Invasion aus dem Innern der Erde

 
  • Deutscher Titel: Invasion aus dem Innern der Erde
  • Original-Titel: Jung-gwok chiu-yan
  • Alternative Titel: The Infra Superman | The Super Inframan |
  • Regie: Hua Shan
  • Land: Hongkong
  • Jahr: 1975
  • Darsteller:

    Danny Lee (Ray/Infra Superman), Terry Liu (Dragon Mum/Dämona), Hap Wong (Professor Liu), Lin-Wen Wei (Chu Ming), Yuan Man-Tzu, Shu-Yi Tsen, Ching-Lung Huang, Bruce Le


Vorwort

Gewaltige Naturkatastrophen erschüttern alle Ecken der Erde – hervorgerufen werden sie, wie Professor Liu in Hongkong herausfindet, durch urzeitliche Monster (im Handtaschenformat – Godzilla würde für einen solchen Gegner keine Schuppe krümmen), angeführt von einer gewissen Dämona (im Original: Princess Dragon Mum), die sich für nichts geringeres als die designierte Herrscherin dieses unseres Planeten hält und der dumm kuckenden Menschheit das dringliche Ultimatum unterbreitet, sich doch bitte baldmöglichst ihrer Fuchtel zu ergeben und als treue Sklaven zu dienen. Das kann natürlich nicht sein und so kann der Professor den üblichen Bedenken- und Verantwortungsträgern die Genehmigung für sein langgehegtes Kuschelprojekt, den „Infra Superman“, aus dem Kreuz leiern. In einer „langen und schmerzhaften“ Operation baut der Prof seinem Lieblingsgehülfen Ray, schon im Normalzustand annehmbarer Kung-fu-Kämpfer, diverse bionische Zusatzteile ein und verpasst ihm eine unzerstörbare Rüstung. Solchermaßen aufgepeppt mischt Ray die überschaubare Monsterbrigade Dämonas ordentlich auf, bis es der Unterweltfürstin zu blöd wird – nachdem ihre treudoofen Versuche, des Profs Hauptquartier zu vernichten, Ray-sei-dank größere Ofenschüsse waren als Plan 9 aus dem Weltall, gelingt es ihr wenigstens, die Konstruktionspläne zu klauen und die Entführung des Professors anzuordnen. Ihren Vasallen fällt jedoch nur das Tochterherz des weisen Mannes in die Klauen, aber das ist ja besser als nix, da kann man doch ’ne kleine Erpressung veranstalten…


Inhalt

badmovies.de-Veteranen erinnern sich vielleicht an das frühsteinzeitliche Review dieses Films, das ihm selbstredend in keiner Weise gerecht wird (schließlich waren das noch Zeiten, als meine Reviews noch kurz und sch(m)erzlos waren…) – immerhin schloss ich damals mit der dringlichen Bitte an die einschlägigen DVD-Publisher, sich dieser Perle anzunehmen – hat ja nur ca. 5 Jahre gedauert, bis es tatsächlich soweit war (und meine zweite Bitte, mir dann als Provision für diesen Tipp den ein oder anderen Schekel zukommen zu lassen, verhallte selbstredend wieder ungehört – seufz). Gut Ding will Weile haben (oder anders ausgedrückt: die einschlägigen DVD-Publisher mussten halt warten, bis sie ein verwertbares Master auftrieben… zum Glück war’s dann am Ende nicht Best, sonst hätten die glatt mein altes VHS-Band dafür hergenommen).

Ich weiß nicht mehr, ob ich’s in meinem alten Review erwähnt habe, aber „Invasion aus dem Innern der Erde“ war ungelogen das erste Kaufvideo, das ich mir anschaffte (bzw. damals noch meine Eltern für mich… das ist mindestens 20 Jahre her). Kaufentscheidung war damals die Mini-Abbildung im Quelle- oder Neckermann-Katalog, der man so grad noch die Worte „Eine Welt der Zukunft“ und „Jules Verne“ entnehmen konnte. Dass da dazwischen kleingedruckt noch „wie sie sich“ und dahinter „nicht besser hätte ausdenken können“ stand, konnte man freilich nicht lesen. Nun, der gute Jules rotiert seit Erfindung dieses Klappentexts vermutlich eh in Dauerschicht in seinem Sarg, meine Wenigkeit allerdings war nach erster Sichtung dieses hilariösen Machwerks (und hier passt dieses Wort schon) verliebt – das war vermutlich der erste Schritt zum Trash-Fan.

