- Deutscher Titel: Isolation
- Original-Titel: Isolation
- Regie: Billy O'Brien
- Land: Irland
- Jahr: 2005
- Darsteller:
Ruth Negga (Mary), John Lynch (Dan), Sean Harris (Jamie), Essie Davis (Orla), Marcel Iures (John), Crispin Letts (Arzt), Stanley Townsend (Garda Hourican)
Vorwort
Auf einer abgelegenen Farm im hintersten Hinterland der irischen Pampa geht allerhand Suspektes vor. Die „Bovine Genetical“ experimentiert dort, natürlich ohne lästige Formalitäten wie behördliche Genehmigungen oder ähnlichen offiziellen Firlefanz, an den glücklichen Kühen, die uns Kerrygold-Butter bescheren. Farmer Dan hat sich dazu breitschlagen lassen, weil seine alte Flamme Orla den bovinen Genmanipulatoren als Tierärztin zur Seite steht – und natürlich, weil die böse Firma auch harte Währung sprechen lässt. Wie üblich bei solchen Projekten läuft alles schief – als Orla das erste Kalb der Versuchskuh zur Welt bringen will, reagiert selbiges, noch im Mutterleib, ausgesprochen bissig. Als sich der biologische Prozess der Geburt auch vom renitenten Kalb nicht mehr blockieren lässt, benötigt Dan, weil Orla längst in die Zivilisation zurückgekehrt ist, die Geburtshilfe von Mary und Jamie, einem Pärchen, das illegalerweise auf seinem Grund und Boden campt und ganz offensichtlich auch einiges zu verbergen hat. Das Tierchen ist denn auch im Seperatzustand ausgesprochen agressiv – Orla kann bei ihrem nächsten Besuch nichts anderes tun, als dem jungen Leben per Bolzenschussgerät den Garaus zu machen, was sich schwierig genug gestaltet. Bovine-Oberwissenschaftler John stellt fest – das Kalb ist bereits trächtig auf die Welt gekommen! Auch wenn Ziel der Company war, die Fortpflanzungsreife der Rindviecher erheblich nach vorne zu verlegen, das ist dann doch übertrieben. Zumal die Brut des Kalbs sich als noch aggressiver erweist als die Muttergeneration. Trotz aller Bemühungen entkommt den tapferen Forschern und ihren mehr oder weniger unfreiwilligen Helfern eines der zahn- und klauenbewehrten kleinen Monster und schickt sich an, als parasitäre Lebensform neue Wirtskörper zu suchen, die es für eigenes Wachstum von innen zu fressen beabsichtigt. John stellt die Farm unter Quarantäne und für die Eingeschlossenen beginnt ein Kampf auf Leben und Tod…
Inhalt
Irgendwie scheinen die Iren ein zwiespältiges Verhältnis zu ihren muhenden Nutztieren zu haben. In „Dead Meat“ brachten die Muhkühe eine zombieähnliche Plage über’s Land, in „Isolation“ also machen sich genetisch modifizierte Kuhnachkommen daran, die Besatzung eines Bauernhofs aufzufuttern. Dummerweise zieht weder der eine noch der andere Film die (Rinds-) Wurst wirklich vom Teller, wobei man „Isolation“ zumindest noch bescheinigen kann, formal einen Tick besser als der auf seine Schmodderwerte setzende „Dead Meat“ abzuschneiden. Ich muss reviewtechnisch gesehen das Pferd mal von der anderen Seite aufzäumen und zunächst die formale Gestaltung ansprechen, bevor ich zum Drehbuch komme. Anderweitige Rezensenten loben nämlich ausdrücklich die „dunkle, unheimliche und kalte“ Atmosphäre des Films. Ja, das ist auch nicht verkehrt. O’Brien und seinem Kinematographen Robbie Ryan gelingen wirklich einige bemerkenswert düstere, unheimliche und atmosphärische Aufnahmen. Allerdings wurde mir relativ schnell klar, wo ich ähnliches schon mal (und besser, wenn auch mit mehr Budget) gesehen habe – nämlich dort, wo Mister O’Brien sich der Einfachheit halber auch für seinen, hüstel, Plot bedient hat: bei Ridley Scotts „Alien“. Nein, der Doc ist nicht völlig durchgedreht (zumindest noch nicht), es ist tatsächlich so, trotz der Prämisse, einen Horrorfilm über genetisch manipuierte Rindviecher zu drehen, tut der Film nichts anderes, als sowohl in Punkto Szenario (mehr oder weniger „everyday people“ von eher unsympathischer Natur werden aus monetären