Hells Angels in Vietnam

 
  • Deutscher Titel: Hells Angels in Vietnam
  • Original-Titel: Nam Angels
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  • Regie: Cirio H. Santiago
  • Land: USA/Philippinen
  • Jahr: 1989
  • Darsteller:

    Brad Johnson (Calhoun), Vernon Wells (Chard), Rick Dean (Larger), Kevin Duffis (Hickman), Mark Veturini (Bonelli), Jeff Griffith (Carmody), Eric Hahn (Morey), Tonichi Fructuoso (Sherayko), Ken Metcalfe (Gen. Donipha), Romy Diaz (Turko)


Vorwort

Lt. Calhoun verliert bei einem eher unspezifizierten Einsatz zwei seiner Männer in die Gefangenschaft des Franzosen Chard, eines Relikts aus Indochina-Zeiten, der sich mit Hilfe eines ihm ergebenen Stammes ein Privatreich irgendwo im Busch aufgebaut hat. Die Armee will das Gebiet großflächig bombardieren, Calhoun aber vorher seine Männer rauspauken. Angesichts einer Kneipenschlägerei zwischen kalifornischen Hell’s Angels – die in Nam profitablen Drogengeschäften nachgehen – und ein paar Spezialeinheitssoldaten verfällt Calhoun (unter der Maßgabe, dass man in das unzugängliche Gebiet am besten mit Motorrädern kommt), die Biker anzuheuern. Da so ein durchschnittlicher Rocker eher wenig Bock drauf hat, irgendwelche Armeehanseln aus dem Gewahrsam einer Privatarmee zu befreien, trifft es sich günstig, dass Chard auch Hüter einer „Heiligen Stätte“ ist, in der Gold im Wert von schlappen zehn Millionen Dollar rumliegt. Calhoun ködert die Hell’s Angels mit dem Gold, die Gefangenen-Geschichte will er ihnen bei Gelegenheit unterwegs verklickern…

Zusammen mit dem schwarzen Armee-Techniker Hickman und dem Rocker-Quartett geht’s also – zur übersichtlichen Begeisterung der Höllenengel auf japanischen Möhren und nicht auf Harleys – in den Dschungel, wo’s schon bald zu diversen bleihaltigen Auseinandersetzungen mit dem Vietcong kommt, in deren Verlauf Biker Turko ins Steppenwolfgras beißt. Nach diversen Abenteuern finden die Motorradfreunde heraus, was der wahre Zweck der Mission ist und trennen sich im Streit von Calhoun. Dummerweise fallen sie nahezu umgehend Chard und seinem pfeil- und bogenbewehrten Stamm in die Hände, der sie – zusammen mit den gefangenen Soldaten – an die Nordvietnamesen verkaufen will. Naja, dann lohnt sich die Befreiungsaktion, die Calhoun, Hickman und ein einheimischer Helfer lostreten wollen, wenigstens richtig…


Inhalt

Juchei, endlich mal wieder was von Cirio H. Santiago im Player. Der philippinische Randalefilmer mit dem verrückten Frauen-an-ihren-Haaren-aufhängen-Fetisch holzte (und holzte sich noch heute, wenn er 2008 nicht gestorben wäre) durch so ziemlich jedes exploitationmäßig ausschlachtbare Genre, oft und gern auf Rechnung von B-Movie-Papst Roger Corman. Auch „Nam Angels“ entstand unter dem Banner der Corman-Schmiede „Concorde-New Horizons“ und brachte dem alten Sparfuchs sogar noch Ärger ein – in einem unerwarteten Anfall von Authenzität verwendeten Santiago und Corman für die Rockerkutten ihrer Hell’s Angels originalgetreue Insignien des umstrittenen Motorradclubs, was die echten Angels nicht spaßig fanden und Schadenersatz wegen Verunglimpfung ihrer „stellaren Reputation“ forderten. Corman machte sich die Rechnung auf, dass er keinen Streß mit einer Truppe braucht, der immer wieder Verbindungen zur organisierten Kriminalität nachgesagt werden, und löhnte einen Betrag in unbekannter Höhe. Die hatte er schätzungsweise mit ein paar kleinen Einsparungen bei den nächsten fünf Filmen wieder drin…

Wenn ich den Streifen so begutachte, kann ich die Hell’s Angels irgendwie verstehen – trotzdem wird der olle Roger geflucht haben – so’n Aufwand, und dann ist das Ding selbst für Filipino-Corman-Verhältnisse eher ’ne wenig ergiebige Geschichte. Dass selbst ein Konzept wie „Biker in Vietnam“ nicht auf dem originären Mist von Corman/Santiago gewachsen ist, versteht sich von selbst. Vielmehr ist der Film eine billige Kopie des auch nicht viel teureren Schundklassikers „Nam’s Angels“ (bitte die minimale Veränderung des Titels zu beachten), der in Deutschland als „The Losers“ gelaufen ist (und der mir mein einziges mißratenes eBay-Geschäft einbrachte. Was ich da ersteigerte, war ein leider defektes VHS-Tape), aus dem Jahre 1970. Aber wann wäre Corman – als Produzent – schon mal innovativ gewesen?