„The Infra Superman“ (oder „The Super Inframan“? Welches die korrekte Übersetzung des Titels ist, scheint niemand zu wissen, beide Schreibweisen kursieren gleichberechtigt) war der Versuch des Hongkong-Kinos, für den einheimischen Markt auf den japanischen Monster-SF-Film-Zug aufzuspringen – die japanischen TV-Shows „Ultraman“ und „Kamen Rider“ waren in Hongkong immense Publikumserfolge, die man nun mit eigenen Mitteln zu kopieren gedachte. Zutreffenderweise ging man bei den ausführenden Shaw Brothers, zweifellos das legendärste aller Hongkong-Filmstudios, wenn auch Mitte der 70er über seinen Zenit hinaus, davon aus, eine gewisse Expertise in Sachen Martial Arts zu haben und so war klar, dass der Schwerpunkt des eigenen Ultraman-Klons bei hand- und fußkantenschwingenden Aktivitäten liegen würde. Klartext – mit dem „Infra Superman“ bekommt der geneigte Fan eine kuriose Mixtur aus kaiju-styled-Monsterfilm und Kung-fu-Klopperei geboten – what’s not to love?

Das Script ist natürlich absolute Grütze, liegt damit aber natürlich absolut auf dem Level einschlägiger Nippon-Produktionen – allerdings ist zu vermerken, dass anstelle der üblichen Alien-Invasionsplotten made in Japan sich hier eher chinesische Traditionen durchgesetzt haben – die Bösen, angeführt von dem blonden Satansbraten „Princess Dragon Mum“ (in der deutschen Synchro, der der chinesische Sinn fürs Theatralische ein wenig abgeht, fantasielos „Dämona“), sind deutlich „chinesischer“, also leicht übernatürlich angehaucht als die technisierten Japano-Fieslinge (allerdings verfügt „Dragon Mum“ auch über eine ausgefeilte Technik). Die Guten sind selbstverständlich edelmütig bis zur Selbstaufopferung (mit Ausnahme des fiesen Verräters Chu Ming), andererseits hochmilitärisch organisiert (vgl. des Professors „Laborkittel“ mit angenähten Rangabzeichen) – hier stellt man bereits fest: auch, wenn sich der Film an ein jugendliches Publikum richtet, ist er todernst konzipiert und gespielt. Freiwilliger Humor geht der Story völlig ab, es gibt keinen comic relief, die Schauspieler sind mit großer Ernsthaftigkeit am Werk und mühen sich, der Geschichte großes Drama zu entlocken. Klare Sache, für Trash-Gourmets macht das die Sache noch viel amüsanter – die Monster sind mit lächerlich extrem wohlwollend umschrieben, die Spezialeffekte spotten jeder Beschreibung; dennoch riecht der Film nach verhältnismäßig hohem Budget, denn die Ausstattung ist bemerkenswert gut, detailliert und liebevoll – das Set der „Zentrale“ des Professors mit seinem drehbaren Kommandostand lässt die Enterprise-Brücke alt aussehen und auch „Dämonas“ unterirdisches Hauptquartier ist ein Fest für den Set Decorator und den Bühnenbildner, die sich da wirklich austoben durften (manchmal gingen ihnen auch, zum Ergötzen des Publikums, alle vorhandenen Gäule durch; wenn Dämonas Schergen einen modernen Kajütkreuzer, den sie von Rechts und Logik wegen nicht wirklich haben dürften, mit ihren charakteristischen Teufelshörner verziert haben, kann sich der Zuschauer ein heftiges Grinsen nicht verkneifen). Man könnte sich zu der These versteigen, allein die Sets hätten einen besseren Film verdient, aber das hieße einmal mehr den immensen Unterhaltungswert des Streifens zu verleugnen. Wenn der Professor und sein Held sich mit stoischem Ernst über „verbesserte Fäuste“ (Original: „thunderball fists“) und „Messerstrahlen, die sogar Stein schneiden“ unterhalten, Dämona einen fiesen Plan nach dem anderen ausheckt, mit dem man nicht mal Dreijährige im Sandkasten beeindrucken könnte (vor allem, wo sie doch nach der Opening Montage zu urteilen, Mittel und Wege hätte, effektiver gegen den Prof vorzugehen als seine Station mit einem Paket handelsüblichem Dynamit in den Orkus zu pusten), der willensschwache Chu Ming einer Gehirnwäsche unterzogen wird, oder sich das Spinnenmonster der Bösen auf 30-Meter-Größe aufpumpt und der Inframan, nicht dumm, sich einfach und völlig unerklärterweise ebenfalls auf kaiju-Größe wachsen lässt, da bleibt kein Auge trocken…