Erwägungen in eine Horrorstory gezogen) als auch Handlungsfortgang (eben jene „everyday people“ suchen das „Alien“/die Kalbskreatur in alltäglichen, aber ins Unheimliche verstärkten Settings; in „Alien“ Korridore und Luftschächte des Raumschiffs, in „Isolation“ Stallungen und sonstige Locations in einem mehr oder minder modernen Fleischzuchtbetrieb) spielt „Isolation“ nichts anderes als ein Garagensampling von „Alien“ nach (inklusive des Gimmicks, dass das Monster sich in seine Wirtskörper hineinfrißt und später wieder „ausbricht“, mit dem einzigen Unterschied, dass die hiesige Kreatur den Menschen nicht als „Brutkasten“ benutzt, sondern schlicht als Happa, um zu wachsen, der „Vermehrungsgedanke“ fällt bei „Isolation“ weitgehend durch den Originalitäts-Rost). Ich will nicht sagen, dass O’Brien 1:1 Sektionen aus „Alien“ kopiert, aber er bedient sich freimütig nicht nur des groben Plots, sondern auch der Stimmung: die Dialoge sind lakonisch-sparsam, die Charakterinteraktionen von gegenseitigem Misstrauen geprägt, Hilfe von der Außenwelt ist nicht zu erwarten (auch wenn letzterer Punkt hier eine „freiwillige Einschränkung“ ist, weil in der ersten Filmhälfte, als die „Quarantäne“ noch nicht besteht, Orla und John noch munter an- und abreisen, wie’s beliebt).
Das Problem ist nur, dass „Alien“ ein Meilenstein des Spannungskinos ist, „Isolation“ aber eben nur ein müdes rip-off, dessen modernistischer Aufhänger „Klonen/Genmanipulation“ nicht dazu beiträgt, die Geschehnisse spannender oder involvierender zu machen (sowohl die Motivation der „Bovine Genetical“ als auch das aufgebaute Bedrohungspotential bleiben eher diffus und unverständlich). Im Bemühen um eine möglichst düstere Atmosphäre biegt O’Brien leider in die Sackgasse ein, „Düsternis“ mit „Kälte“ zu verwechseln. Ich gehöre nun nicht zu der Fraktion, die auch in Horrorfilmen immer „Herzenwärme“ haben muss, aber „Isolation“ ist so steril, kalt, abweisend, dass es mir als Zuschauer von Anfang ans ehr schwer fällt, mit den Charakteren irgendeine Verbindung einzugehen – wenn man noch ins Kalkül zieht, dass der Streifen seine größten Ekelmomente, nämlich tonnenweise Rinder- und Kälber-Gore, schon relativ früh, im ersten Filmdrittel, verschiesst, könnte man fast auf die Idee kommen, O’Brien legt es darauf an, sein Publikum möglichst schnell zu vergraulen. Bei mir hatte er Erfolg – nach schon ca. 25-30 Minuten hatte ich jegliches Interesse am Film verloren. Die Story war als Alien-Derivat erkannt, die Charaktere als Unsympathen identifiziert und ihre Handlungsweisen, hier ein dezenter Unterschied zum „Original“, der Figuren als erstaunlich blöde ausgemacht (die Firma „Bovine“ scheint keinerlei Krisenmanagement zu haben; Dan rekrutiert aus purer Drehbuchverzweiflung Jamie und Mary als Geburtshelfer, damit die irgendwie in die Story hineingezogen werden können, ohne dass aus deren angedeuteten Background irgendetwas entwickelt wird, und, meine „Lieblingsstelle“, als das Monster in einer 1,5 m tiefen Jauchegrube vermutet wird, hat Dan nichts besseres zu tun, als mit seinem Trecker in die Grube zu fahren, um es „aufzuscheuchen“ und dann Bauklötze zu staunen, dass ihm der Traktor in der Gülle absäuft). Sorry, aber ich kuck dann doch lieber zum 30. Mal „Alien“, wo die Figuren auch allesamt keine großen Sympathiebolzen waren, sie aber wenigstens als glaubhafte, dreidimensionale Figuren funktionierten und nicht, wie hier, mehr oder weniger nur mit „informed attributes“ eingeführt werden. Der Bodycount vollzieht sich denn auch überraschungsfrei (wobei höchstens überraschend ist, dass nicht alle Toten auf das Konto der Kreatur gehen…) und spannungslos (der Showdown, dem ich mich dann doch wieder mit gesteigerter Aufmerksamkeit gewidmet habe, ist eine echte Enttäuschung), die Schlusspointe meilenweit vorhersehbar.