Dass die Plotte (die sich auch noch unbefangen etwas bei „Apocalypse Now“ bedient, in Form des Chard-Charakters, der irgendwo im Dschungel sein privates Königreich errichtet hat) „Unglaubwürdigkeit“ völlig neu definiert, versteht sich von selbst. Kaufen wir mal für ’nen Euro die Idee, dass man tatsächlich am besten mit Motorrädern zu Chards kleinem Reich gelangen kann. Wieso braucht Calhoun dann ausgerechnet vier höchstwahrscheinlich unzuverlässige Hell’s Angels? Es wird doch in der verdammten US-Armee drei-vier Nasen geben, die sich unfallfrei auf ’nen Bock schnallen können und nicht gleich in der ersten Kurve auf die Nase legen. Wieso ist es für die Hell’s Angels so wichtig, aus dem vietnamesischen Knast rauszukommen? Sie wurden wegen einer verdammten Kneipenprügelei mit G.I.s verhaftet, und selbst bei allerstrengster Gesetzesauslegung sollte das mit ein paar Tagen schwerem Kerker abgesessen sein – dafür wird man nicht gerade an die Wand gestellt. Wieso sind die Rocker so blöd und fressen die Geschichte, dass Calhoun unbedingt mit ihnen einen 10-Millionen-Dollar-Schatz teilen will, wenn die ganze Operation sichtlich von der Armee unterstützt/geplant wird? Sollte da nicht auch den hirnschwächeren Bikern auffallen, dass an der Story ein gigantischer Pferdefuß dran sein muß? Aber schon klar, wenn sich einer der Charaktere diese Fragen stellen würde, hätten wir (Gebetsmühle anwerf) keinen Film und das wär uns dann auch wieder nicht recht oder so.

Wer jetzt aber, ganz im Geiste des Trashfans, angesichts der hanebüchenen Ausgangslage auf ein Feuerwerk des Schwachsinns hofft, wird enttäuscht werden. Überwiegend spielt sich „Hells Angels in Vietnam“ als ganz handelsüblicher, preisbewusster Kriegsactionheuler, bei dem der Umstand, dass die Kämpen nicht per pedes, sondern auf dem Stahlross unterwegs sind, nicht sonderlich ins Gewicht fällt; ebensowenig macht es einen gravierenden Unterschied, ob Calhoun nun mit irgendwelchen gedungenen Söldnern, zwangsverpflichteten Sträflingen oder eben harten Motorradmaxen zur Befreiung der Kameraden schreitet, im Endeffekt werden nur die üblichen Genremechanismen zelebriert. So richtig auf seine Kosten kommt der Trashfreund eigentlich nur bei der improvisierten Beerdigung des ersten gefallenen Bikers, dessen Freunde sich in der Grabrede hauptsächlich dafür bedanken, dass man die erhoffte Beute jetzt durch einen weniger teilen muss.

Der Rest ist by-the-numbers – man tuckert durch den Urwald, löscht hier ein Batallion Vietcong aus, rettet da ein paar südvietnamesische Dorfbewohner, trennt sich im Streit, als den Rockern die wahren Hintergründe der Mission bekannt werden, muss sich aber letztlich zusammenraufen, um das letzte Gefecht gegen die halbe nordvietnamesische Armee und Chard zu bestreiten. Das entspinnt sich alles weitgehend überraschungsfrei und, wie bei Santiago-Filmen üblich, sieht ungefähr zehn Jahre älter aus als es tatsächlich ist… Das liegt vermutlich daran, dass Meister Santiago nicht unbedingt das allerbeste Equipment zur Verfügung hatte (und natürlich auch daran, dass dies wieder mal ein Film von der Sorte ist, dessen Macher nicht im Traum daran dachten, dass 20 Jahre später irgendwer den für’s Heimkino in High-End-Qualität haben will). Ach, halt, eine „originelle“ Zutat hätten wir dann doch noch – aus Calhoun macht Santiago einen Indiana Jones für Arme, indem er ihm einen Fedora-Hut aufsetzt und ihn anstatt mit der Peitsche mit einem Lasso bewaffnet. Whoopdifuckindoo.

