Iron Ladies

 
  • Deutscher Titel: Iron Ladies
  • Original-Titel: Sa Tree Lex
  •  
  • Regie: Yongyooth Thongkonthun
  • Land: Thailand
  • Jahr: 2000
  • Darsteller:

    Chai (Jesdaporn Pholdee)
    Mon (Sahaparp Virakamintr)
    W (Ekachai Buranapanich)
    Nong (Jojo Mioxshi)
    Jung (Chaichan Nimpoolsawasdi)
    Pia (Kokkorn Benjatikul)
    Bee (Teerachai Puekpiman)


Vorwort

Ich muss da mal was loswerden – ich kann mit gay interest-Filmen im allgemeinen nix anfangen. Ich hab kein Problem mit Schwulen oder Lesben, bin kein Homophobiker, aber es interessiert mich halt einfach nicht sonderlich, was die so treiben. Darum werden mir z.B. diverse Wong-Kar-Wei-Filme ewig verschlossen bleiben, weil´s mich schlicht und ergreifend einen feuchten Strunz interessiert (und bevor man mir da wieder irgendwelche homophoben Neigungen unterstellen will: mir geht´s mit den meisten heterosexuellen Beziehungsschmonzetten ganz genauso, aber zumindest kann ich mit denen noch halbwegs „relaten“). Es gibt sehr wenige Ausnahmen zu dieser meiner Regel und wenn´s dann ein solcher Film schafft, mich tatsächlich ins Kino zu schleusen, kann er sich stolz auf die Schulter klopfen. Bislang hat das nur LOVE AND HUMAN REMAINS, ein wirklich grandioser kanadischer Spielfilm von Denys Arcand (der von JESUS VON MONTREAL jedenfalls), der virtous die Beziehungsnöte eines schwulen Ex-Schauspielers, das Coming-Out einer Lesbe, eine übersinnlich begabte S/M-Hure und ganz nebenbei noch ein Serienkillermotiv unter einen Hut brachte und dabei sogar noch ungeahnte witzige Dialoge beisteuerte (wenn man KONDOM DES GRAUENS ernsthaft a) als Film und b) als gay-interest-Film bezeichnen will, mögen es zwei gewesen sein, drei, wenn man auch noch THE BIRDCAGE mitzählen will).

Aber als ich neulich in der zitty die Kurzkritik zu IRON LADIES las, war mir klar, dass ich den Film einfach sehen muss. Warum, wird hoffentlich jedem klar sein, der sich durch die weiteren Zeilen dieses Reviews quält (und ich verspreche, es wird nicht annähernd so lang wie das Jubi-Review von gestern, ganz einfach schon mal darum, da ich aus dem Gedächtnis rezitieren muss… im Kino schreibt´s sich so schlecht mit).


Inhalt

Wir befinden uns in der thailändischen Provinz. Mon, ein hervorragender Volleyballspieler, macht zum wiederholten Mal die wenig erbauliche Erfahrung, nicht in ein Team aufgenommen zu werden, aus dem simplen Grunde, dass er schwul ist. Der letzte Versuch, schwört sich Mon. Sein bester Kumpel Jung, eine 1-A-Tadatada-Tunte (frisiert wie´n Mädchen, angezogen wie´n Mädchen, bewegt sich wie´n Mädchen), auch ein begabter Volleyballer, sieht das ganze eher locker und matter-of-factly (Jung´s Eltern sehen die Neigungen ihres Sohns auch sehr locker, Papa Jung erkundigt sich sogar – scherzhaft, gewiss – nach der Grundierung, die Jung für seine Haare verwendet). Die beiden planen, zwecks Studieren nach Bangkok zu ziehen.

Zur selben Zeit – das Bezirksauswahlteam bekommt wegen notorischer Erfolglosigkeit (kein Wunder, wenn der Trainer schlafend auf der Bank hockt) einen neuen Trainer zugeteilt. Kapitän und Mannschaftsstar Mann ist entsetzt, dass ihm, dem grossen Macker, nicht nur eine TrainerIN zugeteilt wird, sondern wohl auch noch ´ne Lesbe (das wird zwar nie deutlich ausgesprochen, aber es scheint wohl so zu sein) und bisher nur Trainerin einer Schulmannschaft. Und dann besitzt dieses Weib auch noch die Frechheit, das Team komplett neu aufstellen zu wollen und dafür Try-out´s zu veranstalten.

