IWA-MS: A Rotten Farewell

 
  • Original-Titel: IWA-MS: A Rotten Farewell
  •  
  • Land: USA
  • Jahr: 2007
  • Darsteller:

    Ian Rotten, Mickie Knuckles, 2 Cold Scorpio, The Sandman, Drake Younger, Mike Quackenbush, Chuck Taylor, Jimmy Jacobs, Michael Elgin, Eddie Kingston, Chris Hero


Vorwort

Ich hatte vor ein paar Wochen schon eine IWA-MS-DVD besprochen, namentlich „Queen of the Death Matches“, und obwohl ich nicht so der große Fan von Hardcore-Gebrawle bin, machte mich das ganze neugierig genug, mal eine reguläre IWA-MS-Show zu ordern, schon allein wegen des lustigen Commentarys und der Tatsache, dass bei den „normalen“ Shows auch größere Namen aus der Indy-Szene auftauchen.

„A Rotten Farewell“ markiert das Karrierende von IWA-MS-Gründer und früherem ECW-Star Ian Rotten, und für seine Abschiedsvorstellung hat er eine solide 5-Stunden-Card (!!) zusammengestellt.


Inhalt

Wir beginnen mit einem der schon von der „Queen of the Death Matches“-DVD gefürchteten ausschweifenden Rotten-Non-Kayfabe-Promos, in dem dieser ungelogen gut 25 Minuten lang mehr oder weniger amüsante Anekdoten aus seiner 17jährigen Karriere zum besten gibt. Nicht ununterhaltsam, aber irgendwann hatte ich dann doch den SKIP-Button gefunden und ging zum ersten Match über.

Match 1: Chrisjen Hayme vs. Mike Stevens

Auch hier rult schon mal der Kommentar („Mike Stevens? Never trust a man with two first names!“ – „Stevens is a first name?“). Die beteiligten Kämpen hab ich noch nie im Leben gesehen bzw. von ihnen gehört. Und das Problem beim Wrestling ist, dass man ENTWEDER bekannte Leute anfeuert, die man einfach gerne gewinnen (bzw. verlieren) sieht, ODER man beeindruckende Moves bewundert. Wenn weder das eine noch das andere gegeben ist, wird’s halt schwierig. Hayme gewinnt ein mässig interessantes Match, an das mich ernstlich nicht mehr erinnern kann. (*1/2)

Match 2: Jack Thriller vs. Jimmy Jacobs

Jimmy Jacobs ist mittlerweile hauptamtlich bei ROH beschäftigt und als Chef von „The Age of the Fall“ dort Tag-Team-Champ. Hier hat er eine Rechnung mit Jack Thriller offen, der ihn vor ein paar Wochen zur Aufgabe im Figure-4-Leglock gebracht hat. Story des Matches ist, dass Jacobs‘ Knie noch nicht wirklich gesund ist und Thrillers Attacken dementsprechend auf das Gelenk gerichtet sind. Thriller dominiert weitgehend und bringt im dritten Anlauf den Figure-4-Leglock durch, zum zweiten „Upset“ in a row. Für das nächste IWA-MS-Event ist ein „I quit“-Match zwischen den beiden gebucht. (**)

Match 3: CJ Otis vs. Bull Pain

CJ Otis ist auf dem Weg aus der Promotion, um bei All Japan Pro Wrestling anzuheuern. Da er ein Heel ist, ist die Face-Seite froh, ihn loszuwerden, nur leider ist sein angedachter Gegner, Brain Damage, verletzt. Ian Rotten würde Otis gerne frei geben, um seine Fresse nicht mehr sehen zu müssen, doch sein Kompagnon will Otis nicht so einfach davon kommen lassen und hat den multiplen IWA-MS-Champion Bull Pain engagiert, damit der, Hardcore- und Deathmatch-Spezialist, Otis Mores lehrt. Und das tut er dann auch. Otis wird gut fünfzehn Minuten lang nach allen Regeln der Kunst zerlegt, ehe Bull Pain ein Einsehen hat und den Gnaden-Pin durchzieht. Ganz lustig, aber not much real wrestling. (*)