Die Kung-fu-Kämpfe sind prinzipiell recht anständig choreographiert und inszeniert, wobei das Manko, dass die Darsteller der Monster aufgrund der nicht sonderlich bewegungsfreundlichen Suits in ihren Aktionen auf halbseidene Armwedeleien und laue Kicks beschränkt sind, den Fights schon die Dynamik etwas raubt (und im Showdown, wenn die halbwegs kompetenten Monster vom ISM längst entsorgt sind, und nur noch die „Robot-Zwillinge“, die scheinbar aus Flummi-Gummi bestehen, übrig sind, ergibt sich der Film kampflos der Lächerlichkeit) – nun gut, wir müssen auch akzeptieren, dass es bei den Monstern auch nicht für Masken gereicht hat, deren Gesichtszüge sich bewegen können (besonders auffällig ist das bei „Stahlklaue“, dessen enorme Redseligkeit nicht darüber hinwegtäuscht, dass sein Mund sich kostümbedingt nicht bewegen oder gar schließen kann).

Richtig peinlich wird’s dann, wenn die „Trickkünstler“ der Shaw Brothers sich an Strahlen-FX o.ä. versuchen – da wird fröhlich mit dem Filzstift auf dem Filmmaterial gemalt oder gleich Kollege Zeichentrick bemüht. Das steht qualitativ schon noch ein paar Ligen über „Turkish Star Wars“, ist für 1975 aber trotzdem etwas, eh, rückständig…

Zu erwähnen wäre noch die durchaus fetzige Filmmusik (und das superschmissige „Infra Superman“-Theme, jedesmal ausgepackt, wenn Held Ray sich in den ISM verwandelt – was übrigens stets mit der gleichen, vor neutralem Hintergrund gefilmten „Transformationssequenz“ erledigt wird).

Mit dieser Veröffentlichung liegt „The Infra Superman“ hierzulande erstmals in ungekürzter Form vor, weshalb es sich anbietet, an dieser Stelle kurz auf die bislang fehlenden Stellen einzugehen. An „großen“ Szenen war eigentlich nur eine ausgewalzte Charakter-Szene zwischen dem Professor und seiner Tochter geschnitten, die zum Film nicht wirklich etwas beiträgt, aber zumindest erklärt, wieso die Monster etwas später nicht den Professor, sondern eben das Tochterherz kidnappen (in der alten DF sah das so aus, als wären die Monster einfach nur blöde und ins falsche Zimmer eingebrochen). Ansonsten fehlt hie und da mal ein Satz, einige Kampfszenen und die Katastrophenfilmsequenz zu Beginn sind etwas länger (die liegt tricktechnisch durchaus auf dem Level der zeitgleichen späten Showa-Godzilla-Filme) und, was vielleicht am auffälligsten ist, in der alten DF wurde nie klar, dass des ISMs Equipment voice-controlled ist (d.h. Ray muss jedes Gimmick, das er anwendet, verbal kommandieren, so ähnlich wie Inspektor Gadget).

Bekanntlich (oder auch nicht) stellt „The Infra Superman“ eine der zwei „Jugendsünden“ der späteren großen Nummer im Hongkong-Action-Kino, Danny Lee („The Killer“) dar (die andere ist „Der Koloss von Konga“, ebenfalls auf DVD mittlerweile in Deutschland erschienen). Danny wird hier nicht vor größere darstellerische Aufgaben gestellt, und braucht eigentlich nur ’nen guten Eindruck zu hinterlassen, was ihm aufgrund durchaus erkennbarer likeability gut gelingt. In den Kampfszenen schlägt er sich wacker, muss aber auch keine Jackie-Chan- oder Bruce-Lee-mäßigen Großtaten vollbringen. In den weiteren Rollen verschleisst sich nicht eben Cinema Citys A-List: Terry Liu („Dragon Mum/“Dämona“) wurde 1974 in dem Shaw-Brothers-Frauenlager-Knaller „Bamboo House of Dolls“ auffällig, wo sie auch schon Hap Wong (dem Professor) über den Weg lief, der anschließend den ebenfalls semikultisch verehrten Horrorheuler „The Oily Maniac“ verzierte und in der Endphase seiner Karriere in einigen Ninja-Hobeln, wie z.B. dem göttlichen „Mafia vs. Ninja“ mitspielen durfte. In einer kleinen Nebenrolle gibt’s den späteren Bruce Le zu entdecken (wenn man ihn denn findet).

