- Deutscher Titel: Inferno Thunderbolt
- Original-Titel: Inferno Thunderbolt
- Regie: Godfrey Ho
- Land: Hongkong
- Jahr: 1985
- Darsteller:
Richard (Richard Harrison)
Alison (Fonda Lynn)
Frenchy (Pierre Tremblay)
Claire (Claire Angel)
Michael (Don Wang-Tao)
Tiger Wong (Donald Kong To)
N.A. Rose Kuei
N.A. Mona Liu
N.A. Micky Lin
Vorwort
Es ist mal wieder soweit… von vielen gefürchtet, von einer Minderheit geliebt – eine Joseph-Lai-Produktion wirft ihre Schatten voraus – hey, wo wollt Ihr alle hin? Bleibt doch da! Es wird gemütlich! Und ganz bestimmt lustig!
Na gut, dann sind wir halt unter uns – wir legen doch eh keinen Wert auf die Gesellschaft von Kulturbanausen, oder? Das hat ja dann auch den Vorteil, dass ich mir großartige Einleitungsarien über die Lai-School-of-Filmmaking sparen kann (Einsteigern seien wie üblich die diversen anderen Lai-Reviews ans Herz gelegt, da findet sich sicher das essentielle Wissen).
Unser heutiges Exemplar unterscheidet sich doch ein wenig von den üblichen Patchwork-Jobs, die wir hier bislang besprochen haben. Anstelle zugegeben großartiger Action-Heroen wie Hans Haraldser & Co. und knuddeligen Euroninjaschnuffis wie Mike Abbott auf Schurkenseite gibt sich nämlich ein echter Schauspieler die Ehre – Richard Harrison. Okay, „echter Schauspieler“ ist vielleicht übertrieben. Harrison gehörte zu jener Riege amerikanischer Kleiderständer & Muskelprotze, die sich in den 60er Jahren aufmachten, die alte Welt, nominell Italien, zu erobern, und in zahllosen Gladiatoren- und Eurospy-Filmen, Italowestern und ähnlichen hochwertigen Zelluloiderzeugnissen zu spielen. Mit Abklingen der großen Italo-Welle stieg Harrison hinab in die finsteren Tiefen der D´Amato-Filme und gab sich in Orgasmo Nero die Ehre, ehe er 1985 den Fehler seines Lebens beging und sich breitschlagen liess, für Joseph Lais IFD in einer Handvoll Ninja-Filmen zu agieren. Wenn man Richard Harrisons heutigen Äußerungen glauben darf, wurde er von Lai ziemlich über´s Ohr gehauen, denn aus den vertraglich vereinbarten wenigen „ganzen“ Filmen, bastelte der clevere Produzent daraus nicht weniger als (mindestens) 22 Ninja- und sonstige Action-Streifen, darunter beliebte Genre-Favoriten wie Golden Ninja Warrior, Ninja Commandments, Cobra vs. Ninja oder Ninja Thunderbolt. Non-Ninja-Stuff findet sich u.a. im BPjM-Darling Magnum Thunderbolt (§ 131 lässt grüßen) – und eben in Inferno Thunderbolt, einem selbst unter Obskuritäten-Freunden weithin unbekannten Titel, der in Deutschland ein paar Wochen lang von Gloria Video vertrieben wurde, ehe er von den damals noch zackig arbeitenden nicht existierenden bundesdeutschen Zensurgremien per Indizierung aus dem großflächigen Verkehr gezogen wurde.
Euer Doc, bekanntlich manchmal ein Glückspilz (aber leider meistens nur dabei, wenn´s ums Ausgraben vergessener Filmschundklassiker geht, und nicht bei Lotto, Toto oder NKL), wurde überraschend im tiefsten Gebrauchtwaren-Keller meiner Stammvideothek (gleich neben der Porno-Abteilung) fündig und löste das noch ziemlich gut in Schuß befindliche Verleihtape für die Lächerlichkeit von dreifünfundneunzig aus. Schließlich kann ich einem Lai nie widerstehen, auch wenn keine Ninjas drin vorkommen…
Inhalt
Der Vorspann, der im Gegensatz zu den meisten anderen späteren IFD-Produktionen nicht aus ein paar hastig zusammengestellten Hongkong-Panorama-Bildern besteht, sondern über die Eröffnungsszene des Quell-Films gelegt wird, erfreut uns neben der klassischen Musik (die aber der Szenerie der angesprochenen Szene geschuldet ist), mit der klassischen Credit-Line „RICHARD HARRISON IS INFERNO THUNDERBOLT“ – nicht ganz so zwerchfellmarternd wie „JACK CANON IS KIDNAPPED COED“, aber ein würdiger Podiumsplatzbesetzer.
Aber verdammt, ich glaube fast, wir müssen ernsthaft auf die, ächz, Handlung achten. Ein sonnenbebrilltes asiatisches Girl latscht durch das klassische Musikonservatorium und gabelt ein anderes asiatisches Girl auf. Man ist offensichtlich befreundet, denn Girl Nr. 2 ist über das Erscheinen der Sonnenbrillenmieze positiv überrascht und verrät uns sogar deren Namen: „Sandy“. Sandy ist aber sichtlich nicht zu einem Höflichkeitsbesuche rschienen, sondern zerrt sie in einen unbeobachteten Winkel, verpaßt ihr eine Injektion und lädt das arme Mädel, unterstützt von einem Kollegen, entführenderweis in einen Lieferwagen.
Du weißt, du bist in einer Joseph-Lai-Produktion, wenn´s eine Nachtszene gibt und du NICHTS siehst. Dürfen wir also mal wieder raten, was vor sich geht. Irgendein Kerl trifft irgendwo irgendwelche anderen Kerle, in der Hoffnung, zu einem gewissen Mr. Rockford vorgelassen zu werden, allerdings wird er umgehend brutal (davon geh ich zumindest mal aus, auch wenn ich im wahrsten Sinne des Wortes schwarz sehe) hingemordet. Keine Ahnung, was genau passiert, jedenfalls liegen am nächsten Morgen irgendwo in der Pampa zwei Leichen rum, auf denen idyllisch-poetisch Schlangen herumkrauchen (hä? Und, Future Doc weist mich darauf hin, „hä?“ wird die vermutlich meistgebrauchte Vokabel in diesem Bericht werden). Die Geplätteten sind offensichtlich (mangels eines vernünftigen Blicks auf die corpi delicti bzw. den vorhergehenden lebenden Zustand) der Kerl von eben und die Sandy-Freundin aus der Musikhochschule. Naja. Whatever keeps our plot moving, I suppose.
Eine heulende Brillenschlange (eh, um Mißverständnissen vorzubeugen, ich rede jetzt von einer Person, nicht von einem Kriechtier) identifiziert das ermordete Mädel tränenreich und schwer hysterisch als „meine kleine Schwester“ (Aha. Joseph-Lai-Patchwork-Plot Nr. 1 b: „Ich räche meine Schwester“. Hatten wir auch schon ´n paar Mal).
Die offizielle „alter Plot-trifft-neuer-Plot“-Szene absolvieren wir heute arg früh, dafür bleibt´s auch die einzige und bedient sich des bewährten Stilmittels „Telefonat zwischen Charakteren aus den unterschiedlichen Plotlines“. Die Journalistin Claire (neuer Charakter), die an einer Enthüllungsstory über den fiesen Rockford-Clan arbeitet, ruft die bebrillte Heulsuse an. Die versteht Bahnhof, warum das Ableben ihrer kleinen Schwester mit den Rockfords zu tun haben soll. Claire erläutert, dass der andere Tote einer von Rockfords Drogenkurieren war und demzufolge auch Schwesterleins Dahinscheiden mit Rockfords Fiesematenten zu tun haben könnten. „Ich möchte nicht in ihre Privatsphäre eindringen“, versichert Claire prophylaktisch (das erinnert mich jetzt doch fast an die „Sind-sie-noch-Jungfrau-das-soll-aber-keine-persönliche-Frage-sein“-Nummer aus Das Leben des Brian). Heulbrille macht das, was ich an ihrer Stelle jetzt auch machen würde, sie legt wort- und grußlos auf.
Offenbar reicht das Claire, um in wildem (und ersichtlich keinerlei brauchbarer Systematik folgendem) 1000-Anschläge-pro-Minute-Style auf ihre altertümliche Schreibmaschine einzuprügeln (kann man nicht mal Schauspielern beibringen, wie man so auf Computertastaturen oder Schreibmaschinen „schreibt“, dass es nicht aussieht, als würden die Damen und Herren nur „adkfaöod fadifaeöri fdjhfaödfjasdf“ reinhacken?). Enter Richard, Claires liebender, sie umsorgender und dem Polizeiberuf nachgehender Ehemann, der seinem Weib den konstruktiven Vorschlag unterbreitet, anstelle über Rockford doch lieber über „Rosengärten“ zu schreiben (ist vom journalistischen Renomée gesehen auch fast das gleiche). Claire insistiert, dass sie auf ihre Weise genauso für Wahrheit & Gerechtigkeit (und bestimmt auch den Weltfrieden, niedrige Steuern, sichere Renten etc.) eintrete und sorge wie Richard als Bulle.
