Hellboy: Blut & Eisen

 
  • Deutscher Titel: Hellboy: Blut & Eisen
  • Original-Titel: Hellboy: Blood and Iron
  • Alternative Titel: Hellboy Animated: Blood and Iron | Hellboy Animated: Blut & Eisen |
  • Regie: Victor Cook
  • Land: USA
  • Jahr: 2007
  • Darsteller:

    Sprecher (OV): Ron Perlman (Hellboy), Selma Blair (Liz Sherman), John Hurt (Professor Trevor „Broom“ Bruttenholm), Doug Jones (Abe Sapien), Peri Gilpin (Professor Kate Corrigan), Jim Cummings (Tim Manning), Rob Paulsen (Sydney Leach), Kath Soucie (Erszebet Ondrushko), Cree Summer (Hekate), James Arnold Taylor (Young „Broom“/Father Lupescu)


Vorwort

Unser aller Lieblingsdämon Hellboy hat gerade in einer labyrinthartigen Kanalisation einen Minotaurus umgelegt und sollte nach dem Willen von Tim Manning gleich weiter Richtung Tibet, doch Professor Bloom entscheidet sich zur allgemeinen Überraschung dafür, dass die Topagenten der Behörde zur Untersuchung und Abwehr paranormaler Erscheinungen einen Einsatz übernehmen, der eigentlich nur eine politische Gefälligkeit sein sollte. Der Millionär Trombolt, befreundet mit dem Senator, der für die Budgetzuteilung des Teams verantwortlich ist, will in einem alten Gemäuer ein Hotel eröffnen – dort soll’s aber spuken.
Broom hat ein Bauchgefühl, dass die Angelegenheit, die speziell Hellboy für einen PR-Gag zur Hoteleröffnung hält, mit seinem allerersten Fall zu tun hat. 1939 bekämpfte er in Transsylvanien die Vampirin Erszebet Ondrushko, die neben den üblichen blutsaugerischen Aktivitäten auch das unangenehme Hobby hatte, zwecks Erhaltung ihrer Schönheit in Jungfrauenblut zu baden.

Brooms Befürchtungen treffen ein – tatsächlich hat Trombolt zu Deko-Zwecken diverse Original-Reliquien (wie z.B. und insbesondere die Einrichtung der Folterkammer) aus Erszebets Schloss importiert – und damit nicht nur die Geister der Opfer der Vampirin auf den Plan gerufen, sondern auch zwei Hexen, die Erzsebet, nebenberuflich Hohepriesterin der Hekate, wieder ins Leben zurückholen wollen. Spätestens als Trombolt blutmäßig ausgelutscht tot aufgefunden wird, wird auch dem größten Skeptiker im Team klar, dass hier wirklich Gefahr im Verzug ist…


Inhalt

Nach dem großen Erfolg des ersten „Hellboy“-Kinofilms spannten sich Comic-Autor Mike Mignola und Regisseur Guillermo del Toro zusammen, um den filmischen Kanon um den großen Roten durch einen Schwung abendfüllender Zeichentrickfilme aufzuwerten. Nach dem japan-basierten Abenteuer „Schwert der Stürme“ folgte als Nummer 2 „Blut & Eisen“ (sehr frei nach dem Comic-Story-Arc „Wake the Devil“), ein dritter Film sollte sich anschließen, liegt allerdings – einerseits wohl nachdem „Hellboy II“ nicht DER große Hit war, den sich Universal wohl erhoffte, andererseits sicher auch aufgrund des Rechtewechsels von Sony auf eben Universal – derzeit auf Eis. Dass es sich für eine Comicfigur anbietet, animierte Abenteuer in die Videotheken zu stapeln (bzw. ins Programm des US-Kabelsenders „Starz“, für den die Filme ursächlich entstanden), ist ’ne Binsenweisheit.
Da Hellboy-Schöpfer Mignola verhältnismäßig stark an der Produktion der Trickfilme beteiligt war (gemeinsam mit Projekt-Supervisor Tad Stones, einem Ex-Disney-Mann, verfasste er die Story; das Drehbuch besorgte Kevin Hopps, der ebenfalls von Disney zu Sony gewechselt hatte und mittlerweile bei Warner für DC-Adaptionen gelandet ist), durfte man sich Hoffnung auf eine gewisse Grundqualität machen.

