Herr der Zombies

 
  • Deutscher Titel: Herr der Zombies
  • Original-Titel: King of the Zombies
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  • Regie: Jean Yarborough
  • Land: USA
  • Jahr: 1941
  • Darsteller:

    John Archer (Bill Summers), Dick Purcell (James „Mac“ McCarthy), Mantan Moreland (Jeff), Henry Victor (Dr. Miklos Sangre), Joan Woodbury (Barbara Winslow), Patricia Stacey (Alyce Sangre), Marguerite Whitten (Samantha), Leigh Whipper (Momba)


Vorwort

Der amerikanische Regierungsagent Bill Summers ist mit seinem Diener Jeff und dem Piloten Mac in geheimer Mission im karibischen Raum unterwegs. Den Yankees ist nämlich mit Admiral Wainwright ein hoher Lamettaträger und Intimkenner der kriegsstrategisch wichtigen Panama-Verträge abhanden gekommen und man vermutet, dass seine Maschine irgendwo in den West Indies abgestürzt sein könnte. Tatsächlich macht auch das mehr oder weniger mutige Ermittlungstrio (das „weniger“ betrifft den Negro Jeff), als sie einer mysteriösen Funkbotschaft von einer kleinen Karibikinsel auf die Spur gehen wollen, eine patente Bruchlandung – pikanterweise direkt auf einem Friedhof.

Nichtsdestotrotz erfahren die Bruchpiloten freundliche Aufnahme im nahen Herrenhaus des Dr. Miklos Sangre (subtil!), einem europäischen Exilanten, den die Kriegswirren mitsamt seiner semi-katatonischen Frau Alyce und der jungen Nichte Barbara ans Ende der Welt verschlagen hat. Sangre ist höflich genug, wenn auch extrem standesbewusst – der farbige Diener Jeff darf keinesfalls in einem der prächtigen Gästezimmer nächtigen, sondern wird zum anderen Dienstbotengeschmeiß in die Katakomben verbannt. Ist aber vielleicht gar nicht so schlecht, denn das im Hause Sangre einiges merkwürdig ist, liegt auf der Hand. Der seltsame Zustand der Lady des Hauses, der Umstand, dass Barbara deutlich macht, so schnell wie möglich und egal wie von der Insel weg zu kommen, die Beteuerung des Doktors, dass es auf dieser Insel auf gar keinen Fall irgendwelche Funkanlagen gibt, und, ja, natürlich die Zombies, die Sangre sich im Dungeon hält, die Jeff als erstes sieht, und deren Existenz der Dottore natürlich nachdrücklich abstreitet.

Doch natürlich *gibt* es die untoten Handlanger, die Voodoo-Priesterin Tahama dem Doktor zuführt. Und die Voodoo-Priesterin kann er auch anderweitig gut gebrauchen, denn selbstverständlich hält Dr. Sangre den Admiral gefangen – da der aber trotz garstiger Folter nur unwesentlich redseliger ist als eine tote Auster, plant Sangre das Voodoo-Ritual der „Seelenwanderung“ durchzuführen – in einem anderen, bevorzugt weiblichen Körper könnte der Admiral durchaus auskunftsfreudiger sein. Können Bill und Jeff das Übelste verhindern?


Inhalt

Wir hatten’s ja neulich erst mit den klassischen Voodoo-Zombies, bzw. derem beinahe permanenten Bühnenabschied per Hammer-Produktion. Manch einer glaubt ja, mit „Plague of the Zombies“ und den Genre-Ur-Klassikern „White Zombie“ und „I Walked With a Zombie“ hätte sich das Ouevre der althergebrachten, „realistischen“ Untoten erschöpft, aber selbstverständlich waren in der guten alten s/w-Gruselzeit auch die Poverty-Row-Studios nicht untätig.

Die kleine Klitsche Monogram zeichnet z.B. für „King of the Zombies“ verantwortlich, den Quickie-Spezialist Jean Yarbrough („Die Werwölfin von London“, „The Brute Man“) nach einem Script von Edmond Kelso („Revenge of the Zombies“, „The Mystery of the Hooded Horsemen“) in ein paar hastigen Tagen herunterkurbelte. Das von einem solchen Schnellschuss kein filmhistorischer Weitwurf zu erwarten ist, ist klar – mit denoben zitierten Klassikern sollte man den Streifen daher sicherlich nicht vergleichen. Wie aber schneidet er gemessen an der üblichen B-Ware der damaligen Zeit ab?