Wir schalten um in den alten Film und dort in einen Nachtclub mit angeschlossenem Bordellbetrieb, der unter der Fuchtel einer gewissen Lily steht. Lily erledigt auch Bewerbungsgespräche stilecht in Reizwäsche (da können die Bewerberinnen wenigstens gleich mal sehen, worauf sie sich einlassen). Ein schüchternes Mädel in einem blauen Kleidchen bewirbt sich des lieben Geldes wegen um eine Stelle in dem Etablissemang und wird von Lily auch mit Wirkung zum nächsten Tag eingestellt (ich geb´s zu: zu diesem Zeitpunkt hab ich keine Ahnung, wer die Kleene ist. Die große „Wer-ist-eigentlich-wer“-Verwirrung bricht in diesem Streifen mal wieder voll durch. Aber: wir ahnen, das Mädchen ist wichtig, weil sie per bedeutungsvollem Zoom die Telefonnummer des Bordell-Apparats memorisiert – ich glaubt zwar, dass die auch im Telefonbuch gestanden hätte, aber was soll´s. Ist auch nicht so, dass wir auf diesen, hüstel, Plotpunkt auch nur ansatzweise zurückkommen).
Offenbar ist schon der nächste Tag, denn als ein erstaunlich schwul (und trotz seines Nachnamens natürlich 1-A-chinesischer) aussehender Typ mit einer Armee Bodyguards im Club eintrifft und uns (begleitet von flotter und selbstverständlich wie immer bei Lai komplett geklauter dance music) als Rockford (damit wäre die Position des Schurken des „Altfilms“ besetzt) vorgestellt wird, ist unser Protagonistengirl bereits als Kellnerin in Amt und Würden. Das Highlight des Abendentertainments stellt eine ordentliche Runde Schlammcatchen im 1,5×1,5 m-Mini-Ringgeviert dar. Während zwei leicht geschürzte (aber stets an entscheidenden Stellen verhüllte) Grazien sich gegenseitig die Fangopackungen zwangsverabreichen, outet sich Rockford als Boyfriend der Bordellchefin Lily und schenkt ihr eine teure Uhr. Leider kann er nicht über Nacht bleiben, denn seine Mama hat Geburtstag (ein Muttersöhnchen? Und sollte er dann nicht sein Muttchen beschenken und nicht seine Liebschaft?). Der Schlammringkampf findet – unter dem Applaus des sachkundigen Publikums – sein Ende und ein etwas angeheiterter Gast grabbelt unsere Protagonistin an. Die schleudert panisch ihr Tablett von sich und einen der darauf befindlichen Gegenstände unabsichtlich an die Rübe der Ringkampfverliererin. Die wittert ihre Chance auf eine spontane Gelegenheit zur Wiederherstellung ihres angeschlagenen Kämpferrufs, zerrt unser Mädel in den Ring und seift sie ordentlich ein. Es gelingt unserer Freundin allerdings, sich per unfairer Aktion zur Wehr zu setzen, was Rockfords Interesse und Wohlgefallen auf sie lenkt.
Währenddessen im neuen Film. Richard betreibt Kung-fu-Trockenübungen im Garten, Claire hackt ihre Artikel in die Maschine. Das Telefon klingelt, die Dame des Hauses fühlt sich nicht zuständig und so muss Richard selbst den beschwerlichen Weg zum Apparat antreten. Und dann ist keiner dran. Welch Verschwendung kostbarer Energie. Als es ein paar Sekunden später erneut dringelt, wird´s vom Hausherrn ignoriert, also geht doch Claire mal ran. Das Gespräch ist auch für sie, es ist nämlich der berühmte unbekannte Drohanrufer, der ihr nahelegt, doch in Zukunft keinen Mist mehr über den ehrenwerten Herrn Rockford (Anruf genügt ja bekanntlich, hehe, doch noch dran gedacht, eine Rockford-Reference einzubauen) zu schreiben, ansonsten werde er ihr „die Beine auseinanderreißen“ (in meinem Buch teuflischer Drohungen steht das jetzt sicherlich nicht in den ersten dreihundertachtzig Kapiteln). Claire bescheidet den Störenfried mit einem inbrünstigen „Leck mich am Arsch!“ Immer wieder schön, wenn Angehörige der Journaille sich so gewählt auszudrücken imstande sind (ich kenn da einen Dipl-Journ., der könnt´ das nicht, wenn sein Leben ´von abhinge). Richard fragt, wer denn da dran war. „Ein Trottel“, stellt Claire fest. Ich denke mal, sie unterliegt einer gewissen Fehleinschätzung, sonst werden wir kaum noch eine filmreife Handlung bekommen.
Rockford hat, wie nicht anders zu erwaten, einen Narren an unserem Girl gefressen, das nun endlich auch einen Namen erhält: Alison (Nachname Hell… das war jetzt einer für die Metal-Freunde). Er lässt sie von Lily in sein trautes Domizil eskortieren, wo er sich gerade von einer Bikinimaid massieren lässt und anschließend in seinen Jacuzi hüpft. Im Whirlpool lümmelnd empfängt er Alison und salbadert blödes Zeug: „Die Bürde, den Lebensunterhalt zu verdienen, lastet schwer auf Mädchen“ – nicht nur auf Mädchen, Meister, nicht nur auf Mädchen – „die so hübsch sind.“ (Ich möchte fast spekulieren, dass es denen fast leichter fallen sollte als hässlichen Schreckschrauben, hehe). Rockford will ihr aber nicht nur seine zweifelhaften Beobachtungen des Arbeitslebens aufs Auge drücken, nein, er will ihr, gänzlich selbstlos und unbürokratisch, seine moralische, finanzielle und ganz allgemeine Hilfe andienen. Da fragt sich auch Alison, wieso… „Gründe und Bedingungen sind mir zu vulgär (!!)“, meint Rockford (das merke ich mir! Wenn mich irgendjemand in Zukunft nach irgendeinem Grund für irgendeine meiner Verhaltensweisen fragt: „Gründe sind mir zu vulgär!“ Ha!). Er steht vielmehr auf dem Standpunkt, weil er mit Lily befreundet ist und Lily mit Alison, sollten doch automatisch auch er und Alison Freunde sein. Da Alison erstaunlicherweise nicht volldebil ist und sich zusammenreimen kann, was so ein Angebot ausdrücken soll, wenn´s von einem nackten Mann im Whirlpool ausgesprochen wird, lehnt sie dankend ab und lässt sich lieber wieder heimfahren.
Solcherlei Abfuhr löst verständlicherweise Aggressionen aus, die abgebaut werden müssen. Wütend befiehlt Rockford, dass wenn er schon heute abend nicht zum Stich kommt, dann wenigstens auch die unliebsame Journalistin ins Gras beißen soll.
Er scheint aber ein leichtes Problem damit zu haben, sich bei seinen Unterlingen verständlich zu machen (oder in der Befehlskette nach unten gibt´s den ein oder anderen Übersetzungsfehler), weil „beseitigen“, das war seine Wortwahl, ist eigentlich relativ eindeutig. Seine Henchmänner haben das allerdings nicht wirklich kapiert, denn als Claire schwer bepackt mit Einkaufstüten ihre Wohnstube betritt und den Kühlschrank öffnet, findet sich dort… waaah! Ein abgetrennter Hundekopf! (Verwenden Gangsterkreise nicht eigentlich Pferdeköpfe? Oder ist das nur die italienische Mafia?. Überhaupt: Respekt. Die Gangster sind ohne Spuren zu hinterlassen eingedrungen und wieder verschwunden). Nun ist der geplättete Wuff aber nicht nur ein beliebiger räudiger Straßenköter, sondern Madame Claires Haus- und Hofkuschelwuschel. Das ist schon einen hysterischen Anfall wert (es ist zwar fies, hat aber mit „beseitigen“ nicht wirklich was zu tun, möcht ich sprechen). Richard hält die Sache zumindest rein warnungstechnisch für denkanstoßwürdig genug, seiner Frau doch noch mal ans Herz zu legen, die Schreiberei einzustellen (eh, könnstet du nicht vielleicht was Cop-mäßiges machen, Richiedarling? Wir reden da immerhin auch von Einbruch, angedrohter Körperverletzung, Tiermißhandlung. Wenn ich Cop wäre und meine Olle würde belästigt, hätte ich schon das halbe Revier rebellisch gemacht!). „Ich laß mich nicht einschüchtern“, keift Claire, die ihre Trauer schnell überwunden hat, ist aber von ihrem sorgenzerfressenen Ehemann tief im Innersten berührt: „Du liebst mich wirklich!“ (Weil er ihr nicht etwa in seiner Eigenschaft als Ehemann, Beschützer und autorisierter Freund und Helfer Unterstützung gewährt, sondern sie drängt, den Ansinnen der Bösen nachzukommen? Interessant). Und da Liebe ja was schönes ist, kommen wir in den Genuss einer ausführlichen Softsexszene, in der sich auch Richard Harrison vollkommen hüllenlos zeigt (aber seinen Schniedel für sich behält) und die überraschenderweise richtig ästhetisch rüberkommt. Meister Godfrey Ho filmt aus gekippten Kamerawinkeln, spielt mit der Beleuchtung und Weichzeichner, das sieht richtig nach FILM aus (also ungefähr so, wie Jess Franco sich eine seiner Sexszenen vorstellen würde, wenn er sie denn inszenieren KÖNNTE). Ich bin ehrlich beeindruckt, das ist die handwerklich beste Szene in einem Lai-Film, die ich bislang sehen durfte.
