Insects – Die Brut aus dem All

 
  • Deutscher Titel: Insects - Die Brut aus dem All
  • Original-Titel: Threshold
  •  
  • Regie: USA/Kanada
  • Land: 2003
  • Jahr: Chuck Bowman
  • Darsteller:

    Nicholas Lea (Dr. Jerome „Geronimo“ Horne), Jamie Luner (Dr. Savannah Bailey), Steve Bacic (Frank Hansen), David Lipper (Matt Bailey), Teryl Rothery (Shelley Hansen), Karl Pruner (Quidd), Anthony Sherwood (Dr. Thaddeus Owens), Brandi Ward (Sheila), Stephen J. Cannell (Pacheco Laval)


Vorwort

Bei einem Außeneinsatz gerät der Space-Shuttle-Astronaut Collins in eine mysteriöse Wolke kleinster Meteoritenteile, die seinen Anzug durchschlagen und ihn am Arm verletzen. Zurück auf Mutter Erde stellt die pflichtschuldigst untersuchende Wissenschaftlerbrigade unter der Fuchtel von Dr. „Geronimo“ Horne fest, dass in den Partikeln eine DNA-Helix gespeichert ist; wie die zugezogene Entymologin Bailey bestätigt, die einer flugfähigen Insektenart. Collins krepiert wenig später – aber Horne ist glücklicherweise live dabei und stellt fest, wie dem im-Entstehen-begriffenen Kadaver ein ganzer Schwarm außerirdischer Motten entfleucht – und durch’s geöffnete Fenster in den Nachthimmel über Houston entkommt. Wenig später stapeln sich bei der Polizei die Vermißtenanzeigen und – ein wenig später – dann auch die Leichen. Letztere förmlich ausgesaugt, jeglicher Flüssigkeit (und der Organe) beraubt. Recht schnell finden Bailey und Horne heraus, dass die außerirdischen Motten Menschen mit einer bestimmten Blutgruppe als Wirtskörper für ihre nächste Entwicklungsstufe benötigen; der Rest der Menschheit ist einfach Futter. Mit der Information könnte man ja schon arbeiten, nur leider erscheint der NSA-Stratege Quidd und verkündet den verblüfften Eierköpfen, was Sache ist – da die Information über die außerirdische „Invasion“ bereits an die anderen Atommächte durchgesickert ist, planen die eventuell nukleare Gegenmaßnahmen; und bevor irgendwelche dahergelaufenen Ausländer Houston und die Killer-Motten in die nächste Welt bomben, machen’s die Amis lieber selbst. 48 Stunden bleiben Bailey und Horne, den Schwarm zu finden, bevor der sich über’s ganze Land ausbreitet und/oder die NSA ein Feuerwerk veranstaltet…


Inhalt

Irgendwann müssen ein paar weniger kreative Produzenten des SciFi-Channel-Zulieferkonsortiums beisammen gesessen haben und bei einem kollektiven Brainstorming auf den juxigen Gedanken verfallen sein, ein ganzer Film auf Basis der „Schabe“ aus „Men in Black“ könnte ja ganz lustig sein. Tja, könnte vielleicht, ist aber, zumindest in Form von „Threshold“, einem weiteren SciFi-Original, das hierzulande von Universal unter dem Titel „Insects – Die Brut aus dem All“ u.a. auf der „Science Fiction Box“ verkloppt wird, nicht.

