Im Feuer des Drachen

 
  • Deutscher Titel: Im Feuer des Drachen
  • Original-Titel: Dragon Fire
  •  
  • Regie: Rick Jacobson
  • Land: USA
  • Jahr: 1993
  • Darsteller:

    Dominick LaBanca (Laker Powers), Pamela Pond (Marta), Kisu (Slick), Harold Hazeldine (Eddie), Charles Phillip Moore (Low-Ball), Michael Blanks (Ahmed Mustafa), Dennis Keiffer (Johnny Powers), Roy Boesch (Offizieller), Manuel Luben (Manolo), Randall Shiro Ideishi (Li), Richard Fuller (Hulk/“Der Koloss“), John Arthur (Black Ice), Vaj Mijailovic (Morales), Rae Manzon (Kemal), Jonathan Winfrey, Jim Wynorski


Vorwort

In naher Zukunft ist die Erde mal wieder weitgehend vor die Hunde gegangen, wer sich’s irgendwie leisten kann, lebt auf den schicken Orbitalstationen, so wie Laker Powers. Der allerdings kommt auf die Idee, seinen Bruder Johnny zu besuchen, der in Los Angeles (das anscheinend nur noch aus leerstehenden Raffinerien o.ä.) besteht, residiert. Bzw. residierte, denn wie Laker, kaum, dass er in zwei-drei Schlägereien verwickelt wurde, schnell herausfindet, ist Johnny in die ewigen Jagdgründe aufgefahren, und das zwangsweise. Von der Polizei, die mit schlappen 100 Morden pro Woche leicht überfordert ist, ist keine Hilfe zu erwarten, also quartiert sich Johnny im Ansinnen, seines Bruderherzens gewaltsames Ableben aufzuklären, bei Eddie, den er im Rahmen einer Kneipenklopperei kennengelernt hat, und dessen ausgesprochen attraktiver Schwester (und Stripperin) Marta ein. Von Slick bekommt Laker den Hinweis, dass der Mörder höchstwahrscheinlich wie Johnny selbst ein „Junker“, ein Fighter in Untergrund-Martial-Arts-Kämpfen war – Johnny, der das letzte Turnier gewonnen hat, war bei den anderen Kämpfern nicht sonderlich beliebt. Da Laker selbst ein patenter Hand- und Fußkantenschwinger ist, soll er, das ist zumindest Slicks genialer Mörderenttarnungsplan, am nächsten Turnier teilnehmen, da unwidersprochen offensichtlich logischerweise einer der anderen Kämpen der Killer sein muss (Slick gedenkt indes auch am zu erwartenden monetären Reibach als Lakers Manager zu partizipieren). Auch Eddie nimmt an dem Vier-Tages-Turnier teil, zum Unbill von Marta, die die ganze Auf-die-Glocke-Hauerei eher doof findet. Genosse Zufall fördert den eher kryptischen Hinweis, Johnnys Mörder hätte etwas mit „Schlangen“ zu tun („Schlange? Sowas hab ich in meiner Hose“, befindet denn Turnierfavorit Ahmed Mustafa eher unimpressioniert auf Anfrage). Während Eddie und Laker sich die Reihen der Konkurrenten lichten, zwischen Marta und Laker zarte romantische Bande geschlagen werden und Slick sich vermutilch dumm und dusselig verdient, und Eddie im Halbfinale von Ahmed Mustafa ins Koma geprügelt wird, wird tatsächlich ein Zeuge des Mordes aufgetan, aber als Slick und Laker den ausquetschen wollen, ist er leider schon terminal unpässlich. Ob doch Ahmed etwas mit dem Mord zu tun hat? Auf jeden Fall wird Laker dem großen bösen schwarzen Mann im Finale gegenüberstehen…


Inhalt

Roger Corman mal wieder. Unser aller Lieblings-B-Film-Produzent spuckte anno 1993 ein paar Dollar aus, um ein futuristisches Kampfsportspektakel aus dem Boden zu stampfen, in dem sich hohe Meister diversester Kampfkünste von Taekwondo bis Kickboxen dekorativ ihre diversen Gliedmaßen um die Ohren schlagen, und das, das muss man ja immerhin mal feststellen, doch deutlich bevor der Hype um Mixed Martial Arts, UFC & Co. so richtig ausbrach. Man kann und darf sich natürlich berechtigt fragen, ob und warum genau es nötig war, daraus formal einen Science-fiction-Film zu machen, aber warum soll man nicht bei zwei Zielgruppen Kasse machen können, speziell, wenn man ein Sparfuchs und Profitoptimierer wie Old Roger ist.