Nun, zunächst einmal steht auch „King of the Zombies“, wie so viele mutmaßliche Horrorfilme, die während der Kriegsjahre entstanden, letztendlich im Sinn der propagandistischen Sache. Da der Film noch kurz vor dem amerikanischen Kriegseintritt entstand, mussten Yarbrough und Kelso allerdings aus zensurtechnischen Gründen ein wenig um den heißen Brei herumlavieren – durch die Blume und zwischen den Zeilen verrät „King of the Zombies“, dass sein Bösewicht im Dienste Nazideutschlands steht, ohne es allerdings auch nur einmal klar auszusprechen. Noch 1941, mithin vor Pearl Harbour, gab es in den Staaten immer noch eine starke pro-Nazideutschland agierende Lobby, die es immer wieder schaffte, Filme, die sich zu deutlich gegen Hitler und die Nazis positionierten, aus dem Verkehr zu ziehen (natürlich dadurch begünstigt, dass die amerikanischen Strukturen bekanntlich jedem Kuhweiler eigene Gesetzgebung und damit auch Zensurbestimmungen zubilligen. Land of the Free!)

Abgesehen vom kriegsdienlichen Aufhänger und der Motivation des Schurken bedient „King of the Zombies“ die gängigen Klischees – ein „old dark house“ (auch wenn’s auf irgendeiner mikrobenhaften Karibikinsel steht) mit kerkerartigen Gewölben und Geheimgängen, ein vordergründig charmanter, aber von Grund auf böser Übeltuer, wie er aus „Dracula“ bekannt ist, damsels in distress, grobschlächtige Handlanger und mittelmäßig rassistisch gezeichnete Neger und tumbe weiße Helden, deren Beteiligung an der tatsächlichen „Problemlösung“ allenfalls als „rudimentär“ beschrieben werden kann.

In der Tat sind Bill Summers und „Mac“ McCarthy, die weißen Protagonisten des Films, sogar erstaunlich unnütz – Mac schafft es in Windeseile, sich von Sangre zombifizieren zu lassen und Summers könnte im Alleingang ein „Geheimnis“ nicht lüften, wenn es auf seiner Nasenspitze Striptease tanzen würde – alles, was er wissen muss, erfährt er durch Barbara (die er, blöd, wie er ist, zunächst sogar für einen Teil des Problems anstatt der Lösung hält) und Jeff. So gesehen ist „King of the Zombies“ für seine Entstehungszeit richtiggehend progressiv – zwar entspricht der Jeff-Charakter durchaus dem damals zeitgeistigen Neger-Klischee (faul, feige, und von jedem Schatten ins Bockshorn zu jagen), andererseits ist er aber derjenige, der praktisch alles herausfindet, immer die richtigen Schlussfolgerungen zieht und dem es (mit Hilfe der Dienstmagd Samantha) gelingt aus einer von Sangre induzierten Hypno-„Zombifizierung“ auszubrechen (zur Belohnung darf er sich, SPOILER, im Showdown hinter einer Kiste verstecken, während Bill Summers die von Mac angeführte Zombiearmee mit EINEM Wort auf Sangre umleitet. Held, elender). Ich will nicht wie manche Kommentatoren so weit gehen und „King of the Zombies“ entweder als „un-rassistischen“ Film oder als „primär für eine afro-amerikanische Audience“ konzipiert sehen – dafür ist Jeffs Charakterzeichnung immer noch zu sehr in der Stepin-Fetchit-Schiene (oder dem, was Mantan Moreland in seinem Stint als Charlie-Chan-Sidekick zu spielen hatte) verhaftet, aber man *kann* zumindest hineininterpretieren, dass Monogram ehrenvoll versuchte, Schwarzen etwas größere und bedeutungsvollere Rollen als den rassistischen comic relief zuzuschustern; rein von der Screentime her könnte Mantan Moreland sich hier mit Fug und Recht unangefochtener Hauptdarsteller schimpfen – richtig „funny“ ist er aus heutiger Sicht allerdings nicht.

Bemerkenswerterweise ist auch der zweit-„interessanteste“ Charakter farbig – Dienstmädchen Samantha – sie hat nicht viel Screentime, aber ihre Figur – einerseits durchaus von Sangre eingeschüchtert, aber auch willens, Jeff zu helfen, als der unter Hypnose steht – ist ebenfalls überraschend „fortschrittlich“. Die weißen Charaktere sind dagegen langweilig – Bill ist, wie gesagt, der üblich doofe Held (der seinen Diener immerhin mit Respekt behandelt, also auch „progressiv“ ist), Mac sein nicht minder nutzloser Sidekick, Barbara als zu rettende damsel eine Mischung aus „zu proaktiv“ und „zu hilflos“ und Sangre, naja, er ist der quintessentielle „Evil Foreigner“, den ein amerikanischer Kriegszeitenschinken halt auszupacken pflegt, wenn dem Autoren sonst nichts anderes einfällt. Die Dialoge sind, soweit anhand der mir vorliegenden Fassung (dazu unten) zu beurteilen, ziemlich uninspiriert, und zur Zombie-Lore trägt der Film – mangels echtem Willen, auch nur andeutungsweise zu erklären, wie seine hiesigen Untoten funktionieren (die Hypnose betrifft ja nur Jeff, nicht die anderen Zombies) – auch nichts bei und das ganze Seelenwanderungsritual, naja, dessen Sinnhaftigkeit wollen wir lieber nicht diskutieren (warum sollte Wainwrights „Seele“, in den weiblichen Körper transferiert, nun plötzlich williger sein, Sangre die gewünschten Auskünfte zu geben?).