In Lilys Nachtclub gibt´s aus eher unerfindlichen Gründen (naja, es dürfte wohl eine Polizeirazzia sein, aber das wird bis zum Ende der Szene nicht deutlich) eine Massenpanik. Rockford greift sich Alison und flüchtet mit ihr, dieweil ein mir unbekannter Kerl für die ersten fünfzehn Sekunden Kung-fu-Action sorgt. Rockfort, ganz Kavalier alter Schule, setzt Alison vor ihrer Wohnungstüre ab.
Das Mädel residiert in einem Hotel und bequatscht eins der dortigen Zimmermädchen nach „dem Mord“ (scheint in ganz Hongkong nur einen gegeben zu haben, denn natürlich meinen wir den vom Anfang, auch wenn der mit einem Hotel absolut nichts zu tun hatte, so dass es mir relativ verborgen bleibt, was eine Chambermaid darüber wissen sollte). Nun, die weiß auch nichts, außer dass sie spekuliert, dass „sie“ „ihn“ umgelegt habe, weil Schlampen vom Land von Natur aus nicht zu trauen wäre, im Gegensatz zu den hochanständigen Stadtmädchen (hm. Ich denke eher umgekehrt wird´n Schuh draus). Alison wirft sich in ihre ungefähr zwanzig Quadratmeter große Badewanne (wer zahlt eigentlich die Hotelrechnung? Oder ist das ´ne Dienstwohnung des Bordells?) und flashbackt. Möglicherweise sollte uns als neutralen Beobachtern jetzt so einiges klar werden, aber die in den Raum geworfenen Namen „Mary“ und „Mabel“ hat bis jetzt noch kein Mensch in diesem Film vernommen. Wenn ich mir das alles so zusammenreime, könnte Mary eventuell das tote Mädchen vom Anfang sein, aber wer ist dann Mabel? Same as Alison? Wieder ganz jemand anders? Ich kapier´s nicht.
Egal. Vergessen wir´s. Wir wollen ja nicht noch annehmen, dass ein Lai-Film Sinn ergibt. Also lieber zurück zu Claire, die kettenrauchend (aber ist doch ungesund, das Rauchen. Smoking kills!) ihre Schreibmaschine vergewaltigt. Wie es sich für einen ordentlichen Polizistenhaushalt gehört, kann der geheimnisvolle unbekannte Fieserich problem- und geräuschlos unbemerkt an Claire heranstalken und sie mit einer Eisenkette attackieren (als Mordwaffe fielen mir nun effektivere Sachen ein). Geistesgegenwärtig kann Claire noch den Auslöser ihrer neben der Schreibmaschine geparkten Kamera betätigen, die (unbemerkt vom Killer) eine hübsche Serie mit Schnellauslöser schießt. Der Killer, der einen lächerlichen Tarnanzug (aber keine Maske o.ä. Wozu auch?) trägt, drischt mit der Eisenkette auf sein bedauernswertes Opfer ein (obwohl die Szene zwar ein wenig blutig, aber nicht wirklich explizit ist, kann ich mir schon vorstellen, warum sie nicht unbedingt den Geschmack zeitgenössischer Jugendschützer traf. Ist schon ziemlich nasty-minded). Noch während der Killer am fröhlichen Werk ist (und dieses auch mit every sign of enjoyment verrichtet), nähert sich Richard. Als intelligenter Bulle von Welt hat er seine Hausschlüssel vergessen (arf!) und im Gegensatz zum immer noch munter metzelnden Killer schafft er es nicht, die abgeschlossene Wohnungstüre zu überwinden (der Killer muss sich reingebeamt haben. Oder er hat die Tür nach seinem Eintritt mit Pattex zugeklebt). Auf Richards Anklopfen lässt der gemeine Mörder von seinem schändlichen Tun ab und teleportiert sich gen-wer-weiß-wohin (vielleicht weiß er im Gegensatz zum Hausherrn aber auch, dass es eine unverschlossene zweite Tür gibt), Claire kriecht blutüberströmt und mit letzter Kraft zur Türe und schafft es gerade noch eben so mit ihrem letzten Atemzug, diese zu entriegeln. Naja, nicht ganz mit dem letzten Atemzug. Es reicht noch für die gesetzlich vorgeschriebenen melodramatischen letzten Worte, die sie ihrem vollkommen am Boden zerstörten Ehemann ins Gesicht röcheln kann: „Ich hätte auf dich hören sollen!“ (Tja. Manchmal kommt selbst die beste Einsicht zu spät. Bätsch). Wuaaäh! Das ist alles so traurig…
Währenddessen (oder später oder irgendwann), irgendwo in der nebelumwaberten Pampa hongkong´scher Hochgebirgsregionen (jedenfalls sieht´s so aus – in meinem jugendlichen Leichtsinn hielt ich das ganze wg. der Optik zunächst mal für ´ne Traumsequenz. So kann man sich irren). Alison (oder Mabel oder Mary) trifft dort rein zufällig (? In einer menschenleeren, verlassenen Einöde von Gegend?) Michael (Michael? Wer zum Henker ist das nu wieder? Könnten wir uns langsam mal darauf einigen, dass wir alle wichtigen Charaktere eingeführt haben?). Michael ist nicht nur irgendein hergelaufener asiatischer Sepp, sondern wohl ein erfolgreicher Geschäftsmann und, was erheblich wichtiger ist, eine alte Liebschaft von Alison (oder Mabel oder Mary oder ihrer Schwester). Michael ärgert sich, dass Alison (oder Mabel… ja, okay, ich bin ruhig) ihm nicht gleich nach Schwesterleins Keulung alarmiert habe. Mir deucht, der Kerl hat ein paar überschüssige Heldenhormone und gedenkt diese nun einer sinnvollen Verwendung zuzuführen.
Richard sinniert indes melancholisch per Flashbacks in glückliche Zeiten, als er noch einen lebenden Besen hatte, über die Ungerechtigkeit der Welt nach, wobei sein Blick zufällig auf die Kamera fällt… Eine göttliche Eingebung später hat Richard bereits den Film im örtlichen Fix-Foto-Labor entwickeln lassen und kann sich nun 13×18-Hochglanz die Ermordung seiner Holden ins Erinnerungsalbum kleben. Doch – günstig für die Plotentwicklung – auf einem der Pics ist der Killer deutlich sichbar abgebildet. „Ich bring ihn um“, gröhlt Richard rachedurstig. Sein Chef bei der Polizei (die sich übrigens, so rein ermittlungstechnisch, nicht wirklich für den Mord interessiert. Ist offenbar in HK Berufsrisiko für Journalisten) schickt ihn sicherheitshalber in Zwangsurlaub (am Ende könnte Richard den Fall, may Buddha prevent it, aufklären!). Das stimmt Richard nicht fröhlicher.
Unbeobachtet von den Kameras ist Rockfords und Alisons (oder wie auch immer) Beziehung soweit fortgeschritten, dass er sie seiner Mama vorstellen möchte. Die residiert in einem schlichtweg riesigen Gebäude unspezifizierten Zwecks (das Foyer sieht aus wie das eines Museums o.ä.) und in einem Rollstuhl. Als sie Rockford erblickt (Alison hat er vorsichtshalber erst mal draußen vor der Türe stehen lassen), schmeißt sie ihm statt einer Begrüßung eine sicher unschätzbar wertvolle Ming-Vase an den Kopf – diese Frau hat Temperament, würd´ ich sagen (und lustig ist´s, wie die Bodyguards – erfolgreich – versuchen, die Vase vor der Zerstörung zu retten). „Ich hab einen Freund mitgebracht“, piepst Rockford. „Einen Mann?“, keift die Alte. „Nein, eine Frau!“ (so viele andere Möglichkeiten gibt´s ja auch wieder nicht). Mama Rockford sieht sich zu ein paar grundsätzlichen Statements veranlaßt: „Eine Frau KANN nie dein Freund sein!“ (Stimmt, höchstens FreundIN) und Rockford möge es doch bitte tunlichst unterlassen, „diese Hure“ (wow, harter Tobak dafür, dass sie noch nicht mal weiß, wer die Glückliche ist) ins Haus zu bringen. Der ersichtlich am Rockzipfel seiner Mama großgewordene Junior nimmt all seinen Mut (viel isses nicht) zusammen und stellt couragiert fest, dass es sich mitnichten um eine Vertreterin des horizontalen Gewerbes, sondern vielmehr um ihre zukünftige Schwiegertochter handele (vor vollendete Tatsachen stellen, recht so!). „DU WAGST ES!“, kreischt die Rollstuhltante und bedingt sich ein Vier-Augen-Gespräch mit der angedachten Braut aus.
