Hyena

 
  • Original-Titel: Hyena
  •  
  • Regie: Gerald Johnson
  • Land: Großbritannien
  • Jahr: 2014
  • Darsteller:

    Peter Ferdinando, Stephen Graham, Neil Maskell, Gordon Brown, Tony Pitts, Orli Shuka, Gjevat Kelmendi, Richard Dormer, Elisa Lasowski


Vorwort

Michael (Peter Ferdinando) ist Londons bester Drogenbulle. Gut, er kokst sich auch nach Kräften die Nase weg und ist wie seine gesamte Einheit eine korrupte Sau, aber bislang haben er und seine Kumpel (Neil Maskell, Gordon Brown, Tony Pitts) die Sache – und die Szene – im Griff. Das ändert sich, als die bisher regierende türkische Gang, mit der Michael freundschaftlich-geschäftlich eng verbunden ist, von einer neu ins Revier eindringenden albanischen Bande angegriffen wird. Die Albaner sind brutal, rücksichts- und skrupellos. Kein Grund für Michael, sich bei den Vorstehern der Balkanbande, den Brüdern Nikolla (Orli Shuka) und Rezar (Gjevat Kelmendi), vorzustellen – schnell sind die Türken fallen gelassen und Michael arbeitet daran, sich bei den Albanern, zunächst mal kostenfrei, unentbehrlich zu machen. Mehrere Dinge vereinfachen die Sache nicht gerade: Michael hat einen internen Ermittler (Richard Dormer) am Hals, dem es nur zu gut gefallen würde, Michael an seinen Eiern aufzuhängen und wird außerdem seinem Ex-Partner David (Stephen Graham) als Gehülfe in der Ermittlung gegen die Albaner zugeteilt. Und dann gibt es noch Ariana (Elisa Lasowski), eine ehemalige Zwangsnutte der Albaner, die mittlerweile, ebenso gezwungenermaßen, den Bürokrempel der Gangster besorgt und die Michael unfreiwillig in große Schwierigkeiten gebracht hat. Als Ariana von den Albanern an irgendwelche Zuhälter verkauft wird und sie Michael um Hilfe bittet, entschließt sich Michael, sie zu retten. Als dann auch noch der Deal mit den Balkanbrüdern scheitert, weil David Michael hintergeht, ist die Katastrophe unausweislich…


Inhalt

Auch der britische Crime-Film ist ein mittlerweile fester Programmpunkt im FFF-Kalender. Üblicherweise düster, brutal und dreckig befasst sich das junge britische Thrillerkino mit den finsteren Ecken Londons, abseits der Sehenswürdigkeiten und sonstigen Touri-Hotspots, es ist da zuhause, wo der „Abschaum“ der Gesellschaft lebt, ethnische Gangsterbanden ihre Geschäfte treiben und die Cops kräftig an diesen mitverdienen. Gerald Johnsons Film scheint da zunächst keine große Ausnahme zu machen und spult in seiner ersten Hälfte routiniert, aber weitgehend überraschungsfrei die üblichen, mittlerweile ja leider schon irgendwie zum Klischee verkommenen Genre-Tropes ab, durchaus spannend, durchaus mit der gewohnten und gewünschten räudigen Härte, aber eben auch schon mehr als nur dreimal gesehen. Wie üblich unterscheidet Gesetzesbrecher und –hüter nur die Tatsache, dass letztere eine Dienstmarke tragen, und, wie’s diese Filme ebenso üblicherweise gekonnt hinkriegen, trotzdem funktionieren die korrupten Cops als Protagonisten. Auch hier: Michael ist kein „böser“ Mensch, er war mal ein wirklich guter Cop (und könnte es immer noch sein), aber irgendwann hat er mitbekommn, dass es einfacher ist, sich mit den Ganoven ins Boot zu setzen. Die Albaner entsetzen ihn zunächst wegen ihrer bislang nicht dagewesenen Brutalität (Michaels türkischer Kontaktmann wird mit einem Beil zerhackt), aber Michael will auch deswegen mit ihnen ins Geschäft kommen, weil er zu hoffen glaubt, sie zumindest ansatzweise kontrollieren zu können. Irgendwann kommt dann aber auch Michael an seinen „breaking point“ und das ist, als Ariana um Hilfe bittet – Michael ist nicht in sie verliebt (er hat eine feste Freundin), aber er will endlich einmal wieder etwas „richtig“ machen, nicht zuletzt, weil er indirekt daran Schuld ist, dass die Albaner sie als unzuverlässig weiter verkauft haben. Es ist also in gewisser Weise eine redemption-Story, und die enden ja gerne mal in Tränen.

Johnson ist radikal – ich will nicht spoilern, aber auf jeden Fall sagen, dass das Ende des Films, äh, sagen wir mal „kontrovers“ aufgenommen wurde (will sagen: ich glaube, 90 Prozent des Publikums waren gelinde verärgert). Es ist ein mutiges Ende, eines, das die meisten Zuschauer vor den Kopf stoßen wird, aber gerade in „Hyena“ wunderbar *funktioniert*, denn letztlich interessiert den Film, wie ungefähr zur Halbzeit klar wird, seine Thriller-Crime-Handlung herzlich wenig; es geht hier um die Figur Michaels und ihren „arc“, und da ist das Ende in seiner Radikalität geradezu folgerichtig (witzigerweise dachte ich mir kurz vor dem Finale, es wäre interessant, wenn der Film genau so, wie er tatsächlich endet, enden würde. I’m a friggin‘ genius).

Auf der Plusseite verbuchen wir neben einer guten Performance von Peter Ferdinando hauptsächlich die beiden albanischen Brüder, gespielt von Orli Shuka und Gjevat Kelmandi, die mit unglaublichem Spaß bei der Sache sind und – obwohl sie brutale Mistschweine darstellen – auch für die wenigen Lacher in einer düsteren Welt sorgen. Musikalisch sorgen die Alternative-Art-Rocker von The The für den Score, dazu gibt’s ein paar starke elektronische Nummern.

„Hyena“ ist ein Film, bei dem man – ist man nicht sowieso ein Fan des britischen urban crime films – ein bisschen Arbeit leisten muss (nicht nur wegen der mal wieder heftigen cockney-Akzente, an die man sich auch erst mal gewöhnen muss), bis man zum „good stuff“, der wirklich guten zweiten Hälfte, kommt. Die aber ist wirklich sehenswert.

Toter Hund: ich glaub nicht

3,5/5
(c) 2015 Dr. Acula


mm
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