In der Tat dürften die animierten Hellboy-Geschichten (für das „Schwert“ verbürge ich mich mangels Sichtung nicht) – obschon sie nach Aussage von Mingola und Guillermo del Toro, der die Trickfilme co-produziert , für die Filmreihe kanonisch sind – näher am „Spirit“ der Comics liegen als die doch „entschärften“ Blockbuster, die, auf hohem Niveau (und der erste noch besser als der zweite) sicherlich, Fantasy-Abenteuer-Popcorn-Kino zelebrieren; die animierte Fassung darf sich daran erinnern, dass Geschichten um einen Dämon aus der Hölle, auch wenn er für die Kräfte des Guten arbeitet, schon mal Horror sein darf. Mignola führt im Begleitmaterial aus, dass er – seinerzeit für’s Comic – unbedingt eine Vampirgeschichte schreiben wollte, aber nicht die klassische Stoker-Mythologie nachbeten wollte. Er suchte eine etwas weniger abgegriffene Hintergrundgeschichte und entschied sich (was ich während Betrachtung des Making-of noch nachvollziehbar fand, jetzt aber um’s Verrecken nicht mehr erinnert bekomme) für die griechische Göttin Hekate, zuständig im dortigen Pantheon u.a. für die Fachgebiete Kreuzungen, Tore, Licht in der Dunkelheit, Kindsgeburt, Wildnis, ruhelose Tote, Hunde, Schlangen, Heilen und Hexenkunst. Vielseitiges Mädel, zweifellos, und mit den „dunkleren“ Arbeitssegmenten Hexenkunst und „ruhelose Tote“ lässt sich um drei Ecken gedacht ja tatsächlich ein gewisser Bezug zu untoten Nachtgestalten wie dem Feld-, Wald- und Wiesenvampir herstellen.
Mignola und sein Schreiberling verheddern sich allerdings kräftig in der eigenen Lore, denn wenn Vampire auf griechische Mythologie zurückzuführen sein sollen, wieso zum Geier reagieren sie dann auf christliche Symbolik (Weihwasser & Kruzifix) genauso wie der herkömmliche Stoker-Vampir? Immerhin, Erszebet (unschwer als freie Bearbeitung der berüchtigten Blutgräfin Elizabeth Bathory zu erkennen) kann unfallfrei eine Kirche betreten. Ich hab das schon ab und zu mal erwähnt – es spricht nichts dagegen, bekannte Archetypen zu entrümpeln und eine neue Mythologie zu entwerfen, aber dann bitte durchdacht. Hier scheint mir das mehr darauf hinauszulaufen, dass Mignola – was ich ihm als Comic-Autoren nicht primär verüble – mit der dreigesichtigen Hekate ein cooles Visual vor Augen hatte, aber sich nicht wirklich einen Kopf darum machte, dass er, wenn er den „origin“ der Vampire ändert, notgedrungen auch deren weitere Befindlichkeiten anpassen muss (oder zumindest Erklärungsbedarf hat).

Aber genug der grauen Theorie – der Vampirismus als zu bekämpfendes Übel sorgt in der Tat für den ein oder anderen Horror-Moment; es wird gestorben und gepfählt (das allerdings außerhalb des sichtbaren Bildausschnitts), es gibt Zeichentrick-Nudity (dies jedoch auch von der nicht so anregenden Sorte, ähem), kurz gesagt – „Blut & Eisen“ gibt sich *erwachsener* als die Kinoabenteuer des großen Roten (und, konsequenterweise, auch weniger humorig. Klar, Hellboys patentiertes „oh, crap!“ darf nicht fehlen, aber der Humor steht klar an dritter Stelle hinter dem Horror und der Action).
Das heißt nicht, dass die Plotte von vorn bis hinten Sinn ergibt (wieso spukt es im Hotel angeblich seit Jahrzehnten, wo doch die Geister der Vampir-Opfer erst durch den Import der Folterinstrumente aus Transsylvanien hergebracht wurden? Wieso hat das Hotel einen passenden Hekate-Tempel im Hinterhof?), und es heißt vor allem nicht, dass der Film den Fehler vermeidet, den vor allem der zweite Kinofilm beging – Hellboy zur Nebenfigur in seinem eigenen Franchise zu machen. „Blut & Eisen“, chronologisch vor dem ersten Hellboy-Film angesiedelt, ist weniger ein Hellboy- denn ein Professor-Broom-Film. Der Professor ist Dreh- und Angelpunkt, psychologischer und dramaturgischer Anker der Geschichte, und das lässt, besonders die Story-Konstruktion berücksichtigt, für Hellboy selbst nicht viel Raum zur Entfaltung…

