IWA-MS: Queen of the Deathmatch 2007

 
  • Original-Titel: IWA-MS: Queen of the Deathmatch 2007
  •  
  • Land: USA
  • Jahr: 2007
  • Darsteller:

    Mickie Knuckles, LuFisto, Roxie Cotton, Storm, Ian Rotten, CJ Otis, Deranged


Vorwort

Frauenwrestling. Da müsst Ihr nicht gleich an Schlammcatchen oder Öl-Ringen denken (und nicht nur an die weitgehend talentbefreiten „Divas“ in der WWE. Interessanterweise scheint die Women’s-Division das einzige zu sein, was TNA effektiv besser handhabt als die große Konkurrenz). Früher, in den guten alten Zeiten der rock’n’wrestle-connection war Wendi Richter immerhin der Top-Draw der damaligen WWF gleich nach Hulk Hogan und konnte sogar Shows headlinen – bis das Vince McMahon offenbar suspekt wurde und er sie per screwjob um den Titel und aus der Promotion brachte. Aber auch danach gab’s mit den Glamour Girls, den Jumping Bomb Angels (zwei japanischen Schnuckis, deren in Insider-Kreisen hochgelobtes 2 out of 3-falls match gegen die Glamour Girls ungelogen das erste WWF-PPV-Match war, das ich gesehen habe), Rockin‘ Robin, Alundra Blayze/Madusa (indirekte Verursacherin des Montreal Screwjob – unzufrieden mit ihrem WWF-Dasein wechselte sie zu den großen Paychecks der WCW und stopfte in ihrem ersten WCW-Auftritt ihren mitgebrachten Titel-Belt in eine Mülltonne. Als später Bret Hart seinen WCW-Kontrakt unterschrieb, fürchtete Vince ähnliches und sorgte dafür, dass Hart nicht als WWF-Champion die Liga verließ) durchaus kompetente Wrestlerinnen.

Hardcore-Wrestling. Nicht jedermann’s Sache. Der End-90er-Boom der ECW veranlasste die großen Ligen, ebenfalls Hardcore-Divisionen aufzubauen (wobei speziell der WCW bzw. den dort tonangebenden Turner-Verantwortlichen die ganze Hardcore-Sache mehr ein Dorn im Auge war und der Hardcore-Titel gerne mal für comedy-angles wie mit Norman Smiley oder Three Count genutzt wurde; die WWF devaluierte ihren Hardcore-Titel planmäßig durch die Einführung der 24/7-Regel – Titelwechsel zu jeder Zeit an jedem Ort möglich, solange ein Referee anwesend ist, der zählt, was dazu führte, dass der Titel schon mal zwanzigmal während eines PPV wechseln konnte). Heutzutage wird die Hardcore-Fahne gelegentlich von TNA hochgehalten (wenn Abyss sich mal wieder in die Reißnägel schmeißt) und ansonsten von Indy-Feds wie CZW oder eben IWA-MS (ausgeschrieben: Independent Wrestling Association – Mid South, geleitet von Ex-ECWler Ian Rotten), einer notorisch klammen Promotion, die von ihren DVD-Verkäufen lebt.

Wobei wir auch beim Thema Indy-Wrestling wären. Für jede Promotion wie ROH oder FIP gibt’s eben auch die kleinen Klitschen, die sich mit lieber Müh und Not über Wasser halten und sich weniger von ihren Ticket Sales als vom DVD-Umsatz finanzieren (auch unser heutiges corpus delicti wurde vor 53 zahlenden Zuschauern aufgenommen)…

Perverse Neugier veranlasste mich, als mir neulich bei eBay ein Exemplar dieser taufrischen Scheibe (das Event fand am 27.10.2007 statt, also vor grad mal drei Wochen) unter die Griffel kam, einen satten Zehner zu investieren…


Inhalt

Auf ein ausführliches play-by-play verzichte ich heute mal, daher im Stenogrammstil:

Ian Rotten begrüßt zunächst die anwesenden Fans und erklärt die Regeln. Weil man nur 6 Mädels aufgetrieben hat, die sich’s blutig besorgen wollen (höhö, und don’t make a mistake, unsere Kommentatoren, einer davon Ian Rotten garselbst, verbringen die halbe Zeit mit schlüpfrigen Anspielungen, die noch krimineller sind), haut ein klassisches k.o.-elimination-Format nicht hin. Daher gibt’s zunächst zwei three-ways. Die Sieger gehen direkt ins Halbfinale, die Verlierer tragen eine Überkreuz-Runde aus, deren jeweilige Sieger das andere Halbfinale bestreiten. Jedes Match hat darüber hinaus ein anderes Hardcore-Gimmick.