Technisch ist das ganze, wie gesagt, passabel gelöst – die Kameraführung überrascht mit einigen netten Einfällen, die über die Ideenlosigkeit der Plotte aber nicht hinwegtäuschen können, auch der Schnitt bemüht sich um Wirkung, die Effekte sind okay, aber nicht weltbewegend. Nach der großen Gore-Keule zu Beginn (die aber eben auch im Filmkontext nur Tierinnereien zeigt) bleibt der Streifen zwar ganz gut blutig, bietet aber sicher nicht genug, um den gestählten Vielseher vom Hocker zu reißen, das Creature Design, das irgendwo zwischen Weltraum-Herpes, Giger-Alien und umgestülpten Regnewurm angesiedelt ist, gewinnt keine Originalitätspreise, die Umsetzung ist immerhin im low-budget-Bereich ansehnlich. Der „creepigste“ Moment (und selbst da bin ich mir sicher, das irgendwo schon mal gesehen zu haben), spoiler ahoi, ist allerdings der, in dem John auf einem Ultraschallmonitor erstmals der Monster-Kiefer angesichtig wird.
Die schauspielerischen Leistungen sind in Ordnung. Niemand spielt für eine Academy-Award-Nominierung, niemand nervt frappierend. Essie Davis („Matrix Reloaded“, „Matrix Revolution“) gibt den Gast-„Star“, der früh abserviert wird, hauptamtlich liegt es an John Lynch („Alien Hunter“) und Ruth Negga („Breakfast at Pluto’s“), den Film zu tragen. Vor allem Negga ist damit doch leicht überfordert, Lynch hat seinen Charakter des abgehärteten Naturburschen-Bauern gut drauf. Sean Harris, Genrefreunden sicher noch aus „Creep“ erinnerlich und sowas wie ein staple der neuen britischen Horrorszene („Asylum“, „Frozen“) hat einige gefällige Momente auf Laer, Marcel Iures („The Cave“) könnte in der Mad-Scientist-Rolle deutlich lebhafter agieren.
Bildqualität: Sunfilm lässt wie üblich bildtechnisch nichts anbrennen. Der anamorphe 2.35:1-Widescreen-Transfer lässt keine Wünsche offen und bannt die gewollte unterkühlte Atmosphäre adäquat auf den heimischen Fernsehschirm. Detail- und Kantenschärfe passen, der Print ist verschmutzungs- und störungsfrei, die Kompression unauffällig, der Kontrast ausgezeichnet.
Tonspuren: Der Sunfilm-Standard besteht auch hier aus deutscher Tonspur in Dolby 5.1 und dts sowie englischem O-Ton in Dolby 5.1. Aufgrund der heftigen Akzente empfiehlt sich bei Wahl der O-Ton-Spur die Zuschaltung der optionalen Untertitel („Trainspotting“-Syndrom). Die Tonqualität ist sehr gut, wobei der Film eine Dolby- oder dts-Anlage nicht vor unlösbare bzw. besonders beeindruckende Aufgaben stellt.
Extras: Die Scheibe ist gut ausgestattet, auch wenn mir die Zeit fehlte, die Bonusmaterialien einer ausgiebigen Würdigung zu unterziehen. Geboten werd ein Kurzfilm des Regisseurs, ein Special zum Creature Design, eine Making-of-Dokumentation, Storyboards sowie ein Interview mit dem Regisseur. Die Sunfilm-Trailershow darf natürlich nicht fehlen.
Fazit: Ich bin ja prinzipiell immer dafür, wenn Länder ohne große Tradition im Bereich des phantastischen Films sich im Metier versuchen, doch bei den Iren bin ich geneigt, nach Genuss zweier eher enttäuschender Werke, die Hoffnung aufzugeben. „Dead Meat“ war ein Totalversager, bei „Isolation“ stimmt zumindest die Optik, aber inhaltlich ist das ganze bedenklich uninspiriert und ein lauer Aufguss hinlänglich bekannter Motive, zudem noch selten gefühlskalt und unzugänglich inszeniert. Natürlich wird das wieder niemanden daran hindern, den Streifen nach allen Regeln der Kunst abzufeiern, mit Preisen zu überhäufen und als „extrem spannenden Monsterhorror“ (Zitat TV Movie) darzustellen, aber wer mehr als drei Horrorfilme gesehen hat, dürfte an „Isolation“ nichts, aber auch gar nichts finden, was es anderswo nicht schon vor Jahren und eben besser, mitreißender, packender und origineller gegeben hat. Thumbs down.
2/5
(c) 2006 Dr. Acula