Regisseur Hua Shan legte mit dem „Infra Superman“ sein Debüt vor. In seiner weiteren – überschaubaren – Vita steht an Bedeutung wohl nur noch das Sequel „Flying Guillotine 2“, das er 1978 realisierte.

Bildqualität: Olli Krekels Starlight Film hat sich endlich erbarmt, und das vorliegende Superduper-Master, dass Celestial Films für die stark antizipierte DVD-Veröffentlichung des Shaw-Brothers-Outputs (hierzulande teilweise von MIB vertrieben) erstellen liess, mit der deutschen Synchro ausgestattet. Bei der Bildqualität bleibt einem, wenn man nur das verkrüppelte (da auf ca. 1.85:1 beschnittene) Bild der VPS-VHS kennt, schon ordentlich die Spucke weg. Feines anamorphes 2.35:1-Widescreen zeigt den Film in all seiner bunten Glorie, mit perfekten Farben, eine angenehmen Schärfe und schönem Kontrast, frei von Defekten, Verschmutzungen oder Laufstreifen. Einzig eine ziemlich wacklige Kompression, die bei raschen Kameraschwenks für leichtes Flimmern und – speziell am PC-Monitor – für nervige Nachzieher sorgt, trübt den hervorragenden Gesamteindruck (warum keine DVD-9, Olli, warum?).

Tonqualität: Was man für den Ton leider nicht so sagen kann – leider fehlt schon einmal der chinesische O-Ton, so dass man sich mit der alten deutschen Synchro, plus einiger fest codierten Untertitel für die nicht synchronisierten, bislang geschnittenen Passagen, anfreunden muss. Die deutsche Fassung ist manchmal debiler als der O-Ton (die „Messerstrahlen“ heißen eigentlich „Laserschneider“), manchmal zurückgenommener (bei „Dämona“ und den „verbesserten Fäusten“ anstelle „Dragon Mum“ und „Thunderball Fists“). Starlight legt den Ton, der zumindest in der DF nie etwas anderes als Mono gewesen sein dürfte, als Dolby 2.0 und 5.1-Varianten vor, wobei beide Tonspuren leider speziell im Dialogton etwas dumpf klingen. Sicher besser als VHS-Mono, aber ich glaube, dass man da digital vielleicht noch das ein oder andere hätte hinschieben können.
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Extras: Auf den ersten Blick sieht das Zusatzmaterial-Menü reichhaltig gefüllt aus, aber bei Krekel- Releases wissen wir, dass wir das, ähm, eher kritisch würdigen müssen. Neben dem chinesischen Originaltrailer von 1975 liegt der Re-Release-Trailer von Celestial von anno 2003 vor, einen zeitgenössischen deutschen Kino- oder Videotrailer vermisst man leider. Fünf Bildergalerien laden zum Verweil – eine mit herkömmlichen Screenshots, eine Artwork-Galerie, eine recht interessante, aber kurze Galerie mit behind-the-scenes-Aufnahmen, eine schöne Galerie von Kinoaushangfotos sowie das alte deutsche Presseheft als Bildergalerie. Filmografien der Hauptdarsteller und des Regisseurs sind zweifellos Standard, auf die Gimmicks wie den „alten deutschen Vor-“ und „Abspann“ kann ich immer wieder gern getrost verzichten. Im schmalen Digipak findet sich übrigens als Bonus ein kleiner Reprint des alten deutschen Plakatmotivs.

Fazit: Ich hab lange warten müssen, aber es hat sich durchaus gelohnt. Starlights DVD-Release dieses möglicherweise legendärsten Trash-Kloppers aus Hongkong macht’s nun endlich unnötig, auf Flohmärkten, Börsen oder über ebay für teure Geld das alte deutsche Tape zu suchen (ich werd mein’s natürlich trotzdem behalten, also fragt gar nicht erst). „Invasion aus dem Innern der Erde“ ist einer der schönsten, lustigsten, buntesten und lachhaftesten Comic-Filme (angeblich gibt’s tatsächlich einen zugrundeliegenden Manga. Ob ich das glauben soll?) und für Trash-Freunde einfach ein absoluter Pflichtkauf (zumal Starlight-Scheiben ja auch nicht so teuer sind). Macht Spaß, sieht (mit der Kompressions-Einschränkung) gut aus und gehört in jede Eastern-/Monster-/ Trash-Sammlung. Soll Jules Verne doch weiter rotieren…

5/5
(c) 2006 Dr. Acula


mm
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