Und doch macht das gar nicht so viel aus, gerade weil sich der Film eines cleveren Konstrukts bedient – okay, es ist nicht so ungewöhnlich, parallel auf zwei Zeitebenen zu erzählen (relative Gegenwart einerseits, Brooms erste Begegnung mit Erszebet 1939 andererseits), aber schon, den „Dauerflashback“ nach 1939 konsequent *rückwärts* (ja, a la „Memento“) zu erzählen. Der Einfall, rein aus der Not geboren, weil die Schreiberlinge, die zunächst nur den „Showdown“ des 1939-Plots als Flashback bringen mussten, feststellten, zu wenig Material für einen abendfüllenden Film zu haben (wie auch schon bei „Schwert der Stürme“, was mich dann aber schon ein wenig über die Professionalität bzw. den Mangel derselben der Herrschaften sinnieren lässt), sollte nicht funktionieren, tut’s aber ausgezeichnet. Klar, der Fokus richtet sich, wie gesagt, klar auf Broom, da Hellboy im Flashback-Strang nicht anwesend sein kann, betrachtet man die Sache aber mal losgelöst vom Titelcharakter und seiner Screentime, einfach wie sich die Struktur im Dienste der Geschichte an sich bewährt, bemerkt man, wie elegant das zusammenpasst – es erlaubt einen frühen Höhepunkt mit dem „Finale“ der ’39er-Plotline, hält, da die Zusammenhänge erst nach und nach aufgedröselt werden, die Spannung recht hoch und erlaubt den Autoren, tatsächlich auch ein Charakterarbeit zu leisten. Brooms Bedürfnis, den Fall *persönlich* , als „closure“ für den für ihn nie ganz abgeschlossenen ersten „Außeneinsatz“ überhaupt, zu übernehmen, wird ebenso thematisiert wie die Schuld, die Father Lupescu (ein transsylvanischer Priester, dessen Fehleinschätzung ursächlich für den Tod einer jugen Frau verantwortlich ist, und der tatsächlich auch in der „Gegenwarts“-Plotlinie wieder auftaucht) auf sich geladen hat. Pretty heavy stuff für einen Zeichentrickfilm, der letztlich nicht mehr ist als ein cash-in zu einem „heißen“ Blockbuster-Property.

Aber letztlich muss Schuld-und-Sühne-Thematik zum Finale hin dem schieren Remmidemmi weichen, und wie üblich muss unser armer Hellboy ’ne Menge einstecken, wobei sich Erszebet überraschenderweise nur als Zwischenstation zum eigentlichen Bossfight outet – schließlich und endlich darf Hellboy gegen Hekate herself (in einer coolen Inkarnation als eine Art mutierte „eiserne Jungfrau“) antreten. Das sorgt für einige einprägsame Visuals, wenn auch das compositing – jetzt gehe ich, wie Ihr bemerkt, nahtlos zur technischen Seite weiter – nicht immer überzeugen kann. Charaktere und Hintergründe ergeben nicht immer eine Einheit und speziell Hekates finale Gestalt stellt die Tricktüftler bei der Einbindung in die Backgrounds manchmal vor arge Probleme (vielleicht waren die Background-Zeichner nicht darauf vorbereitet, was die Character-Abteilung vor hatte, vielleicht waren die Storyboards unzureichend, wer weiß?).

