Jekyll Island

 
  • Deutscher Titel: Jekyll Island
  • Original-Titel: Jekyll Island
  •  
  • Regie: Ken DuPuis
  • Land: USA
  • Jahr: 1998
  • Darsteller:

    Dan Mogavero (Alex Madison), Olivia Burrette (Vannie Goodyear), Brion James (Lawton Goodyear), Everett McGill (Dalton Bradford), Phil Morris (Johnson), Finola Hughes (Ronnie Fredericks)


Vorwort

Alex Madison führt ein interessantes Doppelleben – einerseits verdient er als Universitätsprofessor mit dem Spezialgebiet „Verbrechen und Verbrecher“ (was man heutzutage so alles studieren kann) seine legale Kohle, andererseits betätigt er sich aus Spaß anner Freud als „Meisterdieb“ auf dem Sektor der teuren Juwelen. Eines schönen Tages wird Madison von einem ominösen Mr. Johnson angeheuert, eine handliche Fuhre Diamanten im Wert von 1,5 Mio. Dollar zu entwenden – hierzu muß er nur den Plunder aus Hochzeitsgeschenken für eine der Töchter des Senators Goodyear direkt von der Feierlichkeit weg klauen. Dummerweise wird der Meisterdieb von des Senators anderem Töchterlein, der fünfzehnjährigen Diplom-Nervensäge Vannie, ertappt. Allerdings verpfeift ihn das Mädel nicht, sondern reicht ihm nicht nur das gewünschte Geschenkpaket (von dem sie allerdings nicht ahnt, was drin ist), sondern folgt ihm sogar noch aus Abenteuerlust. Im Hause Goodyear vermutet man natürlich nun das schlimmste, sprich Entführung, obwohl Vannie für Madison nur eine unerwünschte Komplikation des Falls ist. Johnson würde aus der Not gern eine Tugend machen und Lösegeld verlangen, was zu ernsthaften Meinungsverschiedenheiten führt (natürlich auch deswegen, weil Dieb und Mädel unverhohlen gewisse Sympathien füreinander hegen). Während sich das FBI einschaltet, dessen Agentin Ronnie Fredericks schon seit Jahren vermutet, dass Madison hinter jedem spektakulären Juwelendiebstahl der letzten zehn Jahre steckt, versucht der örtliche Polizeichef Bradford auf Geheiß von Goodyear und dem Juwelenschenker Müller den Dieb persönlich und relativ endgültig dingfest zu machen.


Inhalt

Ich hätte es wissen sollen. Was bei Madison Home Video erscheint, war noch selten ein wirklich guter Film. „Jekyll Island“ macht da keine Ausnahme, obwohl man aus dem eigentlich für einen B-Film gar nicht mal so schlechten Titel und der FSK-18-Freigabe zumindest auf ein wenn schon nicht weltbewegendes, dann zumindest gewalttätiges Filmchen spekulieren durfte. Nun hat der Titel „Jekyll Island“ aber nur eingeschränkt was mit dem Film zu tun (okay, es gibt natürlich ein äußerst lausiges Jekyll/Hyde-Motiv, aber mit gleicher Berechtigung könnte man jeden Film, in dem ein Charakter ein Doppelleben führt, auf ebenjenes zurückführen; aber in Wahrheit bezieht sich der Titel schlicht auf die Location, im Film wie im echten Leben ein Refugium für die betuchteren Gesellschaftsschichten in Georgia) und die FSK-18-Freigabe ist, um das vorwegzunehmen, einer der weniger erheiternden Gags des Publishers – kann mir nicht vorstellen, dass die FSK eine Freigabe ab 12 verweigert hätte, wäre sie so beantragt worden.

„Jekyll Island“ ist essentiell schlicht und ergreifend todlangweilig. Das Script aus der Feder von Hauptdarsteller Don Mogavero hat eigentlich nur ein einziges Positivum zu vermelden – und das liegt sicher nicht an guter Absicht, sondern ist sichtlich der Tatsache geschuldet, dass Mogavero das Buch und damit die Hauptrolle für sich selbst geschrieben hat: der „Held“ ist ein ziemlicher Durchschnittstyp (wenn nicht sogar unterdurchschnittlich) wie du und ich (naja, wohl eher wie „du“, hehe), was aber insofern wieder doof ist, als man dem Hänfling von breitem Kopf und schmalen Schultern beim besten Willen nicht abnehmen kann und will, dass er, wie mehrfach im Film dargelegt, Schlägertypen von ungefähr doppelter Körpermasse relativ mühelos verprügeln kann (Selbstverteidigungskurs hin oder her). Im übrigen ist das Script gleichermaßen vorhersehbar wie konfus (d.h. die zentrale Plotline kann man sich an seinen elf Fingern ausrechnen, während Subplots um die FBI-Agentin und den vermutlich finsteren Deal, den der Senator und Müller ursprünglich um die Diamanten ausgeheckt haben, im Nirvana hängen- und unaufgelöst bleiben).

Das alles wird darüber hinaus in einem sehr verschnarchten Schneckentempo serviert – der Film wirkt deutlich länger als seine 91 Minuten Laufzeit (und regelrecht erleichtert nimmt man zur Kenntnis, dass die deutsche Fassung, warum und was auch immer, um sechs Minuten gekürzt wurde) und schleppt sich von uninteressanter zu uninteressanter Szene – Regisseur DuPuis, der weder vorher noch nachher einen weiteren Film inszeniert hat, läßt die Kamera einfach nur auf die zugegeben meist recht hübsch anzusehende Szenerie richten und filmt dann uninspiriert runter, was seine Akteure aufführen. Zwei Explosionen (die beide von ihrer Motivation her vollkommen rätselhaft bleiben) wecken den sanft entschlafenen Zuschauer möglicherweise kurz auf, aber ansonsten wird außer ein paar kurzen und wenig beeindruckenden Schlägereien und einer lächerlichen Schießerei auf einer Wasserrutsche wenig an Action geboten.

