Herrliche Zeiten im Spessart

 
  • Deutscher Titel: Herrliche Zeiten im Spessart
  • Original-Titel: Herrliche Zeiten im Spessart
  •  
  • Regie: Kurt Hoffmann
  • Land: BR Deutschland
  • Jahr: 1967
  • Darsteller:

    Liselotte Pulver (Anneliese), Harald Leipnitz (Frank Green), Vivi Bach (Rosalinde), Hannelore Elsner (Johanna), Tatjana Sais (Frau Mümmelmann), Joachim Teege (Hugo), Rudolf Rhomberg (Onkel Max), Hans Richter (Toni), Kathrin Ackermann (Katrin), Klaus Schwarzkopf (Roland), Paul Esser (Mönch), Willy Millowitsch (Herr Mümmelmann), Hubert von Meyerinck (von Teckel), Gila von Weitershausen (Gundel), Monika Zinnenberg (Sigrun)


Vorwort

Als wir unsere freundlichen Räubergeister zuletzt verließen, wurden sie von den Amis in einer Raumkapsel ins Universum geschossen. Ein technischer Defekt führte allerdings dazu, dass das angestrebte Ziel, der Mond, verfehlt wurde und unsere Geisterbesatzung fünf Jahre lang im Tiefschlaf um die Erde kreiste.

Nun sind die Räuber wieder wach und wollen sich daran machen, endlich die gute Tat zu vollbringen, die sie von ihrem Spukdasein erlöst. Man landet – natürlich im Spessart…

… und die passende gute Tat fände sich theoretisch auch gleich an. Anneliese Mümmelmann – ein Ebenbild der Komtess von und zu Sandau, und auch mit der verwandt (wie auch immer sich das mit den im „Spukschloss“ geschilderten Verhältnissen vertragen soll) – würde gern ihren Frankie Green, einen amerikanischen Raketenwissenschaftler im Dienste des Militärs, heiraten, doch wird der zu dringenden NATO-Angelegenheiten wegberufen (selbige sind natürlich nichts anderes als die Sichtung der „Spessart 3“-Raumkapsel im Landeanflug). Und das am Tag vor der Trauung! Die Geister bieten ihre Hilfe an – mit ihrem Raumschiff ist es nur ein Katzensprung nach New York, wo Frankie vermutet wird, noch vor dem Abendessen könnte die ganze Heiraterei erledigt sein.

Naja, nur leider hat die „Spessart 3“ schon lange keinen Weltraum-TÜV mehr gesehe – statt in New York landet die Kapsel im Germanien des Jahres 561. Geister und Anneliese finden freundliche Aufnahme und Anneliese auch gleich Anschluss in Form eines germanischen Kriegers, der glatt Frankie sein könnte, doch wieder mal wird zu den Waffen gerufen.

Die nächste Landung führt ins 16. Jahrhundert und in die Wirren der Religionskriege. Anneliese und ihre Freunde werden für kaiserliche Gesandte gehalten und befreien gleich mal eine Ketzerin und einen Gefangenen, der Frankie aufs Haar gleicht. Doch als die echten Kaiserlichen ankommen, ist’s vorbei mir der Herrlichkeit. Die Geister landen im Folterkeller, wo sie die Folterknechte zur Verzweiflung treiben, aber Anneliese hat schon einen Plan.

Der dritte Aufenthalt bringt die Reisegesellschaft ins Zeitalter der Kreuzzüge. Rosalinde hat gerade ihren ritterlichen Gemahl gen Jerusalem verabschiedet und wäre jetzt bereit, ersatzweise den Minnesänger von der Vogelwiese zu beglücken. Der ist allerdings wieder mal ein perfektes Frankie-Double und interessiert sich mehr für Anneliese. Die Burgherrin hält sich also an einen der Geister.

Der vierte Stop liegt in der Zukunft – im Jahr 2067 findet eine Weltfriedenskonferenz statt. Unsere Raum- und Zeitreisenden werden für Delegierte gehalten. Dabei wollen sie eigentlich nur endlich ihr Raumschiff reparieren. Kein Problem – für antike Raumschüsseln gibt’s hier einen Experten: Frank Green!


Inhalt

Satte sieben Jahre dauerte es, bis Kurt Hoffmann den Abschluss seiner Spessart-Trilogie (mit erstaunlichem Promo-Gedöns – so wurde in Würzburg z.B. ein Raketenstart simuliert) in die Kinos brachte. Im Vergleich zu den Vorgängerfilmen gilt „Herrliche Zeiten“ sowohl kommerziell als auch „künstlerisch“ als rechter Bauchklatscher, aber wie üblich ist das nicht die ganze Wahrheit.

