
- Original-Titel: Höllentour
- Regie: Pepe Danquart
- Land: Deutschland
- Jahr: 2004
- Darsteller:
Erik Zabel, Rolf Aldag, Andreas Klöden, Alexander Winokurov
Vorwort
In Zeiten, in denen die ehemals ruhmreiche deutsche Fußballnationalmannschaft bestenfalls noch für die Witzseiten der Tageszeitungen taugt, sucht sich das sportbegeisterte Volk andere Idole – so erlebte u.a. auch der Radsport durch die Erfolge von Jan Ullrich und Erik Zabel in den vergangenen Jahren einen Popularitätsschub, den selbst altgediente Recken wie Rudi Altig oder Didi Thurau nie zu entfachen vermochten. Zeit also, den pedaltretenden Helden, die sich für Ruhm, Ehre und eine Handvoll Euro – nach Meinung des Docs absolut blödsinnigerweise – auf zwei Rädern ohne Motor auf hochalpine Passhöhen strampeln, um sie dann in halsbrecherisch-lebensgefährlichen Abfahrten wieder zu verlassen, ein filmisches Denkmal zu setzen. Dafür fühlte sich Oscar-Preisträger (für den Kurzfilm Schwarzfahrer und Sportdokumentations-Experte (wg. des Eisbären-Eishockey-Films Heimspiel) Pepe Danquart zuständig und begleitete daher im Jahr 2003 das damalige Noch-Team-Telekom während der drei Wochen des berühmtesten und härtesten Radrennens der Welt, der Tour de France.
Inhalt
Höllentour unterscheidet sich doch ein wenig von der üblichen ARD/ZDF/Eurosport-Übertragung (und nicht nur deswegen, weil man die unerträglichem Dummplauderer aller drei genannten Sender nicht hören muss). Neben der uneingeschränkten Unterstützung durch Team Telekom (dazu gleich) durfte Danquart auch eigene Kameramotorräder ins Peloton schicken, was viele eindrucksvolle und in TV-Übertragungen undenkbare Einstellungen ermöglicht (und sei’s die sicherlich in allen Reviews dieser Welt zitierte Pipi-Parade der Sportler) – näher dran ist man sicherlich nur, wenn man selber mitfährt (aber vermutlich nicht lange, hehe). Die Zusammenarbeit mit Team Telekom erlaubt dem Zuschauer einen raren Blick hinter die Kulissen – in den Zielraum, in den Mannschaftsbus, in die Begleitfahrzeuge und, das ist ein wesentlicher Punkt des Films, in die Massageräume und Hotelzimmer der Fahrer. Zentral verfolgt der Film den Weltklassesprinter und zigfachen Tour-Etappensieger Erik Zabel und seinen Freund und Zimmerpartner Rolf Aldag – ursprünglich sollte auch Andreas Klöden wohl noch eine größere Rolle einnehmen, aber der musste nach Sturzverletzungen früh im Rundfahrtverlauf den Dienst quittieren. Eher weniger interessiert Danquart die tatsächliche sportliche Entwicklung des Rennens. Das Duell Armstrong-Ullrich (letzterer seinerzeit in Bianchi-Diensten) findet zwar statt, allerdings mehr als Nebenerscheinung – dem Film geht’s nicht darum, den Sieger zu ehren, sondern mit Zabel eben den klassischen Sprinter, für den ein Team arbeitet und mit Aldag den typischen Wasserträger, der einmal seine große Stunde hat. Auch auf die Begleitumstände des Rennens wird eingegangen – die unvermeidliche Werbekarawane, die sich dem Feld voran über die Strecke windet, Polizisten, die die Strecke sichern (und manchmal ausgesprochen harte verbale Geschütze auffahren, ganz besonders in einer Szene) und auch einige deutsche Fans werden immer wieder gesucht und gefunden. Dazu gibt’s noch Ausflüge in die Tour-Geschichte, die von einem französischen Tour-Experten und historischen Aufnahmen bis zurück in die 20er Jahre vermittelt werden.
Die filmischen Mittel sind beeindruckend – Hi-Def-Video sorgt für packende, mitreißende Rennaufnahmen, große Landschaftsaufnahmen für optische Opulenz. Musikalisch sorgt der renommierte Jazzer Till Brönner für manchmal treibende Beats, manchmal relaxt swingende Töne.
Was dem Film allerdings fehlt, ist eine gewisse kritische Distanz zum Thema. Auch wenn Erik Zabel und Rolf Aldag etliche intime Einblicke in ihre seelischen und körperlichen Befindlichkeiten verraten, die man in dieser Form nicht kennen konnte, nähert sich der Streifen doch mehr als nur einmal der kritiklosen glorifizierenden Heldenverehrung an – sicher nicht gänzlich unverständlich, da ich die körperlichen Anstrengungen und Fähigkeiten der Sportler keinesfalls unterschätzen möchte, aber in Zeiten, in denen der Radsport hauptsächlich durch beinahe täglich neue Doping-Skandale Schlagzeilen macht, hätte ich mir die ein oder andere kritische Nachfrage an die Aktiven gewünscht. So aber bleibt das Thema schon fast auffällig überdeutlich komplett ausgeklammert
So bleibt Höllentour trotz vieler eindrucksvoller Bilder ein zweifellos manchmal mitreißender, manchmal auch informativer, manchmal witziger und technisch überzeugender, letztendlich aber doch „nur“ ein Werbefilm für die Tour de France, ihre Teilnehmer, und, nicht zuletzt, für die Telekom. Muss man nicht unbedingt im Kino sehen.