Hunt for the Wilderpeople

 
  • Original-Titel: Hunt for the Wilderpeople
  • Alternative Titel: Wo die wilden Menschen jagen |
  • Regie: Taika Waititi
  • Land: Neuseeland
  • Jahr: 2016
  • Darsteller:

    Sam Neill (Hec), Julian Dennison (Ricky), Rima Te Wiata (Bella), Rachel House (Paula), Tioreore Ngatai-Melbourne (Kahu), Oscar Knightley (Andy), Stan Walker (Ron), Rhys Darby (Psycho Sam), Cohen Holloway (Hugh)


Vorwort

Ricky ist 13, fett und ein echtes Problemkind mit einem Sündenregister von Ladendiebstahl bis Vandalismus und wieder zurück. Keine Pflegefamilie hält’s lange mit ihm aus (oder umgekehrt). Die letzte Hoffnung von Welfare-Beamtin Paula sind die Faulkners, ein älteres Farmerehepaar, das in der Mitte vom Nirgendwo (TM) haust. Nach anfänglichen Schwierigkeiten gewinnt die enthusiastische Bella Faulkner tatsächlich Herz und Zuneigung des Dicken, was man von Hic Faulkner, dem griesgrämigen Ehemann Bellas, nicht unbedingt behaupten kann. Dennoch scheint das Arrangement Früchte zu tragen, bis Bella unerwarterweise beim Wäscheaufhängen tot umfällt. Und das Jugendamt wird nicht zulassen, dass Ricky bei Hic bleibt – es winkt der Jugendknast. Ricky schnappt sich die Asche Bellas und nimmt Reißaus, um ihren letzten Wunsch, bei einem mystischen See aus Maori-Legenden, zur letzten Ruhe gebettet zu werden, zu erfüllen. Natürlich verirrt sich Ricky maßlos, aber Hic findet ihn, bricht sich aber mitten in der Wildnis den Knöchel. Es bleibt dem Duo nichts anderes übrig, als ein paar Wochen im Busch zu kampieren, bis Hic wieder einigermaßen gut zu Fuß ist.
Dummerweise sieht die ganze Angelegenheit für Außenstehende wie Paula so aus, als hätte Hic Ricky entführt – und als die beiden auf dem Rückweg auf ein Trio Jäger treffen und Ricky etwas unbedarft daherplappert, ist Hic auf einmal für die Öffentlichkeit ein Kinderschänder. Ricky und Hic fliehen zurück in den Busch, doch die renitente Paula organisiert eine gigantische Menschenjagd…


Inhalt

Und dann gibt’s Filme, die eigentlich von Fug und Recht nichts auf einem „Fantasy“ FilmFest zu suchen haben, weil sie nun wirklich nicht mal Spuren von Genreelementen enthalten, und doch ist man danach froh und glücklich, das man sie gesehen hat. „Hunt for the Wilderpeople“, sicherlich nur ins Programm gerutscht, weil’s der neue Film von Taika Waititi, dem Regisseur des letztjährigen Publikumshits „What We Do In the Shadows“ ist, ist so ein Fall. „Hunt for the Wilderpeople“ ist nichts anderes als ein juveniler Abenteuerfilm, aber er ist mit so viel Liebe, Herzblut und Sympathie für seine Figuren gestrickt, dass man als Zuschauer gar nicht anders kann, als sein Herz an ihn zu verlieren. Verdammt noch mal, wie viele Filme über traurige foster children kennt ihr, die mit Autoverfolgungsjagden mit Panzereinsatz enden? Selbst die kleine Qualle Ricky wächst einem mit der Zeit richtig an die Pumpe, und wenn der grantelnde foster uncle von einem grandios aufspielenden Sam Neill gemimt wird, kann eigentlich eh nix anbrennen, erst recht, wenn sich das alles von der einmal mehr überwältigenden neuseeländischen Landschaft abspielt.

Waititi, der sich selbst auch einen amüsanten Cameo als mittelschwer bekloppter Priester gegönnt hat, beweist hier, dass auch die „familientaugliche“ Version eines Outlaw-Films (denn natürlich werden Hic und Ricky im Laufe der Zeit und je öfter sie ihre Verfolger foppen, zu Volkshelden) funktioniert (zartbesaitetere Seelen mögen gewarnt sein, dass es einen Hund erwischt und zwei Wildschweinen sehr schlecht ergeht. Da wird’s dann auch mal blutig), sowohl als Buddy-Comedy, Abenteuer und auch als Spannungsfilm. Waititi inszeniert den Streifen perfekt, ohne Längen, mit präzisem Timing und dem Willen, zur Erbauung des Zuschauers – eben zum Finale hin – schamlos zu übertreiben. Das notorisch klatschfaule Nürnberger FFF-Publikum honorierte den Streifen dann auch als einzigen Festivalfilm mit Applaus. Neben Sam Neill und dem knuffigen Julian Dennison überzeugen auch Rachel House als fanatische Jugendamt-Jägerin, Rima Te Wiata (im 15er-FFF-Programm schon als durchgeknallte Mutter in „Housebound“ aufgefallen) und Rhys Darby („Fünf Zimmer, Küche, Sarg“, „Eine Reihe betrüblicher Ereignisse“) als bekloppter Aluhut-Aussteiger, bei dem Hic und Ricky unterschlüpfen.

„Hunt for the Wilderpeople“ ist einer dieser seltenen Sorte Film, die so geschickt die richtigen Knöpfe drückt, dass sogar ein Griesgram wie meinereiner, der Filme mit Kinderprotagonisten grundsätzlich mal eher kacke findet (allerdings waren grad in diesem White Nights-Jahrgang ein paar gute von der Sorte dabei), mitfiebert und am Ende emotional total befriedigt den Kinosaal verlässt. Ein Film, der ein großes Publikum verdient hat!

Ich weigere mich übrigens, den deutschen Verleihtitel als solchen anzuerkennen und führe ihn daher nur unter Protest als Alternativtitel auf.

4,5/5
(c) 2017 Dr. Acula


mm
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