Denn ernstlich – wir haben’s hier mit einem Film zu tun, der genauso gut in der relativen Gegenwart als „Bloodfist Teil 2376“ hätte gedreht werden können, ohne am Script schwerwiegend was ändern zu müssen. Der futuristische Backdrop ist Nonsens vom Feinsten, völlig bedeutungslos für die Handlung – alles, was vage utopisch ist (die kaputte Erde, Lakers Stilisierung zum unerwünschten „Outsider“ aus der Besserwelt, das Fehlen funktionierender Ordnungskräfte), wäre selbstverständlich auch umsetzbar gewesen, hätte man den Film im tiefsten Ghetto oder in den Hinterhöfen Hongkongs oder Tokios angesiedelt. SF-Gimmicks gibt’s keine, außer freilich, dass die Ansiedlung des Films in der Zukunft Corman die Möglichkeit bietet, zum 385. Mal Stock Footage aus „Battle Beyond the Stars“ (und, wenn ich nicht völlig blind bin, aus „Planet des Schreckens“) für ein paar establishing- und pick-up-shots zu verwenden und den Fundus an schrägen Kostümen zu plündern (Ihr wisst schon, von Stahlhelm über Lederoutfit bis Joker-ähnlichem Make-up, wie sich halt die Durchgeknallten nach dem allgemeinen Weltuntergang immer so zu kleiden pflegen). Abgesehen davon beschränkt sich der ganze Krams darauf, in billigsten Studiosets krampfhaft zu versuchen, eine heruntergekommene, „Blade Runner“-mäßige Neo-Noir-Atmosphäre hinzutricksen, aber wie gut das ohne nennenswertes Budget funktioniert, kann sich ja jeder selbst an seinem Zwölffingerdarm ausrechnen. Wie gesagt, für die Story selbst ist das total wurscht – ob Laker nun ein Bewohner von „New World Station 2“ ist, der zu Besuch auf der Erde ist oder ein doofer Ami-Schnösel, der nach Bangkok kommt, das macht null Unterschied.

Im Endeffekt ist „Dragon Fire“ ein stinknormaler Turnierfilm, versetzt mit einer aufgepfropften whodunit-Killersuchspiel-Nebenhandlung, die niemanden interessieren dürfte (nicht mal die Drehbuchautoren Beverly Gray [„Full Contact“, Fire on the Amazon] und Kevin Ingram [sonst nix], die nach einer „Story“ von Robert King [„Bloodfist“, „Die Piratenbraut“, „Vertical Limit“] ans Werk gingen) und nur dazu dient, dass Regisseur Rick Jacobson („Xena“, „Baywatch“) irgendwas anderes außer Stripszenen aus der Tittenbar, in der die meisten, ähm, „Dialogszenen“ abgespult werden, hat, mit denen er die Zeit zwischen den Kloppereien füllen kann – faktisch ist der Film nichts anderes als ein Amalgam aus allen möglichen Kampfsportturnierfilmen mit den üblichen Charakterschablonen, die alle anderen Streifen dieser Art von Kickboxer bis „Bloodsport“ und zurück auch schon verwendeten – der Outsider-Held, der über familiäre Connections in die Sache reingezogen wird, sein leutseliger Buddy, der irgendwann kurz vor’m Schlussakt dem fiesen Oberschurken zum Fraß vorgeworfen wird, das Mädel, damit der Outsider-Held was zum Verlieben und zum Poppen hat, und der vage philosophische Platitüden von sich gebende weise Meister, der hier halt mal kein Asiate, sondern Schwarzer ist (und trotzdem nur Generika wie „Verteidigung ist Erwartung“ und „Greife ihn an, wenn er es am wenigsten erwartet“ von sich geben darf).

Gelegentliche Anflüge beabsichtigten Humors (Eddie und Laker begegnen sich, als Eddie unbedingt eine Barschlägerei mit Laker anfangen will, weil er dringend ein Cover dafür braucht, sich unauffällig den massiven – und dank eines miserablen Blatts für ihn unerreichbaren – Poker-Pot, um den er gerade zockt, anzueignen) werden von unbeabsichtigten Stilblüten k.o. geschlagen (da informiert Marta Laker, dass Johnny in Fighterkreisen unbeliebt gewesen sei, weil er mehrere Gegner krankenhausreif geprügelt habe – in einem Wettkampf, den man nur gewinnen kann, in dem man seinen Kontrahenten so fertig macht, dass der nicht mehr aufstehen und nur noch mit der Schubkarre abtransportiert werden kann. ‚kaaaay…) – dazu passt auch, dass die entscheidende Szene (in der Laker den wahren Killer, der natürlich – SPOILER – nicht Ahmed Mustafa ist, in einen der bekanntlich überall herumstehenden offenen Trafokästen schubst) total verhunzt wurde (der arme Mann muss beim Rückwärtslaufen glatt noch die Richtung korrigieren, damit er den Stromkasten trifft).

