt bei den abrahamitischen Religionen der Fall ist. Wäre interessant gewesen, Ahmad zu dem Thema sprechen zu hören, aber die DVD ist ausgesprochen knapp an Bonusmaterial).

Dazu passt dann auch, dass „Jinn“ sich als eine. Origin-Story spielt – und nicht von ungefähr kündigt der Abspann nicht nur eine direkte Fortsetzung, sondern ein ganzes „cinematic universe“ an; sicher eine etwas optimistische Herangehensweise, aber ein Indiz dafür, dass Ahmad ein großes Gesamtbild im Kopf hat. Sollte das sogenannte „Exxodus-Universum“ tatsächlich in weitere Runden gehen, empfehle ich Ahmad aber die Heranziehung eines Drehbuchexperten, der die teilweise erlesen scheusslich-unnatürlichen Dialoge glättet und den Charakteren ein paar Ecken, Kanten und Facetten verleiht (speziell Jasmine ist ein fast schon unerträglicher Rückschritt zu Frauenfiguren, die sich nur darüber definieren, ihren Mann glücklich zu machen).

Von der handwerklichen Seite gibt’s an „Jinn“ nicht wahnsinnig viel auszusetzen – als Regisseur scheint mir Ahmad durchaus deutlich kompetenter denn als Autor, der Streifen hat eine ordentliche Energie, solides Tempo, wenngleich nicht wirklich eine echte Spannungskurve (was aber eher am Script als an den inszenatorischen Fähigkeiten des Regisseurs liegt). Visuell ist das alles sauber und gefällig – die CGI sind nicht ganz auf dem allerneuesten Stand, was bei einer bestenfalls mittelprächtig budgetierten Indie-Produktion jetzt aber auch kein Totschlagkriterium ist; die Kamera steuert einige impressive Shots bei, die Fulci-Atmosphäre-Jünger (aka Backlit-Fans) in Ekstase versetzen sollte und der wuchtige Score von Hans-Zimmer-Protege Noah Sorota erinnert an die guten alten Zeiten symphonischer Beschallung.

Das Jinn-Design (wenn die Herrschaften sich nicht an menschliche Körper halten) hält in seinem lava-artigen Aussehen durchaus das Versprechen von „Feuerwesen“ (und da sie nicht rein an humanoide Form gebunden sind, gibt’s auch ein paar Grüße von Lovecraft) – die Jungs sehen besser aus als das konzeptuell entfernt ähnliche Alienmonster aus Outlander.

Nicht verschweigen wollen wir an dieser Stelle, dass „Jinn“ ein ziemliches Identitätsproblem hat – technisch gesehen ist er sicherlich ein Horrorfilm, aber einer ohne jegliche Scares (oder auch nur das Bemühen, solche zu setzen), und genauso wenig verfügt er über Splatter-FX. Als Mysteryfilm funktioniert er nicht, weil wir als Zuschauer wissen (oder zumindest eine gute Vorstellung davon haben), was vor sich geht und so nicht mit dem Protagonisten zusammen das Geheimnis entschlüsseln. „Jinn“ hat ein paar Actionszenen, ist aber kein Actionfilm (die Gelegenheit erscheint mir passend, auf den „Firebreather“ einzugehen. Das ist augenscheinlich ein vom Regisseur selbst designter modifizierter Firebird, dessen wenige Besitzer sogar Credits im Abspann abstauben. Das hat verschiedentlich zum Vorwurf geführt, „Jinn“ wäre letztlich nur ein Werbefilm für das Auto, aber da es nur in zwei Szenen thematisiert wird und nicht wirklich etwas tut, was nicht auch eine Corvette o.ä. auch erledigen könnte, scheint’s mir naheliegender, dass Ahmad zwei Herzensangelegenheiten zusammengelegt und sein Auto-Baby in sein Film-Baby eingebaut hat, ohne damit tiefere Hintergedanken zu verfolgen), und für einen Fantasyfilm ist er, hüstel, zu „real“.

Eine anderes Manko des Films ist, dass Dominic Rains („Mask of the Ninja“, „Captain America: Winter Soldier“, „Flash Forward“) zwar optisch dem Part entspricht, aber die Ausstrahlung eines unlackierten IKEA-Billy-Regals besitzt. So etwas wie halbwegs natürlich wirkende Emotionen scheint Rains nicht zu besitzen (deswegen ist er auch besser in der Zweitrolle seines eigenen Urgroßvaters in den Flashbacksequenzen – der ist ’ne Kampfsau). Blendend aufgelegt zeigt sich dagegen Darth Maul himself, der von George Lucas sträflich verschwendete Ray Park (auch zu sehen in den beiden „G.I. Joe“-Filmen, „Heroes“ oder dem ersten „X-Men). Park ist nicht nur geradezu unverschämt likeable, sondern darf auch in einer (allerdings etwas aufgesetzt-hyperstilisierten) Actionszene sein Martial-Arts-Können unter Beweis stellen. Serinda Swan („Smallville“, „Percy Jackson: Diebe im Olymp“) kann sich in der undankbaren Jasmine-Rolle nur unter Wert verkaufen und William Atherton (der ewige Walter Peck aus „Ghostbusters“, „Stirb langsam 1/2“, „Sugarland Express“, „Defiance“) bewahrt, mittlerweile im „Altersrollen“-Stadium seiner Karriere angekommen, seine Würde. Faran Tarhir („Warehouse 13“, „Escape Plan“, „Elysium“, „Star Trek“) hat mit der Rolle des halb-durchgeknallten Onkels Ali seinen Spaß.

Bildqualität: „Jinn“ wird hierzulande von WVG vertrieben. Die mir vorliegende DVD-Fassung bietet einen soliden 2.35:1-Transfer (anamorph), der manchmal etwas ins Flirren gerät, insesamt aber zufriedenstellende Schärfe- und Kontrastwerte bietet.

Tonqualiät: Deutscher und englischer Ton in Dolby Digital 5.1. Die Synchro ist gefällig, der voluminöse Score kommt gut rüber.

Extras: Nur eine Bildergalerie und eine „Trailershow“, besehend aus genau einem (1) Trailer.

Fazit: Ich mag an „Jinn“ letztlich wohl mehr die Message als die Ausführung derselben – das Plädoyer an Judentum, Christentum und Islam endlich zu erkennen, dass man eigentlich für’s gleiche Team spielt und sich daher gemeinschaftlich den wirklich wichtigen Aufgaben zu stellen, ist wohlgemeint und der phantastische Film mit seinen schier unbegrenzten Möglichkeiten, Metaphern für reale Probleme zu finden, ein vorzügliches Medium, solche Botschaften auf unterhaltsame Weise zu verpacken, aber „Jinn“ ist dann letztlich zwar sauber heruntergekurbelte und anspruchslos-unterhaltsame Genre-Ware, ohne jedoch zündende eigene Ideen zu haben oder sich auch nur dafür zu entscheiden, in irgendeine Richtung (Mystery, Fantasy, Horror oder Action) „all in“ zu gehen und seine technische Kompetenz wirklich zu investieren. Vielleicht hat Ahmad sich ja seine wirklich cleveren Einfälle für sein weiteres Filmuniversum aufgespart, aber die Frage bleibt, ob er die Chance bekommt, dieses auch tatsächlich zu verwirklichen… Summa summarum: „Jinn“ kann man kucken und schon Ray Park allein ist ein gutes Argument dafür, doch ob einem letztendlich wirklich etwas entgeht, wenn man’s bleiben lässt, ist zweifelhaft.

2/5
(c) 2014 Dr. Acula


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