Herkules gegen die Tyrannen von Babylon

 
  • Deutscher Titel: Herkules gegen die Tyrannen von Babylon
  • Original-Titel: Ercole contro i tiranni di Babilonia
  • Alternative Titel: Hercules and the Tyrants of Babylon |
  • Regie: Domenico Paolella
  • Land: Italien
  • Jahr: 1964
  • Darsteller:

    Peter Lupus (Herkules, als „Rock Stevens“), Helga Liné (Tanil), Mario Petri (König Phaleg), Livio Lorenzon (Salman Osar), Anna Maria Polani (Esperia), Tullio Altamura (Azur), Franco Balducci (Baha), Diego Pozzetto (Bomar), Diego Michelotti (Christophisis)


Vorwort

So um 1000 vor Christus – Babylon wird (historisch eher zweifelhaft, sag ich mal) von einem Triumvirat regiert – die bildhübsche Tanil teilt sich den Regentenjob mit ihren Brüdern, dem hitzköpfigen Militärfanatiker Salman Osar und dem durchtriebenen Machtpolitiker Azur. Momentan ist die größte Sorge der Geschwisterriege ein Mangel an Sklaven, die in Babylon und Ninive, den größten Städten des Reiches, alle schwere Arbeit verrichten und normalerweise problemlos bei kurzen Feldzügen in die angrenzenden Gebiete eingesackt werden. Doch neuerdings gibt es Gerüchte, ein superstarker Einzelkämpfer würde den Bedrängten zu Hilfe eilen und die babylonischen Trupps aufreiben…
Noch allerdings halten die Regenten, speziell Salman Osar, der entsprechende Berichte als vorgeschobene unkreative Ausreden, das Versagen der jeweiligen Berichterstatter zu tarnen, betrachtet, diese für genau das, nämlich unbewiesene Gerüchte, sogar noch, als Glaucone, ein hochrangiger Offizier und insgeheim der Geliebte von Tanil, den Augenzeugen mimt.

Doch es gibt vordringliche Geschäfte. Babylons Verbündeter, der Assyererkönig Phaleg, schaut mit einem ganzen Haufen teurer Geschenke vorbei. Er hätte nur einen bescheidenen Wunsch – er würde gern alle Sklaven, die in der Stadt Babylon gefangen gehalten werden, mitnehmen. Dem Triumvirat kommt dieser Wunsch begreiferlicherweise ziemlich unkoscher vor. Aber welche Hintergedanken hegt Phaleg? Tanil gelingt es, Phaleg ein Wahrheitsserum einzuflößen und das bringt erstaunliche Ergebnisse – unter den zahllosen Sklavinnen befindet sich auch die bei einem früheren Feldzug von den Babyloniern unwissentlich versklavte Königin der Hellenen, Esperia (auch das halte ich für nicht hundertprozentig historisch verbürgt, wenn ich mal so sagen darf). Würde Phaleg sie ehelichen, wäre er selbst König der Hellenen und könnte seine Machtsphäre so nicht unerheblich aufwerten. Da allerdings niemand, zumindest niemand, der’s verrät, weiß, wer *genau* Esperia ist, muss Phaleg halt alle mitnehmen (naja, die Kerle könnte er da lassen. Wird ja kein Transvestit sein) und dann in aller Ruhe rausfinden, wer die Richtige ist.

Dieweil man Phaleg ohne definitive Antwort ziehen lässt, hat Esperia (die man, wenn man wollte, schon daran erkennen könnte, dass sie als einzige Sklavin ein Kleid mit einer Art Lorbeerkranzapplikation trägt) bereits in aller Heimlichkeit einen Boten zu Herkules geschickt – denn natürlich ist unser aller Lieblingsmuskelmann auf der Suche nach niemand anderem als seiner geliebten Königin, die mit beträchtlichen Teilen des Hellenischen Volkes, als Herki von einem mehrjährigen Auslandstrip nach Hause zurückkehrte, verschwunden war (das kommt davon, wenn man sich ständig in der Weltgeschichte rumtreibt und diverse Heldentaten vollbringt. Daheim ster’m die Leut‘).

