Incoming

 
  • Deutscher Titel: Incoming
  • Original-Titel: Incoming
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  • Regie: Eric Zaragoza
  • Land: USA/Serbien
  • Jahr: 2018
  • Darsteller:

    Scott Adkins (Reiser), Aaron McCusker (Bridges), Michelle Lehane (Dr. Stone), Vahidin Prelic (Argun), Lukas Loughran (Kingsley), Alaa Safi (Idris), Milan Kovacevic (Kunta), Arkie Reece (Doku), Vlademir Aleksic (Eibek), Milan Jovanovic (Bolat), James McCallum (Alex), Dominic Power (Hemmings)


Vorwort

Eine radikale Terrororganisation namens „Wolfpack“ macht sich ein Späßchen draus, zur Durchsetzung ihrer (nie genannten) Ziele diverse internationale Wahrzeichen zu sprengen, so z.B. gerade eben Big Ben in London, unter geflissentlicher Akzeptanz erheblicher Kollateralschäden. Den diversen Gesetzeshüterbrigaden, die für die Unterbindung solchen Unfugs zuständig sind, gelingt es, ein halbes Dutzend Mitglieder der oberen Führungsebene des Wolfpacks dingfest zu machen, nicht aber ihren mysteriösen Anführer „Alpha“. Man verfällt auf eine nicht besonders rechtsstaatliche Idee…

Fünf Jahre später versucht der britische Agent Kingsley immer noch vergeblich, den sechs Gefangenen an Bord der von einem internationalen Nationenkonglomerat finanzierten und ausgerüsteten Raumstation „Hammer“ die Identität und den Aufenthaltsort Alphas aus der Nase zu ziehen, dies mit Hilfe psychologischer (Beschallung mit Death Metal) und eher handgreiflich-physischer Folter und ansonsten ständiger Isolation. Die sechs Gefangenen wissen nicht, dass sie sich im Weltraum befinden, und keiner der sechs weiß von den anderen fünf. Kingsley, der die Raumstation und die gesamte Verhörmethodik selbst erfunden hat, muss aber langsam Resultate liefern und kann auch nicht verhindern, dass die Amerikaner ein Inspektionsteam vorbei schicken, bestehend aus dem CIA-Spezialisten Reiser und der Ärztin Dr. Stone. Shuttlepilot Bridges bringt die Yankees auf die Station, wo Stone zunächst mal den Terroristen Argun, den Kingsley für den hält, den er demnächst knacken wird, auf den Untersuchungstisch bekommt. Stone ist entsetzt ob des psychischen und physischen Zustands des Gefolterten, der auch zu Protokoll gibt, in seiner Zelle eine Liste aller ihm angediehenen Foltermethoden zu haben.

Auch Reiser ist nicht gerade begeistert von Kingsleys Methoden und gibt zu verstehen, dass er einen entsprechenden Bericht Stones kraft eigener Wassersuppe bestätigen werde, womit Kingsleys Tage als Solo-Folterknecht in der Umlaufbahn gezählt sein dürften. Stone ist allerdings ein wenig naiv und schleicht sich heimlich in Arguns Zelle, um die bewusste Liste zu apportieren. Dabei gelingt es Argun, der nicht halb so schlecht beinander ist wie er Stone aufgebunden hat, die Ärztin zu überwältigen und seine Kameraden zu befreien.

Nach einem ersten größeren Handgemenge haben die Terroristen die Station im Griff, Reiser, Kingsley, Bridges und Stone haben sich waffenlos im Zellenblock verschanzt. Nun ist die Situation schon unerfreulich genug, aber Bridges erkennt, dass Reiser ein Geheimnis verbirgt. Reiser packt aus – die Amis wissen schon seit über drei Jahren, dass Argun Alpha ist, Kingsleys zweifelhafte Arbeit ist also schon seit geraumer Zeit für die Katz. Um eine öffentlche Blamage für die sechs federführenden Nationen zu vermeiden, wäre den Amis also recht gewesen, wenn Stones Folter-Bericht das Hammer-Projekt beendet und Kingsley nebst seinen britischen Landsleuten als Sündenbock dienen könnte (no, I don’t get it either).

