Heat After Dark

 
  • Deutscher Titel: Heat After Dark
  • Original-Titel: Heat After Dark
  •  
  • Regie: Ryuhei Kitamura
  • Land: Japan
  • Jahr: 1998
  • Darsteller:

    N.A. Atsuro Watabe
    N.A. Kazuma Suzuki
    N.A. Shigeru Izumiya
    N.A. Toshiyuki Kitami
    N.A. Kakei Nishimura
    N.A. Shun Sugata
    N.A. Masami Miyata
    N.A. Tsuyoshi Hashikawa
    N.A. Tadashi Kutsuna
    N.A. Kunihiko Shimizu


Vorwort

Aufmerksamen Mitlesern wird sicher schon aufgefallen sein, dass ich meine Reviews öfter mal mit dem Satz „Ich erzähle Euch vermutlich nichts neues“ beginne. Warum also nicht auch dieses?

Ich erzähle Euch, die Ihr meine liebenswerten Stammleser seid, sicher nichts neues, wenn ich verrate, dass ich nicht gerade eingetragenes Ehrenmitglied im offiziellen Ryuhei-Kitamura-Heiligsprechungs-und-überhaupt-Fanclub bin. Versus halte ich nach wie vor für eine zwar gut aussehende, aber himmelschreiend doofe Nichtigkeit in Filmform und Azumi war nett (und hat eine schnucklige Hauptdarstellerin), aber mehr auch nicht (zumindest nicht in der Schnittfassung, die beim FFF lief). Trotzdem bin ich ja gewillt, meine Meinung nicht als die allgemeingültige zu zementieren (ha, natürlich ist sie das!), will sagen, nichts ist in Stein gemeißelt, und nur weil mir von zwei Filmen nur einer einigermaßen gefiel, muss ich ja nicht gleich den Regisseur in Sippenhaft für all seine Werke nehmen. Ich war also schon neugierig, wie Kitamuras Debütfilm Heat after Dark sich bei ernsthafter Prüfung machen würde. Hat ein bissl gedauert, aber ich hab´s geschafft.

Obwohl Heat after Dark meines Wissens nach sogar eine Kinoauswertung im schönen Nippon zu verzeichnen hatte, handelt es sich nicht um das, was unsereins gemeinhin „abendfüllender Spielfilm“ nennt – länger als 50 Minuten rennt der Streifen nämlich nicht, das ist irgendwo bei „für´n Kurzfilm zu lang und für´n Langfilm zu kurz“ (in Schriftstellerkreisen würde man das „Novelle“ nennen und wegen chronischer Unvermarktbarkeit direkt in die Mülltonne werfen, außer, man ist Stephen King und kann, wie´s allgemein kolportiert wird, auch seine Einkaufsliste auf die Bestsellerliste bringen). Des einen Leid ist des Reviewers Freud, der hat nämlich so die seltene Gelegenheit, eine Rezension in überschaubarem Format zu, eh, Datei zu bringen. Oder es zumindest zu versuchen…


Inhalt

Irgendwo treffen sich zwei Männer. Aus Gründen der allgemeinen Suspense sehen wir von den Herrschaften nur die Beine – wirkliche dramaturgische Notwendigkeit sehe ich zwar nicht, aber es zeigt schon, dass der Regisseur meint, hochgradig cool, hip und anders zu sein als seine Berufskollegen. Und wenn wir die beiden Kerle sich dann auch noch über Urlaubsziele und ähnliche Scherze austauschen hören, dann, ja dann wissen wir, dass der Herr Regisseur wie wir alle die einschlägigen Tarantino-Filme gesehen hat. Nun, so richtig wesentliches ist dem Dialog nicht zu entnehmen (außer das der Typ, der vom anderen offenbar hierher bestellt wurde, eine Tochter hat, die in die fünfte Klasse geht, was einen hochgradig faszinierenden Exkurs ins elektrisierende Gebiet der technischen Ausstattung japanischer Grundschulen ermöglicht), auch nichts sonderlich witziges oder cooles, also können wir zum Punkt kommen. „Jemand wurde hier irgendwie ermordet!“ Der dieses sagt, ist der Typ, der den anderen hierher bestellt hat (ja, es wird kompliziert, wenn man noch keine Charakternamen hat und die Kerle noch nicht mal sieht – ich gebe auf, das wird mir nämlich zu umständlich zu schreiben, der heißt Goto, der andere, also der Herbestellte mit der Tochter, Reiji). Interessanterweise fragt Reiji als erstes nicht, wer ermordet wurde, sondern wer der Täter war (ich weiß nicht, ob das eine lebensechte Reaktion ist). Goto muss wohl oder übel gestehen, dass er der Mörder ist. Und das Opfer, tja, das liegt noch da drüben („versteckt“ würde ich das nicht nennen, eher „mitten im Zimmer“, also hat Reiji die Lokalität nicht wirklich sehenden Auges betreten. Braucht wohl ´ne Brille). Es wäre aber irgendwie auch ein Unfall gewesen und was Goto sich nun von Reiji erhofft, ist unbürokratische Hilfe bei der Entsorgung des Kadavers. Der sei in lebendigem Zustand nämlich Angehöriger einer „nasty organisation“ und nasty organisations haben so im allgemeinen den Ruf, gewaltsames Ableben eines der ihren nicht zu tolerieren. Begreiflicherweise ist Reiji von dieser Bitte nicht wirklich emotional überwältigt, d.h. er ist schon emotional überwältigt, aber anders, als Goto sich das vielleicht denkt. Walter Moers hätte den folgenden „nein“-„doch“-„nein“-„doch“-Diskurs sicher auf drei bis vier Drehbuchseiten ausgewalzt, aber Reiji lässt sich schneller breitschlagen. Und dann braucht Goto dafür auch noch Reijis Wagen, weil sein eigener in der Werkstatt ist (jaja, ein Unglück kommt selten allein). Die Leiche wird in den Kofferraum verfrachtet.