Justament in letzter Sekunde am Bahnsteig springt Jung die entsprechende Ankündigung ins Auge und er kann Mon überreden, es noch ein allerallerletzes Mal zu probieren. Erwartungsgemäss zeigen die Schwulen den Heteros, wo volleyballmässig der Hammer hängt und schaffen mühelos die Aufnahme ins Team. Blöd nur, dass aus Protest bis auf den ehrenhaften Sportler Chai sämtliche andere Spieler das Team verlassen. Trainerin Bee steht vor einem Scherbenhaufen, sprich einem Team mit gerade mal drei Aktiven. Zum Glück haben Mon und Jung noch ein paar alte Kumpel, die einspringen könnten – erster „Einkauf“ ist Nong, der sich beim Militär verdingt (die Thais scheinen keine Probleme mit bekennenden Schwulen beim, äh, „Bund“ zu haben) und dort mit Vorliebe unschuldige Volleybälle mit seinen nagelbewehrten Schmetterbällen plättet. Nummer 2 auf der Liste ist Pia, der (die?) sich als Revuestar verdingt, sogar eine echte Geschlechtsumwandlung durchgezogen hat und einen Freund hat. Der letzte im Bunde ist Wit, ein Sprössling aus reichem Hause, dessen Eltern nichts von seiner Polung ahnen und ihn gerade eben verlobt haben, in der Hoffnung, möglichst schnell einen Sack voll Enkelkinder hüten zu dürfen.

Als Reserve zaubert Bee noch drei ihrer ehemaligen Schul-Zöglinge aus dem Hut. „Echte Männer,“ freut sich Chai, dem der vorgezogene CSD in der Trainingshalle etwas spanisch vorkommt, aber aber… April, Mai und Juni (!) sind nicht nur abgebrochene Gartenzwerge, sondern echte Schwule (auf die in diesem Fall sogar das Wort „Schwuchteln“ nicht vollkommen unberechtigt bezogen wäre). Nichtsdestotrotz rauft sich das Team erst mal zusammen und gewinnt vollkommen überraschend die Bezirksmeisterschaft (durchaus mit dem Mittel der gezielten Verunsicherung der Gegner) und erstreitet sich damit die Qualifikation zur Nationalmeisterschaft.

Was nicht heisst, das alles Eitel Freude Sonnenschein wäre. Bee ist sich bewusst, dass das Team einigen Funktionären ein Dorn im Auge ist. Wit weiss immer noch nicht, ob er seinen Eltern endlich reinen Wein einschenken soll und Pia hat die grössten Probleme, denn ihr Lover hat plötzlich eine echte Frau als Freundin, eine „alte“ Verlobte. Tja, und Chai, der ist auch nicht wirklich glücklich mit seinen Teamkollegen und ihren Verhaltensweisen, die sie auf und neben dem Spielfeld an den Tag legen.

Dennoch ist das Team optimistisch, als es in Bangkok eintrifft. Bee wird in der Vorbesprechung vom Turnierleiter und ihren Trainerkollegen gleich ordentlich abgekanzelt. Der schmierige, unsympathische und in seinem Büro Playboy-Fotos ankuckende Turnierleiter verpasst den „Iron Ladies“, wie sich das Team jetzt, sehr zur „Freude“ von Chai nennt, gleich mal drei Spiele am ersten Turniertag, in der sicheren Gewissheit, dass kein Team der Welt drei Spiele an einem Tag gewinnen könne. Selbstredend strafen die Iron Ladies ihn Lügen und sind prompt Stadtgespräch und Publikumslieblinge.

Albeit, all is still not well. Pia wird von ihrem Ex-Lover besucht, der hat aber seine Freundin mit bei, was Pia in eine Art Nervous Breakdown schickt. Nong und Jung geraten sich über den nächstbesten cute guy, den sie in der Stadt sehen in die Haare und ihre Auseinandersetzungen kosten die Ladies ein Spiel. Mon und Chai können sich sowieso nicht sonderlich leiden, da beide Ego-Player sind. Schliesslich hat Chai die Schnauze voll und wirft die Brocken hin. Nur durch einen freiwilligen Verzicht auf Make-up und tuntiges Verhalten lässt sich Chai breitschlagen, für´s Halbfinale wieder einzusteigen. Doch leider spielt die Schwulen-Truppe ohne Make-up auch ohne Mumm und liegt schnell mit 0:2 Sätzen zurück. Chai muss einsehen, dass er seinen Teamkollegen ihre Identität lassen muss und ordnet eine Schmink-Auszeit an, nach der die Ladies auch flugs ins Finale einziehen.