Denn, so scheint’s, die Kreativität war mit eben dieser Entscheidung erschöpft – was Kim LeMasters, der u.a. das Will-Smith-Fiasko „Wild Wild West“ produzierte und als Autor jüngst Stephen Kings Lovecraft-Versuch „Crouch End“ für „Nightmares & Dreamscapes“ adaptierte, hier in Drehbuchform vorlegt (und im Gegensatz zum Kollegen Taylor von EnCrypt hat er zumindest offiziell nicht die Ausrede, dass jemand nachträglich an seinem Script herumgedoktort hat), ist SO by-the-numbers, dass diese Bezeichnung eigentlich schon nicht mehr reicht. Von den Protagonisten, dem üblichen Mann/Frau-Duo, das sich anfänglich nicht leiden kann (aber, immerhin, eine richtige Love Story einigermaßen geschickt umschifft; der einzige Kuss der beiden wird von ihr mit „wollte nur mal wissen, wie sich das anfühlt“ kommentiert), weil er ihren Thesen nicht glaubt, der böse Vertreter der Autorität, der unbedingt eine unvernünftige, gewaltsame Lösung mit viel Kollateralschaden durchziehen will, ein Zeitlimit für die Helden setzt und am Ende dann *doch* irgendwo ein Guter ist, das sind alles so dermaßen oft abgespulte Klischeefiguren, so durchschaubare Handlungsentwicklungen, man könnte mit einer Checkliste vor’m Fernseher sitzen und alle notwendigen Ingredenzien für einen Tierhorror-/Serienkiller-/Katastrophen-Film abhaken (als muntere Melange dieser drei Genres spielt sich „Threshold“ nämlich ab). Frei von Überraschungsmomenten, unerwarteten Wendungen oder neuen Ideen spielt sich alles exakt so ab, wie man es sich als geübter Vielseher vorstellt. Nichts ist offensiv schlecht oder intelligenzbeleidigend, aber der Film wird so uninspiriert, so gelangweilt-routiniert abgespult, es fehlt jegliche eigene Identität, die über den „hook“ der Story (Insekten-Aliens in Menschengestalt) hinausgeht (und abgesehen davon begeht der Streifen die Kardinalsünde eines billigen TV-Films, indem er per Dialogzeile „sie könnten so aussehen wie das Monster aus dem Film ‚Alien'“ den Zuschauer schmerzlich daran erinnert, dass der zwanzigste Durchlauf von „Alien“ erheblich gewinnbringender wäre als die erste Betrachtung von „Threshold“). Ich hacke ja gerne ausführlich auf Drehbüchern herum, weil ich sie im Gegensatz zu Legionen von Produzenten und Regisseuren für den wichtigsten Bestandteil eines guten Films halte, aber hier fällt mir einfach nicht viel ein. Es gibt nicht viel zu kritisieren, außer eben den vollkommenen Verzicht auf Eigenständigkeit. Na gut – Schwachmatigkeiten, wie dass Baileys Bruder im Finale an einer Kommandoaktion teilnehmen darf, setzt man im Genre ja schon beinahe voraus, und über den „Kniff“, dass die Übernommenen einen Kokon „verehren“ und sich dabei ein bissl wie Zombies anstellen (bzw. halt ein wenig doof herumstaksen), breite ich den Mantel der Barmherzigkeit (wie auch über den Charakter-[Spitz-]Namen „Geronimo“ für ein amtliches Weißbrot).