Nun zeigt uns Ryuhei Kitamura, welch großer Künstler er ist, die folgende Dialogszene während der Autofahrt wird uns nämlich als Folge von Standbildern dargeboten. Reiji begehrt Auskunft über die Identität des Toten und Goto gibt zu Protokoll, dass er sich von dem Kerl die Lächerlichkeit von 20 Mio. Yen gepumpt hätte (das wäre zumindest mal ein Motiv). Sein grandioser Plan zur Leichenbeseitigung besteht darin, den Korpus an einem Berg namens Yaku-Yama zu verbuddeln. Reiji hält die Idee für nicht wirklich clever, als man dabei ja beobachtet werden und in Erklärungsnotstand geraten könnte, hat aber auch keinen akzeptablen Alternativvorschlag auf der Pfanne. Immerhin weist er Goto darauf hin, dass die Organisation, wenn er ihr 20 Mille schulden würde, den Betrag nicht einfach abschreiben und ihn weiter bedrängen werde, aber diesbezüglich will sich Goto noch was einfallen lassen (da bin ich aber gespannt. So richtig als „Denker“ drängt sich mir Goto nämlich bislang nicht auf).

Die Fahrt nach Yaku-Yama endet an einem Sperrzaun mitten in der Prärie, vor dem ein Motorrad parkt. Soviel zu Gotos Ansicht, dass die Gegend menschenleer und verlassen sein würde. Überdies ist besonders peinlich, dass das Motorrad ein Dienstvehikel der japanischen Polizei ist und der Besitzer desselben es sich verbietet, dass Goto den Bock einfach aus dem Weg schiebt. Solches Verhalten ist natürlich per se verdächtig und bringt den Cop auf die Idee, eine rasche Routine-Fahrzeugkontrolle zu veranstalten. Peinlich, wenn man ´ne Leiche im Kofferraum hat. Die Tatsache, dass der Cop sich erst mal weniger für Warndreieck und Verbandskasten als für die exotische Automarke interessiert (Lancias scheinen in Japan nicht verbreitet zu sein, was man den japanischen Autofahrern nicht wirklich verdenken kann), hilft unseren beiden tapferen Helden auch nicht besonders weiter, und auch, dass der Cop ihnen NOCH mehr Bedenkzeit einräumt, indem er ihnen ungefragt seine halbe Lebens- und Familiengeschichte aufs Auge drückt, lässt bei keinem unserer Freunde einen Yen fallen. Also muss der Bulle letztlich doch den Kofferraum öffnen. Wäre er jetzt Gary Oldman in Das fünfte Element, würde er jetzt vermutlich große Augen machen, einen verdutzt-dämlichen Gesichtsausdruck aufsetzen und entrüstet „Da ist ja gar nix drin“ rufen. Da er aber eben nicht Gary Oldman, sondern nur ein japanischer Motorradbulle ist, wünscht er den beiden dafür um so verdutzteren Knaben noch gute Fahrt und gute Reise, schwingt sich auf sein Bike und verschwindet. Reiji und Goto vergewissern sich, dass sie nicht den ersten blinden japanischen Motorradcop vor sich hatten und kucken selbst mal nach – der Kofferraum bleibt leer. Wo ist die Leiche? Goto hat da eine vage Vorstellung – vielleicht war der Kerl gar nicht tot, sondern hat sich unauffällig während der Diskussion mit den Cops (UNBEMERKT??? Aus´m Kofferraum krauchen und wegspazieren? Meine Güte, und man sagt mir Aufmerksamkeitsschwäche nach) aus dem Staub gemacht. Aus Reijis Sicht löst das vermutlich auf elegante Weise das Problem, nicht aber für Goto. Wenn der Typ bis jetzt noch nicht hin ist, muss man das eben noch erledigen, deswegen stiefelt er ziemlich zielstrebig in die Prärie, Reiji, der, wenn er schlau wäre, sich jetzt in sein Auto setzen und nach Hause fahren würde, dackelt hinterher.