Zu vermelden wäre ansonsten noch ein Soundtrack, der etwas unsystematisch zwischen unpassenden Synthesizer-Hämmereien, die verzweifelt Spannung zu erzeugen versuchen, und einigen gar nicht mal so schlechten Gitarren-Folksongs hin- und herpendelt.

Zu den Darstellern: Dan Mogavero kommt mir irgendwie vor wie eine Sparausgabe von Kevin Spacey (allerdings eine Ultra-Sparausgabe). Oder vielleicht eher wie eine Anti-Ausgabe von Spacey, denn Mogavero will man weder den Uni-Professor noch den Meisterdieb noch den Action-Helden abnehmen. Kein Wunder, dass Mogavero nur zu Rollen in Filmen kam, die er selbst geschrieben hat (und auch das waren nur, gottseidank, ist man versucht zu stöhnen, drei). Olivia Burnette zieht sich dagegen als Vannie vergleichsweise gut aus der Affäre, zumindest zeigt sie Ansätze ehrlichen Schauspiels… allerdings ist sie durchaus ein Vollprofi, seit sie 1987 in „Ein Ticket für Zwei“ debütierte, dann jede Menge TV-Arbeit verrichtete und direkt vor „Jekyll Island“ in „Kinder des Zorns V“ am Werke war. Völlig verschwendet sind die drei namhaften Akteure des Casts. Brion James, einer der größten Charakterköpfe im Land der B-Movie-Schurken (aber auch immer wieder mal in eindrucksvollen A-Film-Rollen wie in „Blade Runner“, „Silverado“ oder „Nur 48 Stunden“ dabei; von drei Auftritten in Albert-Pyun-Filmen ganz zu schweigen), kann aus drei oder vier Minuten Screentime keinen Nutzen ziehen, zumal seine Rolle nie wirklich definiert wird. Für den verdienten „Twin Peaks“-Mimen Everett McGill als Sheriff Bradford gilt ähnliches, wenngleich man ihm wenigstens eine Action-Szene zugebilligt hat, und Finola Hughes („Tycus“, „Staying Alive“) hätte man als FBI-Agentin Fredericks ohne Konsequenzen komplett aus dem Film streichen können, ihre Szenen halten die eigentliche, hüstel, Handlung nur noch weiter auf.

Bildqualität: Für Madison dürfte der (Vollbild-) Transfer so in etwas das Äquivalent zu einer Superbit-Edition sein – will sagen, das sieht sogar fast nach einem legitimen DVD-Transfer und nicht nur nach einer hingeschluderten VHS-Kopie aus. Klar, bei näherem Hinkucken ist ein leichtes Rauschen zu bemerken und beim Zoomen bemerkt man schon, dass die Kompression nicht das allergelbste vom Ei ist, aber beim „normalen“ Ansehen ist diese Bildqualität für die Verhältnisse des Billigheimerlabels eine ziemliche Offenbarung – das Bild ist relativ klar und scharf, die Farben recht überzeugend, Bildstörungen gibt’s praktisch keine. Da hab ich aus dem Hause schon ganz andere Sachen erleben müssen.

Tonqualität: Für den Ton gilt ähnliches wie für’s Bild. Der Dolby-2.0-Mix ist sicher nichts, wovon man seinen Enkeln berichten oder dessentwegen man dringend zwanzig Freunde zwecks Vorführung auf der Heimkinoanlage einladen müßte, aber anständig. Es rauscht zwar ein wenig, aber kaum merklich, die Dialoge sind einwandfrei verständlich und auch der Soundtrack wird ausgewogen präsentiert.

Extras: Neben den gefürchteten Action-Specials und einer Fotogalerie spendiert Madison dieser Scheibe sogar noch „Star-Portraits“ für Brion James und Everett McGill in Form von je einer Texttafel.

Fazit: „Jekyll Island“ ist ein einschläfernder Thriller der langweiligsten Kategorie, der es in keiner Sekunde schafft, so etwas wie Spannung, Atmosphäre oder einfach nur Interesse zu erzeugen. Alles spielt sich auf dem biedersten Niveau eines TV-Romans ab. Die FSK-18-Freigabe ist entweder ein schlechter Promotion-Gag seitens Madisons oder ein hanebüchener Druckfehler, denn praktisch alles, was eine solche Freigabe auch nur ansatzweise rechtfertigen würde, fehlt – es gibt keinen Sex, keine Gewalt, höchstens ein bißchen fragwürdige Moral, aber da gingen schon ganz andere Kaliber ab 12 durch (vielleicht findet sich der ganze intereessante Stuff in den zur US-Fassung fehlenden sechs Minuten…). Schade eigentlich, dass Madison einen ihrer technisch gesehen besten DVD-Releases an einen ihrer allerlangweiligsten Filme im Programm verschwendet haben, denn im Vergleich zu den sonstigen Veröffentlichungen des Labels könnten die Freunde von Madison mit ziemlichem Fug und Recht auf die „Jekyll Island“-Box „special collectors edition“ schreiben…

1/5
(c) 2006 Dr. Acula


mm
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