Filmisch reißt die ganze Nummer erwartungsgemäß keine großen Bäume aus. Einige der Sets (sicherlich x-fach wiederverwendet) sind nicht schlecht, die Ausstattung für poverty-row-Verhältnisse akzeptabel und die paar Effekt-Shots für Budget und Baujahr erträglich, aber die Kameraführung ist arg statisch und einfallslos. Selbst wenn man mancher Interpretation glauben mag und konstatiert, „King of the Zombies“ wäre eine dezidierte Horror-Komödie (ich selbst kann dieser Meinung nicht folgen), gibt es kaum einen Moment, in dem Yarbrough tatsächlich versucht, dem Publikum Angst einzujagen oder wenigstens dezent gruselige Imagery hinzubekommen – selbst wenn ich mich mental nach 1941 zurückversetze (fällt mir in meinem Alter ja nicht schwer), könnte ich nicht behaupten, auch nur einen einzigen „scare“ auszumachen; selbst die Zombies sind nicht mehr als ein paar große Burschen, die man in räudige Klamotten gepackt hat und die leer vor sich hin starren; das ging auch damals schon deutlich „spookiger“.

Gerne würde ich ein paar Worte zum Original-Score verlieren – denn der hat die ziemlich denkwürdige Distinktion, sich tatsächlich eine Oscar-Nominierung verdient zu haben (damit ist „King of the Zombies“ nach meiner Rechnung, so unglaublich es klingen mag, der einzige Zombie-Film, der auch nur im Dunstkreis eines Academy Award gesichtet wurde). Leider fehlen mir diesbezüglich die Worte, weil der wohlmeinende deutsche Verleiher im Zuge seiner Neusynchro auch gleich einen neuen Billig-Synthi-Score der nerven- und ohrenfolternden Schule auf seinen Public-Domain-Print gepackt hat. Hu-fuckin‘-ra.

Darstellerseitig ist „King of the Zombies“ sicherlich die One-Man-Show von Mantan Moreland. Moreland, einer der wichtigen schwarzen character actors, der half, anderen afro-amerikanischen Darstellern eine Tür nach Hollywood zu öffnen, ist sicherlich das, was man „an acquired taste“ nennt, aber er spielte eben das, was verlangt wurde, den augenrollenden, grimassierenden Faxenmacher, über den sich die Weißen beömmeln konnten – wie gesagt, hier hat er die Gelegenheit, etwas mehr zu machen, eine tragende Rolle in der Handlung zu übernehmen und mit den Einschränkungen, mit denen schwarze Schauspieler in Filmen für Weiße nun mal zu kämpfen hatten, macht er das hier recht gut und beinahe noch tolerabel (aus gegenwärtiger Sicht). Moreland, der in den Charlie-Chan-Filmen mit Sidney Toler noch deutlich rassistischeren Dreck würde spielen müssen, und den Jack Hill viel viel später mit einer kleinen Rolle im kultigen „Spider Baby“ ausstattete, war übrigens das einzige Ensemblemitglied, das im zwei Jahre später entstandenen Sequel „Revenge of the Zombies“ (in dem John Carradine für den Führer Zombies in Louisana bastelt) seine Rolle wieder aufgriff.

John Archer ist als Bill Summers selten „bland“ – man hat zugegeben selten wirklich gute Leute für die Heldenrollen in poverty-row-Horrorfilmen finden können (die steckten die wenige Kohle, die sie hatten, zumeist in semi-namhafte Schurkendarsteller); er ist ein typischer Kleiderständer ohne Ausstrahlung, ohne Screenpräsenz, ohne Chemistry mit seinen Darstellerkollegen. Ihn sah man später noch in „Bowery at Midnight“, dem Cagney-Klassiker „Maschinenpistolen“, „Endstation Mond“, dem Elvis-Heuler „Blue Hawaii“ und als Stammgast in 60er-Jahre-TV-Serien wie „Perry Mason“ oder „Bonanza“. Sein Sideckick Dick Purcell („Mac“) hat immerhin die Distinktion, der großen Leinwand erster „Captain America“ zu sein – er spielte den Schildträger im Republic-Serial von 1944. Viel hatte er von diesem Ruhm allerdings nicht, weil er noch im gleichen Jahr nach einer Golfrunde im Umkleideraum an einem massiven Herzinfarkt im Alter von 35 Jahren verstarb. Ich will’s mal diplomatisch ausdrücken – ich glaube nicht, dass die Schauspielkunst einen zukünftigen Oscar-Gewinner verlor.