Die Babylonier sind zu dem Ergebnis gekommen, dass Phalegs Plan ziemlich gut ist, mit Ausnahme natürlich der Beteiligung Phalegs selbst. Das Königreich der Hellenen wäre ja auch eine schöne Erweiterung für das babylonische Reich und mit einem legitimen Heirats-Claim könntem an sich ja sogar ’nen kostspieligen Krieg sparen. Da ein Geheimnis nur dann gut ist, wenn’s außer einem selbst niemand anderes weiß, wird beschlossen, Phaleg umzubringen. Doch dem Assyrer kommt in der Stunde des Hinterhalts der Zufall in Form des hellenischen Halbgotts zu Hilfe. Für Phaleg als auch Herkules ist der jeweils andere ideales Mittel zum Zweck – und so muss der Assyererkönig Herkules nicht lange überreden, für ihn nach Babylon zu ziehen und Esperia zu apportieren, ein paar Mann Geleitschutz (die nach Erfolg der Mission natürlich nichts anderes zu tun haben sollen als Herki zu meucheln) stiftet der Kini.

In Babylon wird Herkules, dessen Anreise sich schnell rumgesprochen hat, mit allen Ehren empfangen, denn die Babylonier, die inzwischen herausgefunden haben, dass sie mit Folter bei den taffen Helleninnen nicht weiterkommen, realisieren, dass der elende Held der ideale Königinnen-Identifikator ist und man ihn daher am Besten gut im Auge behält. Mit Hilfe des entflohenen Sklaven Christophisis entdeckt Herkules die unterirdischen Katakomben, in denen die Sklaven gefangen gehalten werden, aber zur Befreiungsaktion bräuchte Herki noch ein gutes Ablenkungsmanöver. Das liefert unfreiwillig Tanil, die beschlossen hat, dass drei Geschwister auf dem Thron ca. ungefähr genau zwei zuviel sind und mit Glaucone als Boy Toy in Ninive neu anzufangen – ihre Brüder (die sich inzwischen ebenfalls längst uneins darüber sind, wer zum Donner nun die Hellenenkönigin heiraten darf) und die ganze Stadt Babylon sollen untergehen. Und wie’s der Deibel will, hat der alte Daedalus vor etlichen Jahren unter der Stadt eine gewaltige Winde, die mit Ketten mit allen Gebäuden Babylons verbunden ist, errichtet – hundert Sklaven wären nötig, sie zu drehen. Hundert Sklaven, oder… ein hellenischer Halbgott, der auf Babylon nicht ganz so prima zu sprechen ist…


Inhalt

Abt. Männer in Miniröcken… da dachte ich eigentlich, durch jahrelanges Kucken des BR-Ferienprogramms hätte ich so ziemlich jeden halbwegs wichtigen Muskelmann-/Gladiatoren-/Sandalen-Film gesehen, aber es gibt immer wieder Entdeckungen, so wie vor einiger Zeit den kuriosen Hercules Against the Moon Men. Auch von „Herkules gegen die Tyrannen von Babylon“ (was auch nicht gerade ein Titel ist, der einem leicht von der Zunge rollt) hatte ich nie etwas gehört, bis mir der Streifen in einem dieser cheap-ass-50-Film-Packs Marke Treeline/Mill Creek, ausgerechnet in einer „SciFi Classics“-Edition, unter die Pupillen kam.

1964 lag das Peplum-Genre in den letzten Zügen und hatte bereits Plotten, in denen Maciste (nach der Peplum-Mythologie ja Herkules‘ Sohn) gemeinsam mit Robin Hood amtierte oder Dschingis Khan auf die Nase haute, überlebt – ein knappes Jahr später sollten Eurospy-Agentenfetzer und Spaghettiwestern die neuen Moneymaker der italienischen Schnellschussindustrie werden. Während andere späte Genrerivalen wie der bereits referierte „… Moon Men“ jegliche Illusion, sie spielten auch nur annähernd im gleichen Universum wie dem, das wir bewohnen, aufgaben, müht sich „Tyrannen von Babylon“ um einen vergleichsweise bodenständigen Ansatz. Produzent und Autor Luciano Martino („Der Koloss von Rhodos“, „Piratenkapitän Mary“, „Der Dämon und die Jungfrau“, „Django – Melodie in Blei“, „Er – Stärker als Feuer und Eisen“, „Das unheimliche Auge“ , „Eine Superpolizistin in New York“ – wir sehen, der Herr hat so ziemlich alles geschrieben, was gerade in Cinecitta vogue war; die Agentenabteilung befriedigte er damit, bei ein paar „Bob-Fleming“-Heulern sogar Regie geführt zu haben) und sein Compagnon, Autor und Regisseur Domenico Paolella („Die Küste der Piraten“, Frauen für die Teufelsinsel, „Die Rache des Spartacus“, „Django – Die Bibel ist kein Kartenspiel“ und mit einem letzten bedeutenden Aufbäumen im Nunsploitation-Genre „unsterblich“ geworden: „Die Nonne von Verona“, „Der Nonnenspiegel“) schrauben die artfremden SF- oder Fantasy-Elemente zurück und beschränken sich darauf, die Abenteuer eines superstarken Muskelmannes im Rahmen eines halbwegs historischen Zusammenhangs zu erzählen („historisch“ insofern, als man die Namen „Babylon“ und „Ninive“ nicht aus der hohlen Hand erfunden hat).