Yet, more Unbill erwartet unsere Helden. Eine Geburtstagsfeier für Coach Bee, bei der die schwulen Teammitglieder sich in Drag schmeissen und ein (recht grausiges) Ständchen für Toleranz halten, kommt es zu einer Schlägerei und die komplette Iron-Ladies-Belegschaft samt Pia´s Ex-Freund findet sich im Knast wieder. Zum Glück ist Jungs und Nongs gemeinsamer neuer Freund ein Polizeileutnant, der unbürokratisch die Freilassung anordnet. Während der Turnierleiter, der von den nächtlichen Eskapaden weiss, Bee unverblümt andeutet, dass er die Ladies bei nächstbester Gelegenheit disqualifizieren wird, hat auch Wit Ärger, denn sein Vater holt ihn zwecks Verheiratung ab. Der rückgratlose Wit steigt brav ins Auto ein…
Das Finale vor ausverkauftem und sehr Iron-Ladies-Fan-lastigem Publikum droht zunächst auszufallen, da der Turnierleiter tatsächlich einen Grund gefunden hat, die Ladies zu disqualifizieren. Ein Trick von Jung und ein gestelltes Bein eines oft gescholtenen Turnierleiter-Assis sorgen dafür, dass das Spiel doch noch stattfinden kann. Im Finale wartet ein harter Gegner, das neue Team von Mann, der sich nicht nur vorgenommen hat, das Match zu gewinnen, sondern auch Blut sehen will. Gezielt schaltet Mann eine Lady nach der anderen aus (die sowieso schon schwer gezeichnet sind ob der fröhlichen Keilerei in der Nacht zuvor) und es sieht fast so aus, als müssten die Ladies wegen zu vieler Verletzter aufgeben, doch da, als alles schon verloren scheint, kehrt Wit zurück …

I RON LADIES ist, nehmen wir´s vorweg, einer der schönsten, lustigsten und alles in allem unterhaltsamsten Filme der Saison und damit automatisch einer, der ein viel grösseres Publikum verdient hat als das, dass sich auf den beschwerlichen Weg in ein steinaltes Programmkino macht, um dort einen thailändischen Film im Original mit Untertiteln zu sehen.

Erstaunlicherweise basiert der Streifen auf einer wahren Geschichte aus dem Jahr 1996 und im Abspann, bei dem Original-Aufnahmen der wahren „Iron Ladies“ gezeigt werden, wird auch deutlich, dass die Charakterisierung der Figuren absolut ins Schwarze trifft. Womit einem der Argumente, mit dem Kritiker dem Film gerne kommen, auch völlig der Wind aus den Segeln genommen wird. Gewiss sind die Schwulen in IRON LADIES breit ausgewaltzte Stereotypen, aber – heck, das waren sie ganz offensichtlich auch im wahren Leben und warum sollte man diese Tatsache „down tonen“? Nur um ein paar Political-Correctness-Predigern, die der Meinung sind, dass Schwule ja im wirklichen Leben nie so schrill sind wie sie auf der Leinwand dargestellt werden, einen Gefallen zu tun (abgesehen davon, der CSD Eurer Wahl spricht da doch auch Bände)? Nö. Schliesslich ist der Film in erster Linie für ein thailändisches Publikum gedreht und wenn der Hase dort so läuft, dann müssen auch wir aufgeklärten und ach-so-toleranten Europäer einfach akzeptieren, dass es offenbar auch Länder dieser Welt gibt, wo Schwule sich eben wirklich als Paradiesvögel geben. Den Film aufgrund dieser (wie gesagt, durchaus vorhandenen, aber offenbar eben auch berechtigten) Stereotypen als eher schädlich für die Schwulen-Sache zu bewerten, ist ein ziemlich verlogenes Argument. (Und überhaupt – manch Reviewer auf imdb.com behauptet glatt, ein komplettes Team aus „Drag Queens“ würde spielen. Totaler Schmarrn, oder sind Mon und Wit Drag Queens? Ich bitte Euch…)

Aber mir geht´s bei IRON LADIES erst in zweiter oder dritter Linie um seine Schwulen-spezifische Thematik und seine (recht eindeutig servierte, trotzdem aber absolut richtige und wichtige) Message, nämlich der Toleranz gegenüber anderen (und IRON LADIES wirft sogar durchaus den Punkt auf, dass auch Schwule gelegentlich mal tolerant gegenüber den Heteros sein müssen, was mehr ist, als die meisten westlichen Filme inklusive des hierzulande im Vorprogramm gezeigten Kurzfilms FRÜHSTÜCK, den´s für mich nicht wirklich gebraucht hätte, diesbezüglich tun), nein, in erster Linie ist IRON LADIES für mich eine vollkommen gelungene Komödie mit gelegentlich ernsten Untertönen.