Aber man darf eigentlich nicht meckern – in Sachen Kampfszenen liefert „Dragon Fire“ (bzw. würde liefern, wenn die deutsche KJ-Fassung nicht gekürzt wäre) – so ziemlich die Hälfte des Films besteht aus den mano-a-mano-Gefechten im Ring (oder außerhalb, weil Laker so’n Typ ist, der offensichtlich schon aus Prinzip an jeder Straßenecke von einem herumlungernden Gang-Mitglied angegriffen wird), ein Viertel aus belanglosen Titten-Strip-Poledance-Szenen (immerhin mit größtenteils recht schnucklig anzusehenden Babes, u.a. Monique Parent), das, was man leichtsinnigerweise „Handlung“ nennen könnte, macht das restliche Viertel aus. Aufgrund der schieren Masse an Fights wird’s, sofern man auf Martial-Arts-Gekloppe steht (und wer tut das nicht?), nicht langweilig, zumal Jacobson sich den Ehrenpunkt verdient, den diversen Kämpen verschiedene Kampf-„Charaktere“, sprich Kampfstile, zuzuordnen – vom bloßen massigen Brawler über den quirligen leichtgewichtigen High-Kicker bis hin zum Wrestler ist da alles vertreten (es hilft natürlich, dass praktisch alle wesentlichen Beteiligten im echten Leben mehr oder weniger versierte Kampfsportler sind, deren zur Drehzeit aktuelle Titel der Vorspann stolz einblendet), und das immerhin drei Jahre vor van Damme’s „The Quest“, der diesen Gedanken (den man wieder ein paar Lenze später eben MMA nennen sollte) auch aufgreifen sollte. Die Fights sind (soweit sich das anhand der Kürzungen fair beurteilen lässt) anständig choreographiert, sind aufgrund der verschiedenen Stilarten recht abwechslungsreich und wären (soweit sich das… naja, könnt Ihr Euch denken) auch ordentlich hart – mehr will der Film gar nicht bieten, die production values (d.h. die drei-vier verschiedenen, schnell aus Baumarkt-Teilen zusammengezimmerten Sets) sind schon fast erschreckend (so ungefähr auf dem Niveau einer frühen GZSZ-Folge). Spannend kann’s gar nicht sein, weil am Ausgang von Storyarc A (Turnier) ja kein Zweifel herrschen kann und die Auflösung von Storyarc B (Mordfall) aus dem Rektum gezogen wird (es gibt keine Hinweise, die der Zuschauer verwerten könnte).

Die Tatsache, dass mehrere ausführliche Poledance-/Stripszenen beschallt werden müssen, macht es notwendig, dass wir (neben einem vergessenswürdigen Score) auch ein paar Songs hören dürfen, darunter einen ganz patenten Enigma-„Sadeness“-Rip-off und eine Industrial-Nine-Inch-Nails-/Marilyn-Manson-Ausschussnummer namens „Be my Slave“. Kinky.

Ich erwähnte bereits mehrfach – die deutsche DVD-Fassung ohne Jugendfreigabe ist deutlich gekürzt – ich konnte die Originallaufzeit nicht eindeutig eruieren, gehe aber doch davon aus, dass mindestens sechs-sieben Minuten fehlen (das lässt sich schon allein daran festmachen, dass die Kämpfe, die ja theoretisch, da gleichwertigere Fighter aufeinandertreffen, gen Ende hin länger und härter werden sollten, in der KJ-Fassung aber immer kürzer werden; die „Ringschlacht“ zwischen Laker und Mustafa dauert vielleicht noch ’ne Minute); neben den Prügelorgien blieb komischerweise auch eine kurze Szene auf der Strecke, die sich aus dem Kontext noch erahnen lässt, in der der „M.C.“ der Kampfabende einen lästigen, die Würde des Augenblicks durch Dazwischenquasseln störenden Zuschauer abknallt. Die FSK hat echt keinen Humor mehr…