Das Script bemüht sich, dem althergebrachten Setting durch fröhliches Intrigenspiel neue Seiten abzugewinnen – dass schlussendlich fünf Fraktionen mit unterschiedlichsten Kreuz- und Querverbindungen hinter dem gleichen personifizierten MacGuffin her sind, sorgt für den ein oder anderen vorprogrammierten Plottwist (aber auch dafür, dass Herkules und seine Freunde manchmal etwas bigott wirken – wenn Christophisis sich lautstark beschwert, als Bahar Esperia zu Phaleg bringen will, darf man sich schon vor Augen halten, dass das GENAU DAS ist, wofür Herkules unterschrieben und sogar einen Treueeid geschworen hat [dass Phaleg sich nicht an die Abmachung halten will, kann Herki bis dahin bestenfalls educated guessen, aber nicht wissen. Nu ja, Christophisis wird dafür auch erdolcht, so gleicht sich alles aus). Es bedeutet aber auch, dass relativ viel Zeit auf die Etablierung und Ausarbeitung der diversen konkurrierenden Pläne und Strategien verteilt werden muss und Herkules als Peplum-Held fast ein wenig zu kurz kommt; so richtig in Kontakt mit dem Plot kommt Herki nach ungefähr 40 Minuten, bis dahin schaute er zwei-dreimal kurz vorbei, um mit seiner lächerlichen 2 Meter langen Riesenkeule den ein oder anderen Trupp Babylonier aufzumischen (wobei die Faustregel gilt: jede Berührung mit der Keule oder gar einem Körperteil Herkules‘ ist prinzipiell tödlich. Ist auch nötig, weil der Herkules-Darsteller, auf den ich noch zu sprechen komme, nun nicht der Alleragilste unter den Bodybuilderschränken ist). Ein bisschen Toleranz für außenpolitische Planungen und Ränke bei Königs und Tyrannens muss also mitgebracht werden.
Herkules selbst ist für den Plot eigentlich herzlich unwichtig (gut, er kann die Königin identifizieren, aber das könnte sicherlich Christophisis auch. Den fragt nur niemand) – von den fünf wesentlichen Schurken erledigt Herkules gerade mal einen, der Rest eliminiert sich selbst bzw. gegenseitig; im Finale ist unser Herk eh hauptsächlich damit beschäftigt, die Weltuntergangsmaschine in Babylons Keller zu drehen (Conans Mühlrad sieht dagegen schwieriger zu bearbeiten aus) – obschon die in ihrer grotesken Dussligkeit schon wieder genial ist.

Aber das, was man beim gepflegten Peplum meist voraussetzen kann, klappt auch hier ganz gut – die Ausstattung ist durchaus üppig (auch wenn in den ganz großen Massen- und Zerstörungsszenen auf stock footage aus älteren Epen zurückgegriffen wird) und ein-zwei memorable Bilder fängt Kameraveteran Augusto Tiezzi (Island Monster, „Der Titan mit der eisernen Faust“, „Die Höllenkatze des Kong-fu“ [das „kong“ ist ausnahmsweise mal kein Tippfehler]) tatsächlich ein – bei aller Abgedrehtheit ist der Anblick von Herkules, der die kettenumwickelte Winde bedient, tatsächlich einprägsam und die „Massenfolter“ der Helleninnen (die nicht sehr explizit ist – man fesselt die Mädels an Pfähle und lässt sie da rumhängen, bis irgendwann mal eine redet. Nach ein-zwei Tagen helfen die Babylonier mit ein paar Peitschenhieben nach) bietet mit den Dutzenden in der Landschaft herumstehenden gefesselten Frauen ein bemerkenswertes Visual (und die Gelegenheit für einen erstklassig geklauten „ich-bin-Spartakus“-Moment. Stanley Kubrick bedankt sich). Das Tempo ist – obwohl mir hier der vermutlich gekürzte AIP-Fernsehprint vorliegt – eher mäßig, was auch daran liegt, dass die Actionszenen nicht sehr aufregend sind (und die „feats of superhuman strength“, die Herkis Ruf vorauseilen, nun auch die Wurst nicht vom Teller ziehen. Ein Rad drehen konnte später Conan auch ohne Halbgott zu sein, und über die paar Pappmachefelsen, die Herkules wirft, breiten wir auch eher den Mantel olympischer Vergesslichkeit).