Freundliches Kennenlernen unter potentiellen Verwandten sieht aber anders aus, denn die Olle stellt Alison gegenüber sofort klar, dass sie der Überzeugung nachhängt, dass Alison sich nur des nicht unbeträchtlichen Rockford-Familienvermögens an den Junior rangeschmissen habe (was man so rangeschmissen nennt, schließlich gingen die Aktivitäten von ihm aus) und sie sich von dieser Meinung auch nicht durch irgendwelche gegenteiligen Fakten abbringen lasse. Schließlich kenne sie diese Sorte Weiber: „Du kommst vom Land, dein Vater ist tot, deine Mutter krank und dein Bruder braucht Unterstützung“, fabuliert Mama Rockford ins Blaue und landet damit einen absoluten Volltreffer. „Immer die gleiche Geschichte“, stöhnt sie ob Alisons diesbezüglicher Bestätigung und empfiehlt ihr, sich schleunigst und endgültig auf Nimmerwiedersehen zu verpissen.
Richard, der sich zwischenzeitlich einen namenlosen chinesischen Sidekick zugelegt hat, zieht unter seinen üblichen Informanten Ermittlungen hinsichtlich des Killers ein, ohne dabei greifbare Resultate zu erzielen. Aber wenigstens kann ihm einer der Informers eine Knarre verschaffen (seine Dienstwumme mußte Richard, being on Zwangsurlaub, ja abliefern). Die Übergabe der Waffe erfolgt auf kuriose Art: man trifft sich in einem „Park“ (sofern man eine ungefähr fuffzich Quadratmeter große Grünfläche „Park“ nennen kann. Aber im beengten Hongkong geht das wohl durch), der Kleinkriminelle bekommt die Kohle und deutet auf einen nahen Mülleimer, wo er die in Zeitungspapier eingewickelte Bleispritze (die übliche Penisersatz-Magnum) deponiert hat (na, so ein Glück, dass die Müllabfuhr nicht gerade da ist. Oder einer der typischen Mülleimer-nach-Verwertbarem-durchstöbernden Penner).
Die doch recht deutliche Zurückweisung der Angebetenen durch das gute alte Mütterlein hindert Rockford nicht daran, Alison nach Hause ins Hotel zu fahren. Dort allerdings wird Alison von Lily erwartet, die sich die Wartezeit damit vertrieben hat, sich mit einer Nachbarin Alisons zu besaufen (?). Mir deucht, Lily hat das ein oder andere gleichgeschlechtliche Auge auf Alison geworfen – jedenfalls gibt Lily ihr den gut gemeinten und gut gelallten Ratschlag, von Männern die Finger zu lassen, die taugen nämlich alle nix, und der, den sie da gerade am Haken hat (also Rockford) schon gleich dreimal nix. „Mit dem kannst du auf dem elektrischen Stuhl landen“, verblüfft Lily mich mit mir bislang unbekannten Erkenntnissen über den Strafvollzug in der (damals noch) Kronkolonie (correct me if I´m wrong, aber dass die ihre Straftäter gegrillt hätten, wäre mir neu). Rockford wundert sich über das Verhalten seiner Ex (dieses Faktum dürfte wohl auch eine Rolle spielen) und entfernt sie und sich aus Alisons Dunstkreis.
Es hat seine Vorteile, wenn man ein finanziell gut situierter Superschurke ist (wenngleich wir dafür abgesehen von seinem schnell hingerotzten Mordauftrag betreffend Claire, und das ist ja streng genommen ein anderer Film, hehe, keinen echten Beweis haben. Schwuchtelig aussehen, Schlammcatchclubs besuchen und eine herrschsüchtig-psychopathische Rollstuhlmutter zu haben sind zwar allesamt keine besonders sympathischen Charaktereigenschaften, aber nicht wirklch strafbar). Als solcher kann man sich nämlich eine Klinik leisten, in der mißgünstige Ex-Liebschaften etc. sauber, leise, umweltfreundlich entsorgt werden können. Jedenfalls findet sich Lily dort wieder, wird mit Elektroschocks behandelt und unter Drogen gesetzt und die dafür verantwortliche Oberschwester ist niemand anderes als … Sandy! Ta-daaa! Schockierende Enthüllung, gelle? Zwar läuft die Operation etwas aus dem Ruder, weil die behandelnden Ärzte es scheinbar etwas übertreiben, aber mehr als ein paar mahnende Worte Sandys, dass Rockford Lily gerne lebend hätte (warum auch immer), hat das nicht zur Folge. Exploitaion! Sleaze! (Nicht wirklich. Jess Franco hätte die Mädels vor der Elektrofolter wenigstens ausgezogen, der alte Spanner). Der ganze Schmu wird übrigens von Michael (der wohl in seiner Geheimidentität Spiderman ist und sich als Fassadenkraxler betätigt) aufmerksam beobachtet (nicht, dass er irgendwie was unternehmen würde wie z.B. probehalber Bullen anrufen o.ä.).
Aus ziemlich heiterem Himmel wird auf Rockford ein Attentat verübt, dank Alisons beherztem lebensrettenden Schubser trifft die Assassinenkugel aber nur die Schulter des ausgekuckten Opfers. Rockford wird von seinen Bodyguards in die Heimstatt seiner Mutter verbracht, die auch eine Klinik ist (? Oder umgekehrt? Durchblicken tut eh kein Schwein, also versuch ich´s erst gar nicht). Der angeschlagene Rockford selbst gibt´s nicht auf, seiner Mama Alison schmackhaft zu machen, aber beißt auf soliden Granit. „Dieses Weib wird dein Untergang sein“, krakeelt die Alte prophetisch und entlockt ihrem Lendensproß ein entsetztes „Mutter!!“ (entsetzt deswegen, weil Alison daneben steht. Diplomatin wird die alte Kuh nicht mehr, außer vielleicht bei George Dabblebush). „Nenn mich MAMA und nicht MUTTER!“, giftet Madam Rockford. Der Junior, offenkundig aus tiefestem Herzen und ehrlich schwer verliebt, spricht ein Machtwort: „Wenn ich sie verliere, verlierst DU mich – für IMMER!“ Dramatischer Music-Cue und düster grummelnder Blick von Mama. Das wird noch ein böses Ende nehmen… ganz sicher…
Inzwischen, in einem Mah-Jongg-Club. Dort gucken wir eine Zeitlang einem uns bislang unbekannten Girl beim Zocken zu (und weil ich bekanntlich eine Chinesin kaum unfallfrei von der anderen unterscheiden kann, bemühte ich unnötigerweise meine grauen Zellen, ob das vielleicht Mabel oder Mary oder wer auch immer ist). Die Schnalle hat auf jeden Fall ´ne Pechsträhne und ist mit ihren Bargeldvorräten am Ende. Also möchte sie eine Halskette beim Aufseher der Örtlichkeit gegen neue Penuze eintauschen. „Ich geb dir das Geld auch so, wenn du ein bisschen nett zu mir bist“, unterbreitet der ein unmoralisches Angebot. Scheint der Schickse öfter zu passieren, denn sie willigt ein, besteht aber auf Vorkasse. Schon praktisch, dass ein Spielclub wie dieser ein Separée hat, in dem ein spontanbesamungswilliger Angestellter seine geschlechtlichen Triebe ausleben kann. Der große Stecher vor dem Herrn scheint er mir aber nicht zu sein, denn obwohl er sich den Wolf rammelt, liegt die Dame ziemlich gelangweilt auf der Matratze und zieht WÄHREND des Geschlechtsakts ´ne Kippe durch. Der kann nix drauf haben, der Kerl (such dir einen MANN, Mädel, z.B. mich, wuaah-haa). Es kann der schlechteste Rammler nicht in Frieden ficken, wenn es dem rachelustigen Richard nicht gefällt. Der spielt nämlich den coitus interruptus und unterbreitet sein Auskunftsbegehren bezüglich der Identität des Killers. Für ein geringe Geldspende und unter Androhung roher körperlicher Gewalt erinnert sich der verhinderte Stecher daran, dass der Killer gelegentlich mit einem gewissen Tiger Wong zusammenarbeiten soll. Mehr wollte Richieboy doch gar nicht wissen…
In Rockfords Hauptquartier wird dem Schurken ein mächtig vertrommener Kerl (eigentlich ein einziger Gipsverband von Kopf bis Fuß… man kann sagen, was man will, aber die Schläger sind echt rücksichtsvoll, wenn sie ihr Opfer nach Mißhandlung ordnungsgemäß verbinden). Der Typ ist angeblich ein Rockford schlecht gesonnener Schreiberling und außerdem der Attentäter (!! Scheint ein Anhänger eines eher praktisch veranlagten Journalismusstils zu sein. Hardcore-Wallraf). Unter diesen Umständen ist Rockford nicht ganz einsichtig, warum der Kerl ihn noch durch seine bloße Existenz belästigen kann: „Ihr werdet nachlässig!“ Langsam wird der Schuft wirklich schuftig.