Wie nicht anders zu erwarten, beinhaltet ein Film, in dem mindestens 75 % des Casts wegen ihrer Kampfkunstfertigkeiten engagiert wurden, jede Menge schlechtes Schauspiel, aber nicht nur von den Martial Artists. Dominick LaBanca, eine typische Karate-/Kickbox-/Kung-fu-Blödpfeife ohne Charisma, dafür aber treuherzigem Dackelblick, verdingte sich nach diesem gescheiterten Versuch, die Nachfolge der van Dammes und Seagals anzutreten, dem Vernehmen nach als Fitnesstrainer, griff aber jüngst ernstlich ein Comeback an und ist in mehr oder weniger großen Rollen in den Actionheulern „Director“, „Street Survivor“ und (demnächst) „The Bait“ zu sehen. Er ist das, was man einen „decent fighter“ nennt, aber deutet nicht an, über Punches und Kicks hinaus zu schauspielerischen Hohenflügen veranlagt zu sein. Pamela Pond (auch bekannt als Pamela Runo, zu sehen in „Sins of Desire“, „Munchie“ und „Concealed Weapon“) hat erfreulicherweise kein Problem damit, sich ausführlich klamottenlos ablichten zu lassen, hat aber zip chemistry mit LaBanca (gut, auch Angelina Jolie täte sich schwer, mit einem ausstrahlungslosen Pfosten wie LaBanca zu spielen) und verdient sich bestenfalls ein „für Genrestandard ausreichend“. Kisu, ein Martial Artist marokkanischer Abstammung, der sich im echten Leben mit illegalen Untergrund-Fights seine Brötchen verdiente, gibt als Slick einen passablen Manager/Mentor ab. Zu sehen ist Kisu u.a. in „Shootfighter“ und in einer Rolle als fieser Schurke in der Saban-Power-Rangers-Rip-off-Show „Big Bad Beetleborgs“. Harold Hazeldine („Blackbelt“, „Out for Blood“) ist als Eddie sympathisch genug, um darüber hinwegzutäuschen, dass er nicht der größte Thespisjünger unter der Sonne ist, Charles Philip Moore (Regisseur des unsäglichen Demon Wind) gibt sich in der Rolle des Kampfrichters die Ehre, den offiziellen Monster-Heel-Part des Ahmed Mustafa übernimmt, physisch ausgesprochen eindrucksvoll, schauspielerisch… eher weniger, Michael Blanks („Bloodfist VI“, „The Circuit“), seines Zeichens Bruder von Tai-Bo-Erfinder Billy Blanks. Dennis Keiffer (ganz besonders grausam als Johnny Powers) etablierte sich nach diversen Stints in der „Bloodfist“-Reihe als zuverlässiger Stunt- und Bit-Player im TV, Highlights seiner Filmographie dürften Auftritte in „Mortal Kombat: Annihilation“, „Batman & Robin“ und Spanish Judges sein. Kleine Cameo-Auftritte absolvieren „Black Scorpion“-Regisseur Jonathan Winfrey, Trashmeister Extraordinaire Jim Wynorski (als ekliger Stripbar-MC, Casting for life, sag ich da nur) und Regisseur Jacobson selbst.

Bildqualität: Holla, ist das wirklich eine DVD aus dem Hause Best Entertainment (bzw. „Great Movies“)? Woah. Color me impressed. Zwar ist’s nur ein 4:3-Vollbildtransfer (der aber intendiert sein dürfte), aber für eine Grabbeltisch-Veröffentlichung eines fuffzehn Jahre alten Corman-Hobels ist das schon fast Blu-Ray-Qualität. Bildschön, scharf, mit guten Farben und angemessenen Kontrastwerten, völlig frei von Verschmutzungen und Defekten, außer in alter ramponierter Stock Footage. Geht doch!

Tonqualität: Neben einer erstaunlich anhörbaren deutschen Synchro in Dolby 5.1 (rauschfrei, gar nicht mal so undynamisch) gibt’s sogar den englischen O-Ton in Dolby 2.0.

Extras: Slideshow und Originaltrailer, immerhin.

Fazit: Natürlich ist „Dragon Fire“ nichts besonderes, hat man irgendeinen beliebigen Kampfsport-Klopper im Turnierformat gesehen; der utopische Background bleibt völlig ungenutzt, die vorgeschobene Thrillerhandlung tut nichts zur Sache, außer einen Schlusstwist um der Überraschung willen auspacken zu können, die darstellerischen Leistungen schwanken zwischen einigermaßen erträglich und extrem schwach. Die Fights sind aber aller Ehren Wert bzw. wären es in einer ungekürzten Fassung, aber auch die gekürzte KJ-Fassung bringt dem anspruchslosen Freund von Hauen-&-Treten-Filmen noch halbwegs kurzweiliges Entertainment. Uncut wäre aber zweifellos wesentlich erfreulicher. Immerhin – es ist mal eine DVD aus dem Hause „Great Movies“, die qualitativ diese Bezeichnung verdient… Kuriosum am Rande: Roger Corman gefiel die „Story“ (ächz) von „Dragon Fire“ so gut, dass er sie schlappe zwölf Jahre später als „Bloodfist 2050“ noch mal verfilmen ließ (und rein zufälligerweise hab ich den auch hier… hmmm….). Prädikat: Geht so, aber prinzipielle Abzüge wegen der recht unmotivierten Kürzungen in der DF.

2/5
(c) 2009 Dr. Acula


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