Regisseur Chuck Bowman ist zweifellos ein Profi, aber eben einer, der im Laufe seiner nunmehr fast dreißigjährigen Karriere ausnahmslos für’s Fernsehen gearbeitet hat. „Hulk“, „Trio mit vier Fäusten“, „Dr. Quinn“, „Swamp Thing“, „Pretender“, „V.I.P.“, „Tremors“ – überall hatte Bowman seine Griffel drin und man merkt’s an „Threshold“. Viel mehr noch als „EnCrypt“ ist „Threshold“ auf die Werbepausen hin inszeniert, eine richtige „spielfilmartige“ Dramaturgie findet nicht statt, statt eines durchgängigen Spannungsbogens holpert Bowman mit dem Script mühselig von einem Höhepunkt-sprich-Schockeffekt zum nächsten (dass, hier fällt mir doch noch Drehbuchkritik ein, das Script ungünstigerweise ungefähr zur Halbzeit die Nebenfiguren austauscht, gereicht dem Endprodukt auch nicht zum dramaturgischen Vorteil). Es ist alles recht glatt, gefällig, aber sehr sehr fernsehmäßig – kaum „scope“, viele Innenaufnahmen mit close-ups auf die gerade handelnden Personen, selbst „EnCrypt“, der sich als Vergleichsobjekt nicht nur aufgrund des engen zeitlichen Review-Zusammenhangs anbietet, machte mehr aus der Kameraführung, aus dem Schnitt heraus. „Threshold“, fotografiert von Richard Wincenty (der u.a. „Prom Night IV“ und ein Rudel Mary-Higgins-Clark-TV-Adaptionen abfilmte) ist viel zu sehr dem Fernsehstil verhaftet (und, in einer Zeit, in der Kino- bzw. DTV- und TV-Film sich nicht mehr unbedingt schon rein optisch/visuell unterscheiden müssen, ist das altbacken und störend). Der Score von Richard John Baker („Groom Lake“) ist langweilig.

Das schmale Budget floss also wohl hauptsächlich in die Effekte, und selbst wenn die im Vergleich mit, ähm, „richtigen“ Filmen natürlich bieder wirken, sind sie für die „SciFi-Movie of the Week“-Kategorie schon tragbar (da hat man wesentlich Übleres gesehen). Vor der Königsaufgabe, einer wirklichen Transformation Mensch->Insekt drückt man sich geflissentlich; die „Übernommenen“ haben „nur“ die Fähigkeit, ein zusätzliches insektoides Armpaar, das aus ihren Seiten wächst, einzusetzen, wobei hierfür erfreulicherweise meist mechanical effects und nicht Billo-CGI, wie sie sich ein Fernsehfilm bestenfalls leisten könnte, eingesetzt wird. Nichts sensationelles, aber eben im Budget- und TV-Kontext erträglich (und sogar relativ blutig im Vergleich zu herkömmlich-steriler TV-Ware). CGI wird m.E. für die (nicht aufregenden, da eben genau nach Motten aussehenden) Alien-Motten und den recht hübschen „Aussaug“-Effekt verwendet (die Aliens lutschen ihre Opfer durch einen aus und in den Mund fahrenden Rüssel aus, was die ein oder andere Hentai-Assoziation ermöglich). Leider ist der Film halt das US-TV-Äquivalent zu einem deutschen Proletensplatter, d.h. die FX sind reines Mittel zum Zweck, tarnen nur die Leere des Films an sich; und ein Splattereffekt ist halt in sich ebensowenig spannend wie ein Insektenarm-würgt-ein-Opfer-Effekt.