Match 4: Cruiserweight-3-Way Brian Skyfire vs. Ricochet vs. Billy Roc

Grandios mal wieder der color commentator, der keinen der drei Jungen kennt, aber nach dem Hören von Billy Rocs Einlauf-Musik sofort verkündet, dass Roc der beste Wrestler aller Zeiten sei. Skyfire dominiert die ersten Minuten, in denen Ricochet und Billy Roc als Team agieren. Billy Roc fällt irgendwann ein, dass das kein Handicap-, sondern ein three-way-match ist und geht auch Ricochet ernstlich an. Mit seinem innovativen Finishier, der noch nicht mal einen Namen hat (Ian Rotten schreibt einen Fan-Wettbewerb aus – „not that you’re stuck with something silly like ‚Roc Hard'“. Folge: das komplette Publikum chanted enthusiastisch ‚Roc hard! Roc hard!‘ Schätze, der Move hat seinen Namen weg), pinnt Billy Ricochet und gewinnt, was nach Ansicht der Kommentatoren ein gutes Argument für einen Shot auf den Light-Heavyweight-Titel der Promotion sein dürfte. Post match lobt Rotten auf bewährt-epische Weise die Fähigkeiten der drei Jungs. Als Spotfest war das auch sehr ansehnlich, wenn auch nicht gerade großartig Ringpsychologie betrieben wurde. Wer spektakuläre flashy moves gerne sieht, dürfte hier auf seine Kosten kommen. (**3/4)

Match 5: Iron Saints vs. Naptown Dragons

6-Man-Tag-Team-Action zwischen den Tomaselli-Brüdern (zwei von denen sind die amtierenden Tag Team Champs) und dem Naptown-Dragon-Stable, vertreten durch Scotty Vorteks, Diehard Danny Lee und OMG. Die Naptown Dragons, frenetisch angefeuert, mühen sich speziell durch OMG um High Flying, die Tomasellis brawlen. Formulaisches, aber unterhaltsames Tag-Match, nicht mal der übliche clusterfuck eines 6er-Tags. Die Iron Saints tragen am Ende den Sieg davon. (**1/2)

Match 6: 2 Cold Scorpio vs. Michael Elgin

Der erste Big Name des Abends – 2 Cold Scorpio kennt man aus der WCW und ECW, als „Flash Funk“ auch aus der WWF. Der Jung ist zweifellos mittlerweile etwas massiver geworden und hat sein Repertoire demgemäß von purem High Flyer auf einen eher Allround-Stil umgestellt. Elgin ist ein typischer Powerhouse-Brawler, hält sich aber wacker und kann sich sogar aus den trademark-moves Scorpios (450er Splash und Moonsault) befreien. Am Ende gewinnt Scorpio nach einem netten Match via roll-up. (**3/4)