Man entert ein verlassenes Haus, wo Goto einen Spind aufzubrechen versucht. Bevor wir uns noch fragen können, was für ein Haus das ist, woher Goto weiß, dass es da ist und was er in dem Spind sucht, wird auf die beiden geschossen. Absender der blauen Bohnen ist natürlich die vermeintliche Leiche (von Stund an Chief Bad Guy oder kurz CBG genannt, zumindest von mir). Goto zückt seine eigene Kugelspritze und macht sich daran, das weitläufige Gemäuer nach dem Attentäter zu durchsuchen, was recht geringe Erfolgsaussichten hat, da selbiger draßen auf der Veranda sitzt, seine Kanone nachlädt und in seiner Tasche noch ein paar andere Wummen gebunkert hat. Aber auch ein klingelndes Handy. Der japanische Yakuza-Killer von Welt ist selbstverständlich Multitasker und kann gleichzeitig mit seinen Kollegen telefonieren sowie auf seine Zielobjekte ballern.

Nicht nur der Zuschauer, auch Reiji möchte nun ganz gerne wissen, was hier eigentlich Sache ist. Äußert ungern rückt Goto mit der Wahrheit (oder zumindest einem Teil davon) raus – er kennt den Platz ganz gut, denn das ist sein üblicher Treffpunkt, um mit CBG zu verhandeln. Wieso verhandeln, fragt Reiji. Naja, Goto ist neben- oder hauptberuflicher Waffenhändler und CBG sein bester Kunde, der ihn bei diesem Deal aber angeblich übers Ohr hauen wollte. Reiji reimt sich zusammen, dass den „übers Ohr hauen“-Part möglicherweise eher sein alter Kumpel übernommen haben könnte, was an der wenig zufriedenstellenden Gesamtsituation aber auch nichts entscheidend ändert.

Mitten in diesem Kuddelmuddel taucht der von den Schüssen angelockte Motorradbulle wieder auf. Reiji hält das für die perfekte Gelegenheit, die ganze Sache undramatisch abzukürzen, indem man sich dem Gesetzeshüter stellt. Goto hält das für einen weniger geistreichen Einfall (naja, mit übertriebenen zerebralen Leistungen ist Goto nun auch bislang nicht aufgefallen), was Reiji aber von nichts abhält. Goto allerdings untergräbt die Versuche seines Freundes, sich so aus der Schau herauszustehlen, indem er den Bullen mit einem schnell gegriffenen Brett gegen die Rübe niederstreckt. Reiji staunt die üblichen Bauklötze, aber Goto hat einen Plan: „Wenn wir ihn (gement ist CBG, Anm. d. Red.) umbringen, sind wir sicher!“ Reiji weist seinen Kollegen darauf hin, dass er persönlich keinen Groll gegen CBG hege und demzufolge Goto zwar seiner Ansicht nach umbringen könne, wen er wolle, jedoch ohne seine Mitwirkung. Dumm nur, dass CBG vorhin auf der Veranda mit seinem privaten Henchmen-Trupp telefoniert und Verstärkung herbeordert hat. Die trifft nun in Form der Bösmannsvasallen Ko und Shin ein, ist unlustig drauf und auch nicht gewillt, zwischen denjenigen, die ihrem Boss nun wirklich ans Leder wollen und denen, die nur zufällig dabei sind, zu unterscheiden. Weil sie aber zumindest höfliche Killer sind (tja, in Japan zählt Etikette, Anstand und guter Umgangston halt noch was. Könnte sich unsere Jugend von heute TM ´ne Scheibe von abschneiden), rufen sie Goto vorab noch auf seinem Handy an und stoßen ein paar vage Drohungen aus. „Wir sollten sie wahrscheinlich auch umbringen“, stellt Goto nach Beendigung des Telefonats fest. Reiji, der sich vermutlich gerade ernste Sorgen über den Geisteszustand seines Kumpels macht, sinniert darüber nach, dass er eigentlich heute nicht von irgendwelchen Killern durch verlassene Fabrikhallen in der Pampa gejagt werden wollte, sondern seinen monatlichen Besuchstermin beim Töchterlein absolvieren wollte.