In seiner Ehre gekränkt startet Kingsley einen verzweifelten Ein-Mann-Feldzug gegen die Terroristen, der erwartungsgemäß damit endet, dass er von den rachedurstigen Knackis zu Klump geschlagen wird. Bis dem Terroristen Idris nach der Erkenntnis, dass man sich im Weltraum befindet, eine göttliche Eingebung kommt – die Raumstation kann man doch auch als Waffe verwenden und einer großen Hauptstadt, z.B. Moskau, auf den Kopf fallen lassen. Zwar verfügt die Station über keinen Antrieb, aber noch ist ja das Shuttle angedockt, und zufälligerweise hat Idris im Zuge seiner Terrorausbildung auch die russische Raumfahrtschule in Star City absolviert und kann das Ding fliegen! Von Kingsley ist keine Gegenwehr zu erwarten, aber was sollen ein CIA-Mann ohne Waffen, ein Shuttlepilot ohne Kampferfahrung und eine Ärztin gegen ein Rudel Fanatiker, für die der Tod kein Ausschlusskriterium ist, ausrichten?


Inhalt

Ich hatte ja die Hoffnung, dass Scott Adkins noch den Sprung in, naja, sagen wir zumindest die Jason-Statham-Liga der Action-Superstars schafft. Sieht wohl nicht so aus, denn trotz einer umfänglichen Fanschar, nicht zuletzt rekrutiert durch die „Undisputed“-Reihe, veschleißt sich Scotty noch immer in rasch im Ostblock oder Asien heruntergekurbelten DTV-Kloppern. Das muss nicht immer schlecht sein („Hard Target 2“ oder der Florentine-dirigierte „Close Range“ sind ja solide Actionbretter geworden), aber es lässt sich halt nicht wegdiskutieren, dass Adkins akut seine Seele an die DTV-Hütte XLRATOR verpachtet hat und deren Geschäftsmodell lässt besseres als „solides Actionbrett“ nicht zu und, noch’n naja, „solides Actionbrett“ ist dann auch die obere Latte, die Filme dieses Zuschnittes nehmen können.

Ich geb nun andererseits gerne zu, dass ich nichts gegen mehr Scott-Adkins-Filme habe, aber anstelle drei-vier mittelprächtiger Heuler wäre mir ein richtig guter Film pro Jahr ja auch schon wieder genug. Statt dessen habe ich hier „Incoming“ vor mir liegen, einen mit erkennbar mickrigem Budget gedrehten SF-Actioner, der so oder ähnlich auch vor dreißig Jahren mit Richard Norton oder Gary Daniels hätte gedreht werden können. Ich will den Streifen gar nicht erst mit einem eigentlich auf der Hand liegenden „Lockout“-Vergleich adeln – gehe ich mal rein nach dem, was sich an production values auf die Mattscheibe verirrt, ist „Incoming“ eher ein Rückschritt für Adkins, da wirken selbst die billigen Nu-Image-Ballerschlocker, in denen auch Adkins seine Karriere begann, epischer. Aber vielleicht täuscht ja der erste Eindruck…

Dass das Drehbuch erst mal nicht der Rede wert ist, überrascht nicht – für Jorge Saralegui ist es das erste Filmscript, bislang verdiente er seine Brötchen als Producer und war u.a. für großartige Filmgemmen wie „Red Planet“, „Queen of the Damned“, „The Time Machine“ oder „The Midnight Meat Train“ verantwortlich (allesamt schon ne Nummer größer als „Incoming“), an der Story werkelten noch die hiesigen Produzenten Rick Benattar („Die Liga der außergewöhnlichen Gentlemen“, „Shoot ‚em Up“, „Lost Boys 2“) und Nigel Thomas („Outpost: Black Sun“, „Dread“, „Book of Blood“, „Cargo“) mit. Große Filmkunst haben die Herren also noch nicht wirklich auf dem Kerbholz, und die feine Story-Klinge wurde in ihrem Werken auch nicht geschwungen. Kein Wunder, dass „Incoming“ sich eher auf bewährte Versatzstücke verlässt als auf eigene Ideen. Die Plotte vom Geheimgefängnis und der Gefangenenrevolte ist nicht neu, nur etwas dümmer als in den meisten anderen Genrevertretern – warum sollte man x Milliarden Dollar/Euro/Rubel in Bau und Erhalt eines Weltraumgefängnisses für SECHS Terroristen stecken, wenn die ganze Chose deckungsgleich und wesentlich günstiger irgendwo in der Wüste Gobi, der Antarktis oder auf einem Korallenriff in der Südsee veranstaltet werden könnte? Hielte man die Gefangenen in einer Jurte in der Taiga fest, bestünde auch keine Gefahr, dass die Terroristen aus dem Gefängnis selbst eine Superwaffe improvisieren könnten…

