Hermann mit der Schneeschaufel

 
  • Deutscher Titel: Hermann mit der Schneeschaufel
  • Original-Titel: Hermann mit der Schneeschaufel
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  • Regie: Dominic M. Singer, Albert Krivanec, Reinhard Schröder
  • Land: Österreich
  • Jahr: 2014
  • Darsteller:

    Dominic Marcus Singer, Nathalie Mintert, Jackie Wulf, Jolanta Warpechowski u.a.


Vorwort

Kurz zur Vorgeschichte: Vor einiger Zeit ist man an mich herangetreten und bat mich doch eine Review zum Amateur-Splatter/Comedy-Film „Hermann mit der Schneeschaufel“ zu schreiben, und überließ mir dazu auch gleich den Film kostenlos. Da ich ja kaum eine so charmante Bitte ausschlagen konnte, holte ich mir seelischen und kommentartechnischen Beistand von meiner Frau und schon ging die Sichtung los. Der Film ist momentan auf VIMEO für kleines Geld auszuleihen und wird im Dezember 2015 auf DVD erscheinen.


Inhalt

Zur Story:

Auftakt in einer gottverlassenen Wüste. Zwei Männer befinden sich augenscheinlich auf Schatzsuche. Einer davon sieht wie eine Indiana Jones Kopie aus (nur deutlich älter) und trägt wohl das schlechteste Make-up das mir je untergekommen ist (anfangs dachte ich noch, das Make-up soll den jungen Schauspieler künstlich auf alt puschen, dient jedoch dazu eine mysteriöse Hautkrankheit darzustellen. Naja, macht’s jetzt auch nicht besser…). Dieser wird begleitet von seinem treuen Diener (Sallah?), der nicht nur ein sprachliches Genie zu sein scheint, weil er Opas Österreichischen Dialekt versteht (klingt fast wie Roland Düringer in „Muttertag“) sondern auch ansonsten jede Strapaze inkl. akutem Wassermangel fast protestlos über sich ergehen lässt. Am Ende der kurzen Anfangsszene finden die zwei eine „Schatzkiste“.

Zack – Blende – Intro.

Nach dem knackigen Intro (inkl. Schneeschaufel!) geht es dann auch schon prompt in ein beschauliches Dörfchen. Wir befinden uns im Haus des titelgebenden Protagonisten Hermann (Dominic Singer) der mit seiner erzkatholischen Großmutter, die noch dazu mit einer extrem nervigen Stimme gesegnet ist, zusammen wohnt. Nachdem Oma auf besonders „anmutende Weise“ ein Wurstbrot vertilgt hat, Hermann mit einem richtig schön auf ekelig getrimmten Küsschen beschenkt hat und ihn auch noch wegen des Taschengelds verarscht, zieht Hermann von dannen. Während er nach der Post sieht, findet er plötzlich die Kiste aus dem Auftakt inkl. einiger Maroni (Ess-Kastanien) und einem Brief von seinem Opa, in dem dessen obskure Reise geschildert wird, auf der er sich dank einer 3-brüstigen Zigeunerin (im Film ein Mann mit Bart und ähmm…tja drei Orangen äh Brüsten, quasi eine Conchita Wurst im fortgeschrittenen Alter meets Total Recall) eine Hautkrankheit einfängt und irgendwann die Kiste findet mit eben jenen Maroni.

Da Hermann offensichtlich nichts dagegen hat sich ein wenig Geld dazuzuverdienen, baut er sich kurzer Hand einen Maroni-Stand und wartet (zuerst vergeblich) auf Kundschaft. Er schläft mangels Beschäftigung ein und sieht im Traum plötzlich die Zigeunerin welche im „befiehlt“ aufzuwachen. Da erscheint plötzlich eine Junge Frau namens Hannah und Hermann verguckt sich gleich mal in sie (kein Wunder, ist die Gute zwar kein schauspielerisches Talent aber durchaus nett anzusehen) Leider ist er gezwungen kurz seinen Stand zu verlassen, da Großmutter wieder mal nach ihm ruft und das Unheil nimmt seinen Lauf.