Joan Woodbury, die Barbara einigermaßen erträglich, aber auch wenig auffällig spielt, war später noch in Charlie-Chan-Filmen und ein paar Billigwestern zu sehen, aber 1945 auch Hauptdarstellerin in Columbias frühem Versuch, aus den Abenteuern der Comic-Heldin Brenda Starr ein franchisetraugliches Serial zu stricken. 1956 hatte sie einen kleinen Auftritt im Monumentalfilm „Die 10 Gebote“ und acht Jahre später feierte sie ihren Screen-Abschied im Trash-„Klassiker“ „2071: Mutan-Bestien gegen Roboter“.

Bliebe noch der Schurke zu erwähnen. Die Rolle des Dr. Miklos Sangre war ursprünglich, was der ungarische Vorname nicht schwer erraten lässt, für Bela Lugosi gedacht, der aber verhindert war. Monogram versuchte, ersatzweise Peter Lorre zu verpflichten, musste schlussendlich aber auf Henry Victor, einen in Deutschland aufgewachenen Briten, zurückgreifen, der quasi auf deutsche Charaktere spezialisiert war (er spielte den U-Boot-Kommandanten von Steuben in „Seas Beneath“, Otto Lilienthal in „Conquest of the Air“ oder, für Ernst Lubitsch 1942 Hauptmann Schultz in „Sein oder Nichtsein“). Ich will Victor nicht zu nahe treten – wer über 100 Einträge in seiner Filmografie hat, auch wenn es oft eben nur Nebenrollen wie Nazioffiziere waren, ist vermutlich in seiner Zunft nicht ganz schlecht, aber seine Performance als Dr. Sangre zeigt, was man an Bela Lugosi hat. Zu Belas Schauspielkunst kann man stehen, wie man will, aber eins kann man kaum verleugnen – wenn er „on“ war, hatte er nicht wegzudiskutierendes Charisma, die gewisse „larger than life“-Ausstrahlung, die ein Erzschurke in einem Klischeegrusler nun mal einfach braucht. Victor hat sie nicht, obwohl er (vielleicht auf Geheiß Yarbroughs) sichtilch bemüht ist, seinen ganzen Habitus ein wenig Lugosiesque zu gestalten, aber über „blasses Abziehbild/billige Kopie“ kommt er halt nicht hinaus.

Bildqualität: Mit liegt der Streifen in Form der „Zombie Collection“ aus dem Hause Elfra vor, wo er sich eine Disc mit „White Zombie“ und „Night of the Living Dead“ teilt. Die Bildqualität ist angemessen schauderhaft – der 4:3-Print geht bei größeren Bildschirmen und speziell auf flachem Equipment heftig in die Knie und verabschiedet sich in grobe Pixeligkeit – ich will nicht arg meckern, weil ich für die 3-Filme-DVD grad mal 99 Cent bezahlt habe, aber insgesamt will mir nicht wirklich ein Grund einfallen, warum man sich den Film nicht auf YouTube oder bei archive.org für ganz umme ankucken sollte…

Tonqualität: … denn dort hätte man wenigstens noch den O-Ton und den ursprünglichen Score. Ich hab, zugebeben, schon schlimmere Neusynchros gehört (aber nicht viele) – man gab sich wenigstens Mühe, einigermaßen passende (if untalentierte) Sprecher zu finden. Was natürlich gar nicht geht, ist die stellenweise eingeschummelte „Modernisierung“ der Dialoge – „ich kenne Museen, die *übelst* dafür zahlen würden“… das geht in einem Film von 1941 nicht. Der neue Synthi-Score ist natürlich zum direkt wegwerfen.

Extras: –

Fazit: Es ist ’ne Geschmacksfrage – sieht man „King of the Zombies“ als frontal gescheiterten Versuch eines billigen Horrorreißers oder als reinen Showcase für das konsiderable, aber fehlgeleitete Talent eines Mantan Moreland? Als Gruselfilm versagt „King of the Zombies“ mangels auch nur versuchter Scares völlig, für die Zombie-Mythologie ist der Film unwichtig und Morelands Performance ist eben auch nur im filmhistorischen Kontext als „hätte noch viel, viel rassistischer sein können“ erträglich. Ich werte die Angelegenheit mal als „historical curiosity“ und verbleibe bei „neutralen“ zwei von fünf Punkten.

2/5
(c) 2013 Dr. Acula


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