Alison, die sich offensichtlich daran erinnert, dass der Plot ursächlich was damit zu tun hat, dass sie den Tod ihrer Schwester aufklären wollte, schnüffelt in der Klinik/Museum/Mama-Villa herum und beobachtet Mysteriöses – Mama und ein glatzköpfiger Bodyguard überwachen die Einlagerung von suspekten Weinkisten. Rockford ertappt sie dabei, ist ihr aber nicht böse, im Gegensatz zu seiner Mutter, die erneut einen hysterischen Rauswurf herausbrüllt.
Rocky ist wirlich schwer in Liebe entbrannt und bittet in einem Gewächshaus (?) Alison um Verständnis für sein zickiges Mütterlein. Das Gespräch wird von Michael (Ihr erinnert Euch düster?) beobachtet und belauscht. Alison signalisiert ihm, dass er nicht eingreifen soll (warum auch?).
Richard und sein Sidekick fahnden weiter – sie wissen zwar, dass der Killer für Tiger Wong arbeitet, haben aber nun wiederum keine Ahnung, wo man Tiger Wong auftreiben kann und sind summa summarum so schlau wie vorher. Also schnappen sie sich einen von Tigers kleinen Drogendealern – auf sanfte Drohung fällt dem Kleinkriminellen ein, dass Tiger ab und zu in seinem Haus beliefert wird. Wo ist das? „Das darf ich euch doch nicht sagen“, seufzt der Dealer ob so viel Unverständnis. WHACK! Leichte Schläge fördern schon immer das Denkvermögen und auch die Adresse von Tigers Hütte zu Tage: „Aber sagt nicht, dass ihr es von mir wißt!“
Alison und Rockford süffeln in seiner Kemenate in der Villa/Klinik/Protzbau/whatever Rotwein, doch der leckere Rebensaft (ein exquisiter 57er) geht alle. Rockford holt Nachschub aus dem Keller und stellt dabei fest, dass er auf Geheiß seiner Mum von seinen eigenen Bodyguards überwacht wird. Er stellt seine Mutter zur Rede – außerdem braucht er von ihr den Schlüssel für den supergeheimen Weinkeller -, muss sich das übliche Gedöns anhören und wird mit einem Buch beworfen (das Script kann´s nicht sein, dafür ist der Wälzer zu dick). Wir folgen Rocky in den Weinkeller, sehen ihn eine Pulle rausklauben und wieder zurück ins Zimmer latschen. Enorm aufregend. Alison wundert sich über die Wachtposten und Rocky freut sich, dass sie sich um seine Sicherheit Sorgen macht (hä? Sorgen täte sie sich doch eher machen, wenn KEINE Posten da wären). Sie bemerkt, dass er noch den Schlüsselbund mit dem Kellerschlüssel in Besitz hält. Rockford würde gern eine kleine Sexszene einschieben und wirft sich auf sie, was sie dazu nutzt, ihm den Schlüsselbund aus der Pyjama-Tasche zu mopsen und sich anschließend kurz auf die Toilette zu entschuldigen (man muss sich ja vorbereiten, Tampon rausnehmen etc. o.ä.). Rockford kann warten, denn „ich habe 30 Jahre auf diesen Moment gewartet!“ (Huch, noch Jungfrau?) Im Badezimmer entpuppt sich Alison als Cleverle und verlorengegangene Top-Agentin, alldieweil sie sofort und ohne Zögern einen Abdruck des bewußten Kellerschlüssels in einem Stück Seife fabriziert (hat die ein Glück, dass die Seife weich genug dafür ist). Indes stürmt wutentbrannt Mama das Schlafgemach und fordert laut krakeelend die Rückgabe des Schlüssels. Zum Glück für Alison entwickelt Rockford ein Aua in der lädierten Schulter, was ihr Gelegenheit bietet, den Schlüssel wieder zurück in seine Nachtrocktasche zu befördern, damit er ihn zurückgeben kann. Mama ist trotz der ordnungsgemäßen Schlüsselrückgabe zutiefst echauffiert, dass er hier mit Alison rummachen will und lässt den Spruch ab, den alle Freundinnen von Muttersöhnchen immer gerne hören: „Keine Frau der Welt kann deine Mutter ersetzen!“ (Hm, naja, mir fiele jetzt schon der ein oder andere Anlaß ein, bei dem ich lieber eine andere Frau als Mama an meiner Seite wüßte…), denn „abgelegte Schuhe schmeißt man weg!“ (Hä?) Im Gegensatz zu mir kapiert Alison die bösartige Beleidigung sofort: „Wenn andere Frauen alte Schuhe sind, was sind dann sie?“ Tja, der Spruch ist wohl per knallhartem Volley zurückgedroschen worden. Mama Rockford klinkt nun völlig aus und feuert aus ihrem offenbar bei Blofeld´s Onlineshop For Ambitious Supervillains (BOFAS) erworbenen Rollstuhl Pfeile (aus den Lehnen!) auf Alison (!!). So ´ne Geheimwaffe im Rolli ist zwar schön und gut, doch kann man damit nicht gut zielen und unsere Hauptdarstellerin bleibt uns erhalten. Rockford junior ist angemessen entsetzt und glaubt erkannt zu haben, dass seine Mama ihn nicht mehr liebt .“Nenn mich nicht Mama“, gröhlt Mama (Wie denn nu? Mutter darf er ja auch nicht sagen. „Alte Schachtel?“) und erneuert ihre Warnung, dass dieses Weib sein Untergang sein werde. Jaja, das Familienleben in Gangsterkreisen ist ein hartes.
Seltsamerweise scheint die kleine Episode auf die zarten Gefühle zwischen Rocky und Alison keine gesteigerten Auswirkungen zu haben, jedenfalls turteln die beiden in der nächsten Szene, als wenn nix gewesen wäre. Einen Einkaufsbummel nutzt Alison dazu, unbeobachtet Michael den Seifenabdruck des Schlüssels zuzustecken. Beinahe werden sie von Rockford ertappt, doch Michael greift sich geistesgegenwärtig eine herumstehende Verkäuferin und schmatzt ihr einen ungefragten Kuss auf die Lippen. „Ich beneide diese Spontanität“, seufzt Rockford, der Gefühlsechte.
Ehe wir´s vergessen, wir haben ja noch die neue Parallelhandlung. Richard findet tatsächlich den ominösen Tiger Wong. Tiger ist willig, über seine Zusammenarbeit mit Rockford auszupacken, aber das ist unserem Rächer völlig wurscht, er will nur den Killer, alles andere geht ihm komplett seitwärts am Rektum vorbei. Richard tut fieserweise so, als wäre er in offiziellem Bullenauftrag da und droht Tiger mit der Verhaftung. Tiger, der offensichtlich keine guten Anwälte an seiner Seite weiß, die Richard eine etwaige durchgeführte Festnahme aber so monumental um die Ohren hauen würde, dass der in seiner zukünftigen Karriere nicht mal mehr Knöllchen verteilen dürfte, knickt ein und identifiziert den Killer als einen gewissen „Frenchy“, der ihm ab und zu Koks liefere. Richard verlangt, zum nächsten Liefertermin eingeladen zu werden, stößt ein paar weitere allgemeine Drohungen aus und Tiger schluckt zutiefst beeindruckt vor sich hin.
Michael hat zwischenzeitlich einen Mr. Minit aufgesucht und den Schlüssel nachmachen lassen. Die Übergabe verläuft planmäßig – beim Betreten eines teuren Cafés (in das Alison Rockford lotsen sollte, denn „er kann sich das leisten“) drückt er ihr mirnix-dirnix einen Blumenstrauß in die Hand, in dem der Schlüssel versteckt ist. Sophisticated.
Am Abend wird im Hause Rockford im Kreise einiger Geschäftspartner o.ä. diniert. Madame Rockford macht zur Anwesenheit Alisons grummlige Miene, hält aber ihre Contenance. Unter einem Vorwand entschuldigt sich Alison und ventured mit dem Nachschlüssel in den geheimen Keller. Boy, ist das spannend. Im Weinkeller findet sich zu allgemeiner Überraschung jede Menge Wein in Flaschen. Hätte ich jetzt nicht gedacht. Betreiben die Rockfords das einträgliche und schwerkriminelle Geschäft der Weinschmuggelei? Gibt es eine internationale Weinmafia? Hey, ich bin stets bereit dazuzulernen… Blöderweise geht justament in dieser Sekunde an der Dinnertafel der Wein aus und Madame schickt Glatzenbodyguard zum Nachschub holen in den Keller, wo Alison gerade (versehentlich oder nicht? Who knows?) eine Pulle zerdeppert und dabei das schändliche Geheimnis enthüllt: in den Flaschen sind Drogen versteckt! Waah! (Ist es dann wirklich praktisch, wenn man die koksbefüllten Flaschen im gleichen Regal aufbewahrt wie die „echten“? Könnte bei Tisch doch mal ein böses Erwachen geben, wenn man die falsche Pulle köpft…). El Glatzo kümmt´s im Keller spanisch vor, er zückt sicherheitshalber seine Kanone. Alison, das zierliche Persönchen, kippt ein komplettes Weinregal auf den armen Kerl (der macht doch auch nur seinen Job). Das geht natürlich nicht ganz ohne Radau ab, der bis an die festliche Tafel nach oben durchdringt und die eh schon skeptische Hausherrin nicht fröhlicher stimmt. Glatzo ist von dem Regal nicht vollständig geplättet, sondern macht Anstalten, auf Alison loszugehen, ehe er zwei Schritte von ihr entfernt offensichtlich aus Altersschwäche o.ä. zusammenbricht und verscheidet.