Abgesehen davon ist die Qualität der Animation aber ziemlich knorke, und mich persönlich freut’s natürlich, dass keine Anbiederungen an Anime-Style vorgenommen wurden. Der animierte „Hellboy“ ist kantig (irgendwo zwischen Trickserien „Danny Phantom“ oder „Jackie Chan Adventures“ und den aktuellen Superhelden-Toons) und folgt von character und background design her ergeben seiner Comic-Vorlage. Regisseur Victor Cook (ebenfalls ein Disney-Scherge, der der Maus mittlerweile entronnen ist und den wir hier auch als Co-Director von Dante’s Inferno: Ein animiertes Epos kennen) treibt die Chose flott voran – dramaturgisch macht man in einem Hellboy-Film natürlich nicht viel damit verkehrt, große action set pieces an Anfang und Schluss des Prozederes zu stellen und dazwischen den Horror-/Mystery-Anteil hochzufahren, schon klar, doch hier will ja auch niemand Oscars gewinnen, sondern kurzweilig unterhalten. Die 16er-Freigabe ist in Ordnung – zwar beinhaltet der Streifen nichts, was ich persönlich nicht auch einem Zwölfjährigen vorsetzen würde, ich bin allerdings kaum repräsentativ und, wie gesagt, insgesamt ist „Blut & Eisen“ ’nen Zacken düsterer als die Kinofilme.

Natürlich empfiehlt es sich, die Originaltonspur zu wählen, dann bekommt man nämlich auch die volle Dröhnung an Originalsprechern – Ron Perlmans charakterisches Organ ist auch akustisch die Traumbesetzung für Hellboy, Selma Blair hat als Liz, die hier eine verhältnismäßig kleine Rolle spielt, nicht viel zu tun, durchaus brauchbare Szenen haben aber Doug Jones als Abe Sapien und natürlich vor allem John Hurt als Professor. Routinierte Gast-Stimmen wie Cree Summer („Batman Beyond“, „Drawn Together“, „Tiny Toons“), Kath Soucie („Futurama“, „Wochenend-Kids“, „Captain Planet“, „Rugrats“) und James Arnold Taylor („Batman: The Brave and the Bold“, „Spectacular Spider-Man“, „Clone Wars“) runden das Ensemble ab.

Bildqualität: Wo Anchor Bay drauf steht, ist im Allgemeinen gehobene Qualität drin und das trifft auch für die Sony-vertriebenen Hellboy-Trickfilme zu. Schicker 1.78:1-Widescreen-Transfer (anamorph), satte Farben, gute Kontrast- und Schärfewerte.

Tonqualität: Einem Major-Release angemessen deutscher, englischer, französischer und italienischer Ton in Dolby 5.1, plus zehn Untertitelspuren. Da ist für jeden was dabei… der englische O-Ton ist, wie erwähnt, natürlich zu bevorzugen, er ist auch ordentlich dynamisch und hat Bumms im Bass, newa.

Extras: Die DVD kommt nicht nur in schickem Pappschuber, sondern auch mit einem Rudel interessanter Extras. Neben einem Audiokommentar mit Mike Mignola, Tad Stones und Victor Cook gibt’s den dreiminütigen Kurzfilm „Iron Shoes“ (offenkundig so etwas wie eine Machbarkeitsstudie für die animierte Hellboyerei), einen exklusiven E-Comic von Mignola namens „The Penanggalan“, das Flashback-Memento-Abenteuer des Professors in chronologischer Reihenfolge sowie ein kurzes, informatives Making-of, in dem alle wesentlichen Macher zu Wort kommen. Und in altmodischer Papierform ist noch ein Comicbuch beigelegt… cooles Paket.

Fazit: „Hellboy: Blut & Eisen“ ersetzt sicher nicht ein weiteres großes Kinoabenteuer unseres Lieblingshöllendämonen, doch als Happen für Zwischendurch macht sich das animierte Abenteuer ganz patent – der Kniff mit dem „Memento“-Rückwärts-Flashback funktioniert besser als er sollte und selbst wenn die Titelfigur, gerade aufgrund des ausführlichen Parallelplots, verhältnismäßig wenig Screentime hat, entschädigen zwei durchaus fulminante Actionszenen hierfür. Mit dem verschobenen Schwergewicht von Fantasy zu düstereren Horror-Themen hin rennt man bei mir eh offene Türen ein – ich schreite daher, auch aufgrund des umfangreichen Bonusmaterials, zu einer soliden Empfehlung. Für’n Fernseh-Trickfilm-spin-off ist das schon ’ne andere Baustelle als z.B. der „Men in Black“-Toon…

3/5
(c) 2012 Dr. Acula


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