CBG teilt dieweil Ko seine bescheidenen Wünsche mit – man möchte doch bitte einfach nur Goto umlegen, kann ja wohl nicht zu viel verlangt sein. Außerdem plagen den Herrn empfindliche Kopfschmerzen, bedingt dadurch, dass Goto ihm vormals (als er ihn irrtümlich gekillt zu haben glaubte) mächtig aufs Haupt geschlagen hat. Hat doch wieder keiner ein Aspirin dabei, so´n Ärger (der Doc, anfällig für allerhand Schmerzhaftigkeiten, geht nie ohne aus dem Haus). Ko macht sich pflichtschuldigst an die Arbeit. Reiji läuft relativ blind direkt in den Lasersucher von Kos Knarre, aber der hat leider Gottes (oder glücklicherweise) einen Sehfehler und schießt trotzdem daneben. In der Tat zwirbelt Ko nach diesem peinlichen Fehlschuß ein Nasenfahrrad aus der Brusttasche und setzt es auf. Es gibt Profikiller, die erstaunlich dämlich sind.

Den CBG plagt nicht nur der Schmerz unter der Schädeldecke, sondern auch Druck auf der Blase – er findet ein Urinal, an dem er sich erleichtern kann (als ob´s in der Bude auffallen würde, wenn er einfach in die nächste Ecke pinkeln täte oder sonst irgendwie den Ernst-August machen würde). Reiji, von Goto mittlerweile mit des bewußtlosen Cops Dienstwaffe ausstaffiert, könnte den Boss der Gegenseite mühelos in die nächste Welt befördern, tut´s aber nicht, weil er seltsamerweise scheinbar immer noch der Ansicht ist, die ganze Angelegenheit ging ihn nicht wirklich was an.

Und so kann Ko seinem Boss wenig später auf einer Treppe unerfreuliche Nachrichten überbringen. Kato ist im Anmarsch. Wer ist Kato? Ich hab nicht die geringste Ahnung, aber es fetzt CBG nicht gerade vor schierer Begeisterung aus dem Kaftan. „Das ist nicht gut“, stellt Ko klar und CBG stimmt dem zu. Er stimmt dem sogar so enthusiastisch zu, dass er das alte Gesetz „man kille den Überbringer schlechter Nachrichten“ wieder in Kraft setzt und Ko gemeinerweise von hinten eine Kugel in den Schädel jagt. Ein echter Spaßvogel. Reiji findet wenig später die Leiche und wundert sich.

Henchman Nr. 2, Shin, ist mit einer Schrotflinte bewaffnet und ein Komiker vor dem Herrn (oder auch nicht), außerdem noch auf der Suche nach Goto. Reiji schlägt dem gerade vor, doch aufzugeben, aber Goto meint, dass die Sache doch eigentlich ganz prima läuft, nur noch zwei Feinde zu killen. Reiji verdächtigt seinen Freund, der Organisation des CBG ebenfalls anzugehören und unterbreitet den Vorschlag, das Land zu verlassen. „Das wird nicht funktionieren“, kennt Goto die einschlägigen Yakuza-Konventionen. Wer sich nicht helfen lassen will, dem ist nicht zu helfen – Reiji hat die Nase voll und verkündet, jetzt nach Hause zu gehen und seine Tochter treffen zu wollen. Und tschüss. Goto bestellt schöne Grüße. (Gottvertrauen, dass er einfach so abziehen kann, hat Reiji…).

Shin erkundigt sich dieweil beim CBG nach dem Verbleib von Ko. Ohne rot zu werden, lügt der immer noch unter heftigem Schädelweh leidende Oberbösmann, dass der von Goto geplättet worden sei. Das findet Shin entweder lustig oder schrecklich (jedenfalls verkündet die Untertitelspur ein „ARGH“, während der japanische Ton Gelächter vermeldet), aber auf jeden Fall schwerwiegend genug, die Sache selbst in die Hand zu nehmen und CBG einzuladen, „my site“ aufzusuchen und sich dort auszuruhen (seine „Site“? Wohnt Shin hier irgendwo in der Nähe? Hätte mir vielleicht doch eine Version mit deutschen Subs ausleihen sollen). Die Offerte wird dankend angenommen.