Auftritt: Die lokalen Bad Boys. Ein Grüppchen Hohlbirnen, denen man ganz subtil gleich das passende Bösewichter-Werkzeug verpasst hat: Eine Kette (!), einen Baseballschläger (!!) und eine Federboa (???). Die netten Herren machen gleich mal Kleinholz aus Hermanns Stand und kommen dann auf die Idee die fesche Hannah zu entführen. Als Hermann zurück kommt findet er nur mehr die Reste seines „Maroni-Imperiums“ und keine Spur von Hannah. Er findet auf dem Boden eine letzte Maroni, und da er grade sonst keinerlei Beschäftigung aufweisen kann, vertilgt er diese mit Tränen in den Augen (Drama Baby!) Zurück bei unseren Bösewichtern kommt der messerschwingende „Schlitzer“ drauf, dass er eben jenes Messer am Tatort verloren hat. Da es in der Ortschaft anscheinend unfassbar schwer ist an ein neues Messer heranzukommen, macht er sich zusammen mit Heinrich (Tunte mit Federboa…ja wirklich) auf den Weg zurück, wo er dann auch gleich mal auf Hermann trifft. Nach einem kurzen Gerangel köpf diesen den guten „Schlitzer“ mit einem Schneeschaufel-Hieb (und der abgetrennte Kopf sieht üüüüberhaupt nicht künstlich aus…) und es wird im klar, dass die Marone, die er gerade gegessen hat, wohl ein besonders Naschzeug ist, das ihm eine große körperliche Kraft verleiht. Lange kann er nicht darüber nachdenken, denn da stürmt schon „Federboa-Guy“ heran um ihm kettenschwingend den Garaus zu machen. Doch auch „Heinrich“ hält nicht lange durch, und nachdem er Hermann verraten hat wo das Mädchen ist, erdrosselt ihn dieser mit seiner eigenen Kette und macht sich stilecht mit geschärfter Schneeschaufel (was ist dagegen schon eine Kettensäge!?) auf seinem Schlachtross (ein Moped) auf den Weg seine Angehimmelte zu retten. Wir dürfen nun einen Blick ins düstere „Hauptquartier“ der Evil Inc. werfen, wo ein degenerierter Haufen von Bösewichter unter Big Boss „Bruno der Berserker“ (natürlich mit Augenklappe, JEDER Oberbösewicht braucht eine Augenklappe!) um Hannah herum tänzelt und ihr zur Feier des Tages gleich mal die Bluse aufreißt.

Doch Hilfe in Form von Hermann naht. Und nach kurzem und unspektakulären Wortgefecht kann das Splattern beginnen. Hermann dezimiert die Anhänger des Big Boss nacheinander (ja, es stellt sich wirklich quasi jeder brav an…) Da wird ein Kopf zermatscht, ein Mann halbiert, Gedärme rausgezogen, ein Arm abgetrennt, ein Genick gebrochen, und ein irrer, Techno hörender Typ namens „Madhead Jupp“ wird elektrisch geröstet, bevor ihm die Kehle aufgeschlitzt wird. Dann folgt auch schon der „Boss Fight“, und es scheint eng zu werden, denn Hermann sind die Maroni abhanden gekommen, die er immer wieder zu sich genommen hat um seine übermenschliche Stärke nicht zu verlieren. Big Boss Bruno fällt endlich ein, dass er ja die ganze Zeit eine Knarre hatte und nach einem langen „Bla Bla“ Monolog (nix geschenkt, Leben ist Scheiße, Auge verloren) schafft es Hermann auf ihn zuerst heißen Kaffee zu schütten und ihn dann mit dem Schneeschaufelstiel aufzuspießen.

Ende gut (fast) alles gut. Hannah und Hermann küssen sich, entkommen und alles scheint paletti zu sein. Beim Haus der Großmutter angekommen, erscheint aber plötzlich ein UFO (!!!) und entführt Hermann unter den entsetzen Blicken seiner Flamme (das schreit ja förmlich nach einer Fortsetzung!). Abspann.

Nun sitz ich hier mit meiner Frau, und weiß nicht so richtig was mir gerade passiert ist (was aber nicht heißt, dass ich mich nicht über weite Strecken köstlich amüsiert hätte). Doch genug der einführenden Worte, kommen wir zum gesichteten Material und dessen (im wahrsten Sinn des Wortes) teilweise „einschlagende“ Wirkung…“

Schauspieler:

Eigentlich kaum etwas Erwähnenswertes. Fast allen Beteiligten merkt man an, dass sie A.) Laien sind und B.) selbst mit den teilweise schon einfachen und holprigen Texten überfordert sind. Was allerdings hervorsticht ist die hervorragende Mimik von Dominic Singer (Hermann), der wunderbar überzeichnet gucken kann und so immer wieder für ein herzhaftes Lachen sorgt und die Rolle des einfältigen, etwas zurückgebliebenen Hermann damit wunderbar rüberbringt. Kurz erwähnen muss man den Cameo-Auftritt von Raimund Wallisch, einem bekannten österreichischen, professionellen Schauspieler, der vor allem durch seine Präsenz als schräge Zigeunerin einen bleibenden Eindruckt hinterlässt. Leider merkt man auch an den Kämpfen selbst, dass hier kein echter Choreograph am Werk war (was bei einem Budget von grade mal 9000 € auch kein Wunder ist). Zu ungelenkig, ohne Dynamik und handwerklich eher Mau ist das Ganze.