Match 1 – BB Walls vs Roxie Cotton vs LuFisto (Barbed Wire Ropes & Thumbtacks)

BB Walls ist hauptsächlich dazu da, damit’s halt drei Mädels sind (und ist groß und breit, if you catch my drift). Roxie Cotton hat das lustige (wirklich lustige) Gimmick eines durchgeknallten valley girls („Ihre Hobbys sind Shopping und Fellatio“, kalauert Ian Rotten), die sich fürderhin stets ekeln wird, wenn sie eine blutende Kontrahentin mit bloßen Händen angrabbeln muss, LuFisto ist designierte Heel, spielt das böse-Kanadier-Gimmick (und ist außerdem eine echte Hardcore-Kämpin, die sich in der CZW sogar einen Männer-Titel geholt hat). Das Spezialgimmick des Matches ist ein Beutel Reißnägel, der von LuFisto zentral im Ring aufgerissen und verteilt wird. Wrestling-mäßig tut sich nicht viel, weil BB Walls nix kann, Roxie Cotton zwar niedlich ist, aber keinerlei Power hat und LuFisto das Match überhaupt erst mal auf brauchbare Länge strecken muss. BB (steht für „bad bitch“) wird zuerst eliminiert, dann Roxie. LuFisto geht (nach blade job) direkt ins Halbfinale.

Match 2 – Misty Heat vs Storm vs Mickie Knuckles (Barbed Wire Ropes & Barbed Wire Bats)

Misty ist ’ne fette Qualle (sorry), Storm ein dicker Schrank und Mickie, ebenfalls recht stabil, noch das attraktivste, was in diesem Match rumläuft (außerdem ist sie Titelverteidigerin, Ian Rottens real-life-girlfriend und hometown fan fave). Alle Mädels bladen wie die blöden (hihi), Misty wird als erste eliminiert (während ihre Haare noch im Stacheldraht hängen), dann etabliert sich die Story des Tournaments. Mickie hat Storm für ihren Finisher drapiert, wird von LuFisto abgelenkt und eingerollt. Storm direkt im Halbfinale, Mickie muss durch die Loser-Runde und damit für’s apostrophierte Finale ein Match mehr bestreiten. Auch hier ist von Wrestling nicht viel zu sehen… dafür, und das ist irgendwie das Bizarre an den Vorrunden-Fights, gibt’s etliche comedy spots. Es ist schon ziemlich seltsam – die Girls sparen wirklich nicht an roter Suppe und es ist for the laughs (was sowohl die Aktiven, das Publikum und auch die Kommentatoren so sehen und handhaben). Comedy-Indy-Hardcore-Frauenwrestling – man sieht’s nicht alle Tage…

Match 3 – BB Walls vs Mickie Knuckles (Barbed Wire Rpoes & Death Match Bats, was de facto ein paar stacheldrahtumwickelte Plastikknüppel sind)

Mickie sieht aufgrund ihres blade jobs zum Fürchten aus… das ganze ist nicht mehr als ein besserer squash, weil auch Mickie, die wrestlingtechnisch nicht völlig unbeleckt ist, mit BB nicht so wirklich viel gewinnbringendes anstellen kann (aber BB bladed jetzt auch). Erwartetes Resultat: Sieg Mickie Knuckles.

Match 4 – Misty Heat vs. Roxie Cotton (Barbed Wire Ropes & Barbed-Wire Ladder)

Hier kommt das Gimmick Roxies, das eklige Blut nicht anfassen zu müssen, erst richtig zum Tragen (die Kommentatoren reiten drauf rum, dass Roxie hier vollkommen deplaziert und am liebsten gar nicht hier wäre). Roxie gewinnt nach einem ladder spot in der Ringecke. Auch hier: not much of wrestling.

Match 5 – LuFisto vs Storm (Barbed-Wire Ropes & 4 Corners of Pain)

Gimmick des Matches: außerhalb des Rings befinden sich vier „Sandkisten“ mit Reißnägeln, Mausefallen, „things that hurt like shit if you get into a cut“, wie Ian Rotten sich ausdrückt (Salz, Zitronen etc.) und nochwas, was ich vergessen habe :-). Ein wilder Brawl, indem auch ein bissl gewrestled wird (’n Suplex oder so kriegen die Girls schon hin), auch Stühle (und ein Kürbis…) zum Einsatz kommen etc. Die Story des Matches ist, dass LuFisto für Storm wie verrückt bumped, aber am Ende halt doch siegt. Crimson masks worn by everyone at this point…

Match 6 – Mickie Knuckles vs Roxie Cotton (Barbed-Wire Ropes & Taipei Glass Death Match, ergo mit Glasscherben gespickte Tapes um die Flossen).