Der Motorradcop kommt indessen endlich wieder zu sich, wird aber beinahe vom CBG niedergeschossen. Nun endgültig überzeugt, dass hier irgendwas faul ist, schreitet der Cop zu Ermittlungen und kuckt umgehend in den Lauf von Shins Schrotflinte. „Glaub nicht, dass ich dich nicht umlege, nur weil du´n Bulle bist“, macht Shin dem armen Cop begreiflich, welch geringe Lebenserwartung er noch hat. Goto, der die ganze Szene beobachtet, ärgert sich, dass der Cop ihm immer im Schußfeld rumeiert.

Shin möchte den Polizisten exekutieren. Die Schrotflinte hat Goto (von dem stammt das Waffenarsenal nämlich angeblich, wenn ich das richtig verstehe) aber wohl bei Dr. Bakterius eingekauft, denn sie explodiert Shin in der Patschhand, ohne dabei aber größeren Schaden anzurichten. „Unterschätze niemals die Polizei“, kreditiert der Cop die spontane Selbstauflösung der Wumme irrationalerweise für sich und verwickelt Shin in einen (möglicherweise als comic relief gedachten, jedenfalls aber selten doofen) Zweikampf. Shin bewaffnet sich mit einer Eisenstange, ist aber wohl nicht an den Umgang mit primitiven Waffen gewohnt und wird schnell vom Cop mit ebenjener Stange gewürgt. „Ich kriege keine Luft mehr“, beschwert sich Shin, „willst du mich umbringen?“ (Naja, ich hätte zumindest gewisses Verständnis dafür).

Goto lässt die beiden spielen und sucht weiter nach dem CBG. Er findet ihn auch. Aber auf schmerzhafte Art und Weise, denn der Bösmann schießt ihn unfairerweise nieder. Nun möchte CBG Goto gerne endgültig plätten, nur leider hat er sein Pulver sprichwörtlich verschossen. Naja, man kann eine Pistole ja auch als Schlagwaffe verwendet. Dürfte auch nicht wirklich Frohsinn machen, wenn man eine massive Knarre zwanzig-dreißgmal lustvoll mit Schmackes an den Kopf gehauen bekommt, so wie´s dem armen Goto hier passiert.

Ein paar weitere generic henchmen treffen ein und werden vom mittlerweile nicht mehr ganz sauber laufendem CBG mit Hieben begrüßt. Grund für die Haue ist die Verspätung der Herrschaften. Dafür bringen die Jungs Kunde von Kato, der sei im Anmarsch (erstaunlicherweise lässt CBG sie allerdings trotz dieser Ankündigung leben). Nun hätte CBG gern, dass seine Jungs Goto endgültig fertigmachen, doch horch, wer schießt von draußen rein, hollahi, hollaho, kann ja nur der Reiji sein, hollahihaho. Der hat nämlich mittlerweile beschlossen, dass Wasser doch dicker als Blut ist, und ihm sein Kumpel doch wichtiger ist als sein Töchterlein (wahre Freundschaft gibt´s halt doch nur unter Kerlen). CBG geht stiften.

Shin ist zwischenzeitlich immer noch am Kabbeln mit dem Polizisten, allerdings derzeit eher am Kotzen. „Was hast du heute gegessen?“, erkundigt sich der Cop besorgt, anstelle die vorübergehende Unpäßlichkeit seines Gegners zu, naja, irgendwie copmäßigem, zu nutzen. Statt dessen lässt er sich von dem sich Begöbelnden auch noch aufklären, dass Yokohama und eine andere Stadt, deren Namen ich mir nicht gemerkt habe, viel zu weit auseinanderliegen, als dass eine Story, die der Sohn des Cops ihm bezüglich seiner Freundin (also der des Sohns) aufgetischt hat, nicht stimmen kann. Wenn´s schee macht (merke: nicht immer sind Dialoge, die mit dem, hüstel, Plot absolut nichts zu tun haben, cool, hip, tarantinesk und unterhaltsam. Manchmal sind sie auch einfach nur dümmlich).