Ja, eins ist klar – der Film reicht in keiner Beziehung an das „Wirtshaus“ und vor allem das „Spukschloss“ heran, doch hat er durchaus seine Vorzüge. Sein Hauptproblem ist sicher, dass er keinen echten Plot hat. Wie die Inhaltszusammenfassung schon klar macht, reihen sich hier ein paar Episoden aneinander, die zwar ein gemeinsames Motiv haben, letztlich aber nicht wirklich einen ganzen Film tragen können. Hoffmann, der in den ersten beiden Filmen so formidabel auf dem Grat zwischen ätzendem Spott und „harmloser“ Familienkomödie balancierte, übertreibt’s hier mit der Satire. Anstatt seine Spitzen elegant in einem klassischen Komödienstoff zu verpacken, sind hier die – wieder durchaus treffenden – Anspielungen mehr oder minder die Hauptsache und machen quasi auch die eigentliche Geschichte aus. Der Krieg, und damit einhergehend der Militarismus, stehen der Liebe im Weg – das ist die so einleuchtende wie simple These, die Hoffmann in diesem Teil mit dem Anmut einer Planierwalze ins Hirn des Zuschauers bohrt. Würden sich Männer von den Generälen nichts befehlen lassen, wäre alles gut. Das ist natürlich ein durchaus valider Standpunkt, aber eben auch ein stark simplifizierender und gerade bei Hoffmanns immer wieder zitierten Verweisen auf die Nazi-Zeit müsste auch ihm klar gewesen sein, dass dieser Weg nicht immer gangbar ist. Es ist eine etwas naive Moral, liegt damit aber freilich auch im damaligen Zeitgeist – wenn man so will, ist „Herrliche Zeiten“ ein „flower power“-Film (das unterstreicht sogar noch die Schluss-Szene).

Aber ein wenig Naivität ist ja an und für sich nichts Schlimmes und mehr als einmal bringt Hoffmann mit den Sprüchen und one-linern, die er seinen Charakteren in den Mund legen lässt, den Zuschauer auch heute noch zum Lachen. Und wenn Hoffmann beim dritten Streich die „Botschaft“ etwas über den „Inhalt“ gesetzt hat, so erlaubt er sich doch immer noch unerhörte Frechheiten, nicht nur in Dialogform, sondern auch bildhaft. In „Herrliche Zeiten“ gibt es tatsächlich unbedeckte weibliche Brüste zu begutachten – in einem Familienfilm! (Sogar Lilo Pulver macht die Bluse auf. Aber ihre Assets bleiben selbstredend vor unerlaubtem Zuschauerblick verborgen).

Besetzungstechnisch wurde wieder bunt durchgemischt – wie auch bei den Charakteren. „Onkel Max“ ist jetzt der Räuberhauptmann und nicht länger Georg Thomalla, sondern Richard Rhomberg (aber als „Charakter“ nun wesentlich lustiger als Paul Esser, der in diesem Film einen Mönch in der Kaiser-Episode spielt), statt Curt Bois ist Joachim Teege Hugo und Hanne Wieder als Kathrin wird durch Katrin Ackermann ersetzt (leider wird Kathrin auch schon nach einer guten Viertelstunde aus dem Film geschrieben). Nur Hans Richter ist wieder Toni. Thomallas Figur (wenn auch nicht der Name) bleibt verwaist.
Anstelle Heinz Baumanns haben wir nun Harald Leipnitz als Lilos love interest, und der hat sichtlich Spaß daran, in fünf (eigentlich sogar sechs) verschiedene Rollen zu schlüpfen. Hubert von Meyerinck verkörpert einmal mehr verschiedene Generationen von von Teckels (besonders die zukünftige Ausgabe nötigt mir Respekt ab. In solch ein Kostüm steigt nicht jeder freiwillig).

Als Gaststars fungieren Vivi Bach (mit entzückendem dänischen Akzent) in der Kreuzritter-Episode, Hannelore Elsner (als rassige Sünderin im Religionskrieg) sowie der großartige Willy Millowitsch und Tatjana Sais (eigentlich Bühnenschauspielerin, aber auch Ehefrau von Drehbuchautor Günther Neumann) als die Mümmelmanns. In kleinen Rollen sind Gila von Weitershausen (als Vivi Bachs Zofe) und die später als erfolgreiche TV-Regisseurin tätige Monika Zinnenberg (als nippelvorzeigende Sigrun) zu sehen.

Gesungen wird in den „Herrlichen Zeiten“ natürlich auch, aber die Musik steht weder so im Mittelpunkt wie im „Spukschloss“ noch kommentiert sie die Handlung wie im „Wirtshaus“. Es gibt zwar musikalische Verweise auf das „Wirtshaus“, aber die neuen, eigenen Lieder des Films sind wenig memorabel (bis auf die schöne Beat-Schlager-Nummer, die die Geister als ihren Beitrag zum Minnesängerwettstreit in der Vivi-Bach-Episode zum Besten geben).

Ausstattung und Kostüme sind wieder einmal verschwenderisch und kurios (nicht nur, aber auch in der Zukunftsepisode), die „Weltraumeffekte“ sind possierlich.

„Herrliche Zeiten“ ist, da gehe ich mit jedem konform, der schwächste Teil der Spessart-Trilogie, aber es ist deswegen noch lange kein wirklich schlechter Film. Es hätte sicher nicht geschadet, das Drehbuch zu überarbeiten und weniger repetetiv zu gestalten, und natürlich vor allem eine tragende Rolle für Kathrin reinzuschreiben (ihr Charakter war ja eins der Highlights im „Spukschloss“), und insgesamt der Story etwas mehr Fleisch zu geben, anstatt nur darauf zu hoffen, dass der Charme der blendend aufgelegten Darsteller, die Bosheit der Witze und die pazifistische Botschaft selbst alleine ausreichen, um das Publikum zu begeistern.

Dennoch – der Streifen ist ein integraler Teil der Spessart-Trilogie und sollte deshalb nicht mit Verachtung gestraft werden. Der passt schon noch neben dem „Wirtshaus“ und dem „Spukschloss“ ins Filmregal. Spaß macht er allemal…

3,5/5
(c) 2017 Dr. Acula


mm
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