Effekte:

Positiv fällt auf, dass in den Kill-Szenen mit (Kunst)Blut nicht gespart wurde. Da spritzt es ordentlich und es werden jede Menge Gliedmaßen abgetrennt und Körper durchbohrt. Allerdings sind eben jene Splatter-Szenen jederzeit als Trick durchschaubar (unter anderem der abgetrennte Kopf von „Schlitzer“, das hätte selbst der gute Uwe Boll besser hinbekommen).

Fazit:

Auch wenn sich mein Review teilweise vielleicht zu negativ anhört, muss ich sagen, dass meine Frau und ich uns trotz all der Einschränkungen doch gut unterhalten haben, immer wieder mal laut Hat seine Beine verlegt lachen mussten (sei es ob wirklich witziger Szenen, oder ungewollt komischen Einlagen) und die knappe Stunde Trash durchaus genossen haben!

Bewertung:
Fünf charmante Biere für eine nette kleine Splatter Komödie, an der man auf jeden Fall merkt wie viel Spass die Protagonisten am Dreh hatten.

Interview

Da ich diesmal auch gerne die Filmemacher ihre Sicht der Dinge darstellen lassen wollte, habe ich kurzerhand mal ein paar Fragen zusammen geschrieben, und will euch das wirklich amüsante, teils umwerfend komische Mini-Interview nicht vorenthalten. Los geht’s:

Frage 1: Wie kam die Story zustande?

Dominic M. Singer: In erster Linie aus pragmatischen und ethischen Budgetgründen. Unsere Drei Mann- Show lief anfangs unter dem schlichten Arbeitstitel „Trash Projekt“, die gemeinsame Vision: Micro-Budget und „Trash“ werden zum System, gepaart mit cineastischer Innovation, so wie wir dieselbige verstehen: Eine zeitlose Originalstory im Rahmen der klassischen, bereits etablierten Erwartungen an solch einen Streifen. Kino wie wir es lieben und in Österreich vermisst haben. „Trash“ wurde also schnell zu einem, für uns anspruchsvollen Begriff: Eine spezielle Kunstform, der wir unser Verständnis davon aufdrängen wollten. Unfreiwillige Komik zum Beispiel, musste sich uns unterordnen. Trash mit System. Trash zerstückeln, mit den Leichenteilen neu gestalten: Hollywood der 80er trifft auf Riesen-Budgetloch, trifft auf filmische Österreich-Rebellion, trifft auf 3 Typen mit einer Kamera, wenig Geld und viel Herz. Ein großer Stinkefinger an einen sich noch nicht gänzlich herauskristallisierten Zeitgeist, an den speziellen Spießer des 21. Jahrhunderts. Vor einigen Jahren nach einer verzechten Nacht, drehten Albert und ich einen Fake- Trailer zu „Hermann mit der Schneeschaufel“. Die kaum zweiminütige Gespritztheit entstand also in wenigen Stunden an einem restlustigen Vormittag. (Fun Fact dazu: Im Fake-Trailer kommt keine Schneeschaufel vor.) Die Idee haben wir schließlich vielleicht auch wegen ihrer pubertären Herkunft ausgegraben und rundherum eine Story gewoben. Eigentlich muss man mit dem Inhalt recht zufrieden sein, kurzweilig waren wir nämlich schon in ganz anderen Spähren. So viel dazu.

Frage 2: Wie gelungen seht ihr die Splatter FX bzw. gab es Verbesserungsüberlegungen?

Dominic M. Singer: Wir stehen auf Old School. Unser technisches Hauptziel war es also, die Splattereffekte gänzlich praktisch, selbstgemacht und direkt vor Ort umzusetzen. Das ist uns gelungen. In Hinsicht der dazugehörigen, finanziellen Möglichkeiten sind wir sehr zufrieden. Nachträglich hätte ich für die FX gerne noch mehr Zeit am Set gehabt. So wie für vieles Andere. Aber Zeit ist Geld, das gilt vor allem auch für Film.

Frage 3: Wer brachte die meiste schauspielerische Erfahrung zu Drehbeginn mit?