Reiji hat sich indes den CBG gegriffen und hält ihm eine Knarre an die Rübe. Leider tritt eine Pattsituation ein, denn der mittlerweile eingetroffene Kato, Typ wortkarger und eiskalter Killer, hat sich den eh schon angeschlagenen Goto organisiert. Dem CBG ist das Hemd allerdings näher als die Hose, im Zweifel hängt er stärker an seinem armseligen Leben als an der Rache an Goto. Kato allerdings macht nicht unbedingt den Eindruck, als würde er auf CBGs Meinung gesteigerten Wert legen, gehorcht aber nach längerer Bedenkzeit. Man tauscht die jeweiligen Gefangenen aus, doch beim Herüberstolpern zu Kato produziert CBG eine versteckte Wumme und ballert um sich. Weil er mittlerweile im raving-mad-lunatic-Modus angekommen ist, schießt er aus purem Spaß anner Freud auch noch Kato um und verzupft sich in die Prärie. Reiji und Goto sind noch am sich wundern, als der vermeintlich erlegte Kato fast so cool wie der Undertaker in der alten WWF wieder aufsteht. Der Schelm trägt ´ne kugelsichere Weste, vorausschauend gedacht. Big Shoot-out! Wenn ich jetzt Reiji oder Goto wäre und, wie die beiden auch, wüßte, dass mein Gegner eine kugelsichere Weste trägt, würde ich vielleicht, im Gegensatz zu den beiden, nicht ausschließlich AUF DIE WESTE zielen, sondern, nur so aus Gaudi, vielleicht mal auf Katos Birne, aber das wäre wohl zu einfach. Statt dessen ballern unsere Helden ganze Magazine in die Weste, was auf Kato nicht wirklich großen Eindruck macht (da er cool und stuff ist, stört ihn die kinetische Energie, die sich ja trotz allem überträgt, wenn eine Kugel mit gewisser Geschwindigkeit in die Weste einschlägt, auch nicht weiter). Nachdem auch Reiji und Goto irgendwann mal klar wird, dass sie mit dieser Taktik auf absehbare Zeit nicht zu einem zählbaren Erfolg kommen, ändern sie die Strategie nun doch und schießen Kato, zumindest ist das mein Eindruck, die Eier ab (man sollte auch ein kugelsicheres Suspensorium tragen), was den Killer sichtlich sofort umbringt (gut, ich habe den Terminus „schwanzgesteuert“ auch schon verwendet, aber ich dachte dabei eigentlich eher metaphorisch). Und nu?

Kitamura überrascht uns mit der Einstellung einer malerisch in einem Fluß treibenden Leiche. Wer? Wie? Warum? Hä? Aber nein, das ist noch nicht das Ende (oder irgendwie schon, aber mein Gott, man muss ja nicht immer linear erzählen, gelle)… es fehlt ja noch der Showdown.

CBG wartet inmitten eines Kornfelds auf Reiji und Goto. Es kommt zum Duell (oder Triell. Oder Duell-mit-Handicap. Gibt´s ´nen Fachausdruck für einen 2-gegen-1-Shoot-out der sportlichen Sorte? Naja, wenigstens hat CBG zwei Kanonen, das gleicht den numerischen Nachteil wohl aus). Reiji und Goto ziehen den längeren, CBG sinkt tödlich getroffen zu Boden.

Unsere Helden wanken, beide angeschlagen, durch einen Fluß. Goto bricht zusammen und ist tot, warum auch immer, womit klar wäre, dass die vor ein paar Minuten gezeigte schwimmende Leiche (nein, keine vom Geisterschiff) die seine ist. Dann gibt´s noch ein paar malerische Landschaftsaufnahmen und dann rollt der Abspann.

Ich weiß nicht, ob Ihr alle meine Reviews zu Versus und Azumi (letzteres in Kinobit-Form) gelesen habt – dort habe ich die These aufgestellt, dass Ryuhei Kitamura zweifellos ein begnadeter Stilist ist, der visuelles Talent sprichwörtlich mit Löffeln gefressen hat, aber es scheinbar ums Verrecken nicht schafft, auch eine Geschichte zu erzählen (Versus hatte schlichtweg keine und in Azumi geht ihm in Non-Action-Szenen aber sowas von die Puste aus). Bei seinem Erstlingswerk Heat after Dark umgeht Kitamura diese für einen Filmemacher irgendwie schon essentielle Klippe dadurch, einfach keine erzählen zu wollen. So einfach kann das sein.

Oder, anders ausgedrückt, Kitamura setzt seinem Publikum hier die Hälfte eines Films vor, und zwar die zweite. All den lästigen Schmu wie Setup der Story, Vorstellung der Charaktere und ihrer wechselseitigen Beziehungen, den ganzen „boring crap“, mit dem sich ein Gewaltästhet wie Kitamura sichtlich äußerst ungern beschäftigt, lässt er einfach weg. Feigheit vor dem Feind, beabsichtigtes künstlerisches Stilmittel, wegweisender Bruch mit den Konventionen herkömmlichen Erzählkinos? You decide (ich decide auch, und zwar für die erste Option). Kitamura wagt es doch tatsächlich, uns quasi nur den Showdown eines Gangster-Action-Thrillers zu zeigen und findet für diese Frechheit sogar noch Fans, die ihm applaudieren. Na danke (ich hab schon im Versus-Review angemerkt, wenn die „neue Schule“ des Filmemachens nach Kitamura-Schule gerät, bleibe ich doch dankend bei den alten Kloppern, die wenigstens so tun, als hätten sie ´ne Story).

