Infestation

 
  • Deutscher Titel: Infestation
  • Original-Titel: Infestation
  •  
  • Regie: Kyle Rankin
  • Land: USA
  • Jahr: 2009
  • Darsteller:

    Chris Marquette (Cooper), Brooke Nevin (Sara), Wesley Thompson (Albert), E. Quincy Sloan (Hugo), Bru Muller (Roger), Kinsey Packard (Cindy), Deborah Geffner (Maureen), Ray Wise (Ethan)


Vorwort

Cooper hat nicht gerade den besten Morgen seines Lebens – erst macht ihn sein Vater, Typ paranoider Ex-Militär, wegen fortgeschrittenen Karriereversagens zur Schnecke (wider Erwarten meint Daddy nicht, dass ein Jahr Bartending in Mexiko sich gut auf dem Lebenslauf macht), dann wird er vor seinem Büro fast überfahren und auf Arbeit selbst wird er, Call-Center-Sklave, der er ist, von seiner Chefin aufgrund Unzuverlässigkeit und schlechter Kundenbeurteilungen gefeuert. Und dann kommt auf einmal dieser schmerzhafte, extrem hohe Ton… Als Cooper wieder bei Sinnen ist, muss er sich aus einem Kokon befreien und sich mit einem riesigen Insekt balgen. Wie sich schnell herausstellt, sind einige Tage vergangen und in dieser Zeit haben die Riesenkäfer alles, was kreucht und fleucht, eingesponnen und saugen es bei Bedarf aus. Cooper befreit einige Menschen aus ihren Kokons, aber guter Rat ist zunächst teuer. Es stellt sich heraus, dass die Biester zwar blind sind, aber *extrem* gut hören. Auf Coopers Vorschlag versucht seine zusammengewürfelte Gruppe, die sich aus dem Schwarzen Albert, seinem schwerhörigen und leicht zurückgebliebenen (dafür aber ausgesprochen kräftigen) Sohn Hugo, der echt blonden Wetterfee Cindy und Sara (der Tochter seiner von Flugkäfern geschnappten Chefin Maureen), in die Cooper selbstverständlich schwer verknallt ist, zu einem Militärstützpunkt durchzuschlagen – unterwegs allerdings wollen sie bei Coopers Dad Ethan, der einen eigenen, gut ausgerüsteten Bunker sein Eigen nennt, Vorräte auffüllen. Erwartungsgemäß funktioniert das alles nicht ganz so einfach – nachdem auch Sara von den Fluginsekten gegirlnappt wird, hält Cooper es für seine heilige Pflicht, zum Nest der Käfer, wo er Sara vermutet, vorzudringen, aber Ethan hält das, sobald ausgewickelt, für eine extrem dämliche Idee…


Inhalt

Vom FFF nicht wegzudenken – der anspruchslose Monster-Splatter-Spaß, die Sorte Film, von der man schon vorab weiß, dass man mit Erwerb der Eintrittskarte die Verpflichtung eingegangen ist, seinen Denkkasten abzuschalten und sich auf das Niveau eines harmlos-unterhaltsamen Schleimfestivals herabzulassen.

Kyle Rankins preiswert in Bulgarien heruntergekurbeltes Filmchen bedient sich eines klassischen SciFi-Channel-Movie-of-the-Week-Plots (denn wie oft wurden wir in denen schon Opfer von bösartigen Rieseninsekten jeglicher Kategorie?) und macht daraus keine bloße Parodie, sondern eine richtige Komödie – „Infestation“ ist quasi der „Shaun of the Dead“ der Riesenkäfer-Filme (wir erinnern uns: Parodien überdrehen alle Klischees bis zum Gehtnichtmehr, machen aus ihren Figuren Trottel usw., während in einer guten Horror-Komödie die Situation für die Charaktere *ernst* ist – und diese Charaktere „echte“ Figuren sind – und sich der Witz nicht aus plumpen sight gags und dem Zitieren der bekannten Vorbilder zieht, sondern aus Situationskomik und Wortwitz). Es ist oft ein schmaler Grat zwischen funktionierender Comedy, die nicht außer Acht lässt, dass wir es trotzdem im Grunde mit einer „grimmigen“ Geschichte zu tun haben, und dem bloßen Nachplappern und Überhöhen von Klischees und Genrevorbildern, das dann hoffentlich automatisch lustig wird, aber „Infestation“ gelingt es verblüffend gut, sich auf der richtigen Seite zu halten und – insofern ist mein oben gemachter „Shaun“-Vergleich zu relativieren – einfach ein zwar anspruchsloses, aber *witziges* Monstermovie zu sein.