Match 7: Drake Younger vs. The Sandman

Und der nächste Star. Drake Younger (Chef der Naptown Dragons) hat’s mit ECW- und WWE-Star Sandman, der Hardcore-Ikone schlechthin, zu tun. Beide Aktiven kommen zu massiven face pops in die Arena, Sandman braucht für seinen typischen Marsch durchs Publikum „Enter Sandman“ komplett ausgespielt und ungefähr vier Dosen Bud. Younger hat angeblich ein Stück Ohr verloren und trägt deswegen einen Amateur-Ringer-Rick-Steiner-Gedächtnis-Kopfschutz (die smarten Fans beginnen sofort mit „woofwoofwoof“-Chants). Die Fans entscheiden sich schlussendlich aber dafür, den local hero Younger anzufeuern und Sandman de facto heel zu turnen. Ist aber auch wurscht, denn das Prozedere entwickelt sich zu einem reinen Comedy-Match, in dem Sandman gleich zu Beginn erst mal ein paar Minuten per Handy mit seiner Mama telefoniert. Nach ungefähr 10 Minuten kommt’s tatsächlich zu einem Lock-up, der Sandman so erschöpft, dass er erst mal ’ne Bierpause einlegt. Irgendwann (so nach 20 Minuten) wird dann wieder gewrestled (mittlerweile ist sogar das Publikum etwas genervt und chanted „we want wrestling“). Legsweep, roll-up, 2-count für Sandman. Dem ist die Zählerei des Refs zu langsam, weswegen er aus dem Ring geht, seinen treuen Kendo-Stick (offenbar der Nachfolger des guten alten Singapore Cane) holt und damit den Ref zu vermöbeln gedenkt. Younger ist clever, holt Sandman von den Beinen, rollt ihn ein und bekommt den three-count. Er kann’s kaum fassen: „I just beat the Sandman!“ Jeez… ist jetzt nicht gerade wie’n Bodyslam gegen Yokozuna…. (DUD)

Match 8: IWA-MS-World-Heavyweight-Title-Match Mike Quackenbush vs. Eddie Kingston vs. Chris Hero vs. Chuck Taylor

Quackenbush (bekannt aus CHIKARA und ROH) ist nicht nur regierender Heavyweight-Champ, sondern auch Light-Heavyweight-Champ. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass seine Gegner alle auch ins Gewichtslimit der hiesigen Cruiserweight-Klasse fallen, setzt Quackenbush auch den Light-Heavyweight-Titel aufs Spiel. Sollte jemand ihn pinnen, gehört der Light-Heavyweight-Gürtel demjenigen. Im Match haben Chris Hero und Chuck Taylor zunächst Vorteile, da sie in CHIKARA die aktuelle Kings-of-Wrestling-Inkarnation bilden, ergo Tag-Team-Partner sind. Zumindest denkt Taylor das, bis Hero auch auf ihn los geht. Match ist ein Spotfest, unterbrochen von Leerlauf – zwischen den flashy moves tut sich wenig an Transition und Psychologie. Macht solange nix, solange Quackenbush und Hero im Ring sind, die einfach formidabel zusammen arbeiten (vgl. ihr Match auf der Best-of-CHIKARA-DVD, die ich demnächst auch mal reviewen werde). Komischerweise ist aber der erste, der eliminiert wird, Quackenbush! Taylor pinnt ihn und wird damit neuer Light-Heavyweight-Champion. Lange feiern kann er nicht, da er umgehend von Chis Hero auf’s Kreuz gelegt wird. Showdown also zwischen Hero und Kingston, was insofern blöd ist, weil Kingston erstens der langweiligste der vier Kämpen ist, zweitens aber der sichere Sieger ist, weil Hero ob seiner Verpflichtungen in ROH kaum zu regelmäßigen Title Defenses in der Lage sein dürfte. Dennoch ist die near-falls-Sequenz recht flockig anzusehen, das Finish ist aber lame – Kingston schlägt Hero mit einer soliden Rechten k.o. That’s it, your new IWA-MS World Heavyweight Champion Eddie Kingston. I’m not so impressed. Post Match fordert 2 Cold Scorpio einen Titelshot ein, der von Kingston per Handschlag gewährt wird. Interessant, ein face-gegen-face-Titelmatch demnächst… (***1/2)

Match 9: Hardcore Battle Royal Corey Shaddix vs. FreakShow vs. Rollin‘ Hard vs. Insane Lane vs. Rough Tough Jimmy Clough