Gut, gut, ich will nicht ganz so böse sein, prinzipiell könnte es ja reizvoll sein, wenn man sich gewisse Zusammenhänge in einem Film erst erarbeiten muss und nicht alles in Dialogform vorgebetet bekommt, aber Heat after Dark macht diesbezüglich ja nicht mal einen Versuch, seine, will man es so nennen (eigentlich nicht), Handlung verständlich und/oder nachvollziehbar zu machen. Wir erfahren über die handelnden Personen nichts – zip – zilch – nada (außer die Tatsache, dass Reiji Vater einer Tochter ist, und die halbe gottverdammte Lebensbeichte des Cops) . Wer ist Goto? In welcher Beziehung steht er zu Reiji? Nur Freunde? Oder doch Verwandte? Wer ist eigentlich der CBG? Was genau hat er mit Goto zu schaffen? Wer ist Kato? Warum zittert CBG seiner Ankunft entgegen? Fragen über Fragen und Kitamura beantwortet nicht eine einzige. Das will mir einfach nicht gefallen, sorry, da macht es sich der Regisseur (und Autor in Personalunion) zu einfach.

Okay, lassen wir den Fair-Play-Gedanken zu Wort kommen – ich weiß nicht, wie Heat after Dark entstanden ist. Vielleicht war´s nur ein „Demo“, eine Fingerübung, ein unfertiger Film, der durch glückliche Fügung des Schicksals eine kommerzielle Auswertung erhalten hat, vielleich hätte Kitamura mit mehr Geld eine vollständige Fassung gedreht, die sich mit einer echten Story, einer plausiblen Geschichte trägt (doch denk ich an Versus in der Nacht, bin ich um diesen Glauben gebracht). Belassen wir es also dabei, dass in dieser Kurzfilmform der Streifen sehr wenig involvierend ist. Die Figuren sind dem Zuschauer schlicht und ergreifend wurscht, weil er nichts über sie weiß und demzufolge keine Beziehung zu ihnen aufbauen kann.

Filmisch dagegen beweist sich Kitamura auch in diesem Film schon als Talent. Selbstverständlch ist hier vieles noch nicht ausgereift – die Kameraführung ist noch nicht so energetisch-dynamisch-übervisuell wie in Versus und Azumi; halsbrecherische Kamerafahrten, wilde Schwenks und ähnliche Gimmicks sucht man vergebens. Dennoch gelingen Kitamura einige bemerkenswerte Einstellungen, auch Heat after Dark zelebriert Ästhetik, da wird stilistisch Besson zitiert und obwohl, welch Abwechslung zu den bereits herangezogenen anderen Kitamura-Werken, ein Großteil des Treibens ausnahmsweise mal indoors stattfindet (ansonsten ist der Regisseur ja mit einem Wald als Location glücklich und zufrieden), fiedelt er auch ein paar Landschaftspanoramen ein. Ganz ohne Mätzchen geht´s aber auch hier nicht – warum der Prolog konsequent nur die Laufstelzen der Protagonisten zeigt, kann ich mir aus dramaturgischen Gründen nicht wirklich erklären, ebenso die Standbild-Sequenz, die sich anschließt, bis die beiden Männer in der Pampa ankommen (allerdings erinnerte mich diese Sequenz nun wieder an den französischen Arthouse-Kurzfilm-Klassiker La Jetée, den ich jedem Freund anspruchsvoller Filmkunst durchaus ans Herz lege). Es macht nicht wirklich Sinn, aber ich weiß ja – Kitamura geht ein vermeintlich gelungener Effekt (und ich meine jetzt Effekt nicht im Sinne von Special FX) über alles andere.

Was die Action angeht, bleibt Heat after Dark im Vergleich zu seinen nachfolgenden Werken ebenfalls eher handzahm. Die einzig wirklich blutige Szene ist die Erschießung Kos durch den CBG und auch sonst beschränkt sich Action auf eher schlichten Bleiaustausch der nicht wirklich spektakulären Sorte, also nichts mit wilder Martial Arts (den nicht mal als „Keilerei“ zu wertenden „Kampf“ zwischen Shin und dem Bullen – was ist aus den beiden eigentlich geworden? Noch so´ne offene Frage – kann und will man nicht als Actionszene zählen). Dank Kitamuras visueller Begabung legt der Streifen, nach der etwas schleppenden Auftaktphase der ersten zehn Minuten, zumindest ein solides Tempo vor und langweilt nicht wirklich (außer natürlich, man versucht wirklich ernsthaft, eine Geschichte in den Bildern zu suchen).