Schon die Prämisse ist also dämlich, aber das, was darauf aufgebaut wird, ist wahlweise dümmer oder komplett unverständlich. Reisers Rolle (und die der Amerikaner an und für sich) z.B. habe ich nicht durchschaut. Ich reime mir zusammen, dass das Script darauf hinauswill, dass die Betreuung der Weltraumstation zum ersten Mal eine weitgehend reibungsfreie Zusammenarbeit der Großmächte (in diesem Fall USA, Russland, China, Frankreich, Großbritannien und eine ungenannte sechste Nation) zustande gebracht hat und dieses fragile Konstrukt dadurch zum Einsturz gebracht werden können, kämen jetzt die amerikanischen Erkenntnisse, dass Alpha sich längst im Gewahrsam befindet – und die ausgegebenen angesprochenen Milliarden genauso gut im Klo runtergespült hätten werden können, ans Licht (nicht, dass der Film Hinweise in diese Richtung geben würde). Warum der Weg zur Gesichtswahrung für die USA darüber führen muss, dass Stone in einem Bericht Kingsleys Foltermethoden anprangert (was glauben die, wie er die Terroristen verhört? Mit Zuckerlis und Fernsehverboten?) und damit die Briten diskreditiert, ist mir ein mittleres Rätsel (warum nicht einfach abwarten, ob Kingsley irgendwann mal Erfolg hat, Argun als Alpha identifiziert und alle nach Hause gehen können?), und erst recht,warum (SPOILER) Reiser sich im Showdown gegen Bridges und Stone stellt und offenkundig versucht, den Absturz der Station auf Moskau geschehen zu lassen (obschon er selbst vorher erklärt hat, dass das vermutlich den dritten Weltkrieg auslösen würde). Macht ungefähr so viel Sinn wie ein typischer Big-Show-Heel-Turn in der WWE (für die Wrestlingfans unter meinen Lesern). Da scheint der Hund wohl ein oder zwei Seiten Charakter-Background aus dem Script gefressen zu haben. Auf den Seiten stand wahrscheinlich auch, was das „Wolfpack“ eigentlich will – irgendwelche konkreten Ziele jedenfalls werden im Film nicht angesprochen, sie sind Fanatiker, gut ausgebildet, todesbereit und gewillt, die Welt brennen zu sehen, aber warum? Wofür? Für den Glauben? Für Macht? Kohle? Ein hingeworfener Nebensatz identifiziert die Gruppe als Tschetschenen, aber warum haben sie’s dann auf die ganze Welt abgesehen, wenn der traditionelle Feind tschetschenischer Terroristen nun mal der Russe an und für sich ist (immerhin – das erklärt das Angriffsziel Moskau).

Normalerweise würde ich mir ja bei einem DTV-Heuler wie seine Macher nicht den ganz großen Kopp über die Sinnhaftigkeit der ganzen Unternehmung machen, aber „Incoming“ ist nun mal kein Nonstop-Actionfilm (für einen Scott-Adkins-Film hält er sich in Sachen Action- und Kampfszenen ziemlich zurück), und das heißt zwangsläufig, dass man sich als Zuschauer geradezu genötigt wird, der Handlung zu folgen, und wenn die keinen Meter Feldweg weit Sinn macht, stört das halt in einem solchen Fall mehr als beispielsweise bei „The Raid“. „Incoming“ macht sogar den Kardinalfehler, dass ein Eingreifen seiner Helden im Showdown eigentlich überhaupt nicht nötig wäre, weil die Russen, nicht ganz blöde, die Raumstation vor dem Absturz mit einer Rakete in den Orkus jagen. Die aufgebauten Stakes sind also, bei nochmaliger Durchsicht, überhaupt nicht existent – Bridges und Stone hätten einfach nur versuchen müssen, das Shuttle abzukoppeln und sich damit in Sicherheit zu bringen, während die Russen die Station vernichten (jajaja, Kommunikationssysteme ausgefallen blabla, aber auch ein drittklassiger Shuttlechauffeur und eine Ärztin in ehemaligen Navy-Diensten könnten auf die Idee kommen, dass die Russen nicht tatenlos zukucken, wenn man eine Raumstation auf ihre Hauptstadt schmeißt).

Immerhin – auch wenn’s im Filmkontext keinen Sinn ergibt, wirft der Heel-Turn Reisers wenigstens einen unerwarteten Stock in die Speichen des formularhaften Scripts, auch wenn’s ein Twist um des Twists Willen ist.