Corey Shaddix kennt keine Sau, inkl. der Kommentatoren, FreakShow gehört hauptamtlich in die Schwestercompany IWA-Deep South, Rollin‘ Hard ist zigfacher Ex-IWA-Champion, Insane Lane eine zweitklassige Necro-Butcher-Kopie und Jimmy Clough eine fette Qualle. Jeder der Herren bringt eine weapon of choice mit (wir haben eine Baseballkeule mit Reißnägeln, eine stacheldrahtumwickelte Leiter, eine stacheldrahtumwickelte Baseballkeule etc.). Nachdem erst mal alle Kerle ordentlich bluten, kann’s ans Eliminieren gehen. Shaddix ist der erste, der fliegt, Jimmy Clough ist Nummer 2 („the smallest man and the biggest man“, wie die Kommentatoren helpfully ausführen). FreakShow fliegt raus, als Insane Lane das oberste Ringseil etwas runterzieht. FreakShow revanchiert sich für diese Gefälligkeit, indem er seinerseits Insane Lane auf gleiche Weise, nur halt von draußen, bei der Eliminierung behilflich ist. Sieger by default Rollin‘ Hard. Hmtja. Was für die Hardcore-Fetischisten. (*)

Match 10: Ian Rotten vs. Mickie Knuckles

In seinem letzten Match will Rotten sich mit seiner Lieblings-Schülerin Mickie Knuckles hauen. Zunächst zollt man sich gegenseitig Respekt, ehe Rotten die Nase voll hat und zum Hardcore-Brawling übergeht. Schnell setzen sich beide die crimson mask auf. Tonnenweise Headbutt- und Slap-Spots (der Spot, in dem sich die Gegner auf Stühlen gegenübersetzen und sich gegenseitig abwechselnd Ohrfeigen verpassen, scheint in IWA-MS sehr beliebt zu sein. Kam bei Queen of the Death Match auch alle fünf Minuten und wird trotzdem nicht überzeugender). More headbutts, gerne stacheldrahtunterstützt yaddayadda. Mit ihrem einzigen wirklichen offensiven Move, einem Kick gegen den Kopf des sitzenden Gegners, kommt Mickie (im dritten oder vierten Anlauf) zum Erfolg und schickt Ian in Rente. (DUD) Danach noch ausführliches Lobhudeln – Rotten hat sich das Mikro geschnappt (oh my…). „Opfer“ seiner Dankesreden werden u.a. Jimmy Jacobs, Rollin‘ Hard und natürlich Mickie. Das ganze Segment dauert gut 20 Minuten und wird noch mit einem backstage interview getoppt. Das hab ich mir dann irgendwann geschenkt.

Fazit: Gutes Wrestling wird hier sicher nur ansatzweise geboten – der Cruiserweight-Threeway und das World-Title-Match haben zumindest einiges an spektakulären Moves (wobei speziell im Cruiserweight-Contest auch einiges sichtbar schief geht) zu bieten, Thriller vs. Jacobs hat solides Storytelling und 2 Cold Scorpio seh ich einfach immer wieder gern, auch wenn er nicht mehr in der Form wie vor 10-12 Jahren ist (ha). Das 6er-Tag-Match ist ebenfalls okay und Sandman bietet nette Comedy, die beiden Hauptkämpfe (das Hardcore Battle Royal und Rotten vs. Knuckles) sind aber leider ziemliche Totalausfälle. Trotzdem ist das ganze Treiben fünf Stunden lang nicht langweilig, was an den wieder gut aufgelegten Kommentatoren (die munter durchwechseln) liegt – die haben öfter mal keinen Plan, was eigentlich an Action passiert, aber sind für jede Menge gute Sprüche zu gebrauchen. IWA-MS könnte als Wrestling-Promotion eigentlich nichts besseres passieren, als dass Rotten aufhört, nun könnten die talentierten Jungs, die durchaus im Roster vorhanden sind, ins Spotlight rücken (aber ich fürchte, dass Mickie Knuckles den Platz an der Sonne und als Headliner übernehmen wird… und, auch wenn Ian Rotten mich fressen wird, es GIBT talentiertere Wrestlerinnen. Womöglich zwar keine, die williger bladen, aber talentiertere – look at TNA, wenn die sonst nichts richtig machen, die Women’s Division rockt).

3/5
(c) 2008 Dr. Acula


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