Recht interessant ist die musikalische Untermalung. Interessant ist aber nicht gleichbedeutend mit „gut“, denn während ich es zunächst recht spaßig und unerwartet befand, minutenlang von Didgeridoo-Klängen beschallt zu werden, erweist sich dieses Stilmittel mit fortschreitender Spieldauer als extrem nervig, weil´s auf die Dauer doch so klingt, als würde man einem Känguruh mit argen Verdauungstörungen lauschen. Andere Musikstücke sind deutlich gefälliger (ich mag z.B. das Stück, das traditionelle japanische Klänge mit einer solierenden E-Gitarre verbindet).

Kaum zu bewerten sind die Schauspieler – erstens mal hab ich nicht die geringste Ahnung, wer wen spielt und zweitens haben die Jungs (vollkommen frauenfreier Film übrigens) ja nicht wirklich etwas zu tun, das man als Schauspielerei bezeichnen könnte. Am meisten Freude bereitet hat mir die immer exaltierter-übertriebener werdende Vorstellung des CBG-Akteurs. Bei Reiji kommt mir nicht wirklich rüber, warum er sich letztlich doch entscheidet, Goto zu helfen, da der betreffende Akteur die emotionale Bandbreite eines Türpfostens besitzt. Und auch Goto bzw. sein Darsteller sorgt nicht wirklich dafür, dass einem seine Performance über das Ende des Abspanns hinaus im Gedächtnis bleibt.

Heat after Dark gibt´s zwischenzeitlich verschiedentlich auf DVD, ich hatte hier eine englische Ausgabe vorliegen, die solide Bildqualität (Widescreen, war jetzt zu faul, das Aspect Ratio zu messen) und recht gut lesbare englische Untertitel zu den japanischen Dialogen bietet. Wer lieber bei deutschen Labels einkauft, kann zu einer (für meine Begriffe fürchterlich überteueren, wir reden hier schließlich von einem 50-Minuten-Film!) Veröffentlichung von AFN greifen (deutsche und englische Untertitel, nur japanischer Ton). Diejenigen, die Kitamura als Regie-Gott abfeiern (und die gibt´s ja mir unbegreiflicherweise zuhauf), werden sich sicher auch diese Scheibe kritiklos ins Regal stellen (zumal sie technisch auch gelungen sein soll), aber vielleicht kann ich ja wenigstens den ein oder anderen Skeptiker dazu überreden, sie doch lieber im Regal stehen zu lassen oder den Film vorab wenigstens mal auszuleihen.

Denn, da sind wir auch schon wieder beim Fazit, auch Heat after Dark hat letztendlich nicht erreicht, dass ich mein gepflegtes Vorurteil gegen Kitamura in irgendeiner Weise überdenken müsste. Dieser Mann muss mir nach wie vor erst beweisen, dass er nicht nur coole Dinge mit der Kamera anstellen kann und eine fetzige Action-Szene zu inszenieren weiß, sondern auch mal, nur so probehalber und ganz aus Spaß, eine GESCHICHTE erzählen kann – nicht nur einen abendfüllenden Gewaltvideoclip, sondern eine Story, mit einem Anfang, einer Mitte, einem Ende, einer Dramaturgie, mit Charakteren, die Hintergrund haben und sich entwickeln. Azumi war ein Schritt in diese Richtung, weil Kitamura hier mit einer Vorlage arbeiten konnte, aber selbst da zeigten sich deutlich seine Schwächen. Möglicherweise mag das gerade eben noch für den zur Stunde von ihm gedrehten neuen Godzilla-Film reichen, aber danach empfehle ich dem Meister doch dringend, ein paar Semester Drehbuchkunde und Storytelling zu studieren und danach vielleicht einen Film zu drehen, den ich guten Gewissens weiterempfehlen kann – ist ja nicht so, dass ich das nicht gern täte… bis zum Antritt des entsprechenden Gegenbeweises bleibt Kitamura für mich allerdings ein Schaumschläger.

Heat after Dark ist aber, damit ich auch zu dem Film noch ein Schlußwort spreche, sowas wie ein Anti-Film, das Äquivalent einer Kinovorstellung, zu der man ´ne Stunde zu spät kommt und deswegen keinen Plan mehr bekommt, worum´s überhaupt geht. Als Ausrede für einen Plot ist mir das zu billig und etwas mehr als einen Showcase eines ach-so-hippen Directors möchte ich dann doch schon gern sehen, wenn ich mir einen Film vornehme.

(c) 2004 Dr. Acula


BOMBEN-Skala: 6

BIER-Skala: 3


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