Schon der cartooneske Vorspann macht die Marschrichtung deutlich – der Streifen ist sich nicht zu schade für die ein oder andere billige und gelegentlich vulgäre Zote, hat aber auch genug Zeit für intelligenten Humor und leisere, emotionale Töne, nicht zu vergessen einige ausgezeichnete Sport-Szenen (wer glaubte, dass Volleyball, von manchen Personen als die im Mannschaftssport personifizierte Langeweile eingeschätzt, filmisch nix hergibt, wird sich bei so mancher dynamischen Actionsequenz wundern) – die Klimax mit dem aufregenden Finalspiel ist herausragend inszeniert. Das Drehbuch, das sich natürlich seine künstlerischen Freiheiten im Vergleich zur wahren Geschichte nimmt, ist nicht wahnsinnig komplex, bietet die üblichen Verwicklungen, entwickelt sich aber nachvollziehbar und schlüssig – einzig die Charaktere April, Mai und Juni hätten´s eine Spur weniger exaltiert und übertrieben für mich auch getan. Technisch gesehen ist der Film auf allerhöchstem Niveau, was Kamera, Schnitt und Inszenierung angeht (obwohl der Regisseur ein Debütant ist), mit angenehmer Tempogestaltung (mal rasant, mal eher gemächlich) und mit einem lustigen Soundtrack (zumindest für westliche Ohren – wann hört man schon mal eine thailändisch gesungene Fassung des alten Ottawan-Klopfers „D.I.S.C.O.“?)

Für unsereins ist es natürlich schwer, die schauspielerischen Leistungen zu beurteilen (die Sprache allein klingt für unsere Ohren ja schon komisch), aber soviel steht fest – die beiden „leading men“ Pholdee und Virakamintr machen ihre Sache ausgezeichnet, die meisten anderen Charaktere sind, wie angedeutet, heftig überzeichnet (andererseits ja auch wieder nicht, s.o.), wobei Benjatikul und Puekpiman ebenfalls ihre Sache mehr als gut machen.

IRON LADIES überzeugt also auch jenseits seiner blossen Message und gay interest als sympathische Aussenseiter-Sportkomödie und erinnert gelegentlich an ein anderes Real-Life-comes-Motion-Picture-Unterfangen, die Disney-Komödie COOL RUNNINGS um das legendäre erste jamaikanische Bob-Team. Wem COOL RUNNINGS gefallen hat, der sollte IRON LADIES lieben.

Ya see, man kann auch Schwulen-Filme machen, die ein breites Publikum ansprechen, indem sie schlicht und ergreifend verdammt gut unterhalten, ohne ihr Anliegen aus den Augen zu verlieren. Könnten sich einige der hiesigen Filmemacher ´ne dicke Scheibe von abschneiden, es muss ja nicht gleich in tumben Beziehungstralala a la DER BEWEGTE MANN enden, aber es ist ja auch nicht nötig, in moralinsauren oder weltschmerztriefenden Melodramatika zu versumpfen (a la OI WARNING, wenngleich ich mich in der Hinsicht aufs Hörensagen verlassen muss). IRON LADIES ist jedenfalls ein Pflicht-Kino-Termin für jeden, der a) einen guten Sportfilm, b) eine leicht bekömmliche und dennoch tiefsinnige gay-interest-Komödie oder c) einfach einen verdammt guten Unterhaltungsfilm sehen will. Bleibt zu hoffen, dass sich für die Zeit nach dem Kinoeinsatz auch jemand findet, der den Streifen hierzulande auf Video und/oder DVD unters Volk bringt (das wird ein Pflichtkauf!) Dieweil kann man sich z.B. bei Videodrom mit der DVD oder Video-CD aus Hongkong eindecken. Ein Klassefilm!

(c) 2001 Dr. Acula


BOMBEN-Skala: 2

BIER-Skala: 8


mm
Subscribe
Benachrichtige mich zu:
guest
0 Comments
älteste
neuste beste Bewertung
Inline Feedbacks
View all comments