Regisseur Eric Zaragoza, der seinen ersten Langfilm vorlegt und seine Miete bis dato als assistant director (u.a. bei „Jersey Shore Massacre“) bezahlt hat, erweist sich nicht gerade als neuer leuchtender Stern am B-Action-Director-Himmel. In den Charakter- und Dialogszenen fällt ihm nicht viel ein, um den Film (der sowieso nicht viel an Hinkuckenswertem bietet) interessant zu gestalten und die Actionszenen… well, wir alle wissen, was Scott Adkins kann, aber die Choreographie noch die Action-Fotografie bringen ihn wirklich zur Geltung – womöglich das Problem der Arbeit mit einer primär serbischen Crew (in Serbien wurde gedreht und praktisch alles Personal wurde vor Ort rekrutiert), das hier bessere Ergebnisse verhindert, aber man kann halt auch nichts schönreden, was objektiv nicht viel taugt. Der Billig-Look des Weltraumgefängnisses bringt auch wenig Glanz und Gloria ins Spiel – das sah bei Fred Olen Ray in „Star Slammer“ auch nicht schlechter aus (eher besser), auch die Kostüme sind recht einfallslos. Die CGI-Effekte für die Weltraumszenen sind zweckmäßig, aber eben auch nicht mehr (und auch, bis auf den großen Effekt im Finale, nicht wirklich wichtig).

Der Streifen macht sich mit einer (ausnahmsweise mal „echten“) FSK-18-Freigabe an die Gorehounds ran, aber abgesehen von einer Splatterszene und ein paar ruppigeren Messereinlagen ist badet „Incoming“ auch nicht gerade in blood’n’guts. FSK 16 wäre m.E. durchaus vertretbar.

Wenden wir uns dem Thema Schauspielerei zu… Scott Adkins tut, was er kann. Der größte Schauspieler aller Zeiten wird er nicht mehr werden, so einen undurchschaubar-zwielichtigen Typen wie Reiser bekommt er allerdings locker hin. Leider unterfüttert das Script den Charakter eben nicht, so dass Adkins‘ Bemühungen weitgehend wirkungslos bleiben. Aaron McCusker („Shameless“, „Bohemian Rhapsody“) ist als everyman, der in eine Extremsituation geschleudert wird, nicht sonderlich glaubwürdig, viel zu schnell wird aus dem harmlosen Piloten ein harter Kämpfer. Michelle Lehane („Maze“) ist okay als Dr. Stone, Lukas Loughran („Krypton“) als Kingsley ein angemessen hassenswertes Arschloch. Der Serbe Vahidin Prelic („Apocalypse of the Living Dead“, „Schwert der Rache“) ist als Argun überraschend effektiv, auch wenn ihm natürlich ebenfalls etwas mehr Unterstützung vom Drehbuch zu wünschen gewesen wäre. Der französische Martial-Arts-Champion Alaa Safi („Doctor Strange“, „Armour of God – Chinese Zodiac“) hat als Idris nicht sonderlich viele Möglichkeiten, seine Kampfkunstfähigkeiten in die Waagschale zu werfen. Milorad Kapor, ein weiterer Serbe als Wolfpack-Terrorist, war witzigerweise auch in „Lockout“ am Start (und in „Skyfall“), einen weiteren der Terroristen mimt der serbische Strongman Milan Jovanovic.

Die DVD von Spirit Media im WVG-Vertrieb bringt den Film in gutem 2.35:1-Widescreen (anamorph) und mit deutschem und englischen Ton (DD 5.1). Die deutsche Synchro ist recht gut ausgefallen. Als Bonusmaterial gibt’s den Trailer, eine Galerie mit Szenenfotos sowie zwei weitere Galerien mit Behind-the-Scenes- und Setfotos.

„Scott Adkins in Space“ ist ein Konzept, hinter das ich mich durchaus stellen kann, aber „Incoming“ macht leider zu wenig richtig, um mehr als auch dem kleinster-gemeinsamer-Nenner-Level zu unterhalten. Der billige Look, die einerseits althergebrachte, dafür aber konfus erzählte Geschichte und die eher unterwältigenden Kampfszenen verurteilen „Incoming“ zu einem Schicksal auf Nachtsendeplätzen undiskriminierender notleidender Kabelsender, der Adkins-Fan kommt mit „Close Range“, „Pay Day“ oder „Hard Target 2“ wesentlich mehr auf seine Kosten.

© 2018 Dr. Acula


BOMBEN-Skala: 7

BIER-Skala: 4


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