Das Szenario ist simpel – mit keinem Wort erwähnt Rankin, woher die Insekten kommen und wie sie es geschafft haben, in quasi nullkommanix die gesamte Welt (zumindest insoweit sie in diesem Film eine Rolle spielt) einzuspinnen, es gibt noch nicht mal einen halbwegs rationalen Grund dafür, warum Cooper sich als einziges Opfer aus eigener Kraft befreien kann (und sein Arbeitskollege Ed, den er nach Maureen auspackt, wird vom Script sogar völlig vergessen. Arme Sau). Die bunt durchgemischte Gruppe (Cooper, der obligatorische Loser, der über sich hinauswechst, Sara, seine widerwillige love interest, die doofe Blonde etc.) macht sich dann auf einen grundeinfachen „Quest“ (zur vermeintlichen Sicherheit des Militärstützpunktes), erlebt lebensbedrohliche Abenteuer (nicht nur mit Käfern, sondern auch durchgeknallten anderen „Überlebenden“ [das Wort trifft’s ja eigentlich nicht richtig, die „Eingesponnenen“ leben ja auch noch]) und werden dezimiert, wobei, nachdem sich herausstellt, dass ausgewählte Menschen von den Insekten in Käfer-Mensch-Hybriden verwandelt werden können, auch das gute alte, aus Zombiefilmen bekannte „wenn-ich-zu-einem-von-denen-werden-sollte“-Spielchen gespielt werden kann (wobei Cooper diesen Satz *geringfügig* anders fortsetzt als es die meisten anderen Filmfiguren an dieser Stelle tun); zum Finale hin wird dann eben noch zum Generalangriff auf das Käfer-HQ geblasen – soweit, so mehr oder minder 08/15, aber „Infestation“ macht in seinem Bestreben, eine althergebrachte Geschichte lustig zu erzählen, einiges mehr richtig als falsch. Die Charaktere sind zwar im Grunde Stereotypen, aber sie wirken dennoch natürlich und so entwickelt sich auch die Situationskomik nicht gezwungen, sondern oft und gern einfach aus der Tatsache, dass eine Gruppe völlig überforderter Normalos mit den Mitteln, die ihnen zur Verfügung stehen, versuchen, das Beste aus der Situation zu machen und dabei an der Tücke des sechsbeinigen Objekts scheitern.

Die Trefferquote in Sachen Gags ist erstaunlich hoch, speziell die Dialoge sind wirklich spritzig, ohne auf Teufel komm raus Brüller sein zu wollen. Dramaturgisch muss „Infestation“ nach einem furiosen (und ausgesprochen witzigen) Auftakt einen recht happigen Durchhänger im Mittelakt zu verzeichnen (da packt Rankin dann auch mal melodramatischen Pathos aus, der doch ein wenig zu sehr in die rein parodistische Ecke tendiert, und es wird ein wenig viel rumgelaufen), aber bevor sich akute Langeweile einstellen kann, zaubert Rankin kurz nach der Halbzeitmarke Ray Wise als durchgeknallten Ex-Militär aus dem Hut, der dem ganzen Prozedere den dringend notwendigen Tritt in den Allerwertesten gibt, um zum Finale hin Tempo, Witz und auch Spannung wieder deutlich anzuziehen.

Handwerklich ist der Streifen nicht sonderlich bemerkenswert – Rankin, der erstmals durch einen „Alias“-Parodie-Fanfilm auffällig wurde, der J.J. Abrams so gut gefiel, dass er sich bei jedem Beteiligten persönlich meldete und ihm gratulierte, hat kein großes Budget zur Verfügung und kann daher keine großen technischen Sprünge machen. Kameraführung und Schnitt bewegen sich auf solidem B-Durchschnittsniveau, der Dreh in Bulgarien macht’s möglich, dass die production values (in Form von location-Drehs in ausgestorbenen Straßenzügen) besser sind als es in den Staaten für vergleichbares Geld zu machen wäre. Im ersten und dritten Akt ist das Tempo, wie schon gesagt, hoch und die Lacher zahlreich, im zäheren Mittelteil fällt Rankin nicht arg viel ein, um die in dieser Phase zum Stillstand gekommene Plotte optisch aufzuwerten, aber, siehe oben, Ray Wise rettet den Film rechtzeitig – das Finale fährt dann eh mit dem unverwüstlichen Herumkrauchen in dunklen, schleimigen Gängen im Alien-/Monster-/Kriechtierversteck auf.