Roxie, immer noch unverletzt, spielt ihr Gimmick konsequent weiter. Mickie, die mittlerweile aussieht, als hätte sie das Rasenmäher-Gemetzel aus „Braindead“ aus erster Hand mitbekommen, sorgt dafür, dass nun auch das zarte Gesichtchen von Roxie per Barbed-Wire und Glassplittern verunstaltet wird (allerdings wirken die spots, in der sich die beiden mit ihren Glass-Tapes die Visagen polieren, nicht grade gut). Da wir ja das gewünschte Finale haben wollen, gewinnt Mickie mit einem rechten Haken zum k.o. Danach gibt’s aber hug times, ein hohes Lob von Ian Rotten und „please come back“-chants für Roxie. Mickie spielt übrigens perfekt in ihren Loser-Runden-Matchen die völlig Angepisste, diesen Umweg zum Finale gehen zu müssen.

Intermission Match – CJ Otis vs Deranged

Ganz ohne Kerle geht’s halt dann doch nicht. Das Match ist ein Qualifier für ein „strong style“-Turnier. Deranged hat am Vortag ein Tag Team Double Death Match-Turnier gewonnen (und hat so’n bekloppter-Metaller-Gimmick), CJ Otis nennt sich „Death Match Destroyer“, weil er ein solches Match überlebt hat und pisst durch diese Blasphemie Deranged persönlich an. Stiff chops regieren, aber es wird auch richtig gewrestled. Mitten unter’m Match werden auf Derangeds zart geäußerten Wunsch die Regeln auf Death Match geändert (alldieweil er droht, andernfalls den Ref zu verprügeln), was aber nach hinten losgeht, weil Otis letztlich mit einem corkscrew auf den apron gewinnt (* 1/2).

Finale – Mickie Knuckles vs Lu Fisto (No Rope Barbed-Wire Electrified Light Bulb & Light Tubes)

Uff. Also Freunde, JETZT ist schluss mit lustig. Nix mehr comedy spots, das ist knallhartes Hardcore-Wrestling vom härtesten (bis auf eine punch exchange im Sitzen, die wie schon in Mickes Halbfinale mehr als filler dienen muss). Sick spots allenthalben, die Ladies bluten wie die sprichwörtlichen Schweine – man kann sagen, was man will, die Damen sind wirklich zu allem bereit – da werden sich die Glühbirnen um die Ohren geschlagen, dass es eine wahre Freude ist, chair shots, bodyslams und powerbombs auf Neonröhren… alle Register werden gezogen. Zu meiner persönlichen Überraschung gewinnt tatsächlich LuFisto (sie bodyslammed Mickie durch eine zwischen zwei Stühle gelegte Neonröhre) und wird danach, obschon Heel, von der kleinen, aber enthusiastischen Crowd mit Sprechchören gefeiert („LuFisto!“ – „That was awesome!“ – „Please come back“ – „We want more“). Für ein Hardcore-Match (und ich sage nicht „ein Frauen-Hardcore-Match“), sofern man darauf steht (was ich eigentlich nicht tue, aber ab und an…), verdammt gut (***). Ian Rotten lobhudelt in einem sehr lieb gemeinten, aber doch zu langen Promo über die beiden Kämpinnen (ist auch ein eklatanter kayfabe-Bruch, aber was soll’s…), und am Ende gibt’s auch shakehands.

Deathmatch9.jpg

Production Values sind nicht zu erwarten, dafür ist der Hallen-Ton sehr gut (Publikums- und Wrestler-Kommentare sind perfekt hörbar), Kameraführung und Editing überraschend gut (manchmal vielleicht etwas zu dicht dran, was speziell bei punches die Illusion zerstört). Geliefert wird der Spaß auf zwei beklebten Rohlingen (naja).

Fazit: Man muss natürlich Hardcore-Wrestling mögen und/oder drüber stehen, dass hier gesuppt wird wie in einem schlechten deutschen Splatterfilm (die Suppe aber echt ist), über die objektiv miserable Match-Qualität der Vorrundenmatches tröstet der comedy-gold-Kommentar („She kicked out of the bridge!“ – „Well, it’s a position she’s familiar with…“) und der Main Event ist hammerhart. Zwar stellt sich die Frage, ob die Menschheit das wirklich *braucht* (und warum Frauen sich sowas antun…), aber letztlich läuft’s auf das Exodus-Motto good friendly violent fun raus. Not everybody’s cup-of-tea, aber wer den alten ECW-Zeiten nachtrauert, sollte die IWA-MS antesten.

3/5
(c) 2007 Dr. Acula


mm
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