Immerhin – es rumpelt (auf bescheidenem Niveau) quasi durchgängig, langweiliger Charakter-Stuff bleibt praktisch komplett außen vor (was im Umkehrschluss bedeutet, dass wir über die divesen Figuren nichts erfahren, das sind für uns Zuschauer nach 90 Minuten noch die gleichen undifferenzierten Pappkameraden wie zu Beginn). Cirio H. Santiago, der Handsdampf in allen Exploitation-Gassen (vom Barbarenfilm über Frauenknast bis Tierhorror hat er sich so ziemlich an allem versucht, was billig herzustellen war und möglichst seine Kosten durch die Verhökerung auf Video wieder einspielte), wäre nicht er selbst, wenn er nicht ein paar auch für B-Exploiter-Verhältnisse recht sadistische Szenen einbauen würde: so darf der Vietcong einen gefangenen Südvietnamesen abfackeln (die Helden greifen geraaade noch rechtzeitig ein, bevor einer jungen Frau das gleiche Schicksal blüht) und die Methode, mit der Calhoun im Schlusskampf Chard abserviert (das zählt ja jetzt wohl nicht wirklich als Spoiler, oder?) ist auch zumindest, ähm, nicht alle Tage zu sehen (spoilerifficer Hint: sie beinhaltet Calhouns erwähntes Lasso, Chards Hals und eine günstig herumstehende Brücke).

Spannend ist das natürlich nicht, aufwendig auch nicht. Ja, Santiago hat ein paar Dutzend Statisten aufgetan, die sich in VC-Uniformen stopfen und 10-20mal erschießen lassen (womit auch erklärt wäre, dass die Action nach den üblichen Gepflogenheiten des Billo-Randalefilms funktioniert. Schießen die Helden, fallen um Umkreis von 20 m um den geschätzten Einschlagpunkt des Projektils alle tot um, selbst wenn die Helden vom fahrenden Motorrad aus um sich ballern, die Böslinge hingegen würden sie aus einem Meter Entfernung keinen Vierzigtonner treffen), ein paar armselige Bauten werden pyrotechnisch entsorgt und für den Schlusskampf lässt er tatsächlich zwei leibhaftige Panzer auffahren. Die sehen war eher nach dem aus, was B.A. Baracus in einer halben Stunde in der nächstbesten Garage aus einer Aktentasche, einer Golfkarre und zwanzig Meter Tapete zusammenlötet als nach T-34, aber wir anerkennen ja den guten Willen. Ansonsten ist das Ganze ungefähr auf dem Level der bekannten und beliebten Silver-Star-Produktionen aus dem gleichen Herkunftsland.

Heiße Motorradaction suchen wir freilich vergebens – ein paar halbseidene „todesmutige“ Sprünge über drei-vier Meter breite „Abgründe“ (die von den Bikern gefeiert werden, als hätten sie gerade Evil Knievels Weltrekorde gebrochen) sind so ziemlich das rasanteste, was der Streifen mit den Feuerstühlen anzufangen weiß (natürlich fahren die Herrschaften auch keine Harleys, sondern Yamaha 600er. Immerhin, die Hell’s Angels beschweren sich über die mickrigen Möhren, aber sie werden – nicht völlig zu Unrecht – dahingehend zurechtgewiesen, dass ’ne durchschnittliche Harley eher wenig geländegängig ist).

Gestorben wird reichilch, üblicherweise aber nicht sonderlich explizit und/oder blutig, und für ein paar unbedeckte Möpse in Form von eingeborenen Stammesfrauen ist auch locker Zeit, dito aber auch für den wohl schauerlichsten Song, der jemals IN einen Film eingebaut wurde – „I never thought I’d fight in this war“, jodelt ein hörbar nicht englisch-nativer Knödelfritze, was sicherlich ungeheuer dramatisch und emotional gemeint ist, aber auf eine derart miserable Popnummer gelegt wurde, dass Frank Stallons ergreifende Epen wie „Peace in our life“ aus „Rambo II“ sich dagegen wie „Yesterday“ ausnimmt…

Der größte Star des Films ist Vernon Wells, der ewige Bennett aus „Phantomkommando“, den man aber nicht auf Anhieb erkennen wird (und der sich vermutlich auch fragt, wie schnell er, nachdem er eben noch in „Mad Max 2“, „L.I.S.A. – Der helle Wahnsinn“ und „Die Reise ins Ich“ mitspielen durfte, ins Ghetto der trostlosen Filipino-Actionheuler abgestiegen ist). Im Vergleich zum Schwarzenegger-Klassiker agiert er vergleichsweise zurückgenommen mit nur gelegentlichen Ausflügen ins Overacting und ist selbstverständlich trübe Funzel darstellerischen Intellekts in diesem Machwerk.