Darstellertechnisch funktioniert selbstverständlich wieder das „bekannte-Nasen-aus-TV-Serien“-Prinzip. Nicholas Lea war nicht nur in der erfolglosen TV-Serie nach John Woos Once a Thief, sondern auch in der Spätphase der „Akte X“ als Alex Krycek am Start, Jamie Luner kennt der Vielglotzer aus „Melrose Place“ und „Profiler“, Karl Pruner amtierte in „Total Recall 2070“, Teryl Rothery gehört zur „Stargate SG-1“-Belegschaft (und macht jede Menge voice acting für Animes wie „Dragonball“ oder „Ranma 1/2“), Anthony Sherwood verdingte sich in der ungeliebten vierten „Airwolf“-Staffel und dann einige Jahre lang in „Street Legal“, der Rest des Ensembles wurde mit TV-Akteuren der dritten Reihe aufgefüllt (Ausnahme: Stephen J. Cannell, normalerweise Produzent so bekannter und beliebter Serien wie „Detektiv Rockford – Anruf genügt“, „Trio mit vier Fäusten“, „Hunter“, „Stingray“, „Hardcastle & McCormick“, „Das A-Team“, „Renegade“ und sicher doppelt soviel gestrandeter Pilotfilme, der immer mal wieder die Schauspielerei versucht, z.B. im Seagal-Vehikel „Halb tot“). Mit Nicholas Lea werde ich wohl nie mehr warm werden – dem Mann fehlt einfach die Ausstrahlung eines „leading man“, das Charisma, und auch das Talent, einen Film (selbst wenn’s nur ein SciFi-Original ist) auch mal im Alleingang zu tragen. Luner ist immerhin mal die lobenswerte Ausnahme von der Regel, dass Film-Wissenschaftlerinnen wasserstoffblonde 90-60-90-Sexbomben sind, sondern ein eher burschikoser Typ, eine großartige Schauspielerin ist sie nicht, und ihre Bio-Babble-Dialoge gereichen ihr auch nicht zum Vorteil. Karl Pruner hat in seinen Szenen zumindest die passende autoritär-kommandierende Screenpräsenz, Rothery ist in ihrer Rolle als Ehefrau des ersten „echten“ Mottenopfers angemessen zickig (was auch für ihre Film-Schwester Brandi Ward, die Allesseher aus kleinen Rollen in den Serien „Codename: Eternity“, „Mutant X“ oder „RoboCop: Prime Directives“ kennen könnten, gilt). Sherwood hat nichts zu tun und wird, wie das halbe Ensemble, zur Filmmitte völlig vergessen (dafür haben wir dann David Lipper – „Federal Protection“ – als Jamie Luners Bruder, ohne, dass wir uns das gewünscht hätten). Recht gut aufgelegt ist Steve Bacic („EnCrypt“) als Anführer der außerirdischen Motten, da er hier auch ein bissl overacten darf.

Bildqualität: Hab ich bei „EnCrypt“ noch gelobt, dass man auch bei drei Filmen auf einer DVD-9 noch einen vernünftigen Transfer hinbekommen kann, beweist „Threshold“ gleich das Gegenteil. Der anamorphe (ca. 1.78:1) Transfer ist leider von der extrem grobkörnigen, unscharfen Sorte und erfreut das entzündete Auge des Betrachters nicht wirklich. Bei Best Entertainment lasse ich mir das irgendwo noch eingehen, da erwarte ich nix anderes, aber Universal ist ein Major und muss daher mit anderen Maßstäben bewertet werden.

Tonqualität: Auch hier ausschließlich deutscher DD 5.1-Ton, zweckmäßig, unspektakulär.

Extras: Nada, nicht mal eine Kapitelauswahl (genau wie bei „Encrypt“).

Fazit: Ich bin mir mal wieder unschlüssig – ich weiß nicht, was ich weniger mag: einen souverän inszenierten Baller-Action-caper-Film wie „EnCrypt“, der in den letzten 20 Minuten kreativen Selbstmord begeht oder einen Film wie „Threshold“, der sich gar nicht erst bemüht – ein lieblos heruntergekurbeltes Fließbandprodukt, das zwar auf den ersten Blick einigermaßen gefällig aussieht, aber keine Substanz hat, weder inhaltlich noch handwerklich, sondern einfach nur runtergefilmt wurde, um einen 2-Stunden-Sendeplatz zu füllen und 40 Minuten commercials verkaufen zu können. Punkten kann „Threshold“ nirgendwo, weder bei der Story, noch bei der Inszenierung noch bei den Darstellern; alles erfüllt irgendwo seinen Zweck, nichts ist ein Totalausfall, aber die Summe ist hier einfach mal weniger als die einzelnen Teile. „Threshold“ ist – und da liegt der Hase im Pfeffer – schlicht und ergreifend langweilig. Ein paar nette FX sind nicht genug, um sich 82 Minuten vor die Glotze zu hängen, da’s gerade in diesem Feld sprichwörtlich tausende Alternativen (und viele viele bessere) gibt. Wir raten ab.

2/5
(c) 2009 Dr. Acula


mm
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