Zu erwähnen sei die fürchterlich unpassende Landschaft (weil man die Chose offenbar in der gleichen Ecke gedreht hat wie später so ziemlich jeden unterfinanzierten Eurowestern, der sich nicht mal den Trip nach Spanien leisten konnte, glaubt man immer, gleich käme ein billiger Django-Imitator um die Ecke geritten) und die ebenfalls eher nach Wildwest klingende Musik (wobei man AIP natürlich zutrauen kann, dass die im Zuge der – überraschend passablen – englischen Synchronisation irgendwelche stock music draufgepappt haben).

Herkules-Darsteller gibt’s bekanntlich ohne Ende, „Rock Stevens“ kommt sicher nicht in meine Top 10. Sure, der Bursche, der unter seinem bürgerlichen Namen Peter Lupus (es war LUPUS!) als einer von nur zwei Darstellern alle 159 Folgen der originalen „Mission: Impossible“-TV-Show durchstand (und sich auch Superman-Darsteller nennen darf. Er mimte den Stählernen lizenzierterweise in einer Reihe von US-Armee-Rekrutierungsfilmen, bis er sich nackt vom Playgirl ablichten ließ und umgehend gefeuert wurde), looks the part (er rasierte sich sogar extra die Brusthaare, um den muckiglänzenden Halbgott-Look hinzukriegen), doch schauspielerisch sieht Steve Reeves neben ihm richtig gut aus – und der hielt sich auch besser in den Actionszenen; so richtig viel außer ein paar sehr simplen basic moves hat er nicht auf der Pfanne, und wenn er mit der Keule hantiert, sieht das auch sehr albern aus (gut, da würden sich auch andere schwer tun). Gibt auch Herku-Darsteller, die einen angstrengteren Flunsch ziehen können…

Die holde Weiblichkeit sieht da schon, hehe, besser aus. Die verdiente Trash-Queen Helga Liné („Sartana – noch warm und schon Sand drauf“, „Horror Express“, „Blutmesse der Zombies“, The Vampires‘ Night Orgy) macht als böse Tanil eine sehr sehr leckere Figur und Anna Maria Polani (auch bekannt als „Ann Sherman“ und auch bei den „Moon Men“ zu sehen, außerdem in „Das Monster auf Schloß Moorley“) ist ihr hübsch-unschuldig-trauriges Gegenstück. Kein Einwand. Schauspielern müssen die Ladies ja jetzt nicht so wirklich, ähm.
Sandalen-Spezialist Mario Petri („Herkules erobert Atlantis“, „Antea – Sklavin Roms“, „Der Zorn des Achilles“) macht sich als König Phaleg recht gut, Livio Lorenzon („Zwei glorreiche Halunken“, „Vier für ein Ave Maria“, „Zorro und die drei Musketiere“) hat als durchgeknallter Salman Osar eine ordentliche Kanne Spaß und chargiert nach Gusto, Tullio Altamura („Seddok – Der Würger mit den Teufelskrallen“, Sartana – Töten war sein täglich Brot, „Ein Loch im Dollar“) fährt auch nicht schlecht.

In weiteren Rollen finden sich Franco Balducci („Lizard in a Woman’s Skin“, „Don’t Torture Duckling“) als Phalegs rechte-Hand-Mann Bahar, Diego Pozzetto („Judith – Das Schwert der Rache“, „Herodes – Blut über Jerusalem“), Mirko Valentin („Castle of the Living Dead“) und der unvermeidliche Sal Borghese irgendwo als besserer Komparse.

Bildqualität: Die Treeline-Fassung bringt den Film in gewohnt ramponiertem 4:3-Vollbild; immerhin, es ist noch erkennbar, dass es sich um einen Farbfilm handelt. Bei „Frauen für die Teufelsinsel“ war das ja eher nicht so…

Tonqualität: Dumpfer, verrauschter englischer Synchronton. Die Synchronisierung ist überraschend gut ausgefallen und legt – was ich bei derlei Unterfangen überhaupt nicht gewohnt bin – sogar Wert auf Lippensynchronizität…

Extras: Ey, fuffzich Filme auf zwölf DVDs. Was willsu?

Fazit: Bis auf die ein oder andere kleine Szene inspirierten Wahnsinns und ein-zwei memorable Bilder ein eher unspektakulärer Sandalenfilm aus der Zwielichtphase des Genres – hält, ist man Genrefreund, einigermaßen bei Laune, ist aber auch nichts, wofür man sich speziell einen Arm abreißen sollte.

2/5
(c) 2013 Dr. Acula


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