Für Brad Johnson hingegen war „Nam Angels“, nach einer Folge „Dallas“, der Einstieg in eine stetige Filmkarriere mit einigen überraschenden Treffern. Obwohl Johnson hier wirklich den Prototypen eines hölzernen Türpfostens gibt, entdeckte ihn unmittelbar nach diesem Film Steven Spielberg und besetzte ihn für die dritte Hauptrolle in „Always“, für John Millius war er in „Flight of the Intruder“ am Start, ehe er sein Faible für unverlangte Sequels entdeckte und „Das Philadelphia Experiment 2“ und „Die Vögel 2“ zierte. Mittlerweile scheint Johnson auch zu Gott gefunden zu haben, spielte er doch in zwei Instalments der Fundichristen-finanzierten „Left Behind“-Reihe.

Chef der Rockerbande ist der Corman-Stammakteur Rick Dean, den wir aus Carnosaurus 2 und 3, Caged Fear, „Bloodfist 3“ und „7“ oder Detonator kennen. Der mittlerweile leider verstorbene Dean lief auch nie Gefahr, einen Oscar zu bekommen, aber wenn er gut drauf war, überträgt sich ein gewisser Spaßfaktor auch auf den Zuschauer. Hier bietet er eine seiner frohsinnigeren Vorstellungen.
Kevin Duffis, der den Quotenschwarzen ohne größeren Eindruck zu hinterlassen spielt, dürfte diesen Film als einen Karrierehöhepunkt sehen, Mark Venturini, der immerhin in Friday the 13th Part 5: A New Beginning und „Return of the Living Dead“ mitmischen durfte, eher weniger (aber auch er versucht wenigstens, den paar Wochen Urlaub auf den Philippinen Spaß abzugewinnen).
Abgerundet wird der Cast durch den philippinischen Veteranen Romy Diaz (eher unglaubwürdigerweise als kalifornischer Biker) und Leah Navarro („Nine Deaths of the Ninja“) in der einzigen weiblichen Sprechrolle.

Bildqualität: MIG legt uns den Streifen im Rahmen der „Rocker & Biker Box Vol. 3“ (im Doppelpack mit dem Hongkong-Reißer „Die fliegenden Feuerstühle“) nahe. Der Vollbildtransfer ist für einen derartigen Film einigemaßen passabel ausgefallen. Insgesamt auf der eher unscharfen Seite und auf großem Bildschirm bemerkt man auch ein paar Kompressionsprobleme, aber der Print ist wenig verschmutzt und insgesamt recht brauchbar.

Tonqualität: Der englische Originalton ist von der Dialogqualität her bescheiden, da knarzig und verrauscht, die deutsche Synchronfassung leidet unter dem *extrem* heruntergeregelten Geräuschen, das wirkt stellenweise wie eine Liveübertragung aus einer schalldichten Gummizelle, so steril und leblos ist diese Tonspur.

Extras: Der Trailer wird mitgeliefert.

Fazit: „Hells Angels in Vietnam“ ist nicht das erhoffte Trashfeuerwerk – aber Großmeister Santiago hat’s schon öfter geschafft, eigentlich todsichere Trashkonzepte unterhaltungsfrei zu versenken. Da muss man ihm schon beinahe positiv anrechnen, dass der Streifen im Kontext ähnlich ultrabilliger Massenware zumindest Durchschnittsniveau erreicht. Einen quantitativen Mangel an Action kann man ihm nicht vorwerfen, dass die gebotene Action überwiegend unspektakulär-mau ausgefallen ist, steht auf einem anderen Blatt. Wer von der „eine Handvoll Einzelkämpfer killt tausende Vietcong“-Schule immer noch nicht genug hat und sich darüber klar ist, dass man eben in diese Genre nur verdammt selten über einen „Rambo II“ stolpert, dürfte sich mit diesem Werk nicht königlich langweilen, ein Aha-Erlebnis ist’s trotz des bescheuerten Gimmicks nicht. Aber wenigstens fiel mir ein, mich doch noch mal um „The Losers“ kümmern zu müssen…

2/5
(c) 2010 Dr. Acula


mm
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