An die FX sollte man keine hohen Erwartungen stellen – das Creature Design ist nicht gerade einfallsreich (’s sind halt Käfer), die Qualität der CGI immerhin doch etwas besser als im durchschnittlichen Monsterheuler von Jim Wynorski, die Dinger sehen wenigstens so aus, als wären sie physisch wirklich vorhanden, auch wenn sie keine Ausbünde an detailbesessener Hyperrealistik sind; die Käfer-Mensch-Hybriden sind nicht gerade umwerfend, aber noch zweckmäßig. Geschmoddert wird reichlich, aber zumeist auf Kosten der Käfer (die zensorenfreundlich weiß splattern), Gewalt gegen Menschen hält sich in Grenzen (da die Käfer ihre Opfer ja nicht töten), für den überwiegenden Teil des menschlichen Bodycounts sind unsere Helden schon schön selbst verantwortlich (der ein oder andere Tod ist ziemlich fies, wird aber meist eher aus der Distanz beobachtet und über mittelprächtige CGI geregelt).

Zu den Darstellern: Chris Marquette („Freddy vs. Jason“, „Alpha Dog“, „Fanboys“) erledigt einen prima Job als „unerwarteter Held“, nerdig genug, um als Loser durchzugehen, aber sympathisch und charismatisch genug, um anfeuerbar, Identifikationsfigur zu sein. Brooke Nevin („The 4400“) ist als Sara vielleicht ein bisschen zu steif, aber es passt durchaus zu ihrer Rolle der „schwer zu Kriegenden“. Kinsey Packard („Girls Gone Psycho“) macht sich nicht nur überzeugend als doofe Blonde, sondern sich auch noch obenrum frei, wofür man immer zu Dank verpflichtet ist. E. Quincy Sloan hat nicht mehr zu tun als den sprichwörtlichen „dumb ox“ mit dem guten Herzen, macht das aber gut, Wesley Thompson („Reeker“) erfüllt seine Aufgabe ebenso adäquat. Ray Wise („Reaper“, „Twin Peaks“, „Jeepers Creepers II“), der mit Rankin offenbar eine gute langjährige Arbeitsverbindung hegt, überzeugt einmal mehr durch schiere Präsenz und zeigt seine nicht zu unterschätzende staubtrocken-komische Seite. Gutes Ensemble für einen kleinen Film.

Fazit: „Infestation“ ist die sympathische Sorte Film, die nicht den Anspruch hat, große Filmkunst zu sein oder auf andere Weise Klassikerstatus zu ergattern, sondern einfach nur 90 Minuten flockig-spaßig unterhalten will. Wäre nicht der Durchhänger im Mittelteil, würde ich ohne weiteres sagen, dass dieses Ziel erfüllt wurde, so ist der Streifen aber vielleicht fünfzehn Minuten zu lang ausgefallen. Trotzdem macht „Infestation“ gut Laune – es ist zweifellos ein Partyfilm, vielleicht nicht ganz so durchgängig lustig wie Wasting Away, aber nicht weit davon entfernt. Da ich ja nach wie vor der Ansicht bin, dass die meisten beabsichtigten Horror-Komödien nichts taugen, weil es den Machern prinzipiell am Verständnis dafür fehlt, wie man einen solchen Genrezwitter aufbauen sollte, ist mir aber ehrlich gesagt lieber, Kyle Rankin erzählt ein wenig zu lang und im Mittelpart holprig, geht aber ansonsten den richtigen Weg – keine „Witz-komm-raus“-Gags, sondern Lacher, die sich aus den Situationen und den Charakteren heraus entwickeln. Damit hat sich „Infestation“ seine 3 Rollen – ebenso wie die Empfehlung, den Streifen auf DVD anzuchecken, wenn man mit lustig-schleimigen Monsterfilmen seinen Spaß hat – redlich verdient.

3/5
(c) 2009 Dr. Acula


mm
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