Dominic M. Singer: Bei der Bande gab es zum Bespiel schon einige, die ans Set gekommen sind und eine sehr feine, persönliche Darstellung ihrer Figuren angeboten haben. Das habe ich dann aber gleich unterbunden und durch die Szenerie gebrüllt: LAUTER! VERRÜCKTER! ÜBERTRIEBENER! GEISTESKRANKER! GESTÖRTER! Wenn Trash zum System avanciert, gibt es keinen Platz für mögliche Sympathie zu Figuren der Geschichte. Wenn man sich dazu entscheidet, Hannah und Hermann zu mögen, reicht das völlig aus. In dieser Geschichte sind (fast) alle Menschen eklige, laute und unnatürliche Drecksäcke, die dafür auch ordentlich kassieren. Die braucht man also auch nicht gern haben, sondern den Hermann und seine Schneeschaufel, die die asozialen Kerle zerlegen. So wird jeder Tod zu einer Entspannung, zu einem Fest. Das ist ja der angenehme Unterschied zum realen Leben: Dort müsste man schon sehr intensiv über sich selbst nachdenken, wenn man beim Tod eines Individuums eine gewisse Befreiung verspürt – Dann ist man ein Manipulierter in einer erlogenen Schwarzweißwelt. Film darf das. Film nimmt seinem Publikum das Fantasieren ab. Überdies ist Trash das Nonplusultra des „Gut-gegen-Böse“. In unserem Film läuft zu Beginn kurz eine Nachrichtensendung, hört man dieser genau zu, kann man erahnen welche Welt wir hier abbilden. Auch darum ist das Applaudieren zu einem kreativen, grausamen Mord bei uns erlaubt. Es sterben nämlich keine wirklichen Menschen, nur perverse Archetypen, psychopathische Illusionen von Ideen von Individuen. Der Welt wird ein Spiegel vorgehalten. Jeder Zeit ihre Pest.

Frage 4: Kann es sein, dass einige oder mehrere Dialoge improvisiert waren?

Dominic M. Singer: Jaja!

Frage 5: Sollte der Film von Anfang an in die Comedy Richtung gehen oder war ursprünglich ein reiner Splatter geplant?

Dominic M. Singer: Ja, absolut! Es wurde hauptsächlich eine Komödie geplant. Splatter selbst, wie wir ihn mögen und als sinnvoll erachten, haben wir auch stets als eine Form der Komödie verstanden. Das spielte uns dabei in die Hände, etwas Außergewöhnliches auszuprobieren: Verschiedenste Arten von Comedy (Körperhumor, Slapstick, Dialogwitz, usw.) wurden eingestreut, bilden die Handlung und ebnen so auch den Weg für den Gewalthumor, eben auch in Form des Splatteranteils. Dadurch entsteht eine Welt, in der keine Ernsthaftigkeit existiert: Wenn ich als Geschichtenerzähler möchte, dass jemand einen gerade frisch abgetrennten Kopf als amüsant empfindet und dabei herzlich lacht, muss dies schon Teil eines insgesamt klamaukigen Blödelfilms sein, in der ein solcher Kopf auch wirklich lustig sein darf.

Frage 6: Was für Kamera Equipment habt ihr verwendet?

Dominic M. Singer: Panasonic Lumix DMC-GH2. Eine sehr exotische Angelegenheit. Somit auch perfekt für die bunte Schwarzweißwelt, in der unser Märtyrer Hermann leiden darf.

Frage 7: Was sind eure Lieblings-Horrorfilme?

Dominic M. Singer: Zum Beispiel „The Shining“ oder „The Exorcist“. Und nicht zu vergessen: „The Babadook“ – Vielleicht sogar der bisher beste Horrorfilm der 2010er Jahre! Großartige Horror/Splatter-Komödien: „Evil Dead 2“, „Braindead“, „Bad Taste“ und „Bubba Ho-Tep“.

Frage 8: Wann kann man mit der Fortsetzung rechnen?

Dominic M. Singer: Es gab bereits einen ungefähren Fahrplan für eine mögliche Trilogie. Der wurde bereits wieder verworfen. Für die Fortsetzung existieren die verschiedensten Drehbuchentwürfe. Momentan hat das Sequel aber keine Priorität. „Hermann mit der Schneeschaufel“ erscheint zu Weihnachten als Special Diamond Edition auf DVD. Zuerst folgt eine eigenständige Spielfilmkomödie, die hat mit Horror und Splatter gar nichts am Hut. Danach sehen wir mal weiter. Kommt es zu Teil 2 versprechen wir natürlich, dass es konsequent teurer und länger, schlechter und dümmer wird!

(c) 2015 Oliver & Tami


BOMBEN-Skala: 0

BIER-Skala: 5


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