Alison rennt nach oben und direkt in die versammelte und finstere Blicke um sich werfende Madame-Entourage. Jetzt zeigt sich, wer sich schnell auf veränderte Gegebenheiten einstellen kann. „Buaaah“; heult Alison, „der hat versucht, mich zu vergewaltigen!“ Mama Rockford glaubt das selbstredend nicht weiter, als sie Alison werfen kann (und weil sie im Rollstuhl ist, ist das nicht sehr weit), aber Junior ist mühelos auf die Palme gebracht. „Hurensöhne! Dreckskerle!“, herrscht er seine Bodyguards an, obwohl die streng genommen, selbst wenn Alisons Geschichte stimmen würden, ja gar nix dafür könnten. „Sie hat ihn umgebracht“, düstert Mama und ist sich sicher, dass Alison „zuviel weiß!“. Rocky jr. empfiehlt seiner Erzeugerin lautstark, ihre große Klappe zu halten, klemmt sich Alison unter den Arm und macht´n Abgang. D.h., das wäre die Idee, wenn Dumpfbacke Alison nicht in dem Moment der Nachschlüssel runterfallen würde. Oops!
Das wäre jetz natürlich ein großartiger Moment für Mama Rockford, triumphierend „ich hab´s doch gleich gesagt“ zu singen, aber sie befleißigt sich kaum für möglich gehaltener Zurückhaltung und murmelt nur: „Du weißt, was du zu tun hast“. Das kann kaum was angenehmes sein. Rockford packt seine Flamme in seine Karre und ist persönlich-menschlich enttäuscht (so wie mein Ex-Chef von mir. Passiert). Anders ausgedrückt, er versinkt in Selbstmitleid, da war der arme Kerl noch nie verliebt („Frauen hatte ich genug“, also zumindest doch keine Jungfrau mehr), und dann ist es so kurzlebig. Es ist schon eine Krux mit der Liebe. Die Reise führt zur bewußten Privatklinik derer von und zu Rockford, wo Alison von Pflegern übernommen und ihrem unerfreulichen Schicksal entgegengeschleppt wird. Bemerkenswert ist der Formationsflug-Auftritt der Killer Nurses from Hell (ein Triumvirat von Krankenschwestern im Gleichschritt. Cooler Entrance). Die um Hilfe kreischende Alison wird in ein Zwangsjäckchen gepackt und von Sandy in Empfang genommen. Da fällt es Alison wie Schuppen aus den Haaren – Sandy war doch Marys Freundin (oder Mabels, you geht the picture). „DU HAST MEINE SCHWESTER GETÖTET!“ (Mädel, das sagt man anders: „Mein Name ist Inigo Montoya. Du hast meinen Vater getötet. Jetzt werde ich dich töten!“ Das hat Stil! Nicht dieses hysterische Rumgeplärre). Sandy erinnert sich glatt an den besagten Fall, aber wer jetzt glauben würde, dass sie von plötzlichen Gewissensbissen geplagt einen kleinen Seitenwechsel vollziehen würde, sieht sich getäuscht. Klar, die gute Mary (oder Mabel) war unschuldig, aber ihr Lover hätte halt Rockford beschissen und für den Fall gilt die gute alte Sippenhaft, persönliches Pech. Demzufolge auch kein Mitleid für Alison – harte Zeiten erfordern halt harte Maßnahmen. Oder, wie es Sandy eloquent auszudrücken vermag: „Wo gehobelt wird, fallen Späne!“ Das beruhigt die arme Alison sicher ungemein. „Wenn man etwas weiß“, fährt Sandy fort, „muß man sterben!“ Diesbezüglich sind Rockfords gedungene Schergen aber wahre Umstandskrämer, denn anstelle unserer lieben Freundin eine Kugel in den Wanst zu jagen oder wenigstens ´ne tödliche Spritze zu verpassen, hat man erst ein bissl Spaß mit Elektrofolter. Und die Spritze, die sie dann abbekommt, scheint auch keine kurzfristige fatale Wirkung zu haben. Die legen´s drauf an, dass es nicht klappt, Leute.
Denn zur gleichen Zeit springt Michael schon wieder elegant an Wänden hoch (Superheld, elender), schnappt sich einen Wachtposten, verprügelt ihn und eignet sich widerrechtlich dessen Uniform an. Alison ist, wie gesagt, noch nicht tot, sondern nur etwas delirierend und mit der wenig angenehmen Gesellschaft diverser Bekloppter in den Nachbarbetten gesegnet (es scheint sich bei der Klinik um eine solche für Patienten mit geringfügigem Dachschaden zu handeln). Hinter einem Paravent murmelt es plötzlich „Alison“… die unerwartete Bekanntschaft ist Lily! Die ist auch noch nicht hinüber (ich sagt doch, Umstandskrämer!), dafür aber ziemlich gaga und mit einem Skalpell bewaffnet (man soll den Kram halt nicht überall rumliegen lassen). Was hat die zwangsverblödete Tante im Sinn? Mord? Kosmetische Chirurgie für Dummies? Oder gar eine Befreeiungsaktion? Zumindest schnippelt Lily eine von Alisons Handfesseln auf. Bevor sie aber weiteres veranlassen kann (sprich, z.B. uns verraten, ob sie Alison nun umbringen oder wirklich befreien will), taucht allerdings Michael auf, erledigt den Rest der Entfesselungsaktion und schubst Lily, die mit vorgehaltenem Skalpell auf ihn losgeht (warum auch immer) achtlos beiseite.
Auf der Flucht stellen sich unserem Pärchen ein paar Wärter in den Weg, so dass wir, das hatten wir schon gar nicht mehr erwartet, in den Genuss von drei Sekunden Action kommen. Zwei Kicks und ein von Alison, die dafür, dass sie fünf Sekunden vorher noch völlig drogenumnebelt herumtapste, wieder ziemlich fit ist, über den Kopf eines Wärters gedroschenes Tablett, schon sind die Feinde ausgeschaltet. Der Alarm geht trotzdem los. Aus unerfindlichen Gründen trennt das Paar sich, damit Alison drehbuchgemäß mit Sandy abrechnen kann. Die hat sich sicherheitshalber schon mit einem Schießprügel bewaffnet, gegen die mittelprächtig durchgeknallte Alison nützt ihr das jedoch recht wenig. Alison macht Randale, zerlegt systematisch den Behandlungsraum, in dem Sandy sich verschant hat und zerdeppert ein Glasregal, in dem ein paar gefüllte Spritzen rumlegen. Und eine davon greift sich unsere Heldin und dengelt sie malerisch in Sandys linke Brust (und die blutet sogar!). Sandy lässt die Knarre fallen, Alison bemächtigt sich der Waffe und ist bereit und willig, ihre Kontrahentin, sollte es nötig werden, zusätzlich noch zu erschießen, aber die Angepiekste, der die Spritze noch fröhlich in der Brust steckt, klappt tot zusammen, bevor bleihaltige Argumente nötig werden.
Michael kloppt sich zwischenzeitlich mit ein paar Wachtposten in einem Kühlraum, und damit wir von der Action auch was haben (schließlich war der Film bislang weitestgehend frei von ebensolcher), wird die gesamte Prügelszene in Zeitlupe zelebriert. Einer der unglückseligen Wachtposten wird von Michael auf einen Trafo-Kasten o.ä. geschubst und elektrokutiert. Auf de Vorplatz der Klinik wird Mikeyboy allerdings vom mittlerweile eingetroffenen Rockford unter Feuer genommen. Alison, zwei Stockwerke höher auf dem Balkon, wirft ihm die von Sandy erbeutete Wumme zu und Michael erledigt Rockford per Blattschuß. Mörderisch spannend war das.
Richard, den gibbet´s ooch noch, erhält dieweil Lautmeldung von Tiger, dass Frenchy sich angekündigt hat und bittet um „Schutz“. Da soll er sich mal keine Sorgen machen, meint Richard.
Schließen wir also, da wir langsam zum Ende kommen, die erste Storyline ab. Mama Rockford wird von einem Polizei- und Medienaufgebot wegen schändlicher Drogenhändlereien und Mord verhaftet, fühlt sich aber, typisch Megalomanin, komplett unschuldig und droht den ausführenden Exekutivorganen von Law & Order juristische Prügel an. Irgendwo im Hintergrund stehen auch Alison und Michael rum, wobei sich Alisons ganzkörperlicher Einsatz wohl herumgesprochen hat, jedenfalls wünscht ein aufdringlicher Reporter ein sofortiges Exklusivinterview. Alison ist unwillig, der Reporter hartnäckig, es kommt zu einem kleinen Tumult und Mama Rockford wird auf das Gedöns im Hintergrund aufmerksam. Als sie Alison erspäht, steht ihr der sprichwörtliche Schaum vom Mund – ein Fall für die Rollstuhllehnenpfeile! Sie feuert die Dinger ab, aber, sie zielt ungefähr so gut wie Anti-Stürmer Miro Klose zwei Meter vor dem Tor und trifft daher nicht Alison, sondern den (verdächtig ausgestopft aussehenden) Hintern des rasenden Reporters (ihrer Sache und Unschuldsbehauptung ist diese Aktion, vor ungefähr zwölfadrölfzig Zeugen, bestimmt ungeheuer dienlich)…
Okay, Showdown. In Tigers trauter Hütte handelt er mit Frenchy, der es in all den Tagen/Wochen/Monaten, die mittlerweile ins Land gezogen sind, nicht mal geschafft hat, den Tarnanzug zu wechseln, seine Drogendeals aus. Richard und sein Sidekick, die sich irgendwo im Nebenzimmer versteckt hatten, stürmen mit gezogenen Knarren und dem in seiner Legitimation zweifelhaften Ausruf „Polizei!“ herein. Frenchy schnappt sich sofort Tiger als Geisel (soviel zu Schutz und „keine Sorgen machen“) und schleppt ihn in in die oberen Etagen der Wohnung (als ob jemals jemand entkommen wäre, der nach OBEN flüchtet. Alte Slasher-Grundregel, auch auf Actionfilme analog anwendbar). Richard und der Namenlose folgen, brechen diverse verschlossene Türen auf usw. Sidekick kickt auch gerade mal eine Tür auf und erschießt, eher versehentlich, aber das nützt dem armen Opfer auch nichts mehr, Tiger. Kleine Sünden straft der liebe Gott sofort, denn Frenchy nietet den Sidekick um (was der nun von der ganzen Angelegenheit hatte bzw. warum er überhaupt Richard zur Seite stand, gehört zu den Mysterien des Universums, die bis zum Hitzetod des letztgenannten ungeklärt beliben werden). Richard verfällt auf einen hundsgemeinen Plan… er klaut die Wumme seines Sidekicks und entfernt alle Patronen daraus, während Frenchy sich hinter einem Sofa verschanzt. Richard kuckt um die Ecke und „feuert“ mit der leeren Waffe, womit für Frenchy der Eindruck entstehen muss, Dummbratz Richard hätte sein Pulver verschossen. Mit dem angemessenen hämischen Grinsen wagt Frenchy sich aus seiner Deckung, Richard zückt seine richtige Waffe und ballert, hübsch zwischengeschnitten mit Flashbacks zur Sexszene und dem Mord an Claire, auf den reingefallenen Killer. Lai-Film-üblich endet der Film mit einem Freeze-Frame…
Bewertung
So, das wäre also ein „rarer“ Lai gewesen. Was sagen wir nun dazu (und ja, ich werde die Nachbetrachtung heute relativ kurz halten, weil mir so arg viel neues, was ich analytisch dazu von mir geben könnte, auch nicht einfällt)? Inferno Thunderbolt (von allen „Thunderbolt“-Titeln garantiert der am blödesten klingende) ist ein verhältnismäßig geradliniger Thriller mit sehr wenig Action, praktisch keiner Interaktion zwischen den Handlungssträngen und damit natürlich nicht halb so hysterisch-komisch wie die kurioseren Filmbastarde wie Crackdown Mission und Co. Wer also nur nach Partykompatibilität einkauft, sollte zu anderen Titeln aus dem Lai´schen Ouevre greifen, da hat man, rein promilletechnisch, mehr davon.
Aus, hüstel, filmhistorischen Gründen ist Inferno Thunderbolt aber durchaus interessant, denn es ist ansatzweise der Beweis dafür, dass so eine Filmmischpoke unter gewissen glücklichen Umständen, unter fähigen Händen und mit ein wenig Sorgfalt ausgeführt, fast funktionieren könnte, denn im Gegensatz zu den meisten anderen Schnippelfix-Jobs aus der IFD-Werkstatt sieht das Endresultat nicht nur beinahe aus wie ein FILM, sondern auch beinahe wie EIN Film (ich hoffe, die Kapitalisierung verdeutlicht, welchen Punkt ich zu machen gedenke). Es sieht so aus, als wäre der Film für Lais obskure Schmiede sowas wie ein Prestigeprojekt gewesen, über das man sich sogar sowas ähnliches wie Gedanken gemacht haben könnte.
Das Script funktioniert nämlich nicht nach den schlichten vorhersehbaren (und von mir an anderer Stelle ausgiebig gewürdigten) Mechanismen des typischen Lai-Films (ich rede jetzt exklusiv von den neu gedrehten Szenen). In der ersten Filmhälfte laufen die beiden Handlungsstränge gleichberechtigt nebeneinander – anstelle den üblichen im Fünfzehn-Minuten-Takt in die Handlung geschnittenen Kampfszenen erfahren wir tatsächlich etwas Background über den Protagonisten des neuen Materials, haben dort sogar Charakter- und Liebesszenen, es droht sich sogar so etwas wie ein Plot zu entwickeln (und zur handwerklichen Seite komme ich gleich noch). Als unbelasteter Zuschauer, der über die Art und Weise der Herstellung dieser Art Filme nichts weiß, könnte man tatsächlich auf die Idee kommen, die beiden Plotebenen könnten sich schlußendlich noch glatt zu einem schlüssigen Ganzen entwickeln (auch daher, weil der „alte“ Film auch vom Look und Alter her zum neuen Material passt). Offensichtlich erkannten die „Filmemacher“ allerdings, dass sie sich mit diesem Approach konsequent in eine Sackgasse verrennen würden (denn wie wollten sie es schon anstellen, ein schlüssiges Finale zu drehen, wenn man mit fremdem Material arbeitet), und warfen ihn folgerichtig ungefähr zur Halbzeitmarke über Bord, das kann man ungefähr an dem Punkt festmachen, an dem Richard sich seine illegale Knarre kauft und beginnt, nach dem Killer zu fahnden. Von nun an übernimmt die alte Plotlinie deutlich die Überhand und es gibt nur noch kleinere und beinahe stets nach dem selben Muster ablaufende Episödchen mit Richard (er greift sich einen Informanten, hält ihm das Foto unter die Nase und droht im Prügel an) – die kleine Geschichte im Mah-Jongg-Club mit der lustigen Sexszene ist da noch der Ausreißer nach oben, aber bis zum Showdown tut sich im „neuen“ Material dann nicht mehr viel berichtenswertes. Der Showdown selbst ist dank des zugegeben recht witzigen Tricks unseres Helden zwar recht unspektakulär, aber zumindest recht spaßig anzusehen.
Der Quellfilm, ersichtlich ein Revenge-Thriller eigentlich herkömmlichen Zuschnitts, hat glücklicherweise sein eigenes Sammelsurium an schrägen Ideen, um einen soliden Entertainment Value zu gewährleisten. Der pfeileverschießende Rollstuhl, der eigentlich eher in den Haushalt eines gepflegten Comic-Superschurken gehört, die Klinik, in der sich die Schurken ihre lästigen Feinde unter Drogenanwendung und Elektrofolter gefügig machen, könnte auch ein bissl Sleaze ins Spiel bringen, wenn der ursprüngliche Streifen nicht lästig prüde und in Sachen Nudity geizen würde, die bizarre Mutter-Sohn-Beziehung im Rockford-Clan, der aus dem Hut gezauberte Held Michael mit seinen ungeahnten Wandklettererfähigkeiten und natürlich, immer wieder gern gesehen, ein Schlammringkampf, das sind einige Elemente, die dem Trashfan ans Herz wachsen sollten. Problematisch am Urfilm (oder an der Lai-verantworteten Umsynchronisierung) ist die Unübersichtlichkeit, was Charakternamen angeht – mein Alison/Mabel/Mary-Dilemma hab ich Euch ja oben ausgiebig geschildert…
Als hinderlich für ungetrübtes Trashfilmvergnügen erweist sich allerdings die beinahe vollständige Abwesenheit von Action und das insgesamt eher mäßige Tempo, das vor allem der Originalfilm anschlägt (in der ersten Hälfte des neuen Materials tut sich ja zumindest das eine oder andere). Der Quellfilm versucht, von Suspense zu leben, was ihm durch die Verhackstückung seitens der Lai-Bande verständlicherweise mißlingt (und auch seine eigenen Ideen zur Suspense-Erzeugung meist nicht wirklich die besten sind, siehe z.B. die diversen „Spannungssequenzen“ um den ominösen Weinkeller). An Action bleibt im Quellfilm daher nicht mehr als zwei-drei recht kurze Kung-fu-Sequenzen und der Schlammringkampf, wenn man den den mitrechnen möchte (allerdings fungiert der teilweise auch als Hintergrundberieselug). Auch im neuen Material ist mit Action nicht wirklich stark zu rechnen – da bieten die erwähnten anderweitigen Lai-Epen schon mehr, da sich das hiesige neue Material eben auf die oben geschilderte Fragerei nach dem Killer erschöpft. Allerdings hat das neu gedrehte Zeug zumindest den recht sadistisch inszenierten Mord an Claire (Ihr werdet zugeben, jemanden und noch dazu eine schwache Frau, hüstel, mit einer Kette totzuprügeln, ist nicht gerade die sympathischte Art und Weise, jemanden ins Jenseits zu befördern… und es scheint dem Killer ja richtig Spaß zu machen) und eine Sexszene, die an nackten Tatsachen nicht geizt, ohne wirklich explizit zu werden. Im Showdown wird dann auch endlich ein bißchen geballert (aber auch nicht viel, dafür, dass Klappentext und Cover die Riesenwumme des „Helden“ so ausführlich in den Mittelpunkt rücken).
Überraschendes gibt´s auch vom handwerklichen Gesichtspunkt aus zu bemerken. Gut, der „alte“ Film ist verhältnismäßig konventionell gefilmt und versprüht den spröden Charme einer typischen HK-Billigproduktion, lediglich der Kampf im Kühlraum versucht dank blauer Neonbeleuchtung und massivem Slow-Mo-Einsatz ein wenig Style zu verbreiten. Nein, überraschend ist die Qualität des neu gedrehten Materials. Da sind wir ja (auch von Godfrey Ho, der ja etliche dieser Jobs zu verantworten hat) eigentlich gewohnt, dass das neu gedrehte Material mal eben an einem halben Nachmittag an öffentlich zugänglichen Stellen, für die man nicht etwa eine Drehgenehmigung o.ä. brauchte und der ein oder anderen Privatwohnung, hingerotzt wurde und dann auch in etwa so aussah wie eine etwas ambitioniertere Schnaas-Produktion. Nicht so in Inferno Thunderbolt. Ich weiß nicht (aber es spricht einiges dafür), ob das daran liegt, dass Lai mit Richard Harrison einen „internationalen Star“ nach Hongkong gelotst hatte, den man nicht einfach in die Landschaft stellen oder in einen Bretterverschlag hocken konnte (wie Mike Abbott), sondern ihm zumindest vorgaukeln musste, dass er in einem Richtigen FilmTM mitspielen würde, aber abgesehen von einigen Szenen in der zweiten Filmhälfte, in der doch wieder in Parks und an Piers gedreht wurde (zumindest mal aber der guten Abwechslung wegen mal an anderen als sonst immer), das sieht teilweise nach richtigen production values aus und ist vor allem ziemlich gut gefilmt. Besonders die Sexszene zwischen Richard und Claire bringt bislang ungeahntes ästhetisches Empfinden seitens Godfrey Ho ans Licht, das sieht aus wie Kino (staun!) und schlägt so manchen vermeintlich auf Erotik getrimmten Softcorestreifen. Das ist bei Lai-Filmpuzzles zugegeben selten – die neuen Szenen sehen besser aus als die des Quellmaterials…
Erfreulich für Soundtrack-Experten gestaltet sich wieder einmal die Jagd danach, die meisten geklauten Score-Fetzen wiederzuerkennen, denn in liebgewordener Gewohnheit hat Musical Director Stephen Tsang in Hollywoods CD-Sammlung gewildert und alles, was ihm an passenden und unpassenden Themes vor die Flinte lief, eingebaut. Stellenweise klingt das sogar, als wär´s für den Film geschrieben worden…
Ein unbestreitbarer objektiver Vorteil von Inferno Thunderbolt gegenüber den sonstigen Lai-Filmen ist selbstredend der Hauptdarsteller. Mit Richard Harrison wurde jemand verpflichtet, der jetzt vielleicht nicht die ganz große Nummer ist, der man gern einen Oscar für´s Lebenswerk an die Rübe donnern würde, aber zumindest einer, der weiß, was er tut, wenn er vor einer Kamera steht und damit den üblichen Schnarchzapfen, Trübtassen und Volldebilen wie Action-Gott Hans Haraldser, Pierre Kirby, Brent Gilbert, Frank Juhasz oder Edowan Bersmea um Lichtjahre voraus ist. Harrison muss wirklich geglaubt haben, für ein ernsthaftes, respektables Unternehmen vor der Kamera gestanden zu haben, denn er befleißigt sich wirklich des Schauspiels (speziell natürlich in den Szenen, in denen´s für ihn was zum Schauspielen gibt, nominell also in der ersten Filmhälfte). Harrison, der heutzutage auf Joseph Lai verständlicherweise nicht wirklich gut zu sprechen ist, geriert sich als echter Profi, der nicht nur den Gagenscheck eingelöst hat und seine Auftritte schlafwandelt, sondern der versucht, mit dem, was er drehbuchseitig vorgesetzt bekam (wobei mich sein shooting script und vor allem das, was da drin stand, schon interessieren würde) ernsthaft zu arbeiten.
Was dem Film fehlt, ist ein Harrison würdiger Gegenspieler (wie z.B. Mike Abbott, hehe). Pierre Tremblay strahlt trotz modischem Tarnanzug und ausgeprägter sadistischer Ader die Gefärlichkeit eines Teletubbies aus und ist bar jeder Screenpräsenz. Claire Angel (ob die wirklich AngeL heißt oder vielleicht AngeZ, kann ich nicht verifizieren, da sind die Credits abgeschnitten…) zieht sich als Richards Eheweib solide aus der Affäre.
Die darstellerischen Leistungen im ursprünglichen Film entsprechen denen des schon vergleichsweise herangezogenen typischen HK-Schnellschusses – also nicht wirklich der Rede wert. Fonda Lynn (ob die wirklich so heißt?) taut als rachehungrige Schwester erst im Schlußakt auf, davor ist sie mir zu brav (sicher auch eine Schwäche des Urscripts, das phasenweise völlig zu vergessen scheint, weswegen Alison überhaupt bei Rockford anbandelt), der Darsteller des Rockford ist mir als Muttersöhnchen glaubhafter als als knallharter Unterweltboß und sieht bewährt schwuchtelig aus. Angemessen fies agiert die Darstellerin der Sandy.
Ein DVD-Release dieses Streifens ist kaum zu erwarten – ob´s überhaupt noch ein Master gibt, möchte ich stark bezweifeln und auch im gelobten Lande USA werden VHS-Tapes nur zu Preisen ab 50 Dollar aufwärts angeboten (da hab ich ja ein richtiges Schnäppchen gemacht). Somit dürfte das Gloria-Verleihtape von 1986 die einzige überhaupt gangbare Möglichkeit sein, diesen Streifen der Sammlung hinzuzufügen. Mit meinem Tape hab ich wohl einen echten Glücksgriff gemacht, denn oft ausgeliehen wurde es wohl nicht (warum nur?) – kaum Abnutzungserscheinungen… Die Bildqualität ist dabei souverän – der Streifen wird in Widescreen vorgelegt (allerdings nicht im korrekten Aspect Ratio, da fehlt links und rechts schon noch ein Stückchen), das Bild ist für VHS angemessen scharf, lediglich in den Nachtszenen mangelt´s an Kontrast, aber das wird wohl schon auf´m Master nicht besser gewesen sein. Die Tonqualität ist auch gut anhörbar, kurzum, sollte Best Entertainment wider Erwarten an einem Release interessiert sein, ich stelle meine Cassette gern als Master zur Verfügung – das Endprodukt sollte dann besser aussehen als 99,5 % aller bisherigen Lai-DVD-Releases. Rein grundsätzlich spricht also nichts gegen die Anschaffung der Cassette, so sie einem am Gebrauchtgrabbeltisch der Stammvideothek oder auf´ner Börse oder im Internet (so ein böser Schelm sie als FSK 16+2 bei eBay verhökert) über den Weg läuft.
Womit schließen wir also diese tiefschürfende Betrachtung? Eigentlich am besten mit einer Wiederholung des einleitenden Absatzes dieser Analyse. Inferno Thunderbolt ist kein Partyfilm, dafür ist der Streifen zu rund, nimmt sich selbst zu ernst, hat zu wenig unfreiwillige Komik und fürs flockige Gute-Laune-Ankucken störende Abwesenheit von Action zu verzeichnen. Das macht ihn für Einsteiger ins Subgenre der Lai-Filmkannibalisierungen entweder ideal, da das Endprodukt verdächtig nach echtem Film aussieht (aber da wird sich der geneigte Newbie fragen, was das besondere daran sein soll) oder völlig ungeeignet, da ihm die hirnerschütternde Debilität und Unfähigkeit der späteren Verhackstückungen a la Red Heat Conspiracy, High Sky Mission und wie sie alle heißen, abgeht. Hardcore-Lai-Enthusiasten brauchen den Film natürlich trotzdem – schließlich ist es einer der technisch überzeugendsten Godfrey-Ho-Pattex-Jobs und ist allein daher „filmhistorisch gesehen“ interessant. Auf meinen nächsten Harrison-Lai-Film bin ich schon gespannt…
(c) 2005 Dr. Acula
BOMBEN-Skala: 6
BIER-Skala